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19.09.2025 | (rsn) – Es ist Februar 2022. In Ruanda steht zum 14. Mal die Landesrundfahrt an, die seit jeher die Einheimischen begeistert, im internationalen Radsportkalender aber nur eine Nebenrolle einnimmt. Auf dem Weg dorthin ist auch Miguel Heidemann. An der Seite von Pierre Rolland und Axel Laurance will er für B&B Hotels – KTM an den Start gehen, erstmals in Afrika ein professionelles Radrennen bestreiten. Doch daraus wird nichts, am Flughafen von Kigali ist Schluss für ihn. Heidemann wird bei einer routinemäßigen Kontrolle positiv auf Covid getestet und daraufhin in ein Quarantänehotel gesperrt.
Dreieinhalb Jahre später unternimmt Heidemann den nächsten Anlauf, die Einreise gelingt problemlos. Der kleine Rückschlag von damals ist längst verdaut. “Die Erinnerungen sind so, dass ich gesagt habe, ich will unbedingt zurück“, sagt er RSN am Telefon. Die Freude über die Rückkehr ist ihm anzumerken. Hätte wieder irgendetwas nicht funktioniert, es wäre deutlich schmerzhafter gewesen. Denn diesmal ist der 27-Jährige nicht für die Tour du Rwanda angereist, sondern für die –Straßen-Weltmeisterschaften. Seit Dienstagabend ist er im Land, bereit sich auf seine Starts vor.
___STEADY_PAYWALL___ Heidemann nimmt als einziger Deutscher bei den Elite Männern alles mit, was geht: Einzelzeitfahren, Mixed-Staffel, Straßenrennen. Sein Fokus liegt dabei auf den Wettbewerben im Kampf gegen die Uhr. “Es ist schon eine extrem schwierige Strecke“, befindet er nach dem ersten Training vor Ort - im fließenden Verkehr. “Das war schon eine Erfahrung. Ein urbaner Parcours mit super viel Verkehr, 60 Prozent Motorräder, sehr stockend. Und das ganze häufig auf drei Spuren. Man darf keine Angst haben, dass man mal von einem Motorrad berührt wird“, sagt er, ohne das allzu kritisch zu sehen. “Es ist ein bisschen wie im Feld fahren.“
Als viel größeres Problem – zumal im Rennen ohnehin alles abgesperrt sein wird – stellt sich die Frage der Übersetzung dar. “Mein Hauptgedanke war: Welche Kettenblatt fahre ich? So steil wie es bergauf geht, geht es auch wieder runter. Da muss man ein bisschen rechnen, was sich mehr lohnt.“ Weitere Herausforderungen: “Man merkt schon, dass man auf 1600 Metern ist und man auch nicht viel tiefer kommt. Das wird beim Pacing eine Rolle spielen. Genau wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Wir sind hier in den Tropen. Da waren Herz- und Atemfrequenz beim ersten Training schon ein wenig höher als in Deutschland.“
Bei der Straßen-WM in Zürich 2024 belegte Miguel Heidemann Platz 20 im Einzelzeitfahren. | Foto: Cor Vos
Wie sich das auf seine Leistung auswirken wird, kann Heidemann noch nicht sagen. “Ich weiß, dass ich mit Höhe ganz gut klarkomme. Aber in Kombination mit den anderen Faktoren kann ich es nicht sagen. Ich bin noch nie in den Tropen Rad gefahren, habe keine Erfahrungswerte. Es ist aber für alle gleich, deswegen stresst mich das nicht so sehr.“
Hochgradig individuell ist dagegen ein anderes Thema: Impfungen und andere Prophylaxe-Behandlungen. Wie in vielen anderen afrikanischen Staaten spielen auch in Ruanda Gelbfieber und Malaria eine große Rolle. “Ich bin der Wissenschaft zugewandt und habe kein Problem damit, mich impfen zu lassen“, sagt Heidemann, der aber auch weiß: “Keine Wirkung ohne Nebenwirkung. Und um sportliche Höchstleistungen zu erbringen, muss man dann abwägen. Wir haben zwei Ärzte hier, die uns bei der Risikoabschätzung helfen.“
Der Haken an der Sache: Die endgültige Kadernominierung ist in vielen Fällen wesentlich kurzfristiger als der Vorlauf, den es bräuchte, damit entsprechende Behandlungen dann auch Wirkung zeigen, wenn es drauf ankommt. Da ist sozusagen prophylaktische Prophylaxe gefragt. “Das ganze Thema ist für mich aber nur eine geringe Sorge. Ich bin freiwillig hier und weiß, dass ich mich einem gewissen Restrisiko aussetze.“
Nicht nur aus medizinischer Sicht. “Ich habe mir vorher viele Gedanken gemacht und mich eingelesen, aber ich bin ehrlicherweise gar nicht dazu in der Lage, mir da abschließend eine Meinung zu bilden.“ Heidemann, der sich selbst als politischen Menschen bezeichnen würde, spricht vom kongolesisch-ruandischen Konflikt. Die Kurzfassung: Ruanda und seinem umstrittenen Staatspräsidenten Paul Kagame wird von Kritikern vorgeworfen, Rebellen im Osten der westlich angrenzenden Demokratischen Republik Kongo zu unterstützen. Diese Rebellen und ihre Unterstützer werfen wiederum dem Kongo vor, die Bevölkerungsgruppe der Tutsi auslöschen zu wollen. Im Grunde ist der seit Jahrzehnten andauernde Konflikt ein Kampf zweier Ethnien.
In der Mixed-Staffel bildete Heidemann in Zürich gemeinsam mit Maximilian Schachmann (vorn) und Marco Brenner (hinten) das deutsche Männertrio. In Kigali wird keiner der beiden dabei sein. | Foto: Cor Vos
Dass Ruanda nun die Rad-WM ins Land geholt hat und dafür Millionen ausgegeben hat, verzeichnen vieler unter dem seit einigen Jahren immer häufiger werdenden Sportswashing-Begriff: sportliche Großereignisse, um das Image aufzupolieren. Heidemann weiß das, weiß auch, dass das EU-Parlament im Frühjahr die Absage der WM in Ruanda forderte, als es Sanktionen gegen das Land beschloss. “Für mich persönlich habe ich die politische Situation und die Leute hier vor Ort voneinander getrennt. Das sind die Ambivalenzen des Lebens: Man kann das eine schlecht finden und die Kultur und die Menschen trotzdem cool“, sagt er.
Das ist auch der Grund, warum Heidemann unbedingt nach Ruanda zurückkehren wollte, “nicht nur wegen einem Radrennen.“ Er freut sich diebisch, als er das sagt, verweist auch auf einen Abenteuercharakter der Reise. “Ich bin ja schon recht weit rumgekommen auf der Welt. Und außer einer deutschen Sichtweise sagt man das ja recht häufig, aber: Die Menschen hier sind alle super entspannt und unfassbar freundlich.“
Ein Beispiel: “Wenn der Polizist, der dir bei der Einreise den Stempel in den Pass drückt, dich die ganze Zeit angrinst, weil er sich freut, dass du da bist. Es fällt mir wirklich schwer zu verstehen, wie man sich so sehr darüber freuen kann, das andere Menschen da sind.“ Heidemann meint das ausnahmslos positiv.
Zudem verweist er auf die Gastfreundschaft, die ihresgleichen sucht. Deswegen ist er auch davon überzeugt, dass die Atmosphäre während der Rennen eine besondere sein wird. “Schon während der Tour of Rwanda, die ich damals hier im Lokalfernsehen schauen konnte, standen die Leute in Dreierreihen an den Strecken. Und wenn ich jetzt hier mit Leuten auf der Straße oder vom Hotel geredet habe, sagen die, dass es hier sieben Tage lang Feiertage gibt, wenn die WM da ist“, erzählt er. “Das öffentliche Leben wird lahmgelegt, weil wir jetzt alle zusammen Radrennen gucken, sagen sie. Ich weiß nicht, ob es wirklich so wird, aber ich glaube schon, dass es nochmal ein anderes Level als in Australien (2022) oder letztes Jahr in Zürich wird.“
Im WM-Teamzeitfahren von Zürich musste sich die deutsche Mixed-Staffel (li.) dem australischen Sextett nur um Sekundenbruchteile geschlagen geben. | Foto: Cor Vos
Große Menschenansammlungen stellen in der aufgeheizten Stimmung dieser Tage auch immer ein Gefahrenpotenzial dar. “Wahrscheinlich fehlen mir Informationen, um die Sache für mich abschließend beurteilen zu können. Aber ich denke, in dem Fall müssen wir Fahrer uns auch mal hinter die UCI stellen können, darauf vertrauen, dass sie mehr weiß als wir und hoffen, dass sie schon wissen, was sie tun“, sagt Heidemann zum Thema Sicherheit. “Und so doof das vielleicht klingt, aber auch in Europa sind wir davor ja nicht gefeit.“ Die Vuelta lässt grüßen.
Zurück zum Sportlichen. “Wenn alles klappt und ich mich gut akklimatisiere, dann bin ich eigentlich ganz zuversichtlich“, sagt der Zeitfahrspezialist über seinen ersten Einsatz, bei dem jeder auf sich gestellt sein wird. Natürlich geht es für Heidemann nicht um Gold, Silber oder Bronze. “Aber ich will auf alle Fälle ein paar WorldTour-Fahrer hinter mich lassen“, so der Mann vom deutschen Kontinental-Team Rembe – rad-net. “Das zweite Ziel, dass ich hatte, lässt sich ja leider gar nicht mehr angehen.“ Bester Deutscher wollte er werden. Aber da Maximilian Schachmann krankheitsbedingt passen muss, niemand nachnominiert wurde und der zweite Startplatz für German Cycling so unbesetzt bleibt, kann sich Heidemann mit niemandem aus dem eigenen Lager messen.
Bei seinen bisherigen beiden Einzelstarts in WM-Zeitfahren belegte Heidemann jeweils den 20 Platz. 2022 in Wollongong war Nikias Arndt besser, Schachmann in der Schweiz vor einem Jahr etwas langsamer. Deutlich erfolgreicher waren seine Auftritte in der Mixed-Staffel: Holzmedaille 2022, ein Jahr später war es Bronze, in der Vorsaison Silber. Setzt sich die Reihe fort, kann es in Kigali nur ein Resultat geben. “Und ich denke, das sollte auch unsere Motivation sein. Meine ist es in jedem Fall“, sagt Heidemann über eine mögliche Goldmedaille. “Ob es dann wirklich für ganz oben reicht, werden wir sehen. Es ist aber die einzige Medaille, die mir noch fehlt. Bei den Europameisterschaften habe ich den Satz schon komplett.“ Die knappe Kiste aus dem Vorjahr, als Deutschland nur um einen Sekundenbruchteil Gold verpasste, hängt dabei nicht mehr nach. “Das hatte ich schon an dem Abend wieder vergessen, weil ich mich einfach so sehr über Silber gefreut habe.“
Bei der Straßen-WM in Ruanda wird Heidemann (hier im Trikot von Rembe – rad-net) in allen drei Wettbewerben antreten. | Foto: Cor Vos)
Für den neuerlichen Angriff auf die am hellsten glänzende Medaille ist das Fehlen von Schachmann aber schon ein erster Dämpfer, schließlich war der Deutsche Zeitfahrmeister nach einem weniger guten Einzelzeitfahren im Team eine echte Bank. Doch mindestens mal aus Zweckoptimismus sagt Heidemann nun: “Ich würde jetzt auf keinen Fall schon von einem Rückschlag sprechen wollen. Ich mache mir eigentlich keine Sorgen, wenn ich an unsere U23 denke.“
Denn die wird einspringen müssen, weil auch für die Staffel kein Nachrücker eingeflogen wird. Paul Fietzke oder Louis Leidert kommen infrage. “Leistungsmäßig fehlt uns da nichts. Vielleicht sind sie in den spezifischen Themen beim Mannschaftsfahren noch nicht ganz so weit. Also saubere Wechsel und das konstante Halten der Linie.“
Wie auch immer die Sache in Kigali ausgehen wird: Miguel Heidemann wird die gut anderthalb Wochen in Ruanda, die für ihn mit einer Helferrolle im Straßenrennen enden werden, in Erinnerung behalten. Und so, wie es den Anschein hat, eher in guter.
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