Vorgestellt: die 18 WorldTour-Mannschaften

EF Education First-Drapac: Überraschen die Underdogs wieder?

Von Daniel Brickwedde

Foto zu dem Text "EF Education First-Drapac: Überraschen die Underdogs wieder? "
EF Education First-Drapac vor dem Start der Valencia-Rundfahrt | Foto: Cor Vos

31.01.2018  |  (rsn) - radsport-news.com stellt die 18 WorldTour-Teams vor, die bei der 20. Tour Down Under in die Saison eingestiegen sind. Nachdem das Team im vergangenen Jahr lange zittern musste, ehe sich Manager Jonathan Vaughters mit einem neuen Sponsor einig wurden, wird man Rigoberto Uran & Co. in ziemlich auffälligen Trikots und unter dem sperrigen Namen EF Education First-Drapac im Peloton sehen. Der Rennstall zählt auch 2018 zu den Außernseitern, zumal zahlreiche talentierte Fahrer nicht gehalten werden konnten.

EF Education First-Drapac

Rückblick 2017: Die Saison bot auf der einen Seite unverhofft große sportliche Höhepunkte, allerdings auch einen nervenaufreibenden Überlebenskampf des Teams. Einem Etappensieg beim Giro d’Italia durch Pierre Rolland folgte ein weiterer von Rigoberto Uran bei der Tour de France (der erste für das Team bei der Tour seit 2014) und ein sensationeller zweiter Rang im Endklassement durch den Kolumbianer. Auch der Sieg in der Bergwertung der Vuelta a Espana durch Davide Villella und Platz drei von Sebastian Langeveld bei Paris-Roubaix waren große Errungenschaften der abgelaufenen Saison. Dennoch blieb am Ende die Gesamtbilanz von nur 14 Saisonsiegen ausbaufähig. Auch die Klassiker-Kampagne mit Neuzugang Sep Vanmarcke zahlte sich letztendlich nicht aus – der Belgier stürzte schwer bei der Flandern-Rundfahrt. Zumindest sicherte Manager Jonathan Vaughters den Fortbestand seines Rennstalls: Nachdem sich eine erste Vereinbarung mit dem Medienkonzern Oath zerschlug, rettete nach bangen Monaten schließlich im Herbst das schwedische Unternehmen EF Education First als neuer Hauptsponsor die Mannschaft.

Die wichtigsten Zu- und Abgänge: Bei keinem anderem WorldTour-Team war die Fluktuation zur neuen Saison größer. Elf Abgänge sollen durch zehn Neuverpflichtungen kompensiert werden. Unter anderem erlagen mit Davide Formolo (Bora-hansgrohe), Alberto Bettiol (BMC), Dylan Van Baarle (Sky), Davide Villella (Astana) und Toms Skujins (Trek-Segafredo) einige vielversprechende Talente den Lockrufen größerer Teams. Auch Patrick Bevin (BMC), Kristjan Koren (Bahrain-Merida), Ryan Mullen (Trek-Segafredo) und Tom-Jelte Slagter (Dimension Data) fanden schließlich neue Arbeitgeber. Andrew Talansky suchte sich hingegen eine neue Herausforderung im Triathlon-Sport.

Dagegen sind große Deals für Teamchef Jonathan Vaughters mit dem vorhandenen kleinen Budget nur schwer umzusetzen. Findige Lösungen sind gefragt: Mit Daniel Moreno (Movistar) und Sacha Modolo (UAE Emirates) kamen zwei erfahrende Profis, deren Karrieren zuletzt stagnierten. Weiter wurden mit Matti Breschel (Astana) und Mitchell Docker (Orica-Scott) zwei routinierte Akteure für die Frühjahrsklassiker und mit Daniel McLay ein vielversprechender Sprinter verpflichtet. Mit Logan Owen (Axeon Hagens Berman) und Daniel Martínez (Wilier Triestina) konnte sich EF Education First zudem zwei vielversprechende Talente angeln.

Aufgepasst auf … … Michael Woods. Der Kanadier kann getrost als Spätstarter bezeichnet werden. Erst nachdem er eine mittelprächtige Karriere als Mittelstreckenläufer mit 24 Jahren an den Nagel hing, fand er seinen Weg in den Radsport. Und nach einigen Jahren bei unterklassigen Teams bewies Cannondale mit seiner Verpflichtung zur Saison 2016 einmal mehr ein feines Näschen für gute Fahrer abseits des großen Interesses. Denn zwei Jahre später gehört der mittlerweile 31-Jährige zum Kreis der Leistungsträger. Platz sieben im Vorjahr bei der Vuelta a Espana bedeutete seinen Durchbruch bei den großen Landesrundfahrten – 2018 soll Woods daran als Kapitän beim Giro d’Italia anknüpfen.

Im Fokus: Es gibt Fahrer, die ohne Zweifel über große Fähigkeiten verfügen, den allerdings ein ausgeprägtes Sieger-Gen fehlt. Sep Vanmarcke gehört mittlerweile in diese Schublade. Der Belgier gilt unbestritten als einer der besten Klassikerspezialisten im Peloton, der fast immer um den SIeg mitfährt, oft nah dran war, doch dem stets das letzte Quäntchen fehlte. Vanmarckes einzigem bedeutenden Klassikersieg - beim Omloop Het Nieuwsblad im Jahr 2012 - folgten 15 Top-Ten-Platzierungen bei den Frühjahrsklassikern, inklusive Podestplätzen bei der Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix. Nach Sturzpech 2017 wird der er nun einen neuen Anlauf auf einen großen Klassiker-Sieg unternehmen. Und vielleicht wird der 29-Jährige irgendwann für seine Hartnäckigkeit belohnt.

Ausblick 2018: Der Name ist neu und noch gewöhnungsbedürftig, die Ziele und Möglichkeiten sind jedoch größtenteils unverändert – auch für 2018 sind Siege für die US-Mannschaft keine Selbstverständlichkeit. Es müsste schon viel zusammenkommen, damit Rigoberto Uran sein Ergebnis der vergangenen Tour de France wiederholen könnte. Ein Kandidat für eine Top-Ten-Platzierung ist der Kolumbianer aber gewiss bei der Tour. Der andere große Saisonhöhepunkt werden die Frühjahrsklassiker mit Vanmarcke sein, der zwar den Motor, bislang aber nicht das nötige Glück für einen Sieg bei den großen Pavé-Rennen hatte. Eine weitere Option auf diesem Terrain stellt Sebastian Langeveld dar. Darüber hinaus sind die Aussichten jedoch wackelig. Der Auftritt von Woods bei der Vuelta im Vorjahr war herausragend, seine Leistung muss er allerdings erst noch bestätigen.

Und auch Siege der Routiniers Rolland, Simon Clarke und Moreno sind eher seltene Ausnahmen als die Regel. Zumindest hat das Team im Rahmen seiner Möglichkeiten auf die chronisch magere Siegausbeute der vergangenen Jahre reagiert und mit Modolo und McLay zwei passable Sprinter ins Aufgebot geholt. Vaughters sieht die Mannschaft in diesem Bereich zukünftig „wieder wettbewerbsfähig“ und tatsächlich könnten sich die Verstärkungen auszahlen. Sein Team verkauft der Teamchef gerne als Underdog und das erfolgreiche Vorjahr sollte nicht als Maßstab für 2018 genommen werden. Ein Blick in die Teamgeschichte zeigt jedoch: Für Überraschungscoups ist die Mannschaft immer gut.

Eckdaten:
Land: USA
Hauptsponsor: EF Education First
Branche: Bildungs- und Reisedienstleistungen
Teamchef: Jonathan Vaughters
Radausrüster: Cannondale
WorldTour-Platzierung 2017: 10
Fahrer im Aufgebot: 25

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