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23.03.2018 | (rsn) - Über Jahre hin stellten die Klassiker einen der Saisonhöhepunkte für Katusha-Alpecin dar. Nachdem Kapitän Alexander Kristoff aber zu dieser Saison das Team verließ, haben sich die Prioritäten vorschoben. Dennoch rechnet sich der Sportliche Leiter Torsten Schmidt auch 2018 einiges für seine Equipe aus. Zum einen baut er auf eine Garde von jungen Fahrern, angeführt von Nils Politt. Zum anderen will Tony Martin sich weiterhin auf dem Pavé beweisen. Im Interview mit radsport-news spricht Schmidt über die neue Herangehensweise an die Klassiker, die Vorbereitung des viermaligen Zeitfahrweltmeisters Martin und was er von Nils Politt erwartet.
Herr Schmidt, mit Alexander Kristoff ist der Klassiker-Kapitän gegangen, gekommen ist Top-Sprinter Marcel Kittel. Die Struktur im Team hat sich dadurch verändert. Was bedeutet das für die Klassiker?
Torsten Schmidt: Kristoff und Kittel sind natürlich beide schnelle Sprinter, aber dann doch unterschiedlich. Von Kristoff konnten wir nicht erwarten, dass er wie Kittel die ganz schnellen Flachetappen gewinnt. Genauso wenig können wir von Kittel erwarten, dass er bei der Flandern-Rundfahrt gewinnt. Da haben sich unsere Prioritäten verschoben. Trotzdem haben wir motivierte Fahrer für die Klassiker, die für Überraschungen gut sind. Allerdings können wir jetzt nicht mehr sagen, wir fahren auf Sieg, wie das in den vergangenen Jahren mit Kristoff oder Paolini möglich war. Wir sind schon zufrieden, wenn wir gute Ergebnisse einfahren. Da sind wir realistisch eingestellt.
Kann der Abgang von Kristoff bei den Klassikern nicht auch positive Effekte auf andere Fahrer haben?
Schmidt: Wir können nun anderen Fahrern Chancen einräumen. Mit einem klaren Kapitän geht das nicht, da müssen sich alle unterordnen. Sicherlich haben wir auch jetzt eine Strategie für die Rennen, aber man muss jetzt nicht mehr ausschließlich nach dem Kapitän gucken, sich an ihm orientieren oder ihm zuarbeiten. Nun können Fahrer wie Nils Politt und Rick Zabel in große Gruppen gehen und im Finale für sich fahren. Das wäre im vergangenen Jahr mit Kristoff kaum möglich gewesen, da hätten wir ihnen gesagt, Kristoff ist noch hinten, ziehe nicht voll durch.
Einen besonderen Status wird dennoch Tony Martin einnehmen?
Schmidt: Martin bekommt auf jeden Fall Unterstützung. Seine Werte, die Rennen, die er vorher gefahren ist, das passt alles. Und er ist gesund. Es gibt eine Hierarchie und eine Strategie im Team. Die ist aber nicht so ausgelegt, dass wir nur einen Leader haben. Politt und Zabel sind Tirreno - Adriatico und Mailand - Sanremo gefahren und haben ebenfalls die nötige Kondition, um hinten heraus nach 200 Kilometern noch da zu sein. Auch Baptiste Planckaert ist toll gefahren und war sehr fleißig. Er ist Vierter geworden bei De Panne und war auch bei Nokere Koerse unter den ersten Zehn. Das Team ist gut aufgestellt. Es fehlt nur ein klarer Leader.
Martin sollte Paris-Roubaix aber eher entgegenkommen als Flandern?
Schmidt: Bei Flandern kommt es für Tony auf den Rennverlauf an. Für ihn wäre eine große Gruppe gut, um dem Stress und den vielen Positionskämpfen zu entgehen. Von seinen fahrerischen Fähigkeiten her kommt ihm das Terrain bei Roubaix aber natürlich mehr entgegen. Das sah man bereits bei seinem Tour-de-France-Etappensieg vor drei Jahren.
Täuscht es, oder hat er sich schon sehr Paris-Roubaix verschrieben?
Schmidt: Im vergangenen Jahr sah ich ihn zum ersten Mal bei Paris-Roubaix und er war am Ende mega enttäuscht. Er hatte die Beine und sich hundertprozentig auf das Rennen vorbereitet. Als es 50 Kilometer vor dem Ziel zur Sache ging, war er bei den richtigen Leuten dabei. Aber ein Defekt in der wichtigen Phase, und du bist raus. Er hätte im Prinzip nichts besser machen können, außer vielleicht nicht über den Stein zu fahren, der da lag. Aber natürlich hat er weiter das Ziel, bei Roubaix vorne anzukommen.
Gab es Veränderungen in der Vorbereitung auf die Klassiker für Martin?
Schmidt: Er ist ein bisschen später in die Saison gestartet. Im vergangenen Jahr in Valencia hatte er relativ früh einen Peak, nun ist er Tirreno - Adriatico mit Marcel Kittel anstatt Paris - Nizza gefahren, was beiden gut getan hat. Sonst gab es keine großen Veränderungen. Im Training ist er mit Trainer Sebastian Weber mehr auf kürzere und intensivere Sachen gegangen, um noch Kleinigkeiten herauszukitzeln. Wenn man über Jahre fast durchweg lange Zeitfahren und Etappen von vorne fährt, geht natürlich ein wenig die Spritzigkeit verloren.
Ist dabei das Zeitfahren zu sehr aus seinem Fokus geraten?
Schmidt: Er ist diese Saison zwei Zeitfahren in der Algarve und bei Tirreno gefahren. Tirreno war natürlich nicht so gut. Das haben wir besprochen und analysiert, da sind paar Sachen zu verändern. Er wird im Zeitfahren aber weiter kämpfen und gute Platzierungen anvisieren. Ich glaube nicht, dass er jetzt sagt, dass es das mit dem Zeitfahren für ihn war.
Reden wir noch kurz über Nils Politt, wie beurteilen Sie seine Entwicklung?
Schmidt: Nils hat noch einmal einen Schritt nach vorne gemacht. Das ist sehr schön zu sehen. Auch für die Klassiker ist er jetzt noch mal einen Schritt weiter, vor allem, da er gesund geblieben ist und die Rennen bekommen hat, die er braucht. Außerdem ist sein Heimtrainer Robert Pawlowski nun auch sein Teamtrainer. Der Austausch zwischen ihm, seinem Trainer und der sportlichen Leitung ist sehr eng. Bei Rennen wie dem E3 Harelbeke oder Dwars Door Vlaanderen sehe ich ihn im Finale. Nicht unbedingt im Finale, wo es um den Sieg geht, aber im Finale, wenn sich die Favoritengruppe bildet. Da erwarte ich ihn und dann muss man sehen, wie weit es für ihn gehen kann.
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