RSN-Jahresrangliste 2015, Platz 13: Kathrin Hammes

Vom Studium zum Profi: "Es kam mir wirklich vor wie Urlaub"

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Vom Studium zum Profi:
Kathrin Hammes (Team Tibco) nach der 5. Etappe der Thüringen-Rundfahrt | Foto: Cor Vos

08.01.2016  |  (rsn) - Erst die Arbeit, dann das Vergnügen: Kathrin Hammes hat durchgezogen, was im schlecht bezahlten Frauen-Radsport ratsam ist. Doch während man Athleten in Randsportarten grundsätzlich rät, erst eine Ausbildung zu absolvieren, bevor sie sich voll auf den Sport konzentrieren, legte die Wahl-Freiburgerin, die am Samstag 27 Jahre alt wird, gleich ein ganzes Studium über den Bachelor bis zum Master-Abschluss in Soziologie hin.

"Radsport war mein Hobby neben der Uni und ich bin gefahren, wenn ich Freizeit hatte", erinnert sie sich gegenüber radsport-news.com an die Zeit, als sie für das Bundesliga-Team Racing Students startete. "Jetzt ist es der Hauptbestandteil meines Tages und am Anfang kam es mir wirklich vor wie Urlaub." Denn mit dem Master in der Tasche entschied sich Hammes Ende 2014, das "normale" Berufsleben noch etwas warten zu lassen.

"Es gab für mich zwei Optionen: Vollzeit arbeiten oder Vollzeit Rad fahren", so Hammes, die sich bei einigen UCI-Teams bewarb, vornehmlich in den USA, und schließlich einen Vertrag bei TIBCO-SVB unterschrieb. "Ich wollte in den USA fahren, weil ich mir dort bessere Chancen ausrechnete und mir die Rennen dort besser taugen - außerdem wollte ich besser Englisch lernen und Auslandserfahrung sammeln." Ein Etappensieg bei der Ardeche-Rundfahrt im August 2014 sowie persönliche Beziehungen und, wie sie selbst sagt, auch etwas Glück ebneten den Weg.

So zog Hammes im März nach Kalifornien, wo ihr neuer Rennstall in der Nähe von San Francisco ein Haus für seine ausländischen Fahrerinnen unterhält, und blieb für drei Monate bis Anfang Juni in den Vereinigten Staaten. Sie wurde Gesamtzwölfte bei der Erstauflage der Kalifornien-Rundfahrt und startete beim Weltcuprennen Philly Cycling Classic in Philadelphia - einem Paradebeispiel dafür, dass der Frauen-Radsport in den USA ein besseres Standing hat als in Europa. Schließlich gab es in Philadelphia für die Frauen dasselbe Preisgeld wie im Männerrennen, beim Flèche Wallonne oder der Flandern-Rundfahrt bislang undenkbar.

Dem Vorurteil nach sind die Rennen in den Staaten weniger schwer und US-Fahrerinnen fahrtechnisch weniger stark. Hammes hat da andere Erfahrungen gemacht. "Es ist nicht so, dass die Amis grundsätzlich schlechter auf dem Rad sitzen", sagt sie. "Aber ich bin auch fast nur UCI-Rennen gefahren, die entsprechend gut besetzt waren." Denn durch den 2015 erweiterten UCI-Kalender etablierte sich im Mai eine ganze Serie von US-Rennen mit internationaler Beteiligung.

Deshalb war auch die Umstellung nicht allzu groß, als es im Juni mit dem Team zurück nach Europa ging, wo die 26-Jährige weiterhin in einer Freiburger WG wohnt. Sie absolvierte die Women's Tour in England, wurde 13. bei den Deutschen Meisterschaften und fand ihre Top-Form im Hochsommer. Wieder spielte die Ardeche eine wichtige Rolle in ihrer Saison. Diesmal gewann Hammes bei der sehr bergigen Rundfahrt zwar keine Etappe, war aber die perfekte Edelhelferin für Lauren Stephens auf deren Weg zu Gesamtrang zwei und wurde selbst Gesamtvierte sowie Dritte im Zehn-Kilometer-Einzelzeitfahren der 2. Etappe - die perfekte Bewerbung für einen Startplatz bei der WM in Richmond, den ihr Nationaltrainer André Korff schließlich auch zugestand.

Die Freude darüber war groß, doch das Highlight war für die Deutsche im US-Team nicht der eigene Start im Straßenrennen, sondern der mit ihrem US-Team im Mannschaftszeitfahren. " Meine Zeitfahren waren alle okay, aber im TTT gehört ja noch mehr dazu. Man muss technisch gut sein und sich dem Team anpassen. In Schweden bin ich das erste Teamzeitfahren meines Lebens gefahren und habe zwei Kurven verpasst, weil ich auf so viel zu achten hatte - und dann war die WM das Zweite", erzählt sie. Platz elf sprang dort heraus, sicher kein Traumresultat, doch das Erlebnis zählte.

Überhaupt genoss Hammes in ihrem ersten Profijahr die Erlebnisse und die Unterschiede zu den Vorjahren. "Das Unterwegssein macht Spaß. Auf Dauer ist das sicher anstrengend, aber für mich war das jetzt erstmal cool", strahlt sie und hebt auch sportliche Veränderungen hervor: "Ich bin jetzt in einem richtigen Team. Das gefällt mir richtig gut, weil man ganz anders fährt und seine Rolle ganz anders gestaltet, einen Job kriegt und so zum Teamerfolg beiträgt oder mit versagt."

Kein Wunder, dass Hammes deshalb auch die Thüringen-Rundfahrt noch hervorhebt, wo sie ähnlich wie in der Ardeche für Stephens arbeitete, die schließlich Dritte wurde und lange auf Rang zwei lag. "Ich hatte den Eindruck, dass die Anderen mit uns nicht richtig gerechnet haben, und dann wurde sie Dritte - da hat das Team mit zu beigetragen, das macht Spaß!"

Dass sie die bergfeste Edelhelferin sehr gut spielen kann, hat Hammes in dieser Saison oft bewiesen. In der Ardeche deutete sie außerdem an, dass sie auch zu noch mehr fähig ist. Hofft Hammes deshalb 2016 - sie hat sich für ein weiteres Jahr als Profi bei TIBCO-SVB entschieden - auf mehr Freiheiten? "Ich gehe nicht mit der Marschroute ins Jahr, dass sie für mich fahren - vielleicht ab und zu mal, aber das ist nicht das Ziel", so Hammes, die sich auch hinsichtlich ihres Leistungssprungs grundbescheiden gibt:

"Ich bin realistisch und kann einigermaßen einschätzen, was innerhalb des Möglichen liegt. Ich bin viel mehr Rennen gefahren und hatte mehr Regenerationszeit - da wird man natürlich besser, aber es war kein riesiger Sprung! Ich habe eher taktisch viel gelernt."

Hier punktete Hammes 2015:
12. Gesamtwertung, Kalifornien-Rundfahrt (4 Punkte)
12. Gesamtwertung, Tour de Feminin (2)
3. Etappe 2, Ardeche-Rundfahrt (3)
4. Gesamtwertung, Ardeche-Rundfahrt (10)

Mehr Informationen zu diesem Thema

01.02.2016Der nächste Schritt: Rundfahrtsiege statt Regenbogentrikot

(rsn) - Das Regenbogentrikot verloren, aber trotzdem einen großen Schritt nach vorne gemacht: So könnte man Lisa Brennauers Jahr 2015 wohl in einem Satz zusammenfassen. Doch für die Allgäuerin bed

01.02.2016Kapitänsrollen geerbt und sofort voll ausgefüllt

(rsn) - Als Christine Majerus am 17. Juni in Aldeburgh mit ihren Teamkolleginnen auf dem Podium stand und die Zeremonien über sich ergehen ließ, war ihr alles andere als zum Jubeln zumute. Die Luxem

31.01.2016Als Helferin Gold wert und trotzdem so erfolgreich wie lange nicht

(rsn) - Mit nach oben gestreckten Armen und den Blick gen Himmel gerichtet kniet Trixi Worrack auf der East Broad Street in Richmond, Virginia. Die zu diesem Zeitpunkt gerade noch 33-Jährige genießt

30.01.2016Nach schwierigem Jahr jetzt die Olympia-Medaille im Visier

(rsn) - Am 29. März hätte auf einen Schlag sehr viel vorbei sein können. Als Claudia Lichtenberg beim Frühjahrsklassiker Gent-Wevelgem im Sturm von einer Böe erwischt und von der Straße geworfen

30.01.2016Ein Jahr zwischen Magenproblemen und sportlichem Erfolg

(rsn) - Platz fünf - soweit vorne stand Österreichs Nummer eins in der Radsport-News-Jahresrangliste noch nie. Doch auch wenn das auf eine erfolgreiche Saison hindeutet, betont Martina Ritter: "Es w

29.01.2016Der Konkurrenz als Gast das Fürchten gelehrt

(rsn) - Mountainbikerinnen, die auch auf der Straße Erfolg haben, sind keine  Seltenheit. Und im Jahr 2015 reiste die Französin Pauline Ferrand-Prevot sogar für einen Monat als Weltmeisterin in be

29.01.2016Titelgewinne im Reifeprozess

(rsn) - Mit großen Augen steht Mieke Kröger in der Mathildenstraße in Einhausen vor dem Radgeschäft von Algis Oleknavicius, dem Veranstalter der Deutschen Straßenmeisterschaften 2015. Gerade ist

17.01.2016Im April platzte der Knoten endlich

(rsn) - Nach einem für sie selbst enttäuschenden ersten Jahr im Elite-Peloton gelang Anna Knauer 2015 der wichtige nächste Schritt: Die 20-Jährige bekam von ihrem Team Rabobank-Liv erstmals das Ve

16.01.2016Erneuter Teamwechsel nach "brutal hartem Lehrjahr"

(rsn) - Krankheit, Verletzungen, Probleme im Team und beim Verband: Für Doris Schweizer war das Jahr 2015 eines zum Vergessen. "Alles in allem würde ich es als ein brutal hartes Lehrjahr verbuchen",

15.01.2016Eine Saison zwischen Straßen-Rückschlägen und Bahn-Medaillen

(rsn) - Mit einem Titelgewinn endete für Charlotte Becker kurz vor Weihnachten ein sehr langes Radsport-Jahr: Am 18. Dezember entschied sie in Frankfurt an der Oder die Deutschen Meisterschaften im S

14.01.2016Triumph auf der Bahn, Weiterentwicklung auf der Straße

(rsn) - Weltmeisterin. Besser hätte das Jahr 2015 für Stephanie Pohl nicht beginnen können. Die Cottbuserin streifte vor den Toren von Paris am 18. Februar überglücklich das Regenbogentrikot übe

13.01.2016Das Tor zur WM blieb für die Altmeisterin zu

(rsn) - Nach einem völlig verkorksten Jahr 2014 mit einem krankheitsbedingten Rückschlag nach dem anderen, hat Hanka Kupfernagel in der Saison 2015 endlich wieder Straßensiege gefeiert. Die inzwisc

Weitere Radsportnachrichten

10.05.2025Sprinter Moschetti verlängert bei Q36.5

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

10.05.2025Gelbe Karte beim Giro für Busatto

(rsn) – Seine erste Grand Tour begann für Francesco Busatto (Intermarché – Wanty) am Freitag mit Platz vier und der Verleihung des Nachwuchstrikots in Tirana ausgezeichnet. Doch um dieses Erge

10.05.2025Ullrich im Training angefahren

(rsn) – Laut Berichten von Eurosport wurde Jan Ullrich am Freitag beim Training von einem Auto angefahren, das ihm die Vorfahrt genommen habe. Wie das Management des einzigen deutschen Toursieger

10.05.2025Märkl geht vor Brenner als Erster ins Rennen

(rsn) - Der Letzte wird der Erste sein, das war schon nach dem Auftakt zum 108. Giro d´Italia deutlich. Da Niklas Märkl (Picnic - PostNL) am Freitag mit 26:08 Minuten Rückstand auf Position 182 ins

09.05.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die wic

09.05.2025Kurviger Kampf gegen die Uhr

(rsn / ProCycling) – Die 2. Etappe beginnt in Tirana, wo am Vortag die erste endete. Auf den kürzesten Transfer des diesjähirgen Giro d´Italia folgt auch die kürzeste Etappe: 13,7 Kilometer müs

09.05.2025Landa zieht sich bei Giro-Sturz Wirbelfraktur zu

(rsn) – Mikel Landa hat sich bei seinem Sturz fünf Kilometer vor dem Ziel der 1. Etappe des Giro d’Italia eine Wirbelfraktur zugezogen. Das teilte Soudal – Quick-Step am Abend noch mit. Der Spa

09.05.2025Nach perfektem Auftritt in Tirana will Pedersen mehr

(rsn) – Ob es nun läuft oder nicht: Für einen lockeren Spruch ist Mads Pedersen (Lidl – Trek) immer zu haben. Wenn es läuft, dann vielleicht noch ein bisschen mehr. Und es könnte gerade nicht

09.05.2025Roglic freut sich über Giro-Auftakt ohne Pannen

(rsn) - Der erste Tag im Giro-Büro verlief für Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe) unspektakulär. Das allerdings ist eine gute Nachricht. Er hielt sich aus Stürzen heraus, anders als M

09.05.2025Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 1. Etappe

(rsn) - 184 Profis aus 23 Teams sind am 9. Mai im albanischen Durres zum 108. Giro d‘Italia (2.UWT) angetreten, darunter zehn Deutsche, zwei Luxemburger sowie je ein Österreicher und Schweizer.

09.05.2025Van Aert: “Das war deutlich mehr, als ich erwartet hatte“

(rsn) – Der Auftakt in die erste Grand Tour des Jahres ist gemacht. Und er endete mit einem Feuerwerk von Lidl – Trek. Als einer der Favoriten auf den Tagessieg war Mads Pedersen ins Rennen gegang

09.05.2025Highlight-Video der 1. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Mads Pedersen (Lidl - Trek) hat den Auftakt des 108. Giro d’Italia gewonnen und sich mit seinem zweiten Tagessieg bei einer Italien-Rundfahrt das erste Rosa Trikot des Gesamtführenden ges

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d`Italia (2.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • Beskid Classic (1.2, POL)
  • Sundvolden GP (1.2, NOR)
  • Tour de Kumano (2.2, JPN)
  • Grand Prix du Morbihan (1.Pro, FRA)