Drei Wochen Tour de France im Rückblick

Große Emotionen, große Sieger und große Dramen

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Mark Cavendish (li.) und Tadej Pogacar auf dem Podium der Tour de France 2021 | Foto: Cor Vos

19.07.2021  |  (rsn) – Mit der traditionellen Abschlussetappe auf der Avenue des Champs-Élysées endete am Sonntag in Paris die 108. Austragung der Tour de France. Erneut sorgte die Frankreich-Rundfahrt für viel Gesprächsstoff. Wir fassen die wichtigsten Momente zusammen.

26. Juni: Gleich die erste Etappe endete mit einem steilen Finale, an dem sich Frankreichs Nationalheld Julian Alaphilippe (Deceuninck – Quick Step) mit einem unwiderstehlichen Antritt das Maillot Jaune sicherte. Der Auftakt war aber von zwei schweren Massenstürzen überschattet, mehr als das halbe Fahrerfeld war davon schwer gezeichnet. Besonders hart getroffen war mit Jasha Sütterlin (Team DSM) einer der zwölf deutschen Fahrer. Nach nur 150 gefahrenen Kilometern war für ihn das Frankreich-Abenteuer mit einem verletzten Handgelenk beendet.

27. Juni: Auch der zweite Tag in der Bretagne war Stürzen, regnerischem Wetter und einem emotionalen Sieg geprägt. Mit einem Fingerzeig gen Himmel überquerte Mathieu van der Poel (Alpecin – Fenix) die Ziellinie an der Mur de Bretagne und dachte dabei an seinen verstorbenen Großvater Raymond Poulidor. Was dieser nicht schaffte, gelang seinem Enkel. Mit seinem Sieg sauste der Debütant in das Maillot Jaune. Als er dies über Funk mitgeteilt bekam, brach der Niederländer in Tränen aus.

28. Juni: Wieder waren es die Stürze, die große Schockmomente produzierten. So erwischte es den Tourzweiten des vergangenen Jahres, Primoz Roglic (Jumbo – Visma), der in Begleitung seiner Teamkollegen sich schwer angeschlagen in das Ziel schleppte und Tage später aufgrund der erlittenen Verletzungen aussteigen musste. Im Finale stürzte dann Caleb Ewan (Lotto – Soudal) im Sprint und der neben ihm fahrende Peter Sagan (Bora – hansgrohe) flog über den Australier. Während für Ewan die Tour sofort beendet war, schleppte sich der dreimalige Weltmeister aus der Slowakei noch bis zur 12. Etappe, ehe auch er das Handtuch warf. Jubeln konnte an diesem Tag nur das Team Alpecin – Fenix, das mit Tim Merlier einen weiteren Sieg feiern konnte und mit van der Poel die Gesamtführung verteidigte.

29. Juni: Am Tag zuvor hatte sich Mark Cavendish (Deceuninck – Quick Step) noch zurückgehalten aus dem Sprint, der ihm zu gefährlich erschien. Auf der 4. Etappe sorgte er nach 150 Kilometer dann für einen Paukenschlag. Nach zwei Jahren Tour-Absenz kehrte Cavendish triumphal zurück. Nach einem starken Sprint jubelte der Brite über seinen 31. Etappensieg bei der Frankreich-Rundfahrt und übernahm auch das Grüne Trikot, das er bis Paris nicht mehr abgeben sollte. Zum traurigen Helden des Tages avancierte der Belgier Brent Van Moer (Lotto Soudal), der als Solist wenige Meter vor der Ziellinie vom heransprintenden Feld noch gestellt wurde.

30. Juni: Das 27,2 Kilometer lange Zeitfahren in der Mayenne sollte für die ersten Unterschiede im Klassement sorgen. Mit einem Schnitt von 51 km/h holte sich Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) den Sieg. Der Slowene unterstrich damit ganz klar seine Ambitionen, seinen Titel zu verteidigen. Und auch, wenn er das Gelbe Trikot noch nicht übernahm, stürmte er in die Favoritenrolle, weil er seinen härtesten Gegnern teilweise mehr als eine Minute abnehmen konnte.

1. Juli: Am 1. Juli 2008 ging in Chateauroux der Stern von Mark Cavendish auf. Der Brite gewann dort seine erste Touretappe und war auch 2021 eine Klasse für sich. Nach seinem überraschenden Sieg zwei Tage zuvor bestätigte der Mann von der Isle of Man, dass er bei dieser Austragung der Topsprinter sein würde. Mit seinem erneuten Erfolg eröffnete Cavendish auch die Jagd auf den Allzeitrekord von Eddy Merckx. Der Kannibale aus Belgien gewann in seiner Karriere 34 Touretappen. Mit dem Sieg in Chateauroux trennten Cavendish nur mehr zwei Siege vom fünfmaligen Gesamtsieger.

2. Juli: Die längste Etappe der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt über 249,1 Kilometer entwickelte sich zur wohl abwechslungsreichsten seit Jahren. Denn nach 50 Kilometern löste sich eine größere Gruppe vom Feld, darunter befand sich mit van der Poel auch der Träger des Maillot Jaune. Gemeinsam mit seinem ewigen Cross-Kontrahenten Wout Van Aert (Jumbo – Visma) setzte er das Team von Pogacar gehörig unter Druck. Am Ende war aber Pogacars Landsmann Matej Mohoric (Bahrain – Victorious) erfolgreich, van der Poel wehrte am Ende noch den Angriff Van Aerts auf sein Gelbes Trikot ab und baute seinen Vorsprung gegenüber Pogacar auf knapp vier Minuten aus.

3. Juli: Der erste Alpentag endete mit einer Vorentscheidung im Kampf um die Gesamtwertung. Während der Belgier Dylan Teuns (Bahrain – Victorious) in Le Grand-Bornand als Etappensieger jubeln durfte, versetzte Pogacar seine Kontrahenten in Schockstarre. Schon am vorletzten Berg ging der Slowene in die Offensive und holte im Alleingang fast die gesamte Fluchtgruppe ein. Hinter ihm kämpften dahinter seine Gegner zunehmend verzweifelt, um den Rückstand einigermaßen im Rahmen zu halten. Am Ende waren es über drei Minuten, die Pogacar seinen direkten Kontrahenten abnahm. Damit schlüpfte er auch in das Maillot Jaune und gab es bis Paris nicht mehr her.

4. Juli: Die Königsetappe in den Alpen Alpen wurde von vielen Ausreißern dominiert. Am Ende erreichte der Australier Ben O’Connor (AG2R Citroën) den Skiort Tignes mit einem Vorsprung von mehr als fünf Minuten. Der 25-jährige Tourdebütant meldete sich damit zurück in den Kampf um das Podium in Paris, nachdem er zwischenzeitlich sogar virtuell im Gelben Trikot fuhr. Dahinter kontrollierte Pogacar seine Gegner und reduzierte den Vorsprung des Australiers, so dass es vor dem Ruhetag zu keinem Wechsel in der Spitzenposition kam.

Cavendish stellt den Merckx-Rekord ein

6. Juli: Die Überführungsetappe von Albertville nach Valence wurde erneut zur Angelegenheit für die Sprinter und Cavendish landete seinen dritten Etappensieg bei dieser Tour. Sein Team agierte im windanfälligen Finale souverän und platzierte seinen Sprinter ideal, auch wenn der Brite auf den letzten Metern fast noch von Van Aert abgefangen worden wäre. In einer Abfahrt kam es erneut zu einem Massensturz, der das Ausscheiden von Simon Yates (BikeExchange) und Roger Kluge (Lotto Soudal) zur Folge hatte.

7. Juli: Auf der vielleicht spektakulärsten Etappe der diesjährigen Tour musste der Mont Ventoux gleich zweimal bezwungen werden. Obwohl sich viele kletterstarke Fahrer in der Ausreißergruppe befanden, war es am Ende der Belgische Meister Van Aert, der den bis dahin größten Sieg seiner Karriere einfuhr. Am zweiten Anstieg hinauf zum kahlen Provence-Riesen löste er sich aus der Spitzengruppe und jagte eine Minute vor seinen Verfolgern über den Gipfel. Dahinter brachte sein Teamkollege Jonas Vingegaard erstmals den Träger des Gelben Trikot in Schwierigkeiten. Mit Hilfe der Südamerikaner Richard Carapaz (Ineos Grenadiers) und Rigoberto Uran (EF Education Nippo) holte Pogacar den Dänen aber wieder ein.

8. Juli: Gleich nach dem Start bildete sich auf dem Weg nach Nimes eine größere Spitzengruppe um die beiden Kölner “Trainingstiere“ Nils Politt (Bora – hansgrohe) und André Greipel (Israel Start-Up Nation). Im Finale verkleinerte Politt mehrmals die Ausreißergruppe und setzte sich wenige Kilometer vor dem Ziel als Solist ab, um den ersten und einzigen deutschen Etappensieg bei dieser Tour unter Dach und Fach zu bringen.

9. Juli: Noch nie gab es in der Tourgeschichte in Carcasonne einen Massensprint. Diesmal kam es anders. Cavendish gab nach erneut perfekter Vorbereitung durch seinen Anfahrer Michael Morkov im Finale alles und siegte hauchdünn - vor seinem Teamkollegen. Mit seinem vierten Etappensieg egalisierte Cavendish zudem den für die Ewigkeit geschaffenen Tour-Rekord von Eddy Merckx.

10. Juli: Die ersten Tage in den Pyrenäen standen ganz im Zeichen der Ausreißer. Auf der 14. Etappe war es der Niederländer Bauke Mollema (Trek - Segafredo), der mit einem langen Solo seine Fluchtkollegen düpierte und in Quillan vor dem Österreicher Patrick Konrad (Bora – hansgrohe) siegte. Für die US-amerikanische Mannschaft war es der erste Tour-Erfolg seit 2018, damals konnte John Degenkolb die Roubaix-Etappe für sich entscheiden.

11. Juli: Während sich die Favoriten auf der windigen Bergetappe zum einzigen Auslandsziel der diesjährigen Tour neutalisierten, sauste vorne der US-Amerikaner Sepp Kuss ausgerechnet in seiner Wahlheimat Andorra zu seinem ersten Etappensieg. Am Col de Beixalis löste er sich im Steilstück von seinen starken Kontrahenten und feierte in Andorra la Vella nach 191,3 Kilometer als Solist den Tageserfolg vor Altmeister Alejandro Valverde (Movistar).

Die Woche der Slowenen und das Wochenende des Wout Van Aert

13. Juli: Den besten Start in die dritte Woche erwischte ein Österreicher. Mit seinem Sieg in Saint-Gaudens schrieb Patrick Konrad ein Stück rot-weiß-roter Sportgeschichte, denn zuvor konnten sich nur Max Bulla und Georg Totschnig als Etappensieger aus der Alpenrepublik in die Geschichtsbücher der Tour eintragen. Am vorletzten Berg, dem Col du Portet d’Aspet, attackierte der Bora-Profi aus einer kleinen Ausreißergruppe heraus und siegte mit einer Minute Vorsprung.

14. Juli: Am Bastille-Tag wartete eine schwere Bergetappe auf das Peloton. Der französische Nationalfeiertag endete aber nicht mit dem erhofften Sieg eines Franzosen. Stattdessen konnte der Träger des Gelben Trikots bis auf Vingegaard und Carapaz abschütteln alle seine Gegner. Den finalen Sprint auf 2.209 Metern entschied Pogacar dann für sich und durfte damit erstmals im Maillot Jaune über einen Etappensieg jubeln.

15. Juli: Angetrieben von der Nachführarbeit seiner Mannschaft holte sich Pogacar auch die Etappe Nummer 18, die in Luz Ardiden endete. Erneut war es der Dreikampf zwischen ihm, Vingegaard und Carapaz, den der Slowene für sich entschied und sich damit seinen dritten Tageserfolg sicherte.

16. Juli: Nach einem langen Kampf mussten die Sprinterteams an der drittletzten Etappe dann doch die Ausreißer ziehen lassen. Am Ende stand dann der dritte slowenische Tagessieg in Folge. Auf einer der letzten Wellen nützte Matej Mohoric clever Nils Politts unfreiwillige Vorarbeit und löste sich von den Verfolgern. Während keiner sich mit dem Deutschen die Nachführarbeit teilen wollte, stampfte der Slowenische Meister mit großem Gang zu seinem zweiten Tagessieg bei dieser Tour und kam dabei auf einen Schnitt von fast 48 km/h, obwohl die Fahrer den ganzen Tag mit Gegenwind zu kämpfen hatten.

17. Juli: Nachdem er sich schon eine Bergetappe sichern konnte, fehlte Van Aert noch ein Sieg im Zeitfahren. Diesen holte sich der Belgier in souveräner Manier auf der vorletzten Etappe. Als Etappenachter machte Pogacar den zweiten Toursieg in Folge klar, und das im zarten Alter von 22 Jahren.

18. Juli: Mit seinem Sieg auf den Champs Élysées machte Van Aert das Triple aus Bergetappe, Zeitfahren und Sprint perfekt. Der Belgier hatte im Finale in Paris die schnellsten Beine und gewann vor seinem Landsmann Jasper Philipsen (Alpecin – Fenix) und Cavendish, der damit zum zweiten Mal in seiner Karriere das Grüne Trikot gewinnen konnte, den alleinigen Etappenrekord jedoch verpasste.

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