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27.12.2021 | (rsn) – Die Saison 2021 war noch keinen Monat alt, da hatte Christine Majerus (SD Worx) schon ihren alljährlichen Sieg in der Tasche: Seit 2015 ist es der Luxemburgerin – abgesehen von der arg verkürzten Corona-Saison 2020 – jedes Jahr gelungen, ein internationales Rennen für sich zu entscheiden. So früh wie diesmal aber schaffte sie es selten.
Majerus gewann den Omloop van Westhoek am 21. März Seite an Seite mit ihrer Teamkollegin Amy Pieters, die vier Tage zuvor beim Nokere Koerse siegreich gewesen war und der treuen Domestikin Majerus nun in Ichtegem den Vortritt ließ. Es war bereits der sechste Saisonsieg für das Team SD Worx mit der sechsten unterschiedlichen Fahrerin.
Das Highlight ihres persönlichen Jahres sei dieser Erfolg in Belgien aber nicht gewesen, erklärte die als eine der treuesten und wichtigsten Helferinnen des Pelotons bekannte Majerus radsport-news.com nun im Saisonrückblick.
"Ein Sieg ist ein Sieg und da sollte man stolz drauf sein. Das Rennen hat auch sehr viel Spaß gemacht, wie wir es gefahren sind", sagte sie, betonte aber auch: "Mein Highlight dieses Jahr war sicher Paris-Roubaix. Es war von Beginn an mein Ziel, da in Form zu sein. Und ich glaube, das war ich auch. Ich bin davon überzeugt, dass ich dort eine der Besten war."
Elfte in Roubaix trotz Sturz im Finale
Majerus kam bei der Premiere der Königin der Klassiker für Frauen als Elfte im Velodrom an, obwohl sie ausgerechnet in dem Moment Pech hatte, als auf dem Sektor Camphin-en-Pévèle in der Favoritinnengruppe, die hinter Solistin Lizzie Deignan (Trek – Segafredo) um Rang zwei kämpfte, Marianne Vos (Jumbo – Visma) die ums Podium entscheidende Attacke ritt.
"Ich konnte nichts machen: Ich war an vierter Position, am Hinterrad von Ellen (van Dijk), als sie gestürzt ist. Ich konnte einfach nicht mehr ausweichen", schilderte Majerus die Situation, die sie um ihre Podiumschancen brachte und wegen der die Niederländerin van Dijk noch immer mit den Folgen einer Gehirnerschütterung kämpft. "Ich hoffe, dass sie das bald hinter sich hat", so Majerus sehr reflektiert. "So gesehen hatte ich in der Situation ja auch eigentlich Glück, dass ich danach nur Schulterprobleme hatte."
Volle Motivation für Paris-Roubaix 2022
Natürlich sei es bitter gewesen, auf diese Weise ein Spitzenresultat zu verpassen, doch die Luxemburgerin betonte nun: "Letztendlich behalte ich das Rennen aber dadurch nicht in schlechter Erinnerung – eher im Gegenteil: Das hat mich auf jeden Fall für nächstes Jahr motiviert, nicht mehr die gleichen Fehler zu machen. Vom Terrain her ist es auf jeden Fall ein Rennen, das mir liegt."
Bis zum Höhepunkt in Nordfrankreich hatte Majerus einmal mehr eine starke Saison hinter sich gebracht – mit vielen wichtigen Helferdiensten für das starke SD Worx-Team und auch einigen persönlichen Freiheiten, wie beim Sieg in Westhoek.
"Es war kein schlechtes Jahr, ich hatte sicher gute Resultate – vielleicht etwas mehr gute Rennen, als gute Resultate", bilanzierte sie nun. "Als Team haben wir jedenfalls viele Rennen dominiert und auch gewonnen. Das ist eine Genugtuung. Aber meine persönlichen Ziele lagen am Ende der Saison, und da waren meine Stürze bei der Simac Tour und anschließend bei Roubaix natürlich nicht so geplant. Das waren genau die Rennen, wo ich performen wollte, und da war das natürlich frustrierend", gab Majerus zu.
Simac Ladies Tour endete im Krankenwagen
Der Sturz an van Dijks Hinterrad in Frankreich war nämlich nicht der erste dieser Art für Majerus in der zweiten Saisonhälfte. Viel heftiger hatte es sie schon knapp sechs Wochen zuvor in den Niederlanden erwischt. Als das Peloton auf der 3. Etappe der Simac Ladies Tour – bei der sie 2019 Gesamtsiegerin war – einem möglichen Massensprint in Weert entgegenrauschte, führte die Strecke über einen schmalen Feldweg, der plötzlich noch enger wurde. Lorena Wiebes (Team DSM) rutschte von der Asphaltkante ab und ging zu Boden – direkt hinter ihr: Majerus.
"Im ersten Moment konnte ich noch ausweichen, aber dann bin ich aufs Feld geflogen und bin ganz komisch auf dem Nacken gelandet und hatte fast anderthalb Monate noch Nacken- und Kopfschmerzen", erzählte die Luxemburgerin, um die nach dem Rennen zunächst große Sorge bestand: Mit Halskrause lag sie im Zielbereich im Rettungswagen.
"Es war keine Gehirnerschütterung, das haben wir genau abgeklärt. Aber der Nacken hat geschmerzt. Die Trainingsphase danach, wo ich auch keine Rennen fahren konnte, war schwer. Ich wollte Roubaix und die WM so gut wie möglich vorbereiten und das war meine Motivation, aber körperlich war das Training kein Spaß."
Die WM "war fünf Kilometer zu lang"
Fünf Wochen nach dem Unfall stand Majerus bei den Weltmeisterschaften am Start, kam dort aber nicht über den 33. Platz hinaus. 50 Sekunden nach der neuen Weltmeisterin Elisa Balsamo aus Italien war sie im Ziel. "Die WM kam ein bisschen zu früh, auch weil es ein langes und schweres Rennen war", meinte sie nun rückblickend. "Da hat es allein mit Training in der Vorbereitung nicht für die Distanz gereicht. Das Rennen war fünf Kilometer zu lang. Aber die Woche danach in Roubaix war ich – davon bin ich überzeugt – eine der Besten."
Und das will Majerus nun auch im kommenden Jahr wieder sein. Die flämischen Klassiker liegen der 34-jährigen Soldatin, und deshalb setzt sie dort auch 2022 wieder ihren ersten Höhepunkt, um neben ihrem Hauptjob als Edelhelferin bei dem einen oder anderen Rennen dann wahrscheinlich auch wieder auf eigene Kappe zu fahren, wie etwa in Roubaix.
"Ich denke, es ist eine meiner Stärken, Rennen und Ziele realistisch auszuwählen. Ich habe genug Erfahrung, um zu wissen, was ich kann und was ich nicht kann. Und bei den restlichen Rennen versuche ich eben meine Arbeit als Helferin möglichst gut zu machen", erklärte sie. "Natürlich wäre auch Liege-Bastogne-Liege für mich ein Traum, weil es so nah an Luxemburg ist. Aber das ist ein Rennen, bei dem ich physisch an meine Limits stoße."
Cross als Saisonvorbereitung mit diesmal weniger Ambitionen
In den kommenden Tagen und Wochen aber wird man Majerus auch im Cross wieder im Einsatz sehen. "Ich bin absolut kein Trainingslager-Mensch. Der Cross-Sport erlaubt mir daher eine andere Vorbereitung, anstatt drei Wochen in Spanien zu sitzen. Natürlich gehören Trainingslager und Ausdauer-Rides auch dazu, aber für mich und meine Motivation ist es besser, im Winter auch Rennen zu fahren. Und das ist auch ein Grund, warum ich es mache", erklärte sie.
Die Hoffnung auf Spitzenresultate in großen Rennen sei zuletzt allerdings kleiner geworden. Denn seitdem die Rangliste vor dieser Saison genullt wurde, hat Majerus, weil sie spät in die Cross-Saison eingestiegen ist, schlechte Karten – sprich: schlechte Startplätze. "Wenn man nur zehn Rennen fährt, ist es sehr kompliziert – zumal auch das Niveau so hochgegangen ist", erklärte sie. "Ich habe sicher noch Lust zu fahren und auch das Niveau, das eine oder andere Mal gut zu sein. Aber so regelmäßig wie früher ist das nicht mehr möglich – außer man heißt Marianne Vos."
Deshalb steht auch hinter einer möglichen WM-Teilnahme im Cross Ende Januar in den USA ein großes Fragezeichen. "Ich hatte immer das Ziel, bei einer WM in die Top Ten zu fahren. Aber wenn das durch all diese Umstände nicht machbar ist, glaube ich nicht, dass es sinnvoll ist, mich als Straßenfahrerin nach Amerika zu schleppen", erklärte sie.
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