Interview

Steigmiller: "Ich habe nie an Doping gedacht"

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Jakob Steigmiller (Thüringer Energie Team) | Foto: ROTH

03.02.2012  |  (rsn) – Jakob Steigmiller (Thüringer Energie Team) ist einer von bisher zwei Sportlern, die sich einem Doping-Verfahren gegenüber sehen, weil sie am Olympia-Stützpunkt Erfurt ihr Blut vom damaligen Verbandsarzt Dr. Andreas Franke mit UV-Strahlen haben behandeln lassen. Im Interview mit Radsport News erklärt der 22 Jahre alte Steigmiller, 2011 Zweiter der U23-Thüringen-Rundfahrt, wie es dazu kam, warum eine Sperre das Ende seiner Radsport-Karriere bedeuten würde und warum er aber zuversichtlich ist, dass es nicht dazu kommen wird.

Gegen Sie läuft seit einigen Tagen ein Doping-Verfahren. Wie geht es Ihnen damit?

Steigmiller: Naja, die letzten Tage – speziell seit dem Bericht in der ARD – waren schon stressig und anstrengend, weil ich ziemlich viel zu erklären hatte. Aber ich fühle mich ganz gut und trainiere auch schon ordentlich. Am Donnerstag etwa hatte ich einen Leistungstest.

Ihr Blut - genauer: eine geringe Menge davon - wurde im Frühjahr 2011 von Dr. Andreas Franke, ihrem Arzt am Olympia-Stützpunkt Erfurt, mit UV-Strahlen behandelt. Das ist seit Januar 2011 verboten. Glauben Sie denn, dass Sie um eine Sperre herumkommen?

Steigmiller: Also ich beurteile meine Chancen eigentlich ganz gut. Und wenn man die WADA-Verbotsliste mal genauer studiert, dann sieht man, dass das, was bei mir gemacht wurde, explizit erst seit Anfang 2012 verboten ist. Und selbst die Regularien, wie sie bis Ende 2011 gültig waren, geben Raum zur Auslegung. Ich werde mich demnächst mit meinem Anwalt beraten - der übrigens auch Judith Hesse (Eisschnelläuferin, gegen die ebenfalls ein Verfahren läuft, d. Red.) vertritt – und dann werden wir entscheiden, wie wir gegen die Anschuldigungen vorgehen werden.

Sie fahren seit Anfang 2010 für das Thüringer Energie-Team. Wie oft waren Sie denn in dieser Zeit bei Dr. Franke und wie oft hat dieser bei Ihnen die umstrittene UV-Behandlung vorgenommen?

Steigmiller: Also ganz genau kann ich das gar nicht sagen. Anfang 2011 war ich einige Male innerhalb von relativ kurzer Zeit bei ihm und da wurden an drei Terminen jeweils UV-Behandlungen vorgenommen. Der Grund waren Infekte, die ich mir geholt hatte, wohl in Folge einer Nasennebenhöhlen-Entzündung, weshalb ich auch Ende 2010 operiert werden musste.

Wurden Sie denn nicht hellhörig, als Dr. Franke Ihnen eine UV-Bestrahlung Ihres Blutes vorschlug? Als Radsportler müsste man doch da besonders sensibel sein….

Steigmiller: Ich war auf jeden Fall skeptisch und habe Dr. Franke auch direkt gefragt, ob damit auch alles in Ordnung ist. Er hat mir dann geantwortet, das alles völlig legal sei und es sich quasi um eine Methode der Alternativmedizin wie Homöopathie oder Akupunktur handele. Das kam mir alles plausibel vor und ich hatte volles Vertrauen zu Dr. Franke. Ich war krank und davon überzeugt, dass er mir helfen würde, wieder gesund zu werden. Ich habe dabei niemals an das Thema Doping gedacht. Ich habe mich auch von Dr. Franke nie unter Druck gesetzt gefühlt, er hat mich nie in die Richtung UV-Behandlung gedrängt. Aber klar ist auch, dass ich so was jetzt nie mehr mitmachen würde.

Hatte die Behandlung denn einen Effekt auf Ihre Infekt-Erkrankung?

Steigmiller: Schwer zu sagen. Als ich zu Dr. Franke ging, war ich nicht akut krank, sondern eher kränkelnd, wie man sagen würde. Nach der Behandlung war es so, dass die Krankheit nicht ausgebrochen ist und ich dann recht schnell wieder trainieren konnte. Das war schon auffällig.

Haben Sie die Team-Leitung über die Methoden informiert, die Dr. Franke bei Ihnen anwendete?

Steigmiller: Über die UV-Behandlung nicht. Die Team-Leitung um Jörg Werner hat zwar gewusst, wie die Diagnose aussah, aber nichts über die Art der Behandlung. Uns war gesagt worden, dass wir im Fall von Krankheit oder Verletzungen den Olympia-Stützpunkt Erfurt aufsuchen sollten. Alles weitere war eine Angelegenheit zwischen dem Arzt und dem Fahrer.

Lief bei Ihnen die Behandlung genau so ab, wie Sie Marcel Kittel bereits in seinem Fall geschildert hat?

Steigmiller: Ja, das war genau das gleiche Verfahren, bei dem mir 50 Milliliter Blut abgenommen und in einen kleinen Schlauch durch einen Kasten geführt wurde, in dem UV-B-Lampen angebracht waren. Sofort danach wurde mir das Blut wieder injiziert. Das ganze hat nur einige Minuten gedauert.

Wie hat Ihr Umfeld - Freunde, Familie – darauf reagiert, als bekannt wurde, dass die NADA ein Doping-Verfahren gegen Sie eingeleitet hat?

Steigmiller: Viele waren geschockt, als sie das mitbekamen. Durch die Berichterstattung ist da auch vieles in ein falsches Licht gerückt worden, finde ich, und für den Laien ist das nur schwer zu verstehen. Ich bin immer noch dabei, meinem Umfeld alles zu erklären. Das ist schon anstrengend, aber ich bin das allen meinen Freunden schuldig.

Wie haben Ihre Fahrer-Kollegen reagiert?

Steigmiller: Sehr viele waren empört über die Art der Berichterstattung und haben sich schockiert darüber gezeigt, wie schnell man in Verruf geraten kann. Ich erfahre von meinen Kollegen aber viel Unterstützung – und übrigens genauso von meinem Team, das hinter mir steht. Und natürlich hoffe ich, dass die Sponsoren dem Team treu bleiben.

Was machen Sie, wenn Sie gesperrt werden sollten – die NADA will ihre Entscheidung im März bekannt geben…

Steigmiller: Zwar fordert die NADA wegen verminderter Schuldfähigkeit nur eine einjährige Sperre, aber auch das wäre gleichbedeutend mit dem Ende meiner Radsport-Karriere. Ich stehe vor meiner letzten Saison als U23-Fahrer und möchte mich im Lauf der Saison gerne um einen Profivertrag bemühen. Im Fall einer Sperre wäre das natürlich unmöglich.

Wie würde es dann bei Ihnen weiter gehen?

Steigmiller: Ich bin jetzt schon für ein Fern-Studium eingeschrieben und würde dann ein Voll-Studium anstreben. Aber ich möchte schon gerne Profi werden, vor allem, weil die vergangene Saison schon vielversprechend war. Insgesamt bin ich aber relativ entspannt. Als ich im Oktober von der NADA die Benachrichtigung erhielt, dass gegen mich ermittelt würde, habe ich mir viel mehr Sorgen gemacht. Jetzt aber ist die Situation klar – und ich bin optimistisch, dass alles gut für mich ausgehen wird.

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