Flachetappen und Zeitfahren als bevorzugtes Terrain

Sechs Eidgenossen auf Etappenjagd in Frankreich

Von Peter Maurer

Foto zu dem Text "Sechs Eidgenossen auf Etappenjagd in Frankreich"
Stefan Küng (Groupama - FDJ) hat das Trikot des Schweizer Straßenmeisters am vergangenen Wochenende an Silvan Dillier weitergereicht. | Foto: Cor Vos

24.06.2021  |  (rsn) – Zuletzt vor fünf Jahren umfasste das Schweizer Aufgebot sechs Fahrer für die am Samstag beginnende Tour de France. Nach vier Austragungen, bei denen immer nur ein Quartett an Eidgenossen in Frankreich mit dabei war, können die Fans nun mit einem Sextett mitfiebern. Dieses besteht aus Stefan Bissegger (EF Education – Nippo), Silvan Dillier (Alpecin – Fenix), Marc Hirschi (UAE Team Emirates), Reto Hollenstein (Israel Start-Up Nation), Stefan Küng (Groupama – FDJ) und Michael Schär (AG2R Citroën Team) - und kann in Summe auf bislang 21 Starts bei der Frankreich-Rundfahrt verweisen.

In der Gesamtwertung werden die Fahrer mit dem Schweizer Kreuz allerdings keine Rolle spielen, und so wird weiterhin Alex Zülle der letzte Sportler aus dem Alpenland sein, der die Tour auf dem Podium in Paris beenden konnte. Blickt man aber auf mögliche Etappenerfolge durch Ausreißer, dann stolpert man über fast alle der sechs Schweizer Teilnehmer. Interessanterweise ist das flache Terrain die Domäne der Schweizer geworden und auch im Zeitfahren sollten viele aus dem Sextett sehr gut abschneiden können.

Stefan Bissegger (EF Education - Nippo, 22 Jahre, 1. Teilnahme):

In seiner ersten vollen Saison als Radprofi wird der 22-Jährige sein Tourdebüt geben. Zum ersten Mal geht es für den Thurgauer in eine dreiwöchige Rundfahrt. Seinen Platz im Tour-Kader des US-amerikanischen Teams hat er sich mit zwei Etappenerfolgen bei Paris-Nizza und der Tour de Suisse verdient. Für Kapitän Rigoberto Uran wird er ein wichtiger Helfer sein, aber Bissegger ist sicherlich auch ein gefährlicher Jäger auf Tageserfolge. So ist der Spezialist im Kampf gegen die Uhr brandgefährlich in beiden Einzelzeitfahren, aber auch, wenn er die Freikarte für eine Ausreißergruppe bekommt, wie zuletzt in Gstaad, als er aus einer Dreiergruppe heraus seinen bisher größten Sieg als Profi herausfahren konnte.

Silvan Dillier (Alpecin Fenix, 30 Jahre, 2. Teilnahme):

Am vergangenen Wochenende kürte sich der Aargauer zum zweiten Mal in seiner Karriere zum Schweizer Meister auf der Straße. Wie sehr dieses Trikot den starken Rouleur beflügeln kann, bewies er 2018 bei Paris-Roubaix, als er nur hauchdünn dem damaligen Weltmeister Peter Sagan im Schlusssprint unterlag. Auch wenn es erst die zweite Teilnahme für Dillier in Frankreich ist, so hat er schon mit einem Tagessieg beim Giro d’Italia bei einer der drei großen Landesrundfahrten anschreiben können. Vor allem auf Flachetappen wird viel Arbeit auf den Schweizer Meister zukommen, denn seine Mannschaft hat mit Mathieu van der Poel, Tim Merlier und Jasper Philipsen drei endschnelle Männer im Kader. Nach einem Schlüsselbeinbruch im Frühjahr hat Dillier wieder seine Form gefunden, und er könnte auch als Ausreißer ein Kandidat auf einen Tagessieg sein.

Marc Hirschi (UAE Team Emirates, 22 Jahre, 2. Teilnahme):

Er war im Vorjahr der aufgegangene Stern der Tour de France. Mit einer extrem offensiven Fahrweise fuhr sich der Berner nicht nur in die Herzen der Schweizer Fans, sondern zeigte auch seine Reife auf dem höchsten Level des Radsports. Im Januar folgte ein unerwarteter Teamwechsel, der seinen Höhenflug ein wenig einbremste. Denn seit seinem Erfolg beim Fléche Wallonne Ende September wartet der 22-Jährige auf einen weiteren Sieg. Im Team des Titelverteidigers Tadej Pogacar wird der Schweizer wohl keine so freie Rolle haben, wie 2020 bei Sunweb, wo er sich immer wieder auf den schweren Etappen unter die Ausreißer mischen konnte. Doch wer bei seinem Tourdebüt einen Tageserfolg verbuchen kann, dessen Können und Fähigkeiten sind unbestritten, und so sollte man den WM-Bronzemedaillengewinner von Imola auch auf der Rechnung haben - wenn Pogacar und die Teamleitung ihn lassen.

Reto Hollenstein (Israel Start-Up Nation, 35 Jahre, 5. Teilnahme):

Der 1,97 Meter große Mann aus Frauenfeld wird zum fünften Mal in seiner Karriere die Frankreich-Rundfahrt in Angriff nehmen. Vor allem auf den Flachetappen wird er ein wichtiger Fahrer für den Sprintzug von André Greipel werden. Der starke Rouleur und Zeitfahrspezialist passt perfekt in die erfahrene Mannschaft aus dem Nahen Osten, die auf ihren ersten Touretappensieg hofft. Hollenstein zählt zu den reinen Helfern im Peloton, wartet noch immer auf seinen ersten Profierfolg. Doch diese Ambitionen stellte er in seiner Karriere immer hinter die anstehenden Aufgaben. Auch dadurch genießt der 35-Jährige viel Respekt unter seinen Kollegen. Mit Kapitän Michael Woods, dem vierfachen Toursieger Chris Froome und Sprinter Greipel wird er seine Dienste gleich drei verschiedenen Fahrern anbieten können.

Stefan Küng (Groupama – FDJ, 27 Jahre, 5. Teilnahme):

Ohne Klassementfahrer Thibaut Pinot geht die französische Mannschaft von Marc Madiot in die 108. Tour de France. Im vorigen Jahr gelang Küng der absolute Durchbruch. Der aus dem Kanton St. Gallen stammende Profi wurde im Kampf gegen die Uhr Europameister und eroberte in seiner Spezialdisziplin Bronze bei den Weltmeisterschaften. Die drei Wochen durch Frankreich werden nicht nur seine finale Vorbereitung für die Olympiateilnahme in Tokio sein, sondern der aktuelle Zeitfahrmeister seines Landes ist bereit für einen Etappensieg. Heuer gewann er schon die Gesamtwertung der Valencia-Rundfahrt und trug für zwei Tage das Trikot des Gesamtführenden bei der Tour de Suisse. Speziell bei den beiden Einzelzeitfahren zählt der 27-Jährige zu den Topfavoriten, und auch aus Fluchtgruppen heraus kann er für einen Sieg sorgen.

Michael Schär (AG2R Citroën Team, 34 Jahre, 11. Teilnahme):

Seit seinem Tourdebüt 2011 hat der 34-Jährige aus Geuensee keine einzige Frankreich-Rundfahrt mehr versäumt. Egal ob bei BMC, CCC oder nun bei AG2R, der starke Helfer und Rouleur ist eine Fixgröße in seinen Mannschaften. Mit seinem elften Start schließt er auch zu den beiden Schweizer Rekordhaltern Laurent Dufaux und Fabian Cancellara auf. Der 1,98 Meter große Profi wird als Teil einer sehr breit aufgestellten, und eher auf Tageserfolg ausgerichteten Mannschaft am Samstag in das Rennen gehen. Vor allem auf den flachen Etappen wird man den Luzerner immer wieder in Spitzengruppen finden.

Mehr Informationen zu diesem Thema

07.07.2023Pech mit der Kette bringt Cavendish um den Rekordsieg

(rsn) – Es hat nicht viel gefehlt, um das Märchen perfekt zu machen. Am 7. Juli 2007 gab Mark Cavendish, damals noch im Trikot von T-Mobile, sein Debüt der Tour de France. Den Prolog in London bee

12.06.2023Van Aert kritisiert Netflix-Serie: “Zielt auf Aufreger ab“

(rsn) – Am vergangenen Donnerstag ist die von vielen Fans lange erwartete Netflix-Serie ´Tour de France: Unchained´ veröffentlicht worden, die hinter die Kulissen der Frankreich-Rundfahrt 2022 bl

02.03.2023Trailer zur Netflix-Serie über die Tour de France veröffentlicht

(rsn) – Den Titel, “Tour de France: Unchained“, hatte Netflix bereits vor einigen Tagen veröffentlicht. Jetzt folgte auch der erste Trailer zu der Doku-Serie, die aus acht Teilen bestehen und v

16.12.2022Sagan hat van Aert noch nicht vergeben

(rsn) – In einem Gespräch mit der italienischen Sportzeitung Gazzetto dello Sport hat Peter Sagan (TotalEnergies) deutlich gemacht, dass er Wout van Aert (Jumbo – Visma) noch nicht für dessen ve

23.11.2022Aktivisten der “Letzten Generation“ bekommen 500-Euro-Strafe

(rsn) – Dreimal kam das Peloton bei der Tour de France 2022 aufgrund von Protesten durch Klima-Aktivisten und Klima-Aktivistinnen kurz zum Stillstand: Zunächst auf der 10. Etappe auf dem Weg nach M

17.11.2022Pogacar: “Evenepoel ist vielleicht sogar stärker als ich“

(rsn) – Mit nicht weniger als 16 Siegen war Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) auch im Jahr 2022 eine der dominierenden Figuren des Radsports. Der 24-jährige Slowene gewann bedeutende Eintagesrennen

03.11.2022CAS bestätigt Quintanas Tour-Disqualifikation

(rsn) - Der Internationale Sportgerichtshof CAS hat die Entscheidung des  Radsportweltverbands UCI bestätigt, der Nairo Quintana (Arkea – Samsic) nachträglich von der Tour de France 2022 disquali

29.08.2022Geschke: “Jedes Bergtrikot am Straßenrand motivierte mich“

(rsn) - Ganz allein erreichte Simon Geschke, der Kapitän der Deutschen Nationalmannschaft, das Ziel der finalen 4. Etappe in Stuttgart. Der Freiburger kam 7:07 Minuten nach Tagessieger Pello Bilbao (

13.08.2022Von Corona genesen: Froome und Woods starten bei Vuelta

(rsn) – Sowohl Chris Froome als auch Teamkollege Michael Woods haben sich von ihrer Corona-Infektion erholt, die sie sich bei der Tour de France zugezogen hatten. Die beiden Fahrer von Israel - Prem

05.08.2022Zwei Wochen vor Vuelta-Start: Roglic trainiert wieder

(rsn) – Zwei Wochen vor dem Start der Vuelta a Espana hat Primoz Roglic wieder das Straßentraining aufgenommen. Der dreimalige Gesamtsieger der Spanien-Rundfahrt war auf der 5. Etappe der Tour de

31.07.2022Van Vleuten auf völlig anderem Level - wie geht das?

(rsn) – Der Solo-Coup von Annemiek van Vleuten (Movistar) auf der Königsetappe der Tour de France der Frauen hat bei den Beobachtern einmal mehr für große Augen und offene Münder gesorgt. Die 3

31.07.2022Von einem “toten Fisch“ und völlig leergefahrenen Körpern

(rsn) – Die Königsetappe der Tour de France der Frauen hat für riesige Abstände unter den Protagonistinnen gesorgt. Annemiek van Vleuten (Movistar) scheint ihren Gesamtsieg schon vorzeitig perfek

Weitere Radsportnachrichten

21.12.2024Schöne Highlights und ein sehr starker August

(rsn) – 22 Jahre ist Fabio Christen (Q36.5 Pro Cycling) alt, und der Schweizer kommt aus einer wahren Radsportfamilie. Schon sein Großvater gehörte zu den besten Straßensportlern und auch sein Va

21.12.2024Red-Bull-Sportchef Aldag über die Transfers von Lazkano und Co.

(rsn) – Es war abzusehen, dass Red Bull – Bora – hansgrohe auch in diesem Winter wieder allerhand Veränderungen am Kader für die neue Saison vornehmen würde. Neun Profis stoßen 2025 zum Team

21.12.2024Vandeputte mit Start-Ziel-Sieg zum ersten Weltcuperfolg

(rsn) – Dank einer technischen Glanzleistung hat Niels Vandeputte (Alpecin – Deceuninck) in Hulst nicht nur einen Start-Ziel-Sieg, sondern auch seinen ersten Weltcup-Erfolg gefeiert. Der Belgier w

21.12.2024Schreiber startet am schnellsten und bleibt bis zum Schluss vorn

(rsn) – Schnellstarterin Marie Schreiber (SD Worx – Protime) hat den Cross-Weltcup in Hulst mit einem Start-Ziel-Sieg für sich entschieden. Lucinda Brand (Baloise – Trek Lions) baute als Zweite

21.12.2024Knolle, Groß, John und Zemke zu rad-net - Rembe - Sauerland

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

21.12.2024Vom Niemandsland nach Alpe d’Huez in wenigen Monaten

(rsn) – Als Ruderin stand Valentina Cavallar schon bei den Olympischen Spielen am Start und ihr Einstieg in den Radsport kam dann doch sehr überraschend. Erst im April fand sie einen Platz bei der

21.12.2024“Riesige Erleichterung“: Auf dem Weg zurück zu alter Stärke

(rsn) – Er war noch nicht ganz wieder der Alte, doch nach zwei krankheitsbedingt schwarzen Saisons hat Maximilian Schachmann 2024 endlich erneut aufblitzen lassen können, wozu er fähig ist. Das ge

21.12.2024Van Empel muss Cross-Wochenende auslassen

(rsn) - Wegen eines Trainingssturzes muss Weltmeisterin Fem van Empel (Visma – Lease a Bike) die beiden Cross-Weltcups in Hulst und Zonhoven an diesem Wochenende auslassen. Wie die Niederländerin a

21.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

20.12.2024Meisterschaftsdoppel versöhnte nach Olympia-Enttäuschung

(rsn) – Die Olympischen Spiele in Paris hatten die Österreicherin Anna Kiesenhofer (Roland) wieder in den Fokus der medialen Aufmerksamkeit zurückgeholt. Immer wieder wurde ihre Sensationsfahrt v

20.12.2024Van Aert kehrt in Mol zu seiner ersten Liebe zurück

(rsn) - Viel Zeit zur Vorbereitung konnte sich Wout van Aert (30) nicht gönnen. Nach nur drei Tagen im Cross-Training will der Belgier am Montag beim Superprestige in Mol starten. Der Cross-Vizeweltm

20.12.2024Van Schip wegen Drohungen und Beleidigungen gesperrt

(rsn) - Wegen "Beleidigungen, Drohungen und unangemessenem Verhalten“ bei der Bahn-WM in Ballerup (Dänemark) hat die UCI den Niederländer Jan-Willem van Schip vom 27. Dezember 2024 bis zum 1. Febr

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine