Das deutsche Red-Bull-Talent überrascht

Pogacar holt Gelb der Dauphine, Lipowitz hängt Evenepoel ab

Von Guido Scholl

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Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) | Foto: Cor Vos

13.06.2025  |  (rsn) - Der Weltmeister hat zurückgeschlagen – Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) hat mit dem Gewinn der 6. Etappe des 77. Critérium du Dauphiné das Gelbe Trikot übernommen, die Konkurrenz einmal mehr in die Schranken gewiesen – und das mäßige Zeitfahren am Mittwoch vergessen lassen. Zweiter auf dem 126 Kilometer langen Teilstück zwischen Valserhône und Combloux wurde der Däne Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike), der allerdings beachtliche 1:01 Minuten Rückstand aufgebrummt bekam. Erneut erfreulich war der Auftritt von Florian Lipowitz (Red Bull – Bora – hansgrohe), der mit 1:22 Minuten Rückstand Dritter wurde.

Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) musste die beiden großen Konkurrenten im Finale früh ziehen lassen und büßte am Ende 1:50 Minuten ein. Der Belgier wurde noch hinter Matteo Jorgenson (Visma – Lease a Bike) Fünfter der Etappe. Als Bester einer achtköpfigen Spitzengruppe sicherte sich Alex Baudin (EF Education – Easy Post, +1:56) Platz sechs. Tobias Johannessen (Uno-X – Mobility, +2:03) wurde Siebter vor Louis Barré (Intermarché – Wanty, +2:04), Ben Tulett (Visma – Lease a Bike) und dem jungen Franzosen Paul Seixas (Decathlon – AG2R, beide gleiche Zeit).

“Wir hatten unseren eigenen Plan, aber dann ist Visma Vollgas am Berg der 1. Kategorie gegangen. Ich wusste es gar nicht vor dem Start, aber diesen Anstieg bin ich schon einmal gefahren. Und das brachte gute Erinnerungen zurück“, wusste Pogacar im Ziel zu berichten. Sein Team habe super Arbeit gemacht, und er selbst habe sich auch gut gefühlt. Also sei die Entscheidung gefallen, direkt unten in die Côte de Domancy – den ersten von zwei dicht aufeinander folgenden Anstiegen der 2. Kategorie – voll hinein zu fahren. “Eine Minute ist gut“, kommentierte Pogacar den Abstand, den er auf Vingegaard herausgefahren hatte.

Damit führt der Slowene die Fernfahrt nach seinem zweiten Tageserfolg nun mit 43 Sekunden vor dem Dänen an. Lipowitz ist mit 54 Sekunden Rückstand Dritter. Evenepoel geht mit 1:22 Minuten Abstand in die letzten beiden Bergetappen. Jorgenson ist Gesamt-Fünfter, 1:41 Minuten hinter Pogacar.

Lipowitz konstatiert gute Beine

“Ich hatte wirklich gute Beine heute“, konstatierte Lipowitz, der seinem Team für die gute Unterstützung in der Hitze dankte. Die Versorgung mit Flaschen und Eis habe prima funktioniert. “Bei meiner Attacke am vorletzten Berg (Côte de Mont-Saxonnet, d. Red.) wollte ich eigentlich nur folgen, doch dann habe ich etwas versucht“, beschrieb der Deutsche eine Szene, in der sich die Favoriten anschauten und er einen kleinen Vorsprung herausfahren konnte.

“Dann wurde ich eingeholt, aber ich blieb zuversichtlich und habe auf den letzten Anstieg gewartet. Ich bin superhappy mit der Performance“, so Lipowitz weiter. Am Schluss sei er eine Weile in der Gruppe mit Evenepoel gefahren, habe dann aber entschieden, Vollgas bis zum Ziel zu gehen. Nach der Leistung des erst 18-jährigen Paul Seixas (Decathlon – AG2R) gefragt, der lange mit den Besten mithalten konnte, sagte der 24-jährige Deutsche: “Für jemanden in seinem Alter ist er supergut gefahren. Das Niveau ist hier enorm hoch.“

Eine starke Leistung lieferte auch Emanuel Buchmann (Cofidis) ab, der das Ziel mit 2:26 Minuten Rückstand als Zwölfter erreichte. Im Gesamtklassement rangiert der Tour-de-France-Vierte von 2019 auf Rang 14, sein Abstand zum Mann in Gelb beträgt 4:06 Minuten.

Das Bergtrikot übernahm Baudin durch die Punkte, die er unterwegs sammelte. Lipowitz führt als bester Deutscher im Gesamtklassement auch die Wertung des besten Nachwuchsfahrers an. Das Grüne Trikot bleibt bei Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck), der sich in die Gruppe des Tages begeben hatte, aber keine weiteren Punkte einfahren konnte. Ihm rückte Pogacar durch seinen Etappensieg bereits gefährlich nahe – nur noch 15 Zähler trennen diese Beiden. Die Teamwertung führt Visma – Lease a Bike mit gut neun Minuten Vorsprung auf UAE – Emirates – XRG an.

So lief die 6. Etappe des Critérium du Dauphiné:

Die Startphase war so hektisch, wie es erwartet wurde. Etliche Angriffe wurden lanciert und wieder neutralisiert. Erst im Anstieg der 4. Kategorie, also nach rund 35 Rennkilometern, löste sich eine Spitzengruppe mit dem ausgesprochen aktiven van der Poel, Anthony Turgis (TotalEnergies), Romain Bardet (Picnic - PostNL), Andreas Leknessund (Uno-X - Mobility), Baudin, Bruno Armirail (Decathlon - AG2R), Pierre Thierry (Arkea – B&B Hotels) und Michael Leonard (Ineos Grenadiers).

Armirail sicherte sich die ersten beiden Bergpreise und wurde Dritter an der Côte de Mont-Saxonnet (1. Kat.), wodurch er sein Konto auf neun Zähler hochschraubte. Baudin gewann die Bergwertung der 1. Kategorie, was ihm zehn Punkte einbrachte. Weil der Franzose auch danach noch einmal drei Zähler am ersten Berg der zweiten Kategorie gewann, übernahm er das Kletter-Trikot von Paul Ourselin (Cofidis).

Das Streckenprofil der 6. Etappe des Critérium du Dauphiné | Foto: Veranstalter

Das Feld hielt das Septett um van der Poel und Bardet allerdings an der kurzen Leine. Der Vorsprung wuchs nie auf deutlich über zwei Minuten an. Vor allem Domen Novak (UAE – Emirates – XRG) war dafür verantwortlich, dass keiner der Ausreißer zwischendurch ernsthaft auf den Etappensieg hoffen durfte. Mit 1:30 Minuten fuhr das Septett in den Anstieg der 1.Kategorie.

Lipowitz geht solo

Dort hielt Visma – Lease a Bike das Tempo in den ersten Kehren hoch. Sepp Kuss probierte es mit einer eher halbherzigen Attacke. Als die Klassementfahrer kurz darauf wieder zusammen waren, griff Lipowitz an und nutzte die Gunst der Stunde, dass sich erst einmal alle anschauten. Dann übernahm Tim Wellens (UAE – Emirates – XRG) die Nachführarbeit und hielt den Abstand zum Deutschen bei etwa zehn Sekunden. Bald merkte der Deutsche, dass er so nicht wegkommen würde und nahm etwas raus. Etwa 500 Meter vor der Kuppe wurde Lipowitz wieder eingeholt.

Vorn fiel ein Ausreißer nach dem anderen zurück, sodass Baudin und Leonard zu zweit oben ankamen. Der Abstand betrug da nur noch eine knappe Minute. In der Abfahrt und im folgenden Flachstück konnte das Duo sein Polster auch nur unwesentlich vergrößern. Mit 1:15 Minuten nahmen Baudin und Leonard den ersten von zwei dicht aufeinanderfolgenden Anstiege der 2. Kategorie, die Côte de Domancy, in Angriff.

Baudin attackierte früh und distanzierte seinen letzten Begleiter. Bei den Verfolgern übernahm UAE – Emirates – XRG die Verantwortung. Unter dem Tempodiktat von Jhonatan Narvaez musste von den großen Drei zuerst Evenepoel abreißen lassen. Vingegaard versuchte aber auch nur kurz, bei Pogacar zu bleiben, der wie entfesselt weg fuhr – und dabei nicht einmal aus dem Sattel gehen musste.

An der Kuppe hatte der Weltmeister bereits 20 Sekunden Vorsprung auf Vingegaard. Evenepoel Lipowitz, Wellens und Jorgenson kamen dort mit 40 Sekunden Abstand an. Eine Abfahrt folgte danach nicht, die Straße stieg bis zum zweiten Berg der 2. Kategorie hinauf nach Combloux weiter moderat an. Dies kam Pogacar zusätzlich entgegen, der seinen Vorsprung sukzessive weiter ausbaute.

Lipowitz verabschiedete sich mit einer eindrucksvollen Attacke aus der Gruppe um Evenepoel und nahm die Verfolgung Vingegaards auf. Kurz darauf schüttelte dann auch Jorgenson den Olympiasieger ab, der in dieser Phase angeschlagen wirkte. Pogacar wiederum fuhr einem letztlich ungefährdeten Etappensieg entgegen – und dem ebenso sicheren Gelben Trikot. Mit 1:01 Minuten Rückstand kam Vingegaard ins Ziel, Lipowitz wurde mit 1:24 Minuten Dritter.

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