Schweizer Meisterin zur Krise bei Bigla - Katusha

Reusser: “Am Ende könnten wir sogar besser dastehen“

Von Matthias Seng

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Marlen Reusser (Bigla - Katusha) beim Omloop Het Nieuwsblad 2020 | Foto: Cor Vos

03.05.2020  |  (rsn) - Es war eine regelrechte Hiobsbotschaft, die das Management von Bigla - Katusha vor gut einer Woche bekannt gab: Der Hauptsponsor Bigla hatte die Einstellung der finanziellen Zuwendungen angekündigt, der Co-Sponsor Katusha zahlte bereits im April nicht mehr. Doch der vom Deutschen Thomas Campana geleitete Schweizer Frauen-Rennstall reagierte schnell und kämpferisch. Nur wenige Tage später wurde ein Aktionsplan vorgestellt, mit dem das Team gerettet werden soll.

Um kurzfristig die Fahrerinnen entlohnen zu können, wolle man den Radsportweltverband UCI bitten, die hinterlegte Bankgarantie freizugeben, hieß es in der von Mit-Eigentümerin Priska Doppmann Campana verfassten Mitteilung. Dazu sollen ein Fan-Unterstützungsprogramm und eine Crowdfunding-Kampagne gestartet werden, um so dem Team finanziell zu helfen. Darüber hinaus suche man nach “neuen Sponsoring-Möglichkeiten, und wir glauben, dass wir mit unseren bestehenden und neuen Partnern diese Ziele erfolgreich verwirklichen können", so Doppman Campana.

Darüber dürfte sich auch Marlen Reusser freuen, die sich ihre erste Profisaison ganz anders vorgestellt hätte, sich von der Corona-Krise aber nicht ihren Optimismus rauben lässt. “Ich habe das Glück, hier in der Schweiz zu leben und alles zu haben, was ich brauche. Ich konzentriere mich auf das, was ich ändern kann und lasse mich von dem, was ich nicht beeinflussen kann, nicht runterziehen“, betonte die Schweizer Doppelmeisterin im Gespräch mit radsport-news.com. “Natürlich ärgert es mich schon ein bisschen, dass die Saison unterbrochen ist. Aber deswegen lasse ich den Kopf nicht hängen.“

Nicht nur das - die 28-jährige Reusser, die erst vor drei Jahren ihre erste Lizenz löste und 2019 ihre Stelle als Assistenzärztin aufgab, um sich ganz dem Radsport widmen zu können, zeigte sich zuversichtlich, dass ihr Team gestärkt aus der Existenz bedrohenden Lage hervorgehen wird. “Es sieht gar nicht so schlecht aus, ich habe den Eindruck, dass wir am Ende sogar besser dastehen könnten, weil plötzlich die Investoren wach werden. Für uns als Team ist das vielleicht sogar ganz günstig, ich mache mir also keine großen Sorgen. Ich bin eh‘ eine unverbesserliche Optimistin“, fügte Reusser lachend an.

Für sie persönlich würde die gegenwärtige Krise sogar neue Chancen eröffnen, etwa mit Blick auf die in das Jahr 2021 verschobenen Olympischen Spiele: “Die Zeit kann ich nun nutzen, um mich in Ruhe systematisch und konsequent vorzubereiten. Der Termin im kommenden Jahr passt mir deshalb sogar besser“, sagte die Zeitfahrspezialistin, die 2019 in ihrer Spezialdisziplin Gold bei den European Games in Minsk gewonnen hatte und im Herbst Sechste im WM-Zeitfahren von Harrogate geworden war.

In dieser Saison kommt die 1,80 Meter große Bernerin auf bisher sechs Renntage, an denen sie durchaus zu überzeugen wusste, etwa als Gesamtfünfte der Valencia-Rundfahrt mit Rang 13 beim Omloop Het Nieuwsblad der Frauen, wo sie als zweitbeste Bigla-Fahrerin hinter Elizabeth Banks, die Sechste wurde, über den Zielstrich rollte.

Auch wenn zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbar ist, ob und wann weitere Rennen in dieser Saison ausgetragen werden können, so lässt sich Reusser davon nicht die Zuversicht rauben und stimmte der Einschätzung von Doppmann Campana zu, dass es das Team nicht nur auch 2021 geben wird, sondern dass es dann sogar in der Women’s WorldTour mitmischen könnte. “Ich halte das aus zweierlei Gründen für den logischen nächsten Schritt: erstens, weil wir die fahrerische Qualität dazu im Team haben und zweitens, weil das Team das erforderliche professionelle Level mitbringt. Wir gehören definitiv in die World Tour“, begründete sie ihre Einschätzung.

Wesentlich für das professionelle Umfeld verantwortlich sei Team-Manager Campana, der das Potenzial, das im Frauenradsport stecke, entdeckt habe und diesen kompetent fördere. “Er mag nicht unumstritten sein, aber er ist einer derjenigen, die erkannt haben, dass der Frauen-Radsport genauso viel wert ist wie der Männer-Radsport“, sagte Reusser über den Deutschen, dessen Führungsmethoden auf teils heftige Kritik von Fahrerinnen stießen, die das Team mittlerweile verlassen haben.

Dagegen habe der Radsportweltverband UCI noch viel Nachholbedarf in Sachen Gleichstellung, wie Reusser betonte und als Beispiel die Erstellung des neuen Rennkalenders aufführte, bei der die UCI sich zunächst nur auf die Planung für die Männer konzentriert hatte. Das hatte für große Verärgerung im Lager der Fahrerinnen gesorgt. “Mir zeigt dieses Beispiel wieder nur ein weiteres Mal, dass der Radsport nach wie vor komplett männlich dominiert ist. Es wird höchste Zeit, dass die Männer begreifen, dass wir Frauen genauso gut sind und dass alle davon profitierten, wenn der Frauenradsport gleich behandelt werden würde“, forderte Reusser ein grundlegendes Umdenken.

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