Bittere Tränen in Den Haag

Wiebes´ Traum von Gelb zerbricht mit dem Schaltwerk

Von Felix Mattis aus Den Haag

Foto zu dem Text "Wiebes´ Traum von Gelb zerbricht mit dem Schaltwerk"
Lorena Wiebes wird von ihren Teamkolleginnen in Den Haag getröstet. | Foto: Team SD Worx - Protime

12.08.2024  |  (rsn) – Im Zielauslauf weinte sie deutlich hörbar bittere Tränen. Lorena Wiebes sackte über ihrem Rad zusammen und vergrub ihr Gesicht zwischen ihren Armen auf dem Lenker, während ihre Teamkolleginnen sie zu beruhigen versuchten. Doch die Niederländerin war untröstlich: In perfekter Position, ideal lanciert von ihrer Anfahrerin Barbara Guarischi hätte sie sich in Den Haag den großen Traum vom Gelben Trikot zum Auftakt der Tour de France Femmes avec Zwift erfüllen können.

Stattdessen aber zerplatzte - oder besser: zerbrach – dieser Traum gut 400 Meter vor dem Zielstrich mit dem Schaltwerk der 25-Jährigen, als es wenige Sekunden vor der Eröffnung des Sprints zu einer Berührung zwischen Wiebes und der Finnin Anniina Ahtosalo (Uno-X Mobility) kam.

Wiebes zog in Guarischis Windschatten von links auf die rechte Straßenseite herüber und klemmte dort Ahtosalo zwischen sich und der zurückfallenden dsm-Anfahrerin Pfeiffer Georgi ein. Dabei verfing sich Wiebes' Schaltwerk in Ahtosalos Vorderrad und riss ab. Die Finnin konnte nur mit festem Griff am Lenker einen Sturz vermeiden.

Ohne Schaltwerk sprintet es sich schlecht: Das Rad von Lorena Wiebes (SD Worx – Protime) nach der 1. Etappe der Tour de France Femmes in Den Haag. | Foto: Cor Vos

Als dann Guarischi ihr Leadout beschleunigte, zog Wiebes nicht mehr mit, sondern trat ins Leere und verlor den Anschluss, während auf der linken Straßenseite Charlotte Kool (dsm-firmenich – PostNL) in Richtung Sieg davonzog. Wiebes schlug, während sie hilflos in Richtung Zielstrich rollte, mehrmals verzweifelt auf den Lenker, anstatt ins Maillot Jaune zu spurten.

"Wissen, dass wir sie in solchen Situationen lieber allein lassen"

"Wir haben genau gewusst, was zu tun ist und es hat auch super funktioniert, bis sie dann nicht mehr treten konnte", fasste Sportdirektor Danny Stam anschließend gegenüber radsport-news.com zusammen. "Ich weiß nicht genau, wie es passiert ist. Sie hat nur gesagt, dass sie am Hinterrad berührt wurde und im nächsten Moment konnte sie nicht mehr treten. Das komplette Schaltwerk ist runtergefallen. Es ist schwer, so Rad zu fahren oder zu sprinten", so der Niederländer weiter.

Wiebes kam am Bus an und während sich Titelverteidigerin Demi Vollering auf der Rolle ausfuhr und Kata Blanka Vas im Eisbad abkühlte von der 35-Grad-Hitzeschlacht an der Küste, stieg das Sprint-Ass direkt in den schützenden, mobilen Raum, um sich und ihre Enttäuschung abzuschotten. "Sie war natürlich sehr frustriert. Sie ist in den Bus gekommen und wir wissen, dass wir sie in solchen Situationen lieber alleine lassen", meinte Stam, blieb aber auch optimistisch: "Morgen ist ein neuer Tag, ein neuer Sprint."

Gewinnt Wiebes am Dienstagvormittag auf der 69,7 Kilometer langen 2. Etappe von Dordrecht nach Rotterdam, so hat sie am Dienstagnachmittag im 6,3 Kilometer langen Einzelzeitfahren der 3. Etappe in Rotterdam doch noch die Chance auf Gelb. Mit der Wut im Bauch vom verkorksten ersten Tag ist einer Lorena Wiebes auch der Doppelsieg auf Etappe 2 und 3 zuzutrauen. Zumindest überraschen sollte das  niemanden.

Am Abend dann meldete sich auch Wiebes selbst noch via Pressemitteilung ihres Teams zu Wort. "Das ist eine Enttäuschung. Ich suche nicht nach Entschuldigungen. Ich habe mich seit langer Zeit hierauf gefreut, aber heute hatte ich Pech. Ich war perfekt positioniert, aber in einem Sprint können solche Dinge passieren", so die Niederländerin dort. "Ich habe sofort gespürt, dass mein Schaltwerk kaputt ist – und dann ist es leider vorbei."

Sie sei gerade aufgrund der großen Vorfreude auf diesen Grand Départ in der niederländischen Heimat schwer enttäuscht, erklärte Wiebes, warf aber auch schon einen Blick auf die "neue Chance" am Dienstag voraus.

Mehr Informationen zu diesem Thema

16.11.2024Niewiadoma erzählt von unangenehmem Moment mit Vollering

(rsn) – Die Bilder nach dem 4-Sekunden-Krimi beim Finale der Tour de France Femmes 2024 in L'Alpe d'Huez waren so konträr, wie sie nur sein konnten: Auf der einen Seite die überglückliche Gesamts

07.10.2024Auf dem Weg zur neuen Macht im Frauenradsport?

(rsn) - Canyon - SRAM Racing will mit dem Rückenwind des Sieges bei der Tour de France, einer Balance aus Talenten und routinierteren Fahrerinnen sowie dem nach eigenen Angaben schnellsten Rad im Pe

02.10.2024Niewiadoma: “Ich will mehr vom Leben, habe höhere Ziele“

(rsn) - Katarzyna, kurz Kasia, Niewiadoma wird ihren Titel als Gravel-Weltmeisterin am kommenden Samstag in Belgien nicht verteidigen und hat ihre Saison mit der Straßen-WM am Sonntag abgeschlossen.

19.08.2024Nach zwei Colas startete Ludwig ihre erfolgreiche Aufholjagd

(rsn) – Bei der letztjährigen Tour de France Femmes gelang Hannah Ludwig auf der Königsetappe zum Tourmalet mit Rang 13 bereits eine Spitzenplatzierung. Zum Finale der 3. Ausgabe, die mit der Berg

19.08.2024Für Niewiadoma reihten sich zum Tour-Finale alle Sterne auf

(rsn) – Seit sie vor zehn Jahren Profi wurde, hat Kasia Niewiadoma 20 Siege feiern können, die meisten davon im Trikot des deutschen Teams Canyon – SRAM, dem die Polin seit 2018 angehört. Der bi

18.08.2024Sturz, Lüttich und Grand Bornand: Vollering sucht die 4 Sekunden

(rsn) – Nie war ein Sieger oder eine Siegerin in L'Alpe d'Huez unglücklicher, als Demi Vollering (SD Worx – Protime) nach der Schlussetappe der Tour de France Femmes. Vier Sekunden fehlten der Ni

18.08.2024Vier Sekunden: Niewiadoma verteidigt Gelb gegen Vollering

(rsn) - Die 8. Etappe der Tour de France Femmes über 149,9 Kilometer von Le Grand-Bornand nach Alpe d’Huez war an Spannung nicht zu überbieten. Im dramatischen Finish an den berühmten 21 Kehren z

17.08.2024Niewiadoma vs. Vollering: Showdown in L´Alpe d´Huez

(rsn) – Die Tour de France Femmes spitzt sich auf den großen Showdown am Schlusstag zu. Die erste Bergankunft in Le Grand-Bornand hat für keine Vorentscheidung in der Gesamtwertung gesorgt und so

17.08.2024Für Lippert wurde es erst auf dem Schlusskilometer zu schnell

(rsn) – Eine Position hat Liane Lippert (Movistar) in der Gesamtwertung hinauf nach Le Grand-Bornand Le Chinaillon verloren. Trotzdem sitzt die Friedrichshafenerin vor der brutalen Schlussetappe üb

17.08.2024Bergkönigin Ghekiere triumphiert solo in Le Grand-Bornand

(rsn) – Justine Ghekiere (AG Insurance - Soudal Team) hat auf der 7. Etappe der 3. Tour de France Femmes (2.WWT) als Ausreißerin triumphiert und mit dem größten Erfolg ihrer Karriere auch die Fü

16.08.2024Mit Herz lässt Kerbaol Ceratizit - WNT jubeln

(rsn) – Katarzyna Niewiadoma für Canyon – SRAM in Gelb, Cédrine Kerbaol Etappensiegerin und neue Gesamtzweite für Ceratizit - WNT: Die beiden deutschen Teams bei der Tour de France Femmes sind

16.08.2024In der Abfahrt geschlagen: Rooijakkers freut sich auf Alpen

(rsn) – Das Finale der 6. Etappe der Tour de France Femmes in Morteau ist zu einem Paradebeispiel dafür geworden, dass Abfahrtskünste trotz aller Sicherheitsdebatten weiterhin wichtiger Bestandtei

Weitere Radsportnachrichten

31.03.2025Jakobsen muss unters Messer und steht vor langer Zwangspause

(rsn) – Spätestens nach der Saison 2022 schien der Horror-Sturz von Fabio Jakobsen (Picnic - PoostNL) aus der Polen-Rundfahrt aus dem Jahr 2020 endgültig vergessen, der heute 28-Jährige fuhr mit

31.03.2025Tudor, TotalEnergies und Uno-X bekommen die Tour-Wildcards 2025

(rsn) – Kaum hat die UCI die Bestätigung einer möglichen dritten Wildcard für die Grand Tours im Jahr 2025 bekanntgegeben, ist auch die ASO als Veranstalterin der Tour de France nun bereits vorge

31.03.2025Wiebes‘ unglaubliche Statistiken: Die Zahlen hinter der “100“

(rsn) – Ihren ersten UCI-Sieg feierte Lorena Wiebes im Jahr 2018. Das war damals im Mai beim Dorpenomloop in Aalburg, einem Rennen, das heute nicht mehr ausgetragen wird. Damals war sie 19 Jahre alt

31.03.2025UCI bestätigt Erweiterung der Grand-Tour-Pelotons auf 23 Teams

(rsn) – Nachdem sich das Professional Cycling Council (PCC) bereits für ein zusätzliches 23. Team bei den Grand Tours ausgesprochen hatte, hat nun auch das UCI Management Komitee die Entscheidung

31.03.2025Kool schafft bei Gent-Wevelgem den Befreiungsschlag

(rsn) – Auch wenn die Weltklasse-Sprinterin Charlotte Kool (Picnic – PostNL) beim überlegenen Sieg von Lorena Wiebes (SD Worx – Protime) bei Gent-Wevelgem (1.UWT) chancenlos aussah, war die 25-

31.03.2025Keßler holt dritten Platz auf Schlussetappe der Olympia´s Tour

(rsn) - Für die Teams Lotto – Kern Haus – PSD Bank und Rembe – rad-net ist mit unterschiedlichen Gefühlen eine insgesamt erfolgreiche Olympia´s Tour zu Ende gegangen und Run & Race - Wibatech

31.03.2025Kooij erleidet Schlüsselbeinbruch bei Gent-Wevelgem

(rsn) – Olav Kooij (Visma – Lease a Bike) hat sich bei seinem Sturz 72 Kilometer vor dem Ziel bei Gent-Wevelgem (1.UWT) das Schlüsselbein gebrochen. Das bestätigte das niederländische Team vi

31.03.2025Haller fehlte ein halbes PS bei Pedersens Attacke

(rsn) – Durch die immer früheren Attacken der Favoriten bei den belgischen Frühjahresklassikern hat sich die Taktik, über die frühe Ausreißergruppe vor das Rennen zu kommen, in den letzten Jah

31.03.2025Dwars door Vlaanderen im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Dwars door Vlaanderen (1.UWT) ist eines der kürzesten flämischen Eintagesrennen des Frühjahrs. Im vergangenen Jahr etwa betrug die Distanz "nur" 183,7 Kilometer. Für die Fahrer ist das

30.03.2025Pedersen: “Erwartet das nicht immer von mir“

(rsn) – Es war schon eine sehr eindrucksvolle Show, die Mads Pedersen (Lidl – Trek) mit seiner 56 Kilometer langen Soloflucht beim 87. Gent-Wevelgem in Flanders Fields bot. Als wäre nichts weiter

30.03.2025Degenkolb: “Als Mads losfuhr, hatte keiner die Beine“

(rsn) – John Degenkolb (Picnic – PostNL) hat beim 87. Gent-Wevelgem (1.UWT) eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass er trotz seiner 36 Jahrebei harten, langen Eintagesrennen immer noch mit der

30.03.2025Clever und stark: Roglic nach Katalonien bereit für den Giro

(rsn) - Primoz Roglic (Red Bull - Bora - hansgrohe) hat mit seinem Gesamtsieg bei der Katalonien-Rundfahrt eindrucksvoll bewiesen, dass er in bestechender Form ist. Der 35-jährige Slowene zeigte nic

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine