Polin gewinnt die Tour Femmes

Vier Sekunden: Niewiadoma verteidigt Gelb gegen Vollering

Von Marc Zeiringer

Foto zu dem Text "Vier Sekunden: Niewiadoma verteidigt Gelb gegen Vollering "
Kasia Niewiadoma (Canyon – SRAM) hat die 3. Tour de France Femmes gewonnen. | Foto: Cor Vos

18.08.2024  |  (rsn) - Die 8. Etappe der Tour de France Femmes über 149,9 Kilometer von Le Grand-Bornand nach Alpe d’Huez war an Spannung nicht zu überbieten. Im dramatischen Finish an den berühmten 21 Kehren zur legendären Bergankunft gewann die Niederländerin Demi Vollering (SD Worx – Protime) zwar vor ihrer Landsfrau Pauliena Rooijakkers (Fenix – Deceuninck). Doch zur Titelverteidigung reichte es nicht.

Mit einer heroischen Leistung im 13,7 Kilometer langen Schlussanstieg rettete die Polin Katarzyna Niewiadoma (Canyon – SRAM Racing) als Tagesvierte vier Sekunden ihres Vorsprungs, der vor der Etappe 1:15 Minuten betragen hatte, und feierte den größten Erfolg ihrer Karriere. Wie knapp es zuging, zeigte auch, dass der Gesamtdritten Rooijakkers nach 949,7 Kilometern von Rotterdam nach Alpe d’Huez ebenfalls nur zehn Sekunden zum Gesamtsieg fehlten.

“Um ehrlich zu sein, es ist einfach verrückt. Die ganze Etappe war eine Achterbahnfahrt. Ich habe total mein Selbstvertrauen verloren. Ich habe mich wirklich sehr schlecht gefühlt. Ich liebe Abfahrten und ich konnte da meine Energie zurückgewinnen“, erklärte die 29-jährige Niewiadoma im Flash-Interview. “Manchmal braucht man nur einen Moment der Entspannung und man bekommt die Energie zurück. Ich habe alles gegessen, was ich in meinen Taschen hatte, habe viel Flüssigkeit zu mir genommen und dann habe ich mich wieder gut gefühlt und war bereit, um weiterzumachen“, fügte sie an.

“Gerade im Moment ist es sehr traurig, dass ich die Tour nur um vier Sekunden verloren habe“, sagte die entthronte Titelverteidigerin Vollering im Flash-Interview. “Vor allem, weil ich wusste, dass das Gelbe Trikot bis zu diesem blöden Sturz auf der 5 Etappe sicher auf meinen Schultern saß Ich habe dort alles verloren … Es tut sehr weh zu sehen, dass meine Leistung auf der Schlussetappe nicht gereicht hat“, so die 27-Jährige, die bereits am Col du Glandon 54 Kilometer vor dem Ziel attackiert und dort Niewiadoma abgeschüttelt hatte. Die aber gab nie auf und entschied das Fernduell schließlich knapp für sich.

Dagegen war die 31-jährige Rooijakkers war mit ihrer Vorstellung ausgesprochen zufrieden. “Ich kann wirklich sehr glücklich sein mit meiner Leistung. Ich wusste, dass ich um Gelb fahre und habe versucht, irgendwie am Hinterrad von Demi (Vollering) dranzubleiben. Wir haben im Höhentrainingslager mit vielen Fahrerinnen sehr hart für diese Tour gearbeitet. Wir haben viel Selbstvertrauen von den Trainern und dem ganzen Team bekommen. Sie haben an uns geglaubt“, so die Gesamtdritte im Interview mit Eurosport.

Den dritten Tagesplatz holte sich die Französin Evita Muzic (FDJ – Suez), Fünfte wurde die Italienerin Gaia Realini (Lidl – Trek) Eine starke Leistung zeigte auch die Österreicherin Valentina Cavallar. Die Ex-Ruderin belegte unmittelbar hinter Cedrine Kerbaol (Certizit – WNT Pro Cycling) den siebten Platz. Beste Deutsche war Hannah Ludwig (Cofidis Women) als Fünfzehnte. In der Gesamtwertung landete Liane Lippert (Movistar) letztlich auf dem 18. Platz.

In den Sonderwertungen gab es trotz dieser dramatischen letzten Etappe keine Veränderungen. Marianne Vos (Visma – Lease a Bike) holte sich das Punktetrikot, Justine Ghekiere (AG Insurance – Soudal) das Gepunktete Trikot der Bergbesten Fahrerin, Puck Pieterse gewann die Wertung der besten Nachwuchsfahrerin. Lidl Trek sicherte sich die Teamwertung.

So lief die 8. Etappe der Tour de France Femmes:

Noch 116 Fahrerinnen starteten um 14:00 Uhr in Le Grand-Bornand zum großen Showdown der 3. Tour de France Femmes. Nach kurzer Zeit konnte sich eine große Gruppe von 23 Fahrerinnen vom Feld absetzen. Mit dabei waren hier unter anderem Bergkönigin Justine Ghekiere (AG Insurance – Soudal), die beiden Deutschen Liane Lippert (Movistar) und Franziska Koch (dsm-firmenich – PostNL), Lucinda Brand (Lidl – Trek) sowie mit Mischa Bredewold, Blanka Vas, Christine Majerus und Lorena Wiebes gleich vier Teamkolleginnen von Vollering. Das Team der Gesamtführenden Niewiadoma konnte dagegen keine Fahrerin in die Fluchtgruppe bringen. An der ersten Bergwertung des Tages am Col de Tamie (2. Kat) hatte die Gruppe eineinhalb Minuten Vorsprung auf das Peloton. Die Punkte dort sicherte sich Ghekiere vor Bredewold und Majerus.

Danach vergrößerte sich der Vorsprung der Spitzengruppe auf maximal drei Minuten. Die Sprintwertung 96 Kilometer vor dem Ende gewann Wiebes vor Majerus und Olivia Baril (Movistar). Danach beruhigte sich das Rennen kurz, ehe die beiden letzten und schwersten Berge dieser Tour folgten. Am Fuße des Col du Glandon (HC) wies die Spitzengruppe noch einen Vorsprung von zwei Minuten auf.

Das Peloton verringerte im ersten Teil des Anstiegs stetig den Rückstand und viele Fahrerinnen konnten das Tempo an der Spitze, aber auch im Hauptfeld nicht mehr mitgehen. Brand erhöhte vorn das Tempo 65 Kilometer vor Ende des Rennens und spaltete somit die Spitzengruppe in zwei Teile. Nur Lippert, Erica Magnaldi (UAE Team ADQ), Katrine Aalerud (Uno-X Mobility), Silke Smulders (Liv - AlUla - Jayco), Alice Arzuffi (Ceratizit - WNT Pro Cycling) und Loes Adegeest (FDJ - Suez) konnten ihr folgen.

Das Streckenprofil der 8. Etappe der Tour de France Femmes | Foto: Veranstalter

Daraufhin bildete sich eine Verfolgergruppe, die schnell den Rückstand auf 40 Sekunden verringerte. Mavi Garcia (Liv – AlUla – Jayco) löste sich zur Hälfte des Anstiegs vom Peloton. Schnell schaffte sie den Anschluss an die Verfolgerinnengruppe, konnte dann aber nicht entscheidend näher an die Spitze heranfahren. Wenig später wurde sie wieder vom Feld geschluckt.

Etwa sechs Kilometer vor der Bergwertung attackierte Valentina Cavallar (Arkea B&B Hotels) und zog an der Spitzengruppe vorbei. Kurze Zeit später erhöhte SD Worx – Protime das Tempo im Peloton und stellte die ehemalige Spitzengruppe.

2,5 Kilometer vor dem Gipfel attackierte Vollering und konnte sich gemeinsam mit Pauliena Rooijakkers (Fenix – Deceuninck) lösen. Dieses Duo fuhr an die Führende Cavallar heran und so überquerte das neu formierte Trio mit bereits einer Minute Vorsprung auf die Verfolgerinnengruppe mit Niewiadoma, Brand, Realini, Muzic und Sarah Gigante (AG Insurance – Soudal) den Col du Glandon.

In der Abfahrt konnten zur Verfolgerinnengruppe noch Cedrine Kerbaol (Ceratizit – WNT) und Niamh Fisher-Black (SD Worx – Protime) aufschlossen. Cavallar musste vorn reißen lassen und wurde am Ende der Abfahrt eingeholt. Im folgenden Flachstück waren sich Rooijakkers und Vollering nicht einig und verloren einige Sekunden. Zum Start des 13,7 Kilometer langen Anstiegs nach Alpe d’Huez hatten sie nur noch 40 Sekunden Vorsprung auf die Verfolgerinnen.

Niewiadoma wird für ihren großen Kampfgeist belohnt

Hier machten sich Muzic, Realini und Niewiadoma auf die Verfolgung des Spitzenduos. Rooijakkers überließ vorn Vollering weiterhin die Tempoarbeit. Zehn Kilometer vor dem Ziel hatten die Beiden dennoch eine Minute Vorsprung auf die Gruppe um Niewiadoma.

Danach blieb der Abstand lange sehr konstant bei über einer Minute. Zu diesem Zeitpunkt deutete alles auf einen Zweikampf um den Toursieg zwischen Vollering und Rooijakkers hin. Doch vier Kilometer vor dem Ende hatte Niewiadoma plötzlich nur noch 55 Sekunden an Rückstand. Eineinhalb Kilometer später attackierte Rooijakkers, doch Vollering blieb dran und konnte schließlich im Zielsprint vor Rooijakkers die Etappe gewinnen.

Bei den Verfolgerinnen griff Muzic an, wobei Niewiadoma sich nicht abschütteln ließ. Im Sprint um Platz drei zog die Polin zwar den Kürzeren, dennoch reichte es, um das Gelbe Trikot knapp gegen Vollering zu verteidigen.

Results powered by FirstCycling.com

Mehr Informationen zu diesem Thema

16.11.2024Niewiadoma erzählt von unangenehmem Moment mit Vollering

(rsn) – Die Bilder nach dem 4-Sekunden-Krimi beim Finale der Tour de France Femmes 2024 in L'Alpe d'Huez waren so konträr, wie sie nur sein konnten: Auf der einen Seite die überglückliche Gesamts

07.10.2024Auf dem Weg zur neuen Macht im Frauenradsport?

(rsn) - Canyon - SRAM Racing will mit dem Rückenwind des Sieges bei der Tour de France, einer Balance aus Talenten und routinierteren Fahrerinnen sowie dem nach eigenen Angaben schnellsten Rad im Pe

02.10.2024Niewiadoma: “Ich will mehr vom Leben, habe höhere Ziele“

(rsn) - Katarzyna, kurz Kasia, Niewiadoma wird ihren Titel als Gravel-Weltmeisterin am kommenden Samstag in Belgien nicht verteidigen und hat ihre Saison mit der Straßen-WM am Sonntag abgeschlossen.

19.08.2024Nach zwei Colas startete Ludwig ihre erfolgreiche Aufholjagd

(rsn) – Bei der letztjährigen Tour de France Femmes gelang Hannah Ludwig auf der Königsetappe zum Tourmalet mit Rang 13 bereits eine Spitzenplatzierung. Zum Finale der 3. Ausgabe, die mit der Berg

19.08.2024Für Niewiadoma reihten sich zum Tour-Finale alle Sterne auf

(rsn) – Seit sie vor zehn Jahren Profi wurde, hat Kasia Niewiadoma 20 Siege feiern können, die meisten davon im Trikot des deutschen Teams Canyon – SRAM, dem die Polin seit 2018 angehört. Der bi

18.08.2024Sturz, Lüttich und Grand Bornand: Vollering sucht die 4 Sekunden

(rsn) – Nie war ein Sieger oder eine Siegerin in L'Alpe d'Huez unglücklicher, als Demi Vollering (SD Worx – Protime) nach der Schlussetappe der Tour de France Femmes. Vier Sekunden fehlten der Ni

17.08.2024Niewiadoma vs. Vollering: Showdown in L´Alpe d´Huez

(rsn) – Die Tour de France Femmes spitzt sich auf den großen Showdown am Schlusstag zu. Die erste Bergankunft in Le Grand-Bornand hat für keine Vorentscheidung in der Gesamtwertung gesorgt und so

17.08.2024Für Lippert wurde es erst auf dem Schlusskilometer zu schnell

(rsn) – Eine Position hat Liane Lippert (Movistar) in der Gesamtwertung hinauf nach Le Grand-Bornand Le Chinaillon verloren. Trotzdem sitzt die Friedrichshafenerin vor der brutalen Schlussetappe üb

17.08.2024Bergkönigin Ghekiere triumphiert solo in Le Grand-Bornand

(rsn) – Justine Ghekiere (AG Insurance - Soudal Team) hat auf der 7. Etappe der 3. Tour de France Femmes (2.WWT) als Ausreißerin triumphiert und mit dem größten Erfolg ihrer Karriere auch die Fü

16.08.2024Mit Herz lässt Kerbaol Ceratizit - WNT jubeln

(rsn) – Katarzyna Niewiadoma für Canyon – SRAM in Gelb, Cédrine Kerbaol Etappensiegerin und neue Gesamtzweite für Ceratizit - WNT: Die beiden deutschen Teams bei der Tour de France Femmes sind

16.08.2024In der Abfahrt geschlagen: Rooijakkers freut sich auf Alpen

(rsn) – Das Finale der 6. Etappe der Tour de France Femmes in Morteau ist zu einem Paradebeispiel dafür geworden, dass Abfahrtskünste trotz aller Sicherheitsdebatten weiterhin wichtiger Bestandtei

16.08.2024Labous: Auch ohne Sieg Heldin von Morteau

(rsn) – Der erste französische Etappensieg in der jungen Geschichte der Tour de France Femmes – und das in Morteau, der Heimat der wichtigsten französischen Talentschmiede im Frauenradsport der

Weitere Radsportnachrichten

31.03.2025“Großvater“ Kristoff landete fast nochmal auf dem Podium

(rsn) – Zwei Monumente konnte Alexander Kristoff (Uno-X Mobility) in seiner Karriere schon gewinnen, aber auch bei Gent-Wevelgem in Flanders Fields war der mittlerweile 37-jährige Norweger schon e

31.03.2025Jakobsen muss unters Messer und steht vor langer Zwangspause

(rsn) – Spätestens nach der Saison 2022 schien der Horror-Sturz von Fabio Jakobsen (Picnic - PoostNL) aus der Polen-Rundfahrt aus dem Jahr 2020 endgültig vergessen, der heute 28-Jährige fuhr mit

31.03.2025Tudor, TotalEnergies und Uno-X bekommen die Tour-Wildcards 2025

(rsn) – Kaum hat die UCI die Bestätigung einer möglichen dritten Wildcard für die Grand Tours im Jahr 2025 bekanntgegeben, ist auch die ASO als Veranstalterin der Tour de France nun bereits vorge

31.03.2025Wiebes‘ unglaubliche Statistiken: Die Zahlen hinter der “100“

(rsn) – Ihren ersten UCI-Sieg feierte Lorena Wiebes im Jahr 2018. Das war damals im Mai beim Dorpenomloop in Aalburg, einem Rennen, das heute nicht mehr ausgetragen wird. Damals war sie 19 Jahre alt

31.03.2025UCI bestätigt Erweiterung der Grand-Tour-Pelotons auf 23 Teams

(rsn) – Nachdem sich das Professional Cycling Council (PCC) bereits für ein zusätzliches 23. Team bei den Grand Tours ausgesprochen hatte, hat nun auch das UCI Management Komitee die Entscheidung

31.03.2025Kool schafft bei Gent-Wevelgem den Befreiungsschlag

(rsn) – Auch wenn die Weltklasse-Sprinterin Charlotte Kool (Picnic – PostNL) beim überlegenen Sieg von Lorena Wiebes (SD Worx – Protime) bei Gent-Wevelgem (1.UWT) chancenlos aussah, war die 25-

31.03.2025Keßler holt dritten Platz auf Schlussetappe der Olympia´s Tour

(rsn) - Für die Teams Lotto – Kern Haus – PSD Bank und Rembe – rad-net ist mit unterschiedlichen Gefühlen eine insgesamt erfolgreiche Olympia´s Tour zu Ende gegangen und Run & Race - Wibatech

31.03.2025Kooij erleidet Schlüsselbeinbruch bei Gent-Wevelgem

(rsn) – Olav Kooij (Visma – Lease a Bike) hat sich bei seinem Sturz 72 Kilometer vor dem Ziel bei Gent-Wevelgem (1.UWT) das Schlüsselbein gebrochen. Das bestätigte das niederländische Team vi

31.03.2025Haller fehlte ein halbes PS bei Pedersens Attacke

(rsn) – Durch die immer früheren Attacken der Favoriten bei den belgischen Frühjahresklassikern hat sich die Taktik, über die frühe Ausreißergruppe vor das Rennen zu kommen, in den letzten Jah

31.03.2025Dwars door Vlaanderen im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Dwars door Vlaanderen (1.UWT) ist eines der kürzesten flämischen Eintagesrennen des Frühjahrs. Im vergangenen Jahr etwa betrug die Distanz "nur" 183,7 Kilometer. Für die Fahrer ist das

30.03.2025Pedersen: “Erwartet das nicht immer von mir“

(rsn) – Es war schon eine sehr eindrucksvolle Show, die Mads Pedersen (Lidl – Trek) mit seiner 56 Kilometer langen Soloflucht beim 87. Gent-Wevelgem in Flanders Fields bot. Als wäre nichts weiter

30.03.2025Degenkolb: “Als Mads losfuhr, hatte keiner die Beine“

(rsn) – John Degenkolb (Picnic – PostNL) hat beim 87. Gent-Wevelgem (1.UWT) eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass er trotz seiner 36 Jahrebei harten, langen Eintagesrennen immer noch mit der

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine