Giro: Italiener feiert ersten Grand-Tour-Erfolg

Cleverer Vendrame bereitet seinen Sprintsieg im Anstieg vor

Von Felix Schönbach

Foto zu dem Text "Cleverer Vendrame bereitet seinen Sprintsieg im Anstieg vor"
Andrea Vendrame (AG2R – Citroën) feiert seinen Sieg auf der 12. Giro-Etappe. | Foto: Cor Vos

20.05.2021  |  (rsn) - Auch der 12. Tagesabschnitt des 104. Giro d'Italia war eine Angelegenheit für die Ausreißer. Durch seine clevere Fahrweise konnte Andrea Vendrame (AG2R – Citroën) seinen ersten Grand-Tour Etappensieg feiern. Der Italiener schlug nach 212 Kilometern Chris Hamilton (DSM) im Sprint. George Bennett (Jumbo – Visma) landete auf dem dritten Rang. Egan Bernal (Ineos Grenadier) verteidigte sein Rosa Trikot ohne größere Probleme. Im Finale zeigte sich Vincenzo Nibali (Trek – Segafredo) angriffslustig.

“Was für ein unglaubliches Gefühl! Ich finde die richtigen Worte nicht, um das zu beschreiben. Ich habe gerade eine Etappe der Corsa Rosa gewonnen: Ein Traum ist wahr geworden. Dank an meinen Teamkollegen und Fluchtgefährten Geoffrey Bouchard. Nach einer schwierigen Phase, in der ich eine Verletzung hatte, ist dieser Sieg unbeschreiblich“, zeigte sich Vendrame im Siegerinterview überwältigt. Der 26-Jährige bescherte seiner Mannschaft den dringend benötigten zweiten Saisonsieg und den ersten auf WorldTour-Niveau.

Vendrame gilt eher als schneller Fahrer. Aber am letzten Anstieg vor Bagno di Romagna kaufte er seinen kletterstarken Konkurrenten Hamilton, Bennett und Gianluca Brambilla (Trek – Segafredo) den Schneid ab und ging in die Offensive. “Wir haben zuerst gearbeitet, um das Blaue Trikot von Geoffrey Bouchard zu sichern. Im Finale habe ich versucht, die Etappe zu gewinnen“, erklärte Vendrame seine Taktik in der Spitzengruppe.

Auf den letzten drei Kilometern konnte er sich gemeinsam mit Hamilton absetzten, den er anschließend im Sprint deutlich schlug. “Brambilla war da, er ist ein schneller Mann. Ich habe versucht, den Angriff von Hamilton zu antizipieren. Es war gut, dass wir am Ende nur noch zu zweit waren. Ich wusste, dass ich von uns beiden der Schnellere bin. Am Ende ist es so ausgegangen wie erwartet“, analysierte Vendrame das Finale.

Bernal ging bei Nibalis Attacke kein Risiko ein

Der geschlagene Hamilton fuhr zwar ein starkes Rennen, war aber aufgrund seiner fehlenden Endgeschwindigkeit im Nachteil. “In das Finale zu kommen und gegen die anderen um den Sieg zu fahren war ziemlich cool. Ich hatte noch nicht so viele Chancen für mich selbst. Natürlich hätte ich gerne gewonnen, aber Zweiter in einer Grand-Tour zu werden ist auch gut. Viel mehr hätte ich nicht ausrichten können“, gab Hamilton zu.

Im Hauptfeld animierten Nibali und sein Teamkollege Giulio das Rennen. Durch eine Attacke auf der letzten Abfahrt konnte der zweimalige Giro-Sieger dann sogar noch sieben Sekunden zurückholen. Bernals Rosa Trikot war jedoch niemals in Gefahr. “Sie haben schon am Anstieg attackiert. Wir haben die Lücke schnell geschlossen, weil das Motorrad sehr nahe bei ihnen war. Auf der Abfahrt griff Nibali erneut an, aber wir wollten das Risiko nicht eingehen, ihm zu folgen“, kommentierte der Kolumbianer das Geschehen.

Neben dem Maglia Rosa behält Bernal, der die Gesamtwertung weiterhin mit 45 Sekunden Vorsprung auf Aleksandr Vlasov (Astana - Premier Tech) anführt, auch das Weiße Trikot des besten Nachwuchsfahrers. Bouchard konnte dank Vendrames Unterstützung seine Führung in der Bergwertung deutlich ausbauen. Peter Sagan (Bora – hansgrohe), dessen Teamkollege Emanuel Buchmann Gesamtrang sechs behauptete, bleibt im Maglia Ciclamino. Wegen Stürzen mussten unter anderem Marc Soler (Movistar), Alessandro De Marchi (Israel Start-Up Nation) und Gino Mäder (Bahrain – Victorious) das Rennen aufgeben.

So lief das Rennen:

Nach dem Start lieferten sich die Profis einen langen und harten Kampf um die Gruppe des Tages. Das Tempo in der ersten Rennstunde war mit 46 km/h auf welligem Terrain extrem hoch. Erst nach knapp 60 Kilometern konnten sich insgesamt 16 Fahrer aus dem Peloton absetzten. Neben Vendrame, Bouchard, Hamilton, Bennett und Brambilla begaben sich unter anderem auch Dries De Bondt (Alpecin – Fenix), Giovanni Visconti (Bardiani – CSF – Faizanè), sowie Nicolas Edet (Cofidis) auf die Flucht.

Im Feld ließ man es langsam angehen und gewährten den Spitzenreitern einen Vorsprung von maximal zwölf Minuten. De Bondt sicherte sich sowohl den ersten als auch den zweiten Zwischensprint, während Bouchard die ersten drei Bergwertungen gewann. Die Spitzengruppe blieb bis zum letzten Anstieg beisammen. Dann eröffnete Brambilla mit mehreren Tempoverschärfungen das Finale. Ihm konnten nur noch Vendrame, Hamilton, Bennett, Visconti und Edet folgen.

Nach einem Antritt von Bennett fuhr Vendrame eine kluge Konterattacke in eine kurze Zwischenabfahrt hinein. Er erarbeitete sich knapp zehn Sekunden Vorsprung und verteidigte diesen für einige Zeit. Erst am Ende des steilsten Abschnittes konnten Bennett, Hamilton und Brambilla zu Vendrame aufschließen. Auf den letzten Kilometern vor der Bergwertung ritten Bennett und Brambilla mehrere erfolglose Attacken.

Brambilla wegen einer Welle relegiert

Am Ende der Abfahrt, knapp vier Kilometer vor dem Ziel, begannen sich die vier Spitzenreiter zu belauern. Nach kurzer Zeit konnte sich Hamilton mit einer beherzten Attacke absetzen. Vendrame folgte dem Australier, wogegen Brambilla und Bennett weiter Katz und Maus spielten. Im finalen Sprint hatte Hamilton keine Chance gegen Vendrame. Der wütende Brambilla wurde wegen einer Welle gegen Bennett noch relegiert und verlor den dritten Rang.

Im Feld versuchten Ciccone und Nibali sich am letzten Anstieg abzusetzen. Ineos Grenadiers ließ das Duo nicht gewähren und schloss die Lücke vor der Bergwertung. Auf der Abfahrt versuchte es Nibali erneut. Bei dem Versuch, ihm zu folgen, rutschte Bernals Teamkollege Gianni Moscon in einer Kurve weg, konnte das Rennen aber fortsetzen. Auf dem flachen Abschnitt Richtung Ziel begnügte sich Ineos Grenadiers damit, den Rückstand auf Nibali zu kontrollieren und nahm einige Sekunden Verlust in Kauf.

Mehr Informationen zu diesem Thema

10.06.2021Buchmann startet bei der Tour von allen Fesseln befreit

(rsn) - Ursprünglich war Emanuel Buchmann (Bora – hansgrohe) nicht für die diesjährige Tour de France vorgesehen. Doch nach seinem schweren Sturz und dem dadurch erzwungenen Ausscheiden beim Giro

31.05.2021Almeida: Sechster statt Vierter, aber trotzdem besser als 2020

(rsn) - Die Platzziffer am Ende des 104. Giro d'Italia war schlechter, als bei der 103. Auflage des Rennens, doch die Leistung von Joao Almeida (Deceuninck – Quick-Step) durfte man in den vergangene

31.05.2021Rosa nimmt Bernal endlich die große Last von Gelb

(rsn) – Der Sonntagnachmittag in Mailand war emotional für Egan Bernal. Am Ende des 30 Kilometer langen Abschlusszeitfahrens richtete er sich auf, breitete die Arme aus und rollte erleichtert über

31.05.2021White: Yates´ Tour-Teilnahme ist “höchst wahrscheinlich“

(rsn) – Schlecht war das Ergebnis von Simon Yates (BikeExchange) beim 104. Giro d´Italia nicht: Rang drei in der Gesamtwertung, er stand auf dem Podest. Und doch war es nicht das, wofür er vor dre

31.05.2021Walscheid: “Bin super zufrieden mit den drei Wochen“

(rsn) – Mit gleich drei Etappensiegen durch Mauro Schmid, Giacomo Nizzolo und Victor Campenaerts war Qhubeka Assos eine der Überraschungsmannschaften beim Giro d`Italia. Nur Ineos Grenadiers hatte

30.05.2021Sturz kostet Cavagna möglichen Sieg in Mailand

(rsn) - Rémi Cavagna (Deceuninck - Quick-Step) hätte das Abschlusszeitfahren des 104. Giro d'Italia in Mailand gewinnen können. Zumindest wäre es äußerst knapp zwischen ihm und dem vorher per De

30.05.2021Video: Bernals letzte Meter auf dem Weg zum Giro-Sieg

(rsn) - Mit dem Tagessieg vor dem Mailänder Dom hatte Egan Bernal (Ineos Grenadiers) erwartungsgemäß nichts mehr zu tun. Doch der Kolumbianer hat im Abschlusszeitfahren des 104. Giro d´Italia das

30.05.2021Ganna gewinnt Zeitfahren trotz Platten vor gestürztem Cavagna

(rsn) - Filippo Ganna (Ineos Grenadiers) hat das abschließende Zeitfahren des Giro d’Italia in Mailand für sich entschieden. Der Italiener gewann nach 30,3 Kilometern vor Rémi Cavagna (Deceuninck

30.05.2021Bernal feiert Gesamtsieg, Ganna gewinnt Abschlusszeitfahren

(rsn) - Egan Bernal (Ineos Grenadiers) hat sich am Schlusstag des 104. Giro d`Italia sein Rosa Trikot nicht mehr abnehmen lassen und sich zum ersten Mal in seiner Karriere den Gesamtsieg der Italien-

30.05.2021Die Renneinsätze der deutschsprachigen Fahrer

(rsn) - Die Radsportsaison 2021 ist trotz der Corona-Pandemie in vollem Gang. Wir liefern Ihnen zu Beginn jeder Woche eine Aufstellung über die Einsätze der Profis aus Deutschland, Österreich, der

30.05.2021Bernal: “Nur mein Name auf der Giro-Trophäe zählt“

(rsn) – Erstmals ging Egan Bernal (Ineos Grenadiers) als Leader in die Schlusswoche einer der drei großen Landesrundfahrten. Nach 20 der 21 Etappen des Giro d’Italia hat er mit 1:59 Minuten auf d

30.05.2021Caruso war für Bardet Hilfe und Problem zugleich

(rsn) – Falls im abschließenden Zeitfahren keine Sensation passiert, wird das deutsche Team DSM den 104. Giro d’Italia ohne Tageserfolg verlassen. Nach einer schwierigen ersten Woche präsentier

Weitere Radsportnachrichten

14.11.2024Bardet: “Sinnlos, an ethischen Radsport zu glauben“

(rsn) - Es war ein durchaus ungewöhnlicher Zeitpunkt, als Romain Bardet im Sommer, kurz vor der Tour de France, sein Karriereende ankündigte. Mindestens genauso ungewöhnlich ist das Rennen, das sei

14.11.2024Quintana beendet Spekulationen, Bonnamour gibt Kampf gegen Dopingsperre auf

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

14.11.2024Rhodos-Prolog-Experte mit Sturzpech im stärksten Rennen

(rsn) – Seine elfte Saison auf KT-Niveau ragt zwar nicht als seine beste heraus, dennoch zeigte Lukas Meiler (Team Vorarlberg) auch 2024, was er drauf hat. Seine beste Platzierung gelang ihm dabei

14.11.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

14.11.2024Schädlich übernimmt die deutschen Ausdauer-Spezialisten

(rsn) – Der Bund Deutscher Radfahrer hat einen neuen Nationaltrainer auf der Bahn für den Bereich Ausdauer. Lucas Schädlich, der seit 2019 die deutschen Juniorinnen unter seinen Fittichen hatte, Ã

14.11.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

14.11.2024Schär wird Schweizer Nationaltrainer

(rsn) – Marc Hirschi, Stefan Küng und Co. haben einen neuen Nationaltrainer. Michael Schär wird mit Jahresbeginn 2025 die Verantwortung für die Schweizer Männer in den Bereichen Elite und U23 ü

14.11.2024Lotto Kern - Haus wird Development-Team von Ineos Grenadiers

(rsn) – In den vergangenen beiden Jahren war das deutsche Kontinental-Team Lotto Kern - Haus PSD Bank sogenannter Development-Partner von Red Bull – Bora – hansgrohe. Ab der kommenden Saison wi

14.11.2024Meisen kündigt baldiges Karriereende an

(rsn) – “Spätestens im Januar ist Schluss“, kündigte Marcel Meisen (Stevens) gegenüber RSN an. Der 35-Jährige ist in seine letzte Cross-Saison gestartet und will diese nicht mehr ganz zu End

14.11.2024Traumszenario mit kurzem Anfangsschock

(rsn) – Unverhofft kommt oft – dieser Spruch traf in dieser Saison auch auf Meo Amann zu. Mit dem Elite-Team Embrace The World in die Saison gestartet, bewarb er sich im Sommer auf einen Platz bei

13.11.2024Auch ein kurioser erster UCI-Sieg reichte nicht zum Profivertrag

(rsn) – Auch wenn er in dieser Saison seinen ersten UCI-Sieg einfahren konnte, so gelang Roman Duckert (Storck – Metropol) am Ende seiner U23-Zeit nicht der Sprung in ein Profiteam. Deshalb wird e

13.11.2024Ein Jahr geprägt von Stürzen und viel Unglück

(rsn) – Eigentlich wollte Mikà Heming (Tudor Pro Cycling) 2024 so richtig durchstarten. Die Klassikerkampagne in Belgien hatte er sich als erstes Saisonhighlight gesetzt, doch diese endete für den

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine