Neue Rennen, Saudi-Investoren, mehr Geld für alle?

One Cycling: Was über die Reformpläne bekannt ist

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "One Cycling: Was über die Reformpläne bekannt ist"
Modern in der Wüste: Das Peloton bei der AlUla Tour 2024 in Saudi-Arabien. | Foto: Cor Vos

14.02.2024  |  (rsn) – Einige der großen Top-Teams im Radsport arbeiten hinter den Kulissen seit Monaten an einem Projekt, um das Geschäftsmodell Profiradsport umzukrempeln, finanzstarke Investoren zu involvieren und vor allem Rennställe besser an den Einkommensströmen des Sports zu beteiligen. Der Name des Projekts? One Cycling. radsport-news.com hat zusammengetragen, was aktuell dazu bekannt ist:

Bislang finanzieren sich Radsportteams zu rund 95 Prozent über Sponsorengelder, anstatt wie beispielsweise in der Formel 1 oder dem Fußball auch an der allgemeinen Vermarktung des Sports und auch den TV-Rechten direkt beteiligt zu sein. Damit ist eine der größten und wichtigsten Interessengruppen des Radsports sehr verletzlich.

Reformpläne, die darauf zielten, das zu verändern, gab es in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten immer wieder. Das Unternehmen Velon, als Zusammenschluss einiger Teams, gründete deshalb beispielsweise einst die Hammer Series, die nach nur zwei Jahren aber wieder eingestellt werden musste. Unter anderem hatte sie auch damit zu kämpfen, dass der Radsport-Weltverband UCI sie nicht als eigene Rennserie anerkennen wollte.

Wer ist an Bord, wer nicht?

Das neue Projekt 'One Cycling' soll nun vor allem durch die Teams Ineos Grenadiers und Visma – Lease a Bike, aber auch Bora – hansgrohe und EF Education - EasyPost vorangetrieben werden. Im Januar bestätigte außerdem Soudal-Quick-Step-Teamboss Patrick Lefevere seine Unterstützung. Insgesamt acht Mannschaften sollen laut der Nachrichtenagentur Reuters an Bord sein. Außerdem soll mit Flanders Classics, dem Veranstalter der Flandern-Rundfahrt und anderer belgischer Rennen wie Gent-Wevelgem, auch schon ein Rennorganisator involviert sein.

Andere große Veranstalter wie die ASO (unter anderem Tour de France, Paris-Roubaix, Lüttich-Bastogne-Lüttich) und RCS (u.a. Giro d'Italia, Mailand-Sanremo, Il Lombardia) und auch viele WorldTour-Rennställe sehen das Vorhaben kritisch. Nicht involvierte Teams fürchten Berichten zufolge unter anderem, dass sie im Falle eines Scheiterns eher Geld verlieren als verdienen würden.

250 Millionen Euro von saudi-arabischer Investorengruppe?

Der wichtigste Unterschied zu bisherigen Vorstößen wie Velon ist, dass laut der Nachrichtenagentur Reuters Großinvestoren an dem Projekt beteiligt sein sollen. Demnach könnten über die dem Public Investment Fund (PIF) Saudi-Arabiens gehörende Sport-Investorengruppe SRJ Sports rund 250 Millionen Euro in das Projekt investiert werden, um es zum Laufen zu bringen. Im Grunde ist der Plan also, ein Unternehmen zu gründen, das einen großen Teil des Profiradsports besitzt und betreibt. SRJ Sports wurde gegründet, um bestehende Sport-Events zu kaufen oder in neue zu investieren, um Vermarktungsrechte zu besitzen und beliebte, bekannte Sport-Events nach Saudi-Arabien zu holen.

Neu zu erschaffende Rennen in bislang vom Profiradsport wenig oder schlecht erschlossenen Märkten wie China, Südafrika oder Süd- und Mittelamerika und natürlich auch im Arabischen Raum sollen in den Planungen rund um One Cycling eine große Rolle spielen – aber auch Schlagworte wie die Zentralvermarktung von TV-Rechten oder Werbe-Möglichkeiten sowie der Verkauf von Eintrittskarten bei Rennen sind Thema, wie von Bora-hansgrohe-Teamchef Ralph Denk in der Radsport-Talksendung 'Windschatten' in der vergangenen Woche besprochen.

Nicht anstatt Tour und Co., sondern parallel dazu

Wichtig dabei: Die angedachte neue Rennserie soll keine Gegenveranstaltung zu den bestehenden WorldTour-Events wie der Tour de France oder dem Giro d'Italia werden. Das heißt, dass die an den Planungen beteiligten Teams, wenn es zu einer Umsetzung kommt, sich nicht vom bisherigen UCI-Kalender distanzieren, sondern mit ihrem Projekt parallel zu den nicht daran beteiligten Events schlicht eine neue, für sie besser strukturierte, Business-Schiene aufmachen wollen. Ziel soll dabei sein, diese Schiene ab 2026 zu befahren, wenn der neue WorldTour-Dreijahres-Zyklus beginnt.

Angestrebt werde dabei auch eine Zusammenarbeit mit der UCI, so heißt es – auch wenn ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur geplanten 'Super League' im Fußball im Dezember dafür gesorgt haben dürfte, dass das Durchsetzen einer Rennserie ohne UCI-Wohlwollen ebenfalls möglich wäre und nicht wie einst die Hammer Series scheitern müsste.

Doch den Rennkalender einer möglichen 'One-Cycling-Serie' und der anderen großen UCI-Rennen abzustimmen, das muss gemeinsames Interesse sein – und diesen Standpunkt dürfte auch der Weltverband vertreten. Immerhin wollte auch die UCI schon vor mehr als einem Jahrzehnt Überschneidungen von WorldTour-Rennen vermeiden, stieß dabei aber aufd en Widerstand der Rennveranstalter, vor allem ASO und RCS, die ihre Etappenrennen nicht entsprechend kürzen wollten.

Interessengruppen ziehen zu wenig an einem Strang

Visma-Lease-a-Bike-Teamchef Richard Plugge erklärte gegenüber cyclingnews.com im Oktober: "Es ist offensichtlich, dass der Radsport ein schlafender Riese ist und ein verbessertes Geschäftsmodell verdient – für alle Interessengruppen, aber besonders für die Teams. Der einzige Weg, das zu erreichen, ist Kooperation."

Das Problem: Die Zusammenarbeit nicht nur zwischen den Interessengruppen des Radsports – Sportler, Teams, Rennveranstalter und UCI – sondern auch innerhalb der einzelnen Interessengruppen lässt zu wünschen übrig. Innerhalb der Teamvereinigung AIGCP rumort es, Kritik an Präsident Plugge wird immer lauter. Die Fahrergewerkschaft CPA ist traditionell schwach und kämpft mit ihren inneren Strukturen. Und auch die Rennorganisatoren haben oft unterschiedliche Vorstellungen, da gerade der Tour-de-France-Veranstalter ASO seine Stellung als Platzhirsch nicht gefährden will.

"Unsere Rivalen sind nicht andere Teams oder Veranstalter"

Plugge erklärte gegenüber der belgischen 'De Tijd' Anfang Januar, dass der Radsport "nicht realisiert, dass unsere Rivalen nicht die anderen Teams oder anderen Rennveranstalter sind, sondern all die anderen Formen der Unterhaltung". Um auf dem Entertainment-Weltmarkt mitspielen zu können, brauche es Einigkeit innerhalb des Sports – wie etwa bei der Formel 1, an die Plugge auch den Rennkalender anpassen möchte: "Wir brauchen einen klaren Kalender mit einer limitierten Anzahl an Rennen, in denen die besten Fahrer gegeneinander fahren."

Bora-hansgrohe-Teamchef Denk erklärte im Radsport-Talk-Magazin 'Windschatten' in der vergangenen Woche, Zentralvermarktung sei ein sehr wichtiger Punkt für die bessere Ökonomisierung des Radsports. Plugge sieht das genauso. "Große Medienunternehmen lachen darüber, wie Rennveranstalter und Teams über TV-Rechte streiten", so der Niederländer.

Und auch Lefevere betonte im Januar bei einer Presserunde am Rande der Teampräsentation von Soudal – Quick-Step: "Es ist immer dasselbe Lied, es gibt zu viele negative Leute im Radsport. Wenn wir nur rumsitzen, wird nichts passieren. Wenn Sie ein Wunder sehen wollen, fahren sie nach Lourdes, aber wenn wir Dinge verändern wollen, müssen wir daran arbeiten – und zwar in dieselbe Richtung. Wenn 18 Leute ihre Hand am Steuer haben, wird es nicht passieren", sagte der Belgier und schob die Forderung nach: "Drei, vier oder fünf Teams müssen die Führung übernehmen. Wenn das passiert, werden die anderen folgen. Wenn es fertig und unterschrieben ist, dann kann man zu den Kollegen gehen und fragen: 'Wir haben das aufgebaut, wollt ihr mitmachen oder nicht? Auch wenn ihr nichts dafür getan habt, könnt ihr so und so viel Geld durch das neue Projekt verdienen.'"

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