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23.12.2021 | (rsn) – Als Clara Koppenburg (Rally Cycling) am 23. Mai zu den Lagunas de Neila hinauffuhr, war alles perfekt: Die damals noch 25-jährige Lörracherin führte die Schlussetappe der zur Women's WorldTour zählenden Burgos-Rundfahrt im zwölf Kilometer langen Schlussanstieg zeitweise sogar an und musste sich erst auf dem Schlusskilometer den drei derzeit vielleicht besten Klettererinnen der Welt geschlagen geben: Anna van der Breggen, Annemiek van Vleuten und Demi Vollering fuhren an ihr vorbei, um den Sieg unter sich auszumachen.
Koppenburg beendete die Rundfahrt auf Gesamtrang vier, vor Leuten wie Cecilie Uttrup Ludwig, Ashleigh Moolman-Pasio, Katarzyna Niewiadoma oder Elisa Longo Borghini. "Das war ein Riesenergebnis für mich, weil wirklich alle Top-Bergfahrerinnen dabei waren", erinnerte sich Koppenburg am Jahresende gegenüber radsport-news.com an ihr persönliches Highlight der Saison.
Dort in Burgos bestätigte sie, was sie zwei Jahre zuvor am Mount Baldy in Kalifornien und am Xorret de Catà nahe Valencia schon gezeigt hatte: Dass sie in langen Anstiegen zur absoluten Weltspitze gehörte.
Doch anstatt beim Giro d'Italia im Juli dann mit ums Rosa Trikot zu klettern, endete ihre Saison mit einem heftigen Sturz auf dessen vorletzter Etappe – zu einem Zeitpunkt, als Koppenburg mit dem Kampf ums Podium aber ohnehin nichts mehr zu tun hatte. Denn so stark sie in Burgos kletterte, abgesehen von Mai und Juni war in ihrer Saison einmal mehr der Wurm drin.
"2021 war für mich eigentlich mit das schwerste Jahr", konstatierte Koppenburg daher nun. Schon der Saisoneinstieg fiel schwer, weil ihr neues Team Rally Cycling erst im April nach Europa kam. "Unser erstes Rennen war der Fleche Wallonne – Ende April! Es war schwer, bis dahin die ganze Zeit nur zu trainieren und keine Chance zu haben, ein Rennen zu fahren", so Koppenburg.
Später Saisoneinstieg, kein Olympia-Ticket und ein Horror-Sturz
Danach habe sie sich zwar schnell wohlgefühlt im neuen Umfeld und entsprechend auch die Burgos-Rundfahrt so gut bestreiten können, auf die mit dem deutschen Nationalteam auch eine ordentliche Lotto Thüringen Ladies Tour folgte. Doch trotz des schweren Kurses nahe des Mount Fuji und dem Beweis aus Burgos, dass Koppenburg mit den Allerbesten klettern konnte, blieb die erhoffte Nominierung für die Olympischen Spiele aus.
"Ich war megamäßig enttäuscht, das kann ich nicht anders sagen", kommentierte Koppenburg nun die Nichtberücksichtigung in Sachen Olympia, betonte aber auch, dass sie sich letztlich für die vier Nominierten gefreut habe, die Entscheidung von Bundestrainer André Korff respektieren konnte und am Ende vor dem Fernseher trotzdem die Daumen gedrückt habe.
Das tat sie allerdings bereits vom Krankenbett aus. Denn der ohnehin nicht wie gewünscht verlaufene Giro endete auf brutalste Weise. "Wir haben ja schon mit einem megaschlechten Teamzeitfahren begonnen und da vier Minuten verloren", erzählte sie. Das Thema Gesamtwertung war schon nach Tag eins begraben. "Die Bergetappen liefen dann eigentlich ganz in Ordnung, aber dann kam auf der vorletzten Etappe mein Sturz."
Vier Stunden mit Becken- und Schlüsselbeinbruch im Krankenwagen
In der winkligen Abfahrt vom ersten der beiden schweren Berge des Tages, ganz nah an der slowenischen Grenze, wurde Koppenburg durch scharfes Bremsen von Sofia Bertizzolo vor ihr überrascht und rauschte ins Hinterrad der Italienerin – das Ergebnis: ein Beckenbruch und ein komplizierter Schlüsselbeinbruch.
"Mein Vorderrad ist bei ihr zwischen Bremsscheibe und Rad eingehakt und ich war chancenlos, bin voll über den Lenker geflogen und hart aufgeprallt. Der Helm und der Schuh hatten rechts ihre Spuren, aber alle meine Brüche waren auf der linken Körperseite – so habe ich mich überschlagen", erzählte die 26-Jährige, der das Schlimmste aber noch bevorstand.
Da nur noch ein Krankenwagen hinter dem Peloton fuhr, konnte sie von diesem zwar mitgenommen werden, doch die Ambulanz musste beim Rennen bleiben. Die Fahrt ging daher nicht direkt ins Krankenhaus, sondern zunächst noch hinter der Letztplatzierten in langsamem Tempo den 14 Kilometer langen Schlussanstieg zum Monte Matajur hinauf, bevor am Ziel gedreht und die Reise in die Klinik angetreten werden konnte. "Es waren wirklich Höllenschmerzen", so Koppenburg wenig überraschend über die vierstündige Odyssee.
"Leider weiß ich jede Sekunde des Sturzes noch ganz genau"
Zwei Tage lag sie danach in Italien im Krankenhaus, bevor sie das Deutsche Rote Kreuz – initiiert durch die Radprofi-Versicherung SVL der Team-Sauerland-Chefs Jörg Scherf und Heiko Volkert – nach Basel brachte und dort eine lange Reha begann. Erst Ende September, zweieinhalb Monate nach dem Unfall, durfte Koppenburg wieder ganz zaghaft aufs Rad steigen.
Zunächst habe sie dabei große Angst gehabt, inzwischen aber werde ihr Gefühl fürs Rad immer besser. "Ich habe wieder riesige Freude daran", versicherte sie, gab aber auch zu, dass der Respekt vor schnellen und schwierigen Abfahrten noch immer groß sei. "Leider weiß ich jede Sekunde des Sturzes noch ganz genau und sehe mich jetzt in Abfahrten immer wieder vor dem inneren Auge wegrutschen. Ich spüre den Sturz dann regelrecht. Aber ich helfe mir, indem ich mit Anderen darüber spreche und versuche, so die Angst loszuwerden."
Die 26-Jährige, die einst bei Thomas Campana im Team Bigla Profi wurde und als riesiges Talent gerade für Rundfahrten galt, wurde in den vergangenen Jahren immer wieder zurückgeworfen – teilweise aus Pech, teilweise hatte es aber auch mit ihrem eigenen, großen Ehrgeiz zu tun.
Aus Rückschlägen gelernt
Schon bei der Zeitfahr-DM 2016 in Streufdorf mussten Campana und Koppenburgs Vater die da noch 20-Jährige stoppen, weil sie sich in sengender Hitze so verausgabte, dass sie einerseits auf Bestzeitkurs war, andererseits aber auf gerader Straße fast vom Rad gefallen wäre.
Zur Saison 2019, als sie von Bigla zu WNT-Rotor gewechselt war, kletterte sie mit einem aufs Äußerste ausgezehrten Körper bei der Setmana Valenciana im Februar und der Kalifornien-Rundfahrt im Mai mit den Besten der Welt, verpasste dazwischen aber mangels Substanz die Ardennen-Klassiker und im Sommer auch den Giro d'Italia. 2020 dann kehrte sie zu Campana zurück, dessen Geldgeber aber im Spätsommer das Zahlen einstellten und so das Ende des Teams besiegelten, woraufhin Koppenburg dann für 2021 bei Rally anheuerte.
"Ich bin, glaube ich, sehr fleißig und trainiere viel. Aber ich habe das Gefühl, dass immer dann, wenn ich gerade wieder in ein Hoch komme, der nächste Rückschlag kommt. Aber ich habe auch immer gesehen, dass ich wieder gut rauskam aus den Löchern und bin an den Situationen gewachsen", erklärte sie jetzt sehr offen und sagte, dass sie sich daher nicht mehr runterziehen lasse von solchen Situationen. "Ich habe inzwischen dann direkt wieder ein Ziel vor Augen und weiß, wo ich mir auf dem Weg dorthin menschlich Hilfe holen kann. Das ist eine wichtige Eigenschaft, nicht nur für den Sport, sondern auch fürs Leben an sich. Trotzdem hoffe ich natürlich, dass ich in den nächsten Jahren keine Rückschläge mehr habe."
Ziel für 2022: "Mehr Arsch in der Hose"
In der kommenden Saison nun wird Koppenburg für das neu geschaffene Cofidis-Team an den Start gehen. Und auch wenn die Franzosen keine Women's WorldTour-Lizenz gezogen haben, muss sich die 26-Jährige wenige Sorgen machen, die großen Rennen zu verpassen. Cofidis dürfte gerade bei den für Koppenburg interessanten, schweren ASO-Rennen in den Ardennen und Spanien sowie der Tour de France als französischer Rennstall mit auch in Spanien sehr aktivem Sponsor auf eine Wildcard gebucht sein. Nach dem ersten gemeinsamen Trainingslager im Dezember schwärmte Koppenburg von der Professionalität des Teams, das natürlich auch die Strukturen des Männer-Rennstalls mitnutzt und zahlreiche Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen dabei hatte.
Koppenburg darf davon ausgehen, dass sie gemeinsam mit der Australierin Rachel Neylan bei den schwer-profilierten Rennen 2022 die Kapitänsrolle übernehmen wird. Sie erklärte radsport-news.com aber auch, dass sie sich gemeinsam mit ihrem neuen Trainer Daniel Healey, der zum Beispiel auch mit Lisa Brennauer zusammenarbeitet, körperlich etwas umorientieren will.
"Ich möchte auf jeden Fall von diesem reinen Bergfahren wegkommen. Ich will wieder mehr Punch haben, mehr Kraft und auch ein bisschen mehr aufs Zeitfahren gehen. Wenn ich es schaffe, da einen guten Zwischenweg zu finden und dadurch gesund und happy durchs Jahr komme und Altlasten hinter mir lasse, dann wäre das schön", erklärte sie. "Ich sehe es als essentiell an, da an mir zu arbeiten und zu schauen, dass ich wieder etwas mehr Arsch in die Hose bekomme."
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