Quintana nach 220-km-Flucht Vuelta-Zweiter

Gilbert triumphiert an einem historischen Tag in Guadalajara

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Philippe Gilbert (Deceuninck - Quick-Step) bejubelt seinen Sieg auf der 17. Vuelta-Etappe. | Foto: Cor Vos

11.09.2019  |  (rsn) - Der längste Tag bei der diesjährigen Spanien-Rundfahrt ging wie im Flug vorbei. Die mit einem Schnitt von mehr als 50 km/h ausgetragene 17. Etappe über 220 Kilometer von Aranda de Duero nach Guadalajara endete mit dem zweiten Tagessieg von Philippe Gilbert (Deceuninck - Quick-Step). Der Belgier ließ auf den ansteigenden letzten Metern Sam Bennett (Bora - hansgrohe) mit zwei Sekunden Vorsprung hinter sich und krönte so eine perfekte Teamleistung, die der Franzose Remi Cavagna als Dritter vor dem Belgier Dylan Theuns (Bahrain - Merida), dem Niederländer Wilco Kelderman (Sunweb) sowie dem Deutschen Jonas Koch (CCC) abrundete.

Noch spannender ging es überraschenderweise im Kampf um die Gesamtwertung zu, in der Nairo Quintana (Movistar) sich um gleich vier Positionen verbesserte und nun als neuer Gesamtzweiter mit 2:24 Minuten Rückstand unerwartet schärfster Verfolger von Primoz Roglic (Jumbo - Visma) ist. Der Slowene verteidigte sein Rotes Trikot, war dabei aber im Finale auf sich allein gestellt, nachdem er sein Team auf der zwar vergleichsweise flachen, aber von starkem Seiten- und Rückenwind geprägten Etappe in der Verfolgung einer zunächst 35-köpfigen Gruppe um Quintana aufopfern musste, die sich gleich nach dem Startschuss auf- und davongemacht hatte.

"Ich habe noch nie in 17 Rennjahren so ein Finish erlebt. Es ist historisch, ganz viel ist passiert, es war eine Attacke über mehr als 200 Kilometer mit Klassementfahrern dabei", kommentierte der 37-jährige Gilbert den denkwürdigen Tag, an dem er rund 45 Minuten vor dem schnellsten berechneten Schnitt über die Ziellinie jagte.

"Am Ende hat mir einfach die Kraft gefehlt, es war ein untypischer Sprint, es war letztlich 1 gegen 1", sagte der völlig ausgepumpte Bennett im Ziel zu radsport-news.com. "Ich habe alles versucht, aber Gilbert war besser."

Niermann erlebt seinen “schlimmsten Tag als Sportdirektor“

Alles versuchte auch Quintana mit seinem Movistar-Team, das nun plötzlich wieder in einer deutlich besseren Situation im Kampf um das RoteTtrikot ist, zumal Weltmeister Alejandro Valverde als Dritter (+2:48) auch noch Druck auf den Spitzenreiter ausüben kann. "Die Idee heute war, die Mannschaft von Roglic ins Hintertreffen zu bringen. Wir sind weiter im Kampf um das Rote Trikot mittendrin. Die Gesundheit war zuletzt nicht so ganz auf meiner Seite mit dem Husten, aber wir werden jetzt weitermachen. Wenn die Beine müde werden, dann fährt man mit dem Herzen“, sagte der kleine Kolumbianer, neben Gilbert der große Gewinner des Tages.

Dagegen musste Roglic konstatieren, dass sein erster GrandTour-Sieg noch längst nicht ausgemachte Sache ist. "Ich habe zu Beginn des Rennens einen Fehler gemacht, ich war nicht da, wo ich hätte sein sollen. Die Mannschaft hat mich heute gerettet, ich war am Ende dann noch in einer einigermaßen guten Position“, zeigte sich der 29-Jährige selbstkritisch, fügte aber kämpferisch an: "Wir haben heute vielleicht eine Schlacht verloren, aber nicht den gesamten Krieg."

Fast schon geschockte zeigte sich sein Sportdirektor Grischa Niermann. "Das war die schlimmste Etappe, die ich als Sportlicher Leiter je erlebt habe", sagte der Hannoveraner im Ziel. "Primoz war in der frühen Gruppe nicht dabei, wir haben dann beschlossen, sofort die Verfolgung aufzunehmen. Wir haben gehofft, dass uns andere Teams unterstützten. Die Jungs haben gut gearbeitet, Primoz war aber zum Schluss allein. Er hat zwar sein Trikot verteidigt, aber es war definitiv kein guter Tag für uns", fügte Niermann an.

So lief das Rennen:

Der längste Abschnitt der diesjährigen Spanien-Rundfahrt wies zwar keine Bergwertungen auf, führte aber über welliges Terrain, und war bei vielen Fahrern als “Windkantenetappe“ schon vor dem Start gefürchtet. Da schon nicht mehr dabei war Jesus Herrada. Der Spanier, der die 6. Etappe gewonnen hatte, sei erkrankt, wie seine Cofidis-Equipe mitteilte, und konnte deshalb nicht mehr antreten.

Kurz nach dem Start löste sich bei Seitenwind tatsächlich eine Gruppe von nicht weniger als 35 Fahrern, darunter waren neben Sprintassen wie Sam Bennett und Fabio Jakobsen (Deceuninck - Quick Step) auch der Gesamtsechste Quintana, der gleich drei Helfer an seiner Seite hatte, sowie Kelderman, Achter der Gesamtwertung. An der Seite des Niederländers fuhren seine Teamkollegen Nikias Arndt, Casper Pedersen, Rob Power und Max Walscheid. Während der zweimalige Etappengewinner Bennett ohne Unterstützung war, konnte Jakobsen, der die 3. Etappe für sich entschieden hatte, mit Gilbert, Eros Capecchi, Tim Declercq, James Knox und Zdenek Stybar auf sein fast gesamtes Team bauen.

Bei extrem hohem Tempo konnte sich die Spitze - nunmehr bei Rückenwind - einen Vorsprung von fast fünf Minuten herausfahren. Nach knapp 100 Kilometern waren sowohl die Ausreißergruppe als auch das Feld bei einem Durchschnittstempo von fast 48 km/h allerdings schon in mehrere Teile zerfallen. Bennett gewann nach 103 Kilometern den Zwischensprint vor Kelderman, der sich so zwei Bonussekunden sicherte.

Die schließlich noch 32 Fahrer an der Spitze lieferten sich in der zweiten Rennhälfte bei einem Maximalvorsprung von rund sechs Minuten ein packendes Duell mit dem Feld, in dem Jumbo - Visma, das zunächst allein für die Verfolgung zuständig gewesen war Unterstützung von UAE - Team Emirates, Astana und Bora - hansgrohe erhielt.

Knapp 50 Kilometer vor dem Ziel verlor Jakobsen in einer der zahlreichen Wellen dann aber den Anschluss, während Quintanas Helfer das Tempo weiter hoch hielten und dabei vor allem von Sunweb Hilfe bekamen. Und auch dahinter spannte sich Movistar mit einem Tempo von bis zu 80 km/h vor das nur noch rund 20 Fahrer umfassende erste Feld um Roglic - der keinen Helfer mehr bei sich hatte.

Auf den letzten 30 Kilometern übernahm Astana mit mehreren Fahrern die Spitzenpositionen in der Favoritengruppe, wodurch sich der Abstand zur Spitze allerdings nur unwesentlich verringerte, zumal sich die Fahrer in der großen Fluchtgruppe weiterhin einig waren. Im leicht ansteigenden Finale spielte Deceuninck - Quick-Step dann clever seine zahlenmäßige Überlegenheit aus.

Rund 2,5 Kilometer vor dem Ziel ging Stybar in die Offensive und zwang so die Konkurrenten zur Reaktion. Die erfolgte prompt durch Team Ineos, ehe Bennett, kurz bevor der Tscheche gestellt wurde, auf den letzten 500 Metern antrat und an Stybar vorbeizog. Doch der zweimalige Etappengewinner hatte die Rechnung ohne Gilbert gemacht, der 300 Meter vor dem Ziel zu Bennett aufschloss und den völlig ausgepumpten Irischen Meister förmlich stehen ließ, um sich seinen zweiten Tageserfolg bei einer Spanien-Rundfahrt zu sichern.  

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