RSNplusHerzog Sieger im Duell der zukünftigen Teamkollegen

Mit dem härtesten Sprint des Lebens ins Regenbogentrikot

Von Peter Maurer aus Wollongong

Foto zu dem Text "Mit dem härtesten Sprint des Lebens ins Regenbogentrikot"
Emil Herzog ist erst der dritte deutsche Juniorenweltmeister in der Geschichte. | Foto: Cor Vos

23.09.2022  |  (rsn) - Die Befreiung war Emil Herzog anzumerken, als er sich im langen Sprintduell gegen den Portugiesen Antonio Morgado im Straßenrennen der Junioren durchsetzte und Deutschlands erste Goldmedaille bei diesen Weltmeisterschaften im australischen Wollongong holte. Mit einem lauten Jubelschrei überfuhr der Allgäuer die Ziellinie, nachdem er sich erst auf den letzten Metern an seinem Kontrahenten vorbeigeschoben hatte.

___STEADY_PAYWALL___

"Das war der härteste Sprint meines Lebens", erklärte der frischgebackene Titelträger und schnaufte nochmals durch: "Jetzt bin ich wohl Weltmeister." Als erst dritter Deutscher nach Holger Löw 1996 und Jonas Bokeloh 2014 krönte sich der 17-Jährige zum Goldmedaillengewinner in der jüngsten Alterskategorie.

"Ich habe das noch immer nicht realisiert. Man merkt aber schon, dass es was ganz Besonderes ist", erzählte der junge Deutsche gegenüber radsport-news.com. Damit krönte er seine erfolgreiche Saison 2022 mit dem größtmöglichen Sieg. Schon im April gewann er den Giro di Primavera in Italien, holte sich die Gesamtwertung der Cottbuser Junioren-Etappenfahrt, gewann die Junioren-Friedensfahrt und die schwere Ain Bugey Valromey Tour in Frankreich. Im Straßenrennen wurde er Deutscher Meister, im Einzelzeitfahren holte er bei den Weltmeisterschaften als auch bei den Europameisterschaften die Bronzemedaille. Auch beim Grand Prix Rüebliland in der Schweiz führte kein Weg am Allgäuer vorbei.

Emil Herzog (r.) und Antonio Morgado freuen sich über ihre Medaillen. | Foto: Cor Vos

"Ich habe heuer so hart gearbeitet, nun hat sich alles ausgezahlt", strahlte er weiter. Die gesamte Zeit in Australien strahlte einer der Topfavoriten auf den Titel die absolute Gelassenheit aus. "Er war wie immer, war gechillt und gut drauf. Nervosität merkte man ihm nie an", erinnerte sich Teamkollege Matteo Groß, der gemeinsam mit dem neuen Weltmeister in der Juniorenmannschaft von Bora – hansgrohe, dem Team Auto Eder fährt. "Ich war mir sicher, dass ihm der Kurs liegt, und der Regen spielte ihm in die Karten", erklärte Groß weiter.

Denn der technisch gut ausgebildete Herzog, der nicht nur auf der Straße äußerst erfolgreich ist, sondern auch im Mountainbikesport, war immer wieder in den Abfahrten ganz vorne zu finden und kaum einer seiner Kontrahenten konnte das Hinterrad des 1,83 Meter großen Juniors halten, wenn es bergab ging. Während des ganzen Rennes sah man den Allgäuer, der einen richtig guten Tag erwischte, immer wieder aktiv und weit vorne im Feld.

Gleiches Team im nächsten Jahr für die Goldsprint-Duellanten

Nur eine Aktion sorgte für ein paar Sorgenfalten auf seiner Stirn vor dem Spurt. Nämlich als sich am Ende der vorletzten Runde sein späterer Sprintgegner Morgado aus der Spitzengruppe im Alleingang absetze. Doch als es das letzte Mal den Mount Pleasant hinaufging, löste sich der Deutsche von seinen Kontrahenten und reduzierte langsam den Vorsprung des Portugiesen.

Auf den letzten Kilometern schloss er dann auf, nach ein wenig Trash-Talk einigten sich die beiden auf ein finales Sprintduell auf der Zielgeraden in Wollongong: "Ich verstehe mich ziemlich gut mit ihm, wir sind befreundet und werden auch von der gleichen Agentur betreut. Er sagte mir, dass er schon Krämpfe hat, aber als ich fragte, ob er noch sprintet, antwortete er mit ja. Also habe ich ihn gebeten noch eine Führung zu nehmen."

Die beiden Medaillengewinner Herzog (l.) und Morgado fahren im nächsten jahre beide für das amerikanische Team Hagens Berman Axeon. | Foto: Cor Vos

Bei jedem anderen Rennen hätte Herzog wohl vorzeitig das Handtuch geworfen

Seite an Seite ging es also in die Schlussgerade für die beiden, die im nächsten Jahr im US-amerikanischen Nachwuchsteam Hagens Berman Axeon Teamkollegen sein werden. "Nach 135 Kilometern kannst du nicht davon ausgehen, der stärkere Sprinter zu sein. Es geht schon mehr darüber, wer noch am wenigsten müde ist. Deshalb habe ich es 1.000 Meter vor dem Ziel probiert, ich habe es aber nicht geschafft ihn loszuwerden", erinnerte sich der 17-Jährige.

Schon früh eröffnete Morgado den Sprint, was auch Herzog zur Reaktion zwang. Lange Zeit sah es dann so aus, als würde sich der Portugiese gegen den Deutschen durchsetzen können, doch 15 Meter vor dem Ziel gelang ihm der sportliche Turn-Around. "Nach fünf Sekunden im Sprint habe ich mir gedacht, hey wann hört der endlich auf zu spurten", so Herzog, der dann auch schon die Müdigkeit des langen Rennes fühlte. "Bei jedem anderen Rennen hätte ich wohl aufgegeben, ich hatte das Laktat schon hoch stehen, aber bei der WM musst du bis zum Ende fighten", gestand der junge Deutsche.

"Irgendwann hat er dann nachgelassen und dann war es so weit", blickte er auf die finale Entscheidung zurück, als er auf den letzten Metern noch am Portugiesen vorbeischoss. Erleichtert fiel er dann seinen Betreuern in die Arme. Freudestrahlend präsentierte er dann sein Regenbogentrikot und die Goldmedaille bei der Siegerehrung und überzeugte in den Interviews danach sogar mehrsprachig. Denn Herzogs Vater stammt aus Frankreich und daher spricht der 17-Jährige auch fließend Französisch, wobei er die Pressekollegen dann abschließend ein wenig enttäuschte bei der Frage nach seinen zukünftigen Zielen: "Ich mag einwöchige Rundfahrten, aber die Tour de France werde ich nicht gewinnen. Dafür bin ich ein zu schwerer Fahrer."

Mehr Informationen zu diesem Thema

11.01.2023Pedersen: “Ich wusste, dass Evenepoel allen davonfahren würde“

(rsn) – Nach seinen drei Etappensiegen und dem Gewinn des Grünen Trikots der Vuelta a Espana wurde Mads Pedersen (Trek – Segafredo) auch als einer der Favoriten für die im Anschluss an die Spani

14.12.2022Lefevere: “Remco kann noch besser werden“

(rsn) – Nach einer grandiosen Saison mit dem Triumph bei Lüttich-Bastogne-Lüttich, dem Gesamtsieg bei der Vuelta a Espana und dem Gewinn des Regenbogentrikots bei der Straßen-WM in Wollongong ste

13.12.2022Streit im Hotel: Richter hebt Urteil gegen van der Poel auf

(rsn) – Freispruch erster Klasse für Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck): Der Niederländer hat das Berufungsverfahren zu dem Vorfall bei der Straßen-WM in Wollongong gewonnen. Der zustÃ

03.10.2022Il Piccolo Lombardia: Segaert schlägt U23-Weltmeister Fedorov

(rsn) – Als zweiter Belgier nach Harm Vanhoucke (2016) hat Alec Segaert (Lotto Soudal Development) den Il Piccolo Lombardia (1.2.U) gewonnen. Der Vize-Weltmeister im U23-Zeitfahren ließ dabei nach

29.09.2022UCI gesteht Probleme bei der Angabe von Zeitabständen

(rsn) – Peter van den Abeele, Sportdirektor des Radsport-Weltverbandes UCI, hat in einem Gespräch mit Sporza eingeräumt, dass in Sachen Abstandsangaben bei den Straßen-Weltmeisterschaften im aust

28.09.2022WM-Punkte retten BikeExchange im Kampf um die WorldTour

(rsn) – Die Chancen von Lotto Soudal im Kampf um eine WorldTour-Lizenz für die nächsten drei Jahre sind weiter gesunken. Zwar konnte das belgische Team in der vergangenen Woche, in erster Linie

27.09.2022Van der Poel: “Ich hätte das nicht tun sollen“

(rsn) - Mathieu van der Poel und Remco Evenepoel kehrten im selben Flieger von Australien nach Europa zurück. Während der 22-jährige Belgier allerdings am Flughafen in Brüssel als Weltmeister empf

27.09.2022Wird aus Weltmeister Herzog auch ein erfolgreicher Profi?

(rsn) – Am Sonntag endeten die Weltmeisterschaften von Wollongong mit dem Sieg von Remco Evenepoel im Straßenrennen der Männer. Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) konnte zufrieden mit fünf Mal Ed

26.09.2022Van der Poel verurteilt und auf der Heimreise

(rsn) – Mathieu van der Poel ist auf dem Weg nach Hause. Das ist für den Niederländer aber auch schon die einzige gute Nachricht am Ende einer katastrophalen WM-Woche in Australien, die ihren Tief

26.09.2022U23-Frauen: “Race-in-Race“ sorgte für Chaos

(rsn) – Durch die Einführung der Mixed Staffel, die im Programm die beiden Teamzeitfahren ersetzte, sank ab 2019 die Anzahl der WM-Wettbewerbe von zwölf auf elf. Bei den Straßen-Weltmeisterschaf

26.09.2022Schmids Medaillentraum platzte auf der Zielgeraden

(rsn) – Für das Schweizer Team endete das WM-Straßenrennen in Wollongong mit zwei Resultaten in den Top 20. Sowohl Mauro Schmid als auch Stefan Küng fanden sich im Finale in jener Gruppe wieder,

25.09.2022Van Aert: “Hat genau so funktioniert wie geplant“

(rsn) - Remco Evenepoel hat sich im australischen Wollongong mit einem beeindruckenden Solo den Weltmeistertitel gesichert. Hinter dem Belgier ging es im Kampf um die weiteren Medaillen turbulent zu,

Weitere Radsportnachrichten

26.11.2024Ehemaliger Giro-Achter Hagen steigt vom Rad

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

26.11.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

26.11.2024Monreal: “...und eine Stunde später hatten wir die Einladung“

(rsn) – Für Lotto Kern-Haus – PSD Bank trägt die Development-Partnerschaft mit Ineos Grenadiers bereits Früchte. Wie Team-Manager Florian Monreal gegenüber RSN mitteilte, habe man bereits Einl

26.11.2024Vaughters kontert Prudhomme: “Sie schieben Fahrern die Schuld zu“

(rsn) – Jonathan Vaughters hat in der Sicherheitsdiskussion Äußerungen von Tour-Chef Christian Prudhomme zum Anlass genommen, um den Franzosen scharf zu kritisieren. Prudhomme hatte bei der Genera

26.11.2024Van Gils und Lotto - Dstny vor einvernehmlicher Vertragsauflösung?

(rsn) – Maxim Van Gils und Lotto – Dstny steuern auf eine einvernehmliche vorzeitige Vertragsauflösung zu. Darüber berichtet die gewöhnlich gut informierte belgische Tageszeitung Het Laatste Ni

26.11.2024Ruser: “Cross muss wie Bahn und Straße gefördert werden“

(rsn) – Keine zehn Jahre ist es her, da stand Deutschland im Nationen-Ranking der UCI im Cyclocross auf Rang drei. Von 2014 bis 2017 war man fast ununterbrochen die dritte große Querfeldein-Kraft i

26.11.2024Visma-Neuzugang Behrens mit Teamkollegen auf Ardennentour

(rsn) – Neoprofi Niklas Behrens hat mit seinen neuen Teamkollegen von Visma – Lease a Bike Klassikerterrain erkundet. Im strömenden Regen legte der U23-Weltmeister gemeinsam unter anderem mit Wou

25.11.2024Giro und Vuelta: Quintana verzichtet auch 2025 auf die Tour

(rsn) - Nairo Quintana wird auch 2025 nicht die Tour de France bestreiten und stattdessen wie schon in der abgelaufenen Saison den Giro d´Italia und die Vuelta a Espana fahren. Das sagte der 34-jähr

25.11.2024Pröpster nach TCL-Auftakt in Paris: “Das war Schadensbegrenzung“

(rsn) – Alessa-Catriona Pröpster hat beim Auftakt der Track Champions League auf der Olympia-Bahn von Saint-Quentin-en-Yvelines nicht an ihre überragenden Auftritte aus dem Vorjahr anschließen kÃ

25.11.2024Bei der Tour nah dran: Siegeshunger ist noch nicht gestillt

(rsn) – Rund 9500 Kilometer, verteilt auf 65 Renntage, die er wiederum bei sieben Rundfahrten und acht Eintagesrennen absolvierte und bei denen er 153 UCI-Punkte für sein Team einsammelte: Das sind

25.11.2024Laufprobleme: van Aerts Cross-Start Ende Dezember gefährdet?

(rsn) – Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) wird laut einer Meldung der belgischen Zeitung Het Laatste Nieuws sein Saisondebüt auf dem Crossrad möglicherweise noch weiter verschieben müssen, B

25.11.2024Auch “der andere Behrens“ trumpft mehr und mehr auf

(rsn) – Wer im Radsport den Namen “Behrens“ hört, denkt vermutlich an U23-Weltmeister Niklas Behrens, der bis zum Ende des Jahres noch bei Lidl – Trek Future Racing unter Vertrag steht und da

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine