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06.01.2018 | (rsn) - Nach seinen ersten beiden Profijahren, in denen er durch schwere Verletzungen und Erkrankungen immer wieder zurückgeworfen wurde, will Max Walscheid in der kommenden Saison auf hohem Niveau erfolgreich sein. Am Rande der Teampräsentation in Berlin sprach der zwei Meter große Sprinter mit radsport-news.com über seine Entwicklung, über Lernprozesse und was es braucht, um auf WorldTour-Niveau Siege einfahren zu können.
Die vergangene Saison war von Erkrankungen durchzogen. Haben Sie eine Erklärung, woran das lag?
Max Walscheid: Ich mache ja Leistungssport schon, seit ich denken kann, in verschiedenen Sportarten, und da hatte ich nicht das Problem, dass ich regelmäßig krank war. Ich denke, Anfang letzten Jahres war es einfach Pech, die erste Saisonhälfte war inkonstant mit verschiedenen Infekten von Magen-Darm bis Bronchitis. Die zweite Saisonhälfte war dann ab der DM konstant - bis auf die Polen-Rundfahrt, die ich vorzeitig abbrechen musste. Aber ansonsten hatte ich wenige Rückschläge zu verkraften und es hat sich gezeigt, dass ich von Monat zu Monat immer besser gefahren bin. Das ist auch das Ziel für 2018: Wir versuchen wenig zu experimentieren, viele Dinge richtig zu machen und mich langfristig aufzubauen, damit wir durch eine gesunde vernünftige Basis möglichst gute Ergebnisse erzielen.
Hat sich in der Saisonvorbereitung etwas verändert?
Walscheid: Ich habe das Training insofern strukturiert, als dass wir versuchen, große Schwankungen zu vermeiden. Ich habe dadurch weder extreme Belastungswochen noch komplette Ruhewochen. Es geht darum, dass ich über einen langen Zeitraum in einer guten Verfassung bin. Ich denke auch, dass das für meinen Sprinter-Typ natürlich ist, da ich bei vielen Rennen eine relativ gute Form brauche, um überhaupt durchzukommen. Andererseits kann ich auch Rennen im Sprint gewinnen, wenn ich mal in nicht so guter Verfassung ist. Das Ziel ist, mich bei möglichst vielen Rennen in guter Verfassung an den Start zu bringen. Insofern versuchen wir, die Saison ausgeglichen zu strukturieren.
Könnten Ihre gesundheitlichen Probleme noch Nachwehen vom schweren Unfall Anfang 2016 gewesen sein?
Walscheid: Das kann schon etwas Langfristiges sein. Ich hatte in der U23 auch nicht das allerbreiteste Rennprogramm, bin nicht ständig lange Rundfahrten gefahren. Mein erstes Profijahr (2016) war für mich mehr oder weniger nicht so richtig existent. Und wenn man dann im zweiten Jahr ein komplettes WorldTour-Programm fährt, dann ist das etwas, womit Körper erstmal umgehen muss.
Das Team hat das Motto "Creating Memories“ - was war Ihr erinnerungswürdigster Moment des vergangenen Jahres?
Walscheid: Für mich persönlich war der Etappensieg in Dänemark sehr schön. Den konnte ich auch mit meinem Trainer zusammen feiern. Wir haben alle teaminterne Trainer und meiner, Morten Bennekou, ist Däne. Er hat uns bei der Dänemark-Rundfahrt betreut, und mich auch schon zuvor immer sehr eng begleitet, gerade im Jahr 2016 mit all den Problemen in Folge meines Beinbruchs und der Lungenentzündung. Er hat sich über den Sieg sehr gefreut und ich habe mich auch sehr darüber gefreut, dass ich ihn als Sportlichen Leiter im Begleitauto dabei hatte. Aber auch die Hammerserie in Limburg war sehr schön, als wir ein extrem gutes Teamergebnis im Zeitfahren (Sieg auf der 3. Etappe, d. Red.) erzielt haben. Da hat man wieder einmal gemerkt, dass Radsport eine Mannschaftssportart ist.
Und wie war es, als Michael Matthews, der Gewinner des Grünen Trikots der Tour de France, Ihnen zum Ausklang der WorldTour-Serie bei der Tour of Guangxi die Sprints angezogen hat?
Walscheid: Das war eine große Ehre für mich. Ich wusste schon, dass ich in Guanxi der Sprintkapitän sein würde, aber ich wusste nicht, mit welchem Team wir da hin fahren. Als Michael mitgekommen ist, hat mich das sehr gefreut, weil er ein sehr starker Fahrer ist und man auf jeden Fall von ihm noch etwas lernen kann. Im Gegensatz zu vielen anderen Rennen, wo ich mit brachialer Gewalt gewinnen konnte, war es in Guanxi so, dass ich gegen die Besten der Besten sprintete. Wenn (Fernando) Gaviria und (Caleb) Ewan am Start sind, dann muss man seinen Sprint optimal timen. Gerade über die Feinabstimmung habe ich mit Michael in den ersten Tagen viel gesprochen, und war dann mit zwei zweiten Plätzen sehr nah dran am Sieg. Da konnte ich, was das Training angeht, oder das Sprinttiming, wo er mich noch beraten hat, auf alle Fälle Dinge mitnehmen.
Wie sah das konkret aus - gab Matthews Kommandos im Sprint?
Walscheid: Nein, das nicht. Wenn ich Sprinter bin, gebe ich auch zu 100 Prozente die Anweisungen. Wir haben im Nachhinein die Videos zusammen analysiert. Und da konnten wir zum Beispiel sehen, dass ich auf der 3. Etappe, als ich Zweiter geworden war, einfach 20 Meter früher hätte antreten müssen, weil ich den höheren Top Speed hatte. Das sind Kleinigkeiten und Nuancen, die man im Rennen so nicht mitbekommt. Man fährt mit über 70 km/h auf der Zielgeraden und denkt sich: "Das war jetzt knapp daneben.“ Aber wenn man das später analysiert, kann man genau sehen, ob man früher oder später hätte losfahren sollen.
Muss man als junger Sprinter dieses Gefühl, zum richtigen Zeitpunkt loszusprinten, erst entwickeln?
Walscheid: Ich denke, was das Sich-Bewegen im Feld oder generell die Abstimmung im Sprint angeht, bin ich taktisch schon relativ weit. Und das Team will auch von mir, dass ich da in die Verantwortung gehe und die Kommandos übernehme. Aber etwa die Nuance, ob man ein Sprinterloch oder vielleicht kurz noch eine Lücke zum Vordermann lässt, um aus dem Sprinterloch dann noch rauszufahren, die lernt man nur, wenn man das extrem häufig macht. Und das lernt man auch nur bei Sprints auf WorldTour-Niveau und nicht darunter.
Welche Ziele haben Sie für dieses Jahr?
Walscheid: Ich habe nicht das eine Ziel, für das ich arbeite, aber ich werde verschiedene Chancen vom Team bekommen, die ich in Resultate und Siege ummünzen möchte - am liebsten natürlich in Siege.
Wo beginnt die Saison für Sie?
Walscheid: Ich fange bei der Oman-Rundfahrt an und habe danach ein relativ hartes Frühjahr. Beispielsweise wieder mit der Katalonien-Rundfahrt, wo es darum geht, die Form zu sammeln. Die erste Aprilwoche ist für mich dann wieder sehr wichtig, mit Scheldepreis und Paris-Roubaix.
Sie sagten, Ihr Traum sei der Etappensieg am letzten Tag der Tour auf den Champs Elysées. Könnte das schon dieses Jahr klappen?
Walscheid: Nein, da bin ich realistisch, das wird schwer. Da gehe ich nicht davon aus, aber das ist auch für mich in Ordnung, weil man nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen sollte. Ich denke, trotz des schlechten Beginns (der Profikarriere) mit Unfall, mit Lungenentzündung, mit anderen kleinen Erkrankungen, waren es doch zwei sehr gute Jahre. Ich freue mich, dass ich jetzt zwei weitere Jahre mit dem Team zusammen arbeite. Die Perspektive stimmt, und ich versuche jetzt, möglichst viele gute Ergebnisse einzufahren. Der Rest kommt dann von selbst.
Die Tour in diesem Jahr steht noch nicht an?
Walscheid: Dieses Jahr sicher noch nicht. Aber langfristig schon.
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