RSNplusDie Überraschung der Deutschen Meisterschaft

Schiffer beweist mit Bronze, dass er reif für die Profis ist

Von Joachim Logisch aus Linden und Kevin Kempf

Foto zu dem Text "Schiffer beweist mit Bronze, dass er reif für die Profis ist"
Anton Schiffer (Bike Aid) wurde DM-Dritter von Linden | Foto: Arne Mill

29.06.2025  |  (rsn) – Mit Anton Schiffer (Bike Aid) hat bei der Deutschen Meisterschaft zum ersten Mal seit Julian Kern 2012 ein Kontinental-Fahrer eine Medaille im Straßenrennen gewonnen. Nur Georg Zimmermann (Intermarché – Wanty) und Felix Engelhardt (Jayco – AlUla) waren in Linden schneller, Schiffer wurde zeitgleich Dritter und verwies dabei Lennard Kämna (Lidl - Trek) auf Rang vier. Eine Sensation? Nicht wirklich. Eine Überraschung? Ja und nein.

Auf dem mit 3400 Höhenmetern gespickten Parcours hatten starke Bergfahrer die besten Aussichten. Davon gibt es in Deutschland nur wenige – Schiffer aber ist genau ein solcher, wie er es bei vielen kleineren internationalen UCI-Rennen schon mehrfach beweisen konnte. Trotzdem wurden viele WorldTour-Profis höher eingeschätzt als der 25-Jährige. “Das war ein supergutes Rennen für mich. Ich hätte im Vorfeld nicht damit gerechnet. Ich bin überglücklich. Ich habe mich den ganzen Tag gut gefühlt, war an den Bergen eigentlich nie am Limit“, erzählte der Bike-Aid-Fahrer im Ziel gegenüber RSN.

___STEADY_PAYWALL___

Die 200-Kilometer-Schallmauer hatte er in seiner kurzen Karriere als Radsportler in Wettkämpfen erst fünfmal durchbrochen, zweimal davon bei den Deutschen Meisterschaften der letzten beiden Jahre. In Linden lag die Renndistanz mit 198,8 Kilometern nur ganz knapp unter dieser Marke. “Ich hatte aber hinten raus doch etwas Respekt vor der Distanz von 200 Kilometern bei der Hitze und der Strecke. Ich hatte am Ende auch Krampfansätze und musste berghoch kämpfen.Ich hatte auch Angst, dass ich abgehängt werde. Umso glücklicher bin ich, dass ich es auf Platz drei ins Ziel geschafft habe“, sagte Schiffer gegenüber radsport-news.com.

Wegen Verletzungsproblemen wechselte er ganz aufs Rad

Dass er erst zum dritten Mal bei einer Deutschen Meisterschaft dabei war, hat einen einfachen Grund: Schiffer ist seit 2023 Radsportler. Er heuerte zunächst bei Bike Aid Development an, um am 1. August des Jahres den Sprung zur KT-Mannschaft zu schaffen. Davor war er als Triathlet unterwegs. “Da hatte ich etwas Verletzungsprobleme beim Laufen, musste immer wieder Pausen einlegen und habe mir gedacht, dass ich mit dem Radsport dann weniger Probleme habe und setzte alles aufs Radfahren“, erzählte er.

Im DM-Straßenrennen 2024 landete Anton Schiffer (Bike Aid) in Bad Dürrheim auf Rang 27 | Foto: Cor Vos

Das klappte auf Anhieb gut. Im Oktober 2023, nur zwei Monate nach seinem teaminternen Aufstieg, durfte er zur ausgezeichnet besetzten Presidential Cycling Tour of Türkiye (2.1). Nachdem er auf der ersten Bergetappe noch Lehrgeld zahlen musste, setzte er auf der zweiten einen kleinen Achtungserfolg, der die nationalen Radsportfans aufhorchen ließ: Am Ende des vom jetzigen Ineos-Profi Victor Langellotti gewonnenen Teilstücks, auf dem die Red-Bull-Profis Giulio Pellizzari (2.), Ben Zwiehoff (4.) und Florian Lipowitz (10.) in den Top Ten landeten, fuhr Schiffer als 16. über den Zielstrich.

Mit der Zwift Academy weiter in den Fokus der Öffentlichkeit

Im darauffolgenden Winter stiegen seine Aktien weiter. Mit Louis Kitzki (Alpecin – Deceuninck Development) und Mattia Gaffuri stand er im Finale der Zwift Academy. Dort wurden Schiffer fantastische Werte attestiert, die jene der anderen beiden Finalisten übertrafen. Es wurde ihm aber auch mehr oder weniger unverblümt ein schwieriger Charakter vorgeworfen. Das sorgte im Nachhinein für Diskussionen, denn die Macher der Serie sollen – auch laut Teilnehmern – Szenen so montiert haben, dass sie den Deutschen in ein schlechtes Licht rückten.

Wegen seiner enormen Wattwerte und dem ersten verheißungsvollen Ergebnis in der Türkei waren die Augen 2024 aber auf Schiffer gerichtet. Schon im Februar konnte er als Siebter der Tour of Antalya (2.1) wieder beeindrucken, den Rest der Saison tat er sich allerdings schwer.

In dieser Saison machte Schiffer dann erneut auf sich aufmerksam: Die Tour of Hellas (2.1) im April beendete er als Zweiter, wobei er auf der Königsetappe bis auf Gesamtsieger Harold Lopez (XDS – Astana) bergauf alle Kontrahenten mit einer beeindruckenden Leistung stehen ließ. Bei der Route d’Occitanie (2.1) wusste er jüngst als Zehnter des schweren Auftaktzeitfahrens zu überzeugen und auch hinauf nach Luz-Ardiden lag Schiffer zwei Tage später auf Top-Ten-Kurs, bevor er plötzlich einbrach und noch 10:14 Minuten verlor.

In Linden reichte es für Schiffer nach einer grandiosen Vorstellung zu Rang drei hinter Felix Engelhardt (Jayco, li.) und Georg Zimmermann (Intermarché). | Foto: Arne Mill

Dennoch war vor dem Meisterschaftswochenende deutlich, dass Schiffer einen weiteren Schritt nach vorn gesetzt hatte. “In der Jugend war ich nie so gut. Ich war immer ein bisschen ein Spätzünder, aber mit Anfang der Radkarriere habe ich schon gemerkt, dass ich von Jahr zu Jahr besser werde“, bestätigte der DM-Dritte, der jetzt doch noch das schaffen will, was bei der Zwift Academy nicht geklappt hat: einen Profivertrag zu bekommen. “Es gibt schon ein paar Interessenten und jetzt mit dieser Medaille bei den deutschen Meisterschaften ist die Wahrscheinlichkeit wohl auch gestiegen“, befand er lächelnd.

Bis er definitiv in den professionellen Strukturen des Radsports angekommen ist, muss Schiffer aber noch selbst an sich arbeiten, was dank seines akademischen Hintergrundes allerdings kein Problem sein sollte. “Ich habe Sportwissenschaften studiert und betreibe ein kleines Labor in Köln. Wir machen Leistungsdiagnostiken und ich mache auch viel Coaching von Triathleten und Radsportlern. So verdiene ich im Moment meine Brötchen“, erklärte der Rheinländer.

Mehr Informationen zu diesem Thema

03.07.2025Märkl bei Tour-Debüt Anfahrer für gleich zwei Sprinter

(rsn) – Für Niklas Märkl (Picnic – PostNL) ist der Radsport-Sommer 2025 ein ganz besonderer: Erst stand die von seinem Heimatverein RSC Linden - mit seinem Vater Andreas Märkl an der Spitze - o

30.06.2025Zimmermann: “Ich fahre im schönsten Trikot der Welt zur Tour“

(rsn) - Wie entrückt stand Georg Zimmermann (Intermarché – Wanty) bei den Deutschen Meisterschaften in Linden auf dem obersten Treppchen und schaute in den Himmel. In diesem Moment galt nur das hi

30.06.2025Teutenberg beeindruckt bei DM, Kämna Vierter in Linden

(rsn) – Ein selektives Rennen mit mehr als 3000 Höhenmetern, bei dem sich die großen Favoriten schon früh zeigten – und mittendrin im Geschehen fuhr bei dieser Deutschen Meisterschaft in Linden

30.06.2025Politts letzte harte Tour-Vorbelastung wird zum Freundschaftsdienst

(rsn) – Nils Politt (UAE – Emirates – XRG) ist in Linden zwar erst 2:44 Minuten nach dem neuen Deutschen Meister Georg Zimmermann (Intermarché – Wanty) über den Zielstrich gefahren und hat b

30.06.2025Buchmann bestätigt sich seine “gute Form“ bei der DM

(rsn) – Emanuel Buchmann war wie erwartet einer der Hauptdarsteller im topografisch und auch witterungsbedingt schwierigen DM-Straßenrennen von Linden. Schließlich ist der Tour-de-France-Vierte vo

29.06.2025Red Bull-Bora erstmals seit 2016 nicht auf dem DM-Podium

(rsn) – Neun Jahre ist es her, dass die damals noch unter dem Namen Bora – Argon 18 auftretende Mannschaft Red Bull – Bora – hansgrohe zuletzt eine Deutsche Meisterschaft ohne Podestplatz verl

29.06.2025Für Schachmann war das Rennen eine Runde zu lang

(rsn) – Das Straßenrennen von Linden bot den erwartet offenen wie spannenden Kampf um die Deutsche Meisterschaft. Einen ganz großen Anteil daran hatte Maximilian Schachmann (Soudal – Quick-Step)

29.06.2025Reaktionen der Protagonisten beim DM-Straßenrennen in Linden

(rsn) – Große Hitze, eine schwere Strecke und ein packendes Finale mit einem Sieger, der zwischenzeitlich schon abgehängt war: Das Straßenrennen der Männer bot einen würdigen Abschluss der Deut

29.06.2025Trotz Defekt: Zimmermann wird vor Engelhardt Deutscher Meister

(rsn) - Georg Zimmermann (Intermarché – Wanty) wird im Trikot des Deutschen Meisters die am 5. Juli in Lille beginnende Tour de France in Angriff nehmen. Der 27-jährige Augsburger entschied bei gr

29.06.2025Das kleine Linden rettet die Deutschen Meisterschaften

(rsn) - Deutschland ist und bleibt ein Radsport-Entwicklungsland! Das zeigte sich wieder mal bei den Nationalen Meisterschaften im Zeitfahren und auf der Straße! Nach eigenen Angaben hat German Cycli

29.06.2025Benz fügt Cross- auch Straßentitel der Junioren hinzu

(rsn) - Benedikt Benz (JEGG - DJR Academy) hat in Linden den Deutschen Meistertitel der Junioren im Straßenrennen errungen. Der 18-Jährige, der im vergangenen Jahr in Bad Dürrheim bereits Dritter g

29.06.2025Rutsch hilft Zimmermann im Kampf um den Titel

(rsn) - Intermarché – Wanty bringt mit Jonas Rutsch und Georg Zimmermann ein starkes Duo an den Start des Straßenrennens der Deutschen Meisterschaft in Linden. Beide haben ein Ziel: Den ersten Tit

Weitere Radsportnachrichten

10.12.2025Pogacar testet Material für Paris-Roubaix

(rsn) – Nach Platz zwei beim diesjährigen Debüt will Tadej Pogacar (UEA – Emirates – XRG) im kommenden Jahr bei Paris-Roubaix ganz oben auf dem Podium stehen. Als Teil seiner Vorbereitung auf

10.12.2025Formolo muss wegen zersprungener Teetasse pausieren

(rsn) – Eine zersprungene Tasse Tee hat für Davide Formolo eine lange Zwangspause zur Folge. Wie der Movistar-Profi auf Instagram mitteilte, habe er sich bei einem Haushaltsunfall eine Schnittwunde

10.12.2025Faure-Prost von Intermarché zu Picnic

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

10.12.2025Immer wieder das Glück in der Flucht gesucht

(rsn) - Marius Mayrhofer (Tudor) zauderte ein wenig, wie er sein viertes Profijahr einordnen sollte. Es hielt nach der durch Stürzen gekennzeichneten Saison 2024 einen Sieg bereit, endlich mal wieder

10.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

09.12.2025Die Trikots der WorldTour-Teams für die Saison 2026

(rsn) - Wie sieht das Peloton 2026 aus? Welche Farben werden in der kommenden Saison vorherrschend sein? Nach und nach stellen die WorldTour-Rennställe ihre Trikots für das neue Jahr vor - den Anfan

09.12.2025Fliegende Wechsel zwischen den Kontinenten

(rsn) – Wettkämpfe auf fünf verschiedenen Kontinenten: Auf einen so abwechslungsreichen Kalender kann nicht jeder Fahrer  der RSN-Rangliste zurückblicken. Für Simon Pellaud gehörte der fliege

09.12.2025100-Kilometer-Runde: Van Aerts Genesung schreitet voran

(rsn) – Kurz nachdem er seine Crossplanung 2025/26 bekanntgegeben hatte, erwischte eine Erkrankung Wout van Aert (Visma – Lease a Bike). Der Belgier saß er drei Tage nicht auf dem Rad, scheint si

09.12.2025Neff vor Weltcup-Comeback in Namur

(rsn) – Neben Weltmeister Mathieu van der Poel, Tibor Del Grosso (beide Alpecin – Deceuninck) und Puck Pieterse (Fenix – Deceuninck) werden am 14. Dezember drei große Namen in die Crosssaison 2

09.12.2025Tour-Vierter Onley in “Last-Minute-Transfer“ zu Ineos?

(rsn) – Zwar läuft Oscar Onleys Vertrag mit Picnic - PostNL noch bis zum Jahresende 2027. Doch ob er in der kommenden Saison noch für das niederländische Team fahren wird, stellt der Gesamtvierte

09.12.2025Tour of Norway 2026 abgesagt

(rsn) – In Folge der Streichung des staatlichen Zuschusses muss die Tour of Norway 2026 abgesagt werden. Wie der Veranstalter Fjords Cycling am Montag in einer Pressemitteilung schrieb, gebe es dadu

09.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2025

(rsn) – Seit dem Jahr 2013 blicken wir am Ende der Straßenradsaison neben der Jahresrangliste der Männer auch auf das Jahr der Frauen mit entsprechendem RSN-Ranking zurück. Berücksichtigt werden

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)