Giro: Späte Schrecksekunde für Hindley

De Bondt vollendet mit Tigersprung den Plan der Ausreißer

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Ganz knapp gewinnt Dries De Bondt (Alpecin - Fenix, li.) die 18. Giro-Etappe. | Foto: Cor Vos

26.05.2022  |  (rsn) - Auf der 18. Etappe des Giro d’Italia düpierte eine Ausreißergruppe die Sprinterteams. Nach 156 Kilometern konnte Dries De Bondt (Alpecin – Fenix) im Sprint seine Begleiter Eduardo Affini (Jumbo – Visma) und Magnus Cort Nielsen (EF Eduction – EasyPost) knapp schlagen. Das Rosa Trikot bleibt vor dem entscheidenden Etappen dieser Italien-Rundfahrt auf den Schultern von Richard Carapaz (Ineos Grenadiers).

Als sich De Bondt, Affini, Cort Nielsen und Matteo Gabburo (Bardiani – CSF – Faizanè) nach wenigen Kilometern aus dem Feld lösten, konnten die Sprintermannschaften noch optimistisch sein, eine solch kleine Gruppe kontrollieren zu können. Dieser Optimismus schlug auf den letzten 50 Kilometern in Panik um, als immer deutlicher wurde, dass die Lücke nicht mehr geschlossen werden könnte.

“Unsere Zusammenarbeit war gewaltig. Es gab nie einen Moment des Zweifels. Niemand hat eine Führung ausgelassen, jeder hat bis zum Ziel alles gegeben. Es wurde gesagt, dies sei eine Sprintetappe. Das stand quasi in den Sternen geschrieben. Aber wir haben während des Rennens zu viert einen Plan gemacht– daran haben wir uns gehalten und es geschafft“, verriet De Bondt das Erfolgsrezept der Ausreißer.

De Bondt mit Tigersprung zum größten Sieg der Karriere

Auf dem letzten Kilometer war schließlich klar, dass der Tagessieg an die Spitzenreiter gehen würde. “Der Druck lag auf Magnus, denn er ist der Schnellste, hat das größte Palmares und auch schon Grand-Tour-Etappen gewonnen. Es war logisch, dass er als Erster in den letzten Kilometer gefahren ist“, schilderte De Bondt seine erfolgreiche Strategie. Am Ende gab ein beherzter Tigersprung den Ausschlag zugunsten des ehemaligen Belgischen Meisters.

“Es war immer ein Traum von mir, aber sagte mir, seit ich mit dem Radsport begonnen habe, immer wieder: Ich habe Träume, die Träume werden Ziele, die Ziele wurden erreicht. Ich hatte größere Träume, habe die auch zu Zielen gemacht und auch die erreicht. Jetzt wollte ich hier eine Etappe gewinnen und auch das hat geklappt“, freute sich der 30-jährige De Bondt über seinen ersten Grand-Tour Etappensieg. Alpecin – Fenix konnte zudem bei diesem Giro mit drei verschiedenen Fahrern Siege feiern.

Vor dem entscheidenden Wochenende hat Carapaz weiterhin drei Sekunden Vorsprung auf Jai Hindley (Bora – Hansgrohe) und 1:05 Minuten auf Mikel Landa (Bahrain – Victorious). Emanuel Buchman rutschte im Gesamtklassement durch Joao Almeidas (UAE Team Emirates) Covid bedingte Aufgabe auf den siebten Rang vor.

Hindley auf den letzten drei Kilometern durch Plattfuß gestoppt

Auch für die Favoriten verlief der Tag hektischer als erwartet. Durch die Aufholjagd des Feldes verlor Juan Pedro Lopez (Trek – Segafredo) frühzeitig den Kontakt zum Feld. Er konnte seine Position an der Spitze der Nachwuchswertung behaupten, musste im Gesamtklassement allerdings an Domenico Pozzovivo (Intermarché – Wanty – Gobert Matériaux) an sich vorbei ziehen lassen. Auch Hindley kam nicht ohne Schreck davon: Der Australier hatte auf den letzten drei Kilometern einen Defekt, wurde entsprechend des Reglements dann aber mit der Zeit der Favoritengruppe gewertet.

In der Sprintwertung konnte Arnaud Démare (Groupama – FDJ) als Tagessechster seine Führung weiter ausbauen. Sollte er in den nächsten Tagen nicht aus dem Zeitlimit fallen, dürfte der Franzose das Maglia Ciclamino mit ziemlicher Sicherheit mit nach Hause nehmen. Im Bergklassement führt unverändert Koen Bouwman (Jumbo – Visma). Bahrain Victorious bleibt in der Mannschaftswertung vor Bora - hansgrohe.

So lief das Rennen:

Nachdem der Gesamtvierte Almeida aufgrund eines positiven Corona-Tests nicht zur Etappe antreten konnte, nahmen noch 152 Fahrer bei einem Sonne-Wolken-Mix das Rennen in Angriff. Schnell lösten sich De Bondt, Cort sowie die beiden hemischen Profis Affini und Gabburo aus dem Feld, das keinen Widerstand leistete, dann aber einige Konterattacken entschlossen verhinderte.

An der ersten der beiden Bergwertungen der 4. Kategorie, die sich nach 25 Kilometern De Bondt kampflos vor Affini sicherte, betrug der Vorsprung der Ausreißer auf das von den Sprinterteams angeführt Feld etwas mehr als zwei Minuten. Danach hielten die Verfolger die Leine noch kürzer, am ersten Zwischensprint bei Kilometer 75, wo sich Gabburo die Maximalpunktzahl holte, betrug der Abstand zwischen Spitze und Feld nur noch gut 1:30 Minuten.

Daran änderte sich auf den folgenden Kilometern nicht viel. Das Spitzenquartett behauptete diesen Vorsprung zunächst und baute ihn bis zur Muro di Ca dell Poggio (4. Kat.), der zweiten Bergwertung des Tages, sogar auf rund drei Minuten aus. De Bondt holte sich am Ende des zwölf Prozent steilen Stiches 54 Kilometer vor dem Ziel auch den letzten Bergpreis des Tages, gefolgt vom Feld, das sich allerdings in dieser Phase des Rennens teilte. Abgehängt wurden unter anderem Lopez, der Träger des Weißen Trikots, Bergkönig Bouwman und auch Phil Bauhaus (Bahrain Victorious), einer der aussichtsreichen Sprinter.

Teilung im Feld, die Ausreißer retten sich ins Ziel

Auf den letzten 50 flachen Kilometern schraubten die Helfer der Sprinter das Tempo nach oben, beim Bonussprint, den sich De Bondt holte, war der Rückstand wieder auf unter zwei Minuten geschrumpft. Als es auf die rund 22 Kilometer lange Schlussrunde ging, hatten die Ausreißer noch 1:20 Minuten ihres Vorsprungs verteidigt.

Bei der ersten Zieldurchfahrt, nach der noch 13 Kilometer zu absolvieren waren, hatte das Quartett weitere 20 Sekunden eingebüßt, während das zweite Feld mit Lopez und Bouwman bereits rund 2:30 Minuten Rückstand aufwies. Im Finale behaupteten die Ausreißer dann aber ihren Vorsprung, obwohl Groupama, DSM und Quick-Step alles gaben, um die Ausreißer noch einzufangen.

De Bondt lachender Dritter, Schrecksekunde für Hindley

Auf der Zielgeraden zog dann Affini den Sprint von Corts Hinterrad aus an, doch De Bondt spurtete auf den letzten Metern noch an seinen Konkurrenten vorbei und konnte sich als lachender Dritter feiern lassen.

Eine Schrecksekunde durchlebte Hindley im ersten Feld, als er in Folge eines Reifenschadens den Anschluss verlor. Da ihm das Malheur allerdings innerhalb den letzten drei Kilometern widerfuhr, konnte der Bora-Kapitän hinter seinem Teamkollegen Patrick Gamper relativ entspannt ins Ziel rollen und wurde danach zeitgleich mit Carapaz und den weiteren Favoriten gewertet.

Das zweite Feld mit den beiden deutschen Sprintern Bauhaus und Rick Zabel (Israel – Premier Tech) folgte mit fast drei Minuten Rückstand, nachdem es auf den letzten Kilometern seinen Versuch aufgegeben hatte, noch den Zusammenschluss mit der Verfolgergruppe zu erzwingen.

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