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24.06.2016 | (rsn) - "Es ist angekommen, aber ich kann es noch immer nicht richtig glauben", sagte Trixi Worrack (Canyon-SRAM) auch noch nach Siegerehrung, Pressekonferenz und Dopingtest im Gespräch mit radsport-news.com. Dass die 34-Jährige drei Monate nach dem Verlust ihrer linken Niere tatsächlich Deutsche Meisterin im Einzelzeitfahren geworden ist, das war eine echte Sensation am sonst von Favoritensiegen geprägten Zeitfahr-Freitag der Deutschen Straßenmeisterschaften 2016.
"Nach dem Frühjahr ist das natürlich ein ganz besonderer Titel und hat einen großen Stellenwert. Denn ich wusste erstmal ja gar nicht, ob ich zurückkomme und wie", meinte Worrack, die nach Cottbus 2009 bereits zum zweiten Mal Zeitfahrmeisterin wurde. Ihr Comeback hatte die zumindest bis Sonntag amtierende Deutsche Doppel-Meisterin zwei Wochen vor den Meisterschaften bei den Auensteiner Radsporttagen gegeben. Dort kam sie gut zurecht, ans Siegen war aber längst nicht zu denken.
Entsprechend ging Worrack auch ohne große Erwartungen ins Zeitfahren von Streufdorf. "Ich wusste wirklich nicht, wo ich stehe und es war von Länge und Profil her ein schweres Zeitfahren, das man sich gut einteilen musste. In meiner Situation bin ich wirklich blind ins Rennen gegangen ohne zu wissen, wie lange ich überhaupt durchhalte."
Zumindest über 26 Kilometer hat sie problemlos durchgehalten, und auch wenn die operierte Bauchmuskulatur am Ende wegen der tiefen Zeitfahrposition etwas schmerzte, war Worrack 22 Sekunden schneller als Stephanie Pohl (Cervelo-Bigla) und 50 Sekunden als Teamkollegin Lisa Brennauer, die als große Favoritin gestartet war.
Doch Brennaue kam mit den Temperaturen von rund 35 Grad fünf Tage nach der eher kühlen Women's Tour nicht zurecht. Die Allgäuerin hatte die Rundfahrt in England am Sonntag aufgegeben, weil sie unter Magen-Darmproblemen litt. "Dadurch habe ich sicher Mineralien verloren, was jetzt bei der Hitze nicht förderlich war. Aber darauf möchte ich es nicht schieben. Es war einfach nicht mein Tag", sagte die Ex-Weltmeisterin, die schon nach 13 Kilometern an der Zwischenzeit 32 Sekunden hinter Worrack zurücklag.
"Da war ich Fünfte und mir war klar, dass ich noch eins draufsetzen musste - aber ich hatte nichts mehr draufzusetzen", so Brennauer. "Ich habe von Anfang an gemerkt, dass ich meine Wattzahlen nicht fahren kann und nicht richtig in Schwung komme. Natürlich bin ich enttäuscht, aber in ein paar Stunden muss der Blick wieder nach vorne gehen." Am Sonntag bietet sich für die endschnelle Brennauer auf flachem Kurs in Erfurt schließlich noch die Chance, zum zweiten Mal nach 2014 Deutsche Straßenmeisterin zu werden.
Und vorher steht noch ein weiteres Ziel auf dem Programm, zu dessen Erreichen keine Protagonistin nun noch etwas beitragen kann: die Nominierung für die Olympischen Spiele in Rio, die der Bund Deutscher Radfahrer am Samstagabend bekanntgibt. Brennauer und Worrack gelten als gesetzt, und auch Deutschlands seit Jahren beste Klettererin Claudia Lichtenberg (Lotto Soudal) dürfte ihr Ticket für Rio in der Tasche haben.
Für den vierten Startplatz im Straßenrennen gibt es aber mehrere Kandidatinnen - unter anderem Pohl, die mit ihrem Zeitfahren in Streufdorf ein letztes beeindruckendes Bewerbungsschreiben abgab. Als Mitglied des Bahn-Vierers fährt sie allerdings ohnehin bereits nach Rio, unabhängig von der Straßen-Nominierung am Samstag.
"Ich habe heute alles gezeigt, was ich kann, und ich kann auch gut berghoch fahren - jetzt werden wir sehen, wie entschieden wird", sagte Pohl radsport-news.com nach dem DM-Zeitfahren, mit dem sie sehr zufrieden war. "Ich war in den letzten Jahren immer auf Platz fünf oder sechs, aber der Kurs hier war ein bisschen wie für mich gemacht", so Pohl über den anspruchsvollen, welligen Parcours mit einigen Rampen. "Ich habe alles gegeben, und gegen Trixi zu verlieren ist keine Schande."
Das war es an diesem Tag tatsächlich nicht - und nach Worracks schwerer Verletzung vom März gönnte ihr in Streufdorf wohl wirklich jeder den Erfolg von Herzen, ganz besonders Teamkollegin Brennauer, die für folgende Aussage auf der Pressekonferenz sogar Applaus erntete: "Ich freue mich sehr, dass Trixi so stark gefahren ist, denn ich bin ihre Teamkollegin, habe den Sturz mitbekommen und es war auch für uns keine einfache Situation. Ich habe in den letzten Wochen und Monaten, in denen sie nicht mit uns gefahren ist, gemerkt, wie sehr sie uns fehlt und wie groß ihr Anteil an meinen bisherigen Erfolgen ist. Sie ist ein ganz, ganz wichtiger Bestandteil unseres Teams."
Enttäuscht stiegen in Streufdorf Titelverteidigerin Mieke Kröger (Canyon-SRAM) und Cervelo-Bigla-Youngster Clara Koppenburg vom Rad. Letztere hatte an der Zwischenzeit noch mit nur 14 Sekunden Rückstand auf Worrack Rang drei belegt, musste in der zweiten Rennhälfte aber wegen eines Hitzschlags aufgeben, wie Teamchef Thomas Campana radsport-news.com erklärte. "Wir mussten sie stoppen, weil wir auch die Verantwortung für ihre Gesundheit tragen", sagte Campana.
Kröger hingegen erreichte das Ziel, kam mit dem welligen Kurs aber nicht zurecht und musste sich 1:25 Minuten hinter Worrack mit Rang fünf begnügen - sechs Sekunden hinter Corinna Lechner (Maxx-Solar), die als Fünfte beste Bundesliga-Fahrerin war und somit den sechsten Lauf der Serie für sich entschied.
Zweite im Bundesliga-Klassement wurde Lisa Klein (Cervelo-Bigla) als Sechstplatzierte mit 1:52 Minuten Rückstand auf Worrack. Elena Büchler (Team Stuttgart) komplettierte das Bundesliga-Podium. Sie wurde Meisterschaftsachte und war 2:39 Minuten langsamer als die neue Deutsche Meisterin. Davor klassierte sich noch Romy Kasper (Boels-Dolmans) mit 2:20 Minuten Rückstand.
Die Top Ten der Meisterschaften und Top Fünf der Bundesliga komplettierten Theres Klein und Katharina Venjakob (beide Maxx-Solar) mit 3:12 beziehungsweise 3:15 Minuten Rückstand. Lechner übernahm mit ihrem Sieg auch die Führung in der Bundesliga-Gesamtwertung von Wiebke Rodieck (Koga Ladies), die in Streufdorf nicht angetreten war.
Siegerinterview mit Trixi Worrack:
Interview mit Vize-Meisterin Stephanie Pohl:
Interview mit Lisa Brennauer:
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