Froome pariert auf zweiter Alpenetappe alle Attacken

Bardet geht durch den Schmerz und feiert seinen größten Sieg

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Romain Bardet (Ag2R) feierte auf der 18. Tour-Etappe den bisher größten Sieg seiner Karriere. | Foto: Cor Vos

23.07.2015  |  (rsn) – Romain Bardet (Ag2R) hat bei der 102. Tour de France zum zweiten Mal bei seinen Landsleuten für Glücksgefühle gesorgt. Nachdem sein Teamkollege Alexis Vuillermoz am Ende der ersten Woche an der Mûr de Bretagne triumphiert hatte, setzte sich der 24 Jahre alte Franzose nach knapp zwei Wochen voller Enttäuschungen für die Gastgeber auf der 18. Etappe über 186,5 Kilometer von Gap nach Saint-Jean-de-Maurienne durch und feierte den bisher größten Erfolg seiner Karriere.

Der Gesamtsechste der letztjährigen Frankreich-Rundfahrt hatte aus den Resten einer ursprünglich 29 Fahrer starken Ausreißergruppe heraus kurz vor dem Gipfel des Col du Glandon (1924 m) zu einer Soloflucht angesetzt, die er nach rund 40 Kilometern erfolgreich abschloss.

Für einen französischen Doppelerfolg sorgte Pierre Rolland (Europcar), der mit rund 33 Sekunden Rückstand Rang zwei belegte, nachdem er in der letzten Abfahrt des Tages den Kolumbianer Winner Anacona (Movistar), den Luxemburgischen Meister Bob Jungels (Trek), den Dänen Jakob Fuglsang (Astana) und den erneut sehr starken Belgier Serge Pauwels (MTN – Qhubeka) losgeworden war. Das Quartett landete mit rund einer Minute Rückstand gegenüber dem Etappensieger in dieser Reihengfolge auf den Plätzen drei bis sechs.

„Es war vom Start weg eine verrückte Etappe. Ich hatte das Glück, dass Christophe Riblon und Jan Bakelants (Teamkollegen, d. Red.) mit vorne waren, sie haben eine enorme Arbeit verrichtet. Am Start habe ich mich noch gar nicht so gut gefühlt, aber ich wollte mit aller Gewalt in die Ausreißergruppe. Die ersten Kilometer, bis die Gruppe stand, waren die schwersten. Aber ich wollte gewinnen. Deshalb musste ich durch den Schmerz durch“, kommentierte Bardet seinen Coup, den er sich vor allem durch eine wagemutige Abfahrt vom Glandon sicherte. „Auf der Abfahrt konnte ich einen Vorsprung herausfahren. Ich habe gesehen, dass alle sehr erschöpft waren, und ich konnte davon profitieren.“ Auf den letzten Kilometern ins Ziel wurde er von seinen Landsleuten für alle Mühen entschädigt. Bardet: "Die Stimmung an der Strecke war phänomenal. Wie in  einem Fußballstadion. Ich wurde heute wirklich toll  von der Menge unterstützt."

Allerdings profitierte Bardet auch davon, dass Fuglsang, der am Glandon einen sehr starken Eindruck hinterließ und dort mit hohem Tempo die Spitzengruppe auseinander fuhr, kurz vor dem Gipfel mit einem Begleit-Motorrad kollidierte und stürzte. Zwar konnte der 30-Jährige weiterfahren und auch den Anschluss an die Verfolgergruppe schaffen, aber die Chance auf den Sieg war vertan.

Die vergab Rolland, als er nach Bardets Attacke „Fahrern wie Fuglsang oder Jungels die Nachführarbeit“ überlassen wollte, wie der 28-Jährige im Ziel eingestand. Als er schließlich selber in die Offensive ging, war es zu spät. „Zweiter ist enttäuschend. Ich bin froh, dass wenigstens Romain gewonnen hat, auch wenn ich natürlich lieber selber gewonnen hätte“, erklärte Rolland.

Souverän präsentierten sich erneut Chris Froome und sein Sky-Team, die am Glandon Attacken von Alberto Contador (Tinkoff-Saxo), Vincenzo Nibali (Astana) und Nairo Quintana (Movistar) vereitelten und auch bei einer letzten Attacke des Titelverteidigers im malerischen Anstieg nach Lacets de Montvernier (Kat. 2) aufmerksam blieben. So kamen alle Favoriten zeitgleich ins Ziel, das nach einer sieben Kilometer langen Abfahrt und einem drei Kilometer langen Flachstück erreicht wurde. „Alle haben heute attackiert. Der Glandon war ein sehr schwerer Anstieg, zumal nach so vielen Kilometern wie heute. Das geht wirklich in die Beine“, kommentierte Froome die Etappe, die er als Zwölfter beendete.

Auf den ersten neun Plätzen der Gesamtwertung gab es keine Veränderungen, lediglich Warren Barguil (Giant-Alpecin) musste seinen zehnten Rang an seinen Landsmann Bardet abgeben, der mit ihm die Plätze tauschte und nun bester Franzose ist.

Bardet rückte zudem auf Rang zwei der Bergwertung vor, punktgleich mit dem neuen Spitzenreiter Joaquim Rodriguez (Katusha). Der Spanier sicherte sich die ersten fünf Bergwertungen aus der Spitzengruppe heraus, fiel im Anstieg zum Glandon aber zurück und spielte in der entscheidenden Phase keine Rolle mehr.

Die zweite Alpenetappe, auf der sieben Bergpreise mit insgesamt 46 Punkten zu vergeben waren, wurde von der großen Ausreißergruppe bestimmt, die schon früh davonzog und in der sowohl Astana (Fuglsang) als auch Tinkoff-Saxo (Roman Kreuziger und Michael Rogers) als auch Movistar (Jonathan Castroviejo und Winner Anacona) vertreten waren. Die stärksten Kontingente stellten jedoch die französischen Equipes Europcar (Rolland, Cyril Gautier, Romain Sicard und Thomas Voeckler) und Ag2R (Romain Bardet, Jan Bakelants und Christophe Riblon) sowie das US-Team Cannondale –Garmin (Andrew Talansky, Ryder Hesjedal und Daniel Martin).

Zwar befand sich kein Helfer von Froome in der Spitzengruppe, doch erhielt Sky in der ersten Phase des Rennens viel Unterstützung durch Giant-Alpecin und Trek, die die Top-Ten-Plätze ihrer Kapitäne Warren Barguil (10.) und Bauke Mollema (9.) gegen Bardet (11.), Talansky (12.) und Rolland (14.) absichern wollten.

Vor allem das deutsche Team sorgte für Tempo im Feld – und das, obwohl mit Georg Preidler ein eigener Mann vorne mitmischte - und begrenzte so den Rückstand auf knapp fünf Minuten. Und auch Trek nahm keine Rücksicht auf Julian Arredondo und Jungels, die ebenfalls den Sprung in die Gruppe des Tages geschafft hatten.

Die fiel im 21,7 Kilometer langen und bis zu elf Prozent steilen Anstieg zum Col du Glandon auseinander, dem einzigen Berg der Ehrenkategorie dieses Tages. Als erste konnten Jan Barta (Bora-Argon 18), Thomas De Gendt (Lotto Soudal), Rogers, Kreuziger, Voeckler und Bakelants nicht mehr folgen, weitere Fahrer folgten.

Im Feld übernahm nun Sky die Verantwortung, während die Spitze nach einer Tempoverschärfung von Fuglsang auf schließlich noch zehn Fahrer schrumpfte - neben dem Dänen und Rodriguez handelte es sich dabei um Fuglsang, Bardet, Anacona, Rolland, Gautier, Jungels, Pauwels, Talansky, Simon Yates (Orica-GreenEdge), Damiano Caruso (BMC).

Rund acht Kilometer vor dem Ziel attackierte Warren Barguil (Giant-Alpecin) aus dem deutlich reduzierten Feld heraus, gefolgt von Mathias Frank (IAM) und Robert Gesink (LottoNL-Jumbo), die ihm Gesamtklassement knapp vor dem Franzosen platziert sind. Froome blieb davon unbeeindruckt. Erst als kurz darauf Contador Angriff und zur Barguil-Gruppe vorfuhr, ließ er Nicolas Roche (Sky) das Tempo forcieren.

 

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