Mein Radsport-Ereignis 2014

Fabio Aru - Kletterspezialist in Pantanis Fußstapfen

Von Guido Scholl

Foto zu dem Text "Fabio Aru - Kletterspezialist in Pantanis Fußstapfen"
Fabio Aru (Astana) nach seinem Sieg auf der diesjährigen 18. Vuelta-Etappe. | Foto: Cor Vos

23.12.2014  |  (rsn) – Zum Jahresabschluss schildern die Mitglieder der Redaktion von Radsport News ihr Radsport-Ereignis 2014. Guido Scholl erklärt in seinem Beitrag, warum ihn Fabio Aru an Marco Pantani erinnert und weshalb er dem Italiener zutraut, schon im kommenden Jahr die „Großen Vier" herauszufordern.

Die Entdeckung des Jahres ist für mich eindeutig der Italiener Fabio Aru (Astana). Da erwarteten die Tifosi eigentlich von Vincenzo Nibali Großtaten – die der später ja auch ablieferte – doch dessen junger Teamkollege fuhr beim Giro d’Italia beinahe aus dem Nichts auf den dritten Gesamtrang. Die Parallelen zum Kletterkönig Marco Pantani drängen sich förmlich auf.

Zwar wird in Italien nahezu jeder aufstrebende Stern am Bergfahrerhimmel zum möglichen neuen Pantani stilisiert. In Arus Fall gibt es aber mehrere Gründe, warum der Vergleich – zumindest sportlich betrachtet – nicht hinkt. Der 24-Jährige nutzte eine Phase, in der es um den eigentlichen Team-Kapitän ruhig blieb, zum kometenhaften Aufstieg. Im Frühjahr 2014 machte sich mancher Beobachter wegen Nibalis verkorkster Klassiker-Saison ernsthafte Sorgen um den „Hai von Messina“. Und ausgerechnet dann war Aru zur Stelle und rettete Astana den wichtigen Giro.

Wie war das noch bei Pantani gewesen? Dessen Kapitän im Carrera-Team hieß 1994 Claudio Chiappucci, doch „El Diabolo“ sah bei der Italien-Rundfahrt jenes Jahres mal wieder alt aus gegen die ausländische Konkurrenz. Gegen Ende des Giro fuhr Pantani aus dem Schatten Chiappuccis und brachte sogar Miguel Indurain ins Wanken – der ihm folgerichtig den Vortritt auf dem Podium lassen musste und nur Dritter wurde. Übrigens auch, weil Pantani sich in einem Bergzeitfahren überraschend gut schlug.

Genau das tat auch Aru beim Giro. Vielleicht noch höher einzustufen als sein sensationeller Etappensieg am Montecampione (wo auch Pantani einst gewann) war der Auftritt beim Bergzeitfahren am Monte Grappa. Nur 17 Sekunden büßte der Italiener auf den überragenden Nairo Quintana (Movistar) ein. Damit stieß Aru aufs Podest vor und brachte sogar den Gesamtzweiten, Rigoberto Uran (Omega Pharma-Quick Step), in Bedrängnis.

Was bei Aru außerdem an Pantani erinnert, ist seine leidenschaftliche und unerschrockene Fahrweise. Nach einem so starken Giro hätte sich manch anderer Nachwuchs-Star möglicherweise den Rest der Saison zurückgehalten. Nicht aber Aru, der die für die Italiener traditionell nicht ganz so bedeutende Vuelta a Espana nutzte, um ein weiteres dickes Ausrufezeichen zu setzen. Bei der letzten großen Rundfahrt des Jahres gewann er zwei Bergetappen und wurde Gesamtfünfter.

Der Mann hat einfach Spaß am Radfahren auf höchstem Niveau, so scheint es. Sobald es in die Berge geht, dreht Aru automatisch auf. Und von großen Namen lässt sich der Sarde – wie einst „il Pirata“ – schon gar nicht beeindrucken: Quintana, Chris Froome, Alberto Contador, Rigoberto Uran, Alejandro Valverde, Cadel Evans, Joaquin Rodriguez, Pierre Rolland, Rafal Majka - abgesehen von Nibali und den Franzosen Romain Bardet und Jean-Christophe Peraud (Ag2r) hat es Aru in der Saison 2014 mit der gesamten Rundfahrer-Elite aufgenommen. Und die genannten Stars auch alle mindestens einmal hinter sich gelassen.

Aru – und allen italienischen Radsportfans – ist zu wünschen, dass er wirklich nur im Hinblick auf seine Kletterqualitäten und seine Fahrweise in die Fußstapfen Pantanis tritt. Dann dringt er möglicherweise schon 2015 in die illustre Riege der derzeitigen Ausnahme-Rundfahrer (Contador-Froome-Nibali-Quintana) vor und mischt dieses Quartett gehörig auf. Ohnehin erscheint dieser prognostizierte Vierkampf eine Konstellation von gestern zu sein. Quintana und Aru sind nahezu gleich alt, beide werden im kommenden Jahr 25. So alt wie Tour-Bergkönig Rafal Majka (Tinkoff-Saxo) bereits ist. Gar nicht unwahrscheinlich, dass diesem Trio in 2015 weitaus mehr Aufmerksamkeit zu widmen ist als Froome, Nibali und Contador.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

02.01.201510 000 Kilometer auf dem Rad - und (fast) keiner hat´s gemerkt

(Ra) - Zum Jahresabschluss schildern die Mitglieder der Redaktion von Radsport News/Radsport aktiv ihr Radsport-Ereignis 2014. Wolfgang Preß zeigt sich beeindruckt von der  "für einen Normal-Radle

29.12.2014Aller guten Dinge sind drei!

(rsn) - Zum Jahresabschluss schildern die Mitarbeiter der Redaktion von Radsport News ihr Radsport-Ereignis 2014. In seinem Gastbeitrag erklärt Eurosport-Experte Andreas Schulz, weshalb Daniel Martin

24.12.2014Tourteufel in großer Not

(rsn) - Zum Jahresabschluss schildern die Mitglieder der Redaktion von Radsport News ihr Radsport-Ereignis 2014. Ein Erlebnis, dass sie in den letzten 12 Monaten besonders berührt hat. Unser Mitarbei

24.12.2014Race Horizon Park - ein sportliches Fest in Kiew

(rsn) – Zum Jahresabschluss schildern die Mitglieder der Redaktion von Radsport News ihr Radsport-Ereignis 2014. Unser ukrainischer Mitarbeiter Denis Trubetskoy berichtet über ein Rennen in der Hau

22.12.2014Flandern ist im Frühjahr eine Reise wert

(rsn) – Zum Jahresabschluss schildern die Mitglieder der Redaktion von Radsport News ihr Radsport-Ereignis 2014. In seinem Beitrag schreibt Christoph Adamietz über ein verlängertes Radsport-Woche

22.12.2014Ein Sizilianer in Gelb - Nibalis Meisterstück

(rsn) – Zum Jahresabschluss schildern die Mitglieder der Redaktion von Radsport News ihr Radsport-Ereignis 2014. In seinem Beitrag erinnert sich Thomas Goldmann an den Tour de France-Sieg von Vincen

19.12.2014Nix mit WiFi, nix mit Internet, nix mit Kwiatkowski

(rsn) – Zum Jahresabschluss schildern die Mitglieder der Redaktion von Radsport News ihr Radsport-Ereignis 2014. Wolfgang Brylla, der für uns vor allem über den polnischen Radsport schreibt, beric

18.12.2014Andy Schleck - Rücktritt im besten Rennfahreralter

(rsn) – Zum Jahresabschluss schildern die Mitglieder der Redaktion von Radsport News ihr Radsport-Ereignis 2014. Den Anfang macht Sebastian Lindner, der über den Rücktritt von Andy Schleck schreib

Weitere Radsportnachrichten

04.06.2025Bauhaus kommt nicht mehr an Groenewegen vorbei

(rsn) - Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) hat zum Auftakt der 31. Slowenien-Rundfahrt (2.Pro) knapp seinen ersten Saisonsieg verpasst. Der 30-jährige Kölner musste sich auf der 1. Etappe über 168,

04.06.2025Kanter: “Das war mein bisher erfolgreichster Giro“

(rsn) – Nach seinem vierten Giro d’Italia gönnte sich Max Kanter noch einen Tag “Sightseeing“ in der “Ewigen Stadt“. Am Sonntag hatte der XDS-Astana-Sprinter in Rom auf der abschließende

04.06.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die w

03.06.2025Kudus gibt in Slowenien Comeback nach vier Monaten

(rsn) - Merhawi Kudus wird am Mittwoch bei der Tour of Slovenia (2.Pro) ins Peloton zurückkehren. Der Eritreer, der am 2. Februar beim Grand Prix La Marseillaise in einer Abfahrt schwer gestürzt war

03.06.2025Evenepoel-Coach sieht seinen Schützling stärker als vor einem Jahr

(rsn) – Remco Evenepoel ist Anfang Juni 2025 vor seinem Start beim Critérium du Dauphiné (2.UWT) am kommenden Sonntag besser in Form, als Anfang Juni 2024. Das hat sein Trainer Koen Pelgrim in ein

03.06.2025Belgien schickt komplette Delegation zur WM nach Ruanda

(rsn) - Der Belgische Radsportverband wird an den Straßen-Weltmeisterschaften vom 20. bis 29. September in Ruanda in allen Kategorien - von Junioren und Juniorinnen über die U23 bis zur Elite - teil

03.06.2025Bauhaus in Slowenien Road Captain und Sprinter zugleich

(rsn) –18 Tage nach seinem krankheitsbedingten Ausscheiden bei der Ungarn-Rundfahrt (2.Pro) kehrt Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) am Mittwoch ins Renngeschehen zurück und will bei der fünftägig

03.06.2025Groenewegen und Großschartner die Favoriten für Sprint und Berg

(rsn) – Mit der Tour of Slovenia (2.Pro) beginnt am Mittwoch die erste der verschiedenen ´Vorbereitungs-Rundfahrten´ für die Tour de France. Das fünftägige Event, das bislang Mitte Juni ausgetr

03.06.2025Jakobsen hofft nur noch ganz leise auf den Tour-Start

(rsn) – Fabio Jakobsen (Picnic – PostNL) ist seit knapp zwei Wochen wieder auf dem Rad unterwegs und trainiert – zuletzt auch auf Teneriffa. Doch ob der 28-jährigen Niederländer, der Ende Mär

03.06.2025Gee: “Toll, dass es noch viel Verbesserungspotential gibt“

(rsn) – Zwei Jahre nachdem er als Ausreißerkönig mit vier zweiten Etappenplätzen zum Shootingstar des Giro d´Italia 2023 geworden ist, hat Derek Gee (Israel – Premier Tech) bei seiner zweiten

03.06.2025Groves in Philipsens Leadout zur Tour de France?

(rsn) – Ein Etappensieg sowie zwei zweite und zwei fünfte Plätze: Die Ausbeute von Kaden Groves (Alpecin – Deceuninck) in den Massensprints des Giro d´Italia hätte natürlich noch besser sein

02.06.2025Tour of Britain Women im Rückblick: Die letzten 10 Jahre

(rsn) - Die Tour of Britain Women zählt zu den prestigeträchtigen Rundfahrten des internationalen Rennkalenders. Erstmals 2014 ausgetragen, stieg das Rennen 2016 in die Women´s World Tour auf. RSN

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour du Cameroun (2.2, CMR)
  • Mercan Tour Classic (1.1, FRA)
  • Tour of Lithuania (2.2, LTU)
  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)
  • Tour of Slovenia (2.Pro, SLO)