Sieben Nationalteams am Start

Retro-avantgardistische Momente bei der Tour de San Luis

Von Tom Mustroph aus San Luis

Foto zu dem Text "Retro-avantgardistische Momente bei der Tour de San Luis"
Weltmeister Peter Sagan (re.) und seine Teamkollegen im Training zur Tour de San Luis | Foto: Cor Vos

20.01.2016  |  (rsn) - Die Tour de San Luis mutet in manchen Aspekten wie eine Zeitreise in frühere Radsportepochen an. So sind alle Mannschaften im gleichen Hotel untergebracht - ein Umstand, den zu alten Friedensfahrtzeiten schon manchen Profi aus Westeuropa ganz sentimental werden ließ. An die ganz alten Tour de France-Zeiten, als den Fahrern keinerlei Hilfe von Mechanikern erlaubt war, erinnert der Umstand, dass der Sieger von 2009, der einheimische Radamateur Alfredo "El Flaco" Lucero, nach jeder Etappe noch selbst sein Rad putzte. "Mechaniker? Wie sollten wir die denn bezahlen?", erzählte er lachend radsport-news.com am Rande der aktuellen Rundfahrt, an der er ebenfalls teilnimmt. Nun immerhin mit Mechaniker; allerdings wegen eines kürzlich überstandenen Schlüsselbeinbruchs mit recht wenig Aussichten auf eine Wiederholung des damaligen Überraschungserfolgs.

Ein weiterer Retro-Aspekt ist die Teilnahme von insgesamt sieben Nationalmannschaften. Die meisten kommen aus Lateinamerika. "Für uns ist es eine tolle Sache, Stars wie Peter Sagan, Vincenzo Nibali oder Nairo Quintana von Nahem zu sehen. Wir können sehr viel von ihnen lernen, wie man sich im Rennen verhält, aber auch in den ganzen Details der Organisation", sagte der Chilene Marcos Arriagada radsport-news.com.

Arriagada, mehrfacher Zeitfahrmeister seines Landes und Sieger der Chile-Rundfahrt, lernte schon in der Vergangenheit so gut, dass er 2011 auch die Tour San Luis gewann, trotz Konkurrenz wie Movistar oder Liquigas. Allerdings wurde er wenige Monate nach seinem Sieg in San Luis bei der Chile-Rundfahrt 2011 mit Anabolika im Körper erwischt. Einen legalen Vorteil hatte er auch: Damals durften Nationalmannschaften bis zu zehn Mann aufbieten, während den Profirennställen nur sechs Startplätze zustanden.

Inzwischen herrscht in Sachen Mannschaftsgröße Waffengleichheit. Sechs Startplätze für jedes Team, egal ob WorldTour-Rennstall oder kubanische Nationalmannschaft. Auf die Nationalteams will die Tour de San Luis auch in Zukunft nicht verzichten. "Es ist eine gute Methode, Talente aus Ländern, in denen keine so gute Infrastruktur wie etwa bei uns besteht, nach vorn zu bringen. Man hat ja gesehen, was das im Falle Kolumbiens brachte. Das ist jetzt eine der stärksten Radsportnationen überhaupt", meinte Orlando Maini, Chef des italienischen Traditionsrennstalls Lampre-Merida.

Die Idee mit den Nationalmannschaften ist so geschickt, dass auch eine große europäische Radsportnation auf den Geschmack gekommen ist: Italien nämlich. "Wir sind jetzt schon zum zweiten Mal hier. Das Rennen ist perfekt. das Klima ist gut, es gibt Berge, sie sind aber nicht zu schwer", erzählte Marino Amadori, sportlicher Leiter der Italiener. "Wir haben einige U23-Fahrer hier und mit Filippo Pozzato und Elia Viviani zwei ganz erfahrene Leute. Von den beiden können unsere jungen Fahrer sich viel abgucken", meinte Amadori.

Aber auch für die beiden Cracks bringt der Auftritt Vorteile.Pozzato, sichtlich schlanker geworden, bereitet sich mit dem frühen Wettkampfbeginn auf eine Saison vor, in der er es allen noch einmal zeigen will. Und Viviani, im letzten Jahr WM-Medaillengewinner im Omnium und im Madison, ist vor allem im Hinblick auf die Bahn-Wettbewerbe bei den Olympischen Spielen im Fokus der Nationaltrainer. "Wir sind mit Team Sky im ständigen Gespräch, wie wir die gemeinsamen Ziele auf Bahn und auf der Straße realisieren können. Für uns ist es gut, mehr Zeit mit Viviani zu haben", sagte Amadori.

Viviani, immerhin Etappensieger beim Giro, selbst berichtete radsport-news.com, dass es keine Probleme mit Sky gab, ihn für dieses Rennen abzustellen: "Bei der Tour Down Under wäre ich ohnehin nicht dabei gewesen. Es hätte also nur Training gegeben. Wettkampf ist besser. Und für Sky hat es den Vorteil, dass ich zur Dubai Tour dann schon mit sieben Wettkampftagen in den Beinen komme."

Eine Win-Win-Situation also für beide Seiten. Wer mit seinem Nationalteam mehr bewegen will als nur zur Straßen-WM zusammenzuhocken und vor allem auf Synergien zwischen Bahn und Straße aus ist, für den sind Rennen wie die Tour de San Luis wie geschaffen.

Mehr Informationen zu diesem Thema

24.02.2016"Den deutschen Radsport aus dem Dornröschenschlaf wecken"

(rsn) - Am Donnerstag präsentiert das Team Stölting Service Group im Düsseldorfer Kesselhaus sein Aufgebot für die Saison 2016. Wie es der neuformierte deutsche Zweitligist (s. Team-Vorstellung) i

23.02.2016Das russische Sportsystem ist absurd

(rsn) - Russland gibt 20 Millionen Euro allein für das Profi-Team Katusha aus – und muss wegen finanzieller Probleme alle seine Rennen aus dem internationalen Kalender nehmen. Das zeigt vor allem e

15.02.2016Ciolek: "Das ganze Jahr über gut und konkurrenzfähig sein"

(rsn) - Drei Jahre nach seinem Sieg bei Mailand-Sanremo fängt Gerald Ciolek beim deutschen Zweitligisten Team Stölting Service Gruop fast noch mal von vorne an. Mit radsport-news.com sprach der 29-j

23.01.2016Jorge Bravo: Der Über-Jensie aus Uruguay

(rsn) - An die Kategorie Ü40 hat man sich bei großen Rundfahrten inzwischen gewöhnt. Bei der Tour San Luis fordert aber ein Mann die Herren Nibali, Quintana, Majka und Sagan heraus, der stramm auf

21.01.2016"El Flaco" schlug Basso auf einem Secondhand-Alu-Rahmen

(rsn) - Bei der Tour de San Luis ist vieles möglich, sogar, dass ein Amateur auf einem gebraucht erworbenen Rad mit Alu-Rahmen und Karbonrädern ausgerüstete Profis besiegt.Alfredo "El Flaco" Lucero

20.01.2016Robert Förster: "Irgendwann muss man mal den Stecker ziehen"

(rsn) - 43 Siege, darunter Etappenerfolge beim Giro und der Vuelta, sowie unzählige Podiumsplätze gelangen Robert Förster in seiner Profikarriere. In die Herzen der Radsport-News-Leser schrieb er s

19.01.2016Die Tour de San Luis in Argentinen beschreitet neue Wege

(rsn) - Die Sonne brennt, der Asphalt flimmert, und der Mann, der aus seinem Handkarren eisgekühlte Getränke verkauft, findet reißenden Absatz. Bei der Tour de San Luis macht sich nicht nur des Som

Weitere Radsportnachrichten

12.05.2024Kooj gewinnt in Neapel Sprint-Krimi vor Milan

(rsn) – Olav Kooij (Visma – Lease a Bike) hat auf der 9. Etappe des 107. Giro d’Italia seinen ersten Tagessieg bei einer Grand Tour gefeiert. Der 22-jährige Niederländer entschied nach 214 Kil

12.05.2024Buchmann erneut kurz vorm Ziel abgefangen - diesmal von Poels

(rsn) – Wie schon an der ersten Bergankunft beeindruckte Emanuel Buchmann (Bora – hansgrohe) auch auf der alles entscheidenden 5. Etappe der 45. Tour de Hongrie (2.Pro). Er musste auf den letzten

12.05.2024Vollering stürmt mit 30-km-Solo am letzten Tag ins Gelbe Trikot

(rsn) – Mit einem Solo über gut 30 Kilometer hat Demi Vollering (SD Worx – Protime) am letzten Tag der 3. Itzulia Women (2.WWT) ihrer Teamkollegin Mischa Bredewold das Gelbe Trikot noch abgenomme

12.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 9. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

12.05.2024Sarnowski fehlen 100 Meter zum ersten UCI-Sieg

(rsn) – Tillman Sarnowski (Embrace The World) hat beim GP de la Ville d`Oran (1.2) in Algerien sein erstes UCI-Podium in einem Eliterennen eingefahren. Der 19-Jährige, 2022 Gesamtsieger der U19-

12.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

11.05.2024Highlight-Video der 8. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Die 8. Etappe des 107. Giro d´Italia hätte eine für kletterstarke Ausreißer sein können. Entsprechend groß war der Kampf um die Plätze in der Spitzengruppe zu Beginn und entsprechend

11.05.2024Geschke und Steinhauser beeindrucken in glückloser Gruppe

(rsn) – Zwei Deutsche haben die 8. Etappe des Giro d´Italia quer durchs Apennin in Richtung Bergankunft in Prati di Tivo maßgeblich mitgeprägt: Simon Geschke (Cofidis) und Georg Steinhauser (EF E

11.05.2024Flachetappe in die Hauptstadt der Pizza-Liebhaber

(rsn / ProCycling) – Die Verbindung der Rennorganisatoren RCS mit Neapel scheint in den letzten Jahren besonders eng geworden zu sein. Zum dritten Mal in Folge schlägt der rosa Zirkus seine Zelte i

11.05.2024Teamkollegen überredeten Pogacar, im Apennin auf Sieg zu fahren

(rsn) - Normalerweise sagt im Radsport der Kapitän, wann und wie er auf Sieg fahren will. Das ist sicher auch bei Tadej Pogacar und seinem UAE Team Emirates so. Mit dem Unterschied, dass die Mannscha

11.05.2024Sturz in Spitzengruppe raubte Santic - Wibatech die Siegchance

(rsn) - Bei der Silesian Classic (1.2), einem neuen UCI-Eintagesrennen in Polen, hätte sich das deutsche Team Santic - Wibatech beinahe den Premierensieg gesichert. Nach 160 Kilometern fuhren die be

11.05.2024Flèche du Sud: Rüegg auf Podiumskurs, Rapp und Peter lauern

(rsn) - Das 18,6 Kilometer lange Einzelzeitfahren des Flèche du Sud (2.2) hat nur wenig Veränderungen im Gesamtklassement gebracht. Pim Ronhaar (Baloise - Trek Lions) behauptete seine Gesamtführu

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • Boucles de l´Aulne (1.1, FRA)
  • Boucles de l´Aulne (1.1, FRA)
  • Flèche du Sud (2.2, LUX)
  • Tour d´Algérie (2.2, DZA)