Von der Rolle zum Sieg auf dem Pflaster

Haymans größter Tag in Roubaix

Von Peter Maurer

Foto zu dem Text "Haymans größter Tag in Roubaix "
Mathew Hayman bejubelt 2016 seinen größten Karriereerfolg im Radstadion von Roubaix | Foto: Cor Vos

11.04.2020  |  (rsn) - Vor fast genau vier Jahren war Mathew Hayman die Sensation im Velodrom von Roubaix. Der 38-Jährige vermasselte den fünften Erfolg von Tom Boonen. Eigentlich hätte sich der Belgier zum alleinigen König des Pflasterspektakels 2016 krönen können, doch mit einer der größten Überraschungen in der Geschichte der Königin der Klassiker ging der Sieg an den Australier, der aus der Gruppe des Tages übrig blieb war und die großen Favoriten im Radstadion niedersprintete.

Unvergessen sind die Jubelbilder Haymans und seiner damaligen Mannschaft Orica-GreenEdge, heute Mitchelton-Scott, dessen dritten Monumentsieg er holte, nachdem Simon Gerrans 2012 Mailand-Sanremo und 2014 Lüttich-Bastogne-Lüttich gewonnen hatte. Doch damit, dass Hayman den Pflasterstein gewinnen könnte, damit rechnete wirklich keiner in seinem Team. "Das war das Jahr, in dem ich die geringste Chance hatte, gut abzuschneiden", erklärte der mittlerweile 41-Jährige in einem Interview auf der Website des Weltradsportverbandes UCI. Im Januar letzten Jahres beendete er seine Karriere.

Denn der Weg zum Erfolg im Norden Frankreichs führte über einen Sturz und dem damit erzwungen Auslassen der Vorbereitungsrennen. Auf den Straßen von Omloop Het Nieuwsblad war der erfahrene Australier so gefallen, dass er das Rennen nicht mehr fortsetzen konnte. Mit Schmerzen im rechten Arm ging es ins Krankenhaus, die Untersuchung zeigte einen Bruch der Hand. "Die Ärzte erklärten mir, dass ich sechs Wochen nicht auf der Straße fahren darf", erinnerte sich der Australier, der dann im Kopf nachrechnete: "Das Ende der Pause wäre damit einen Tag vor Roubaix gewesen."

Doch auch sein damaliger Teamarzt erklärte ihm, dass er wohl sein Lieblingsrennen nicht werde in Angriff nehmen können: "Er sagte mir, weißt du, Roubaix ist nicht Mailand-Sanremo. Es gibt ja den zusätzlichen Stress mit dem Kopfsteinpflaster." Ein herber Schlag für Hayman, der eine große Liebe zu den Klassikern entwickelt hatte und in seiner Karriere insgesamt 17 Mal bei Paris-Roubaix am Start stand. Ein Rekord, den er sich mit dem US-Amerikaner George Hincapie sowie dem Franzosen Frederic Guesdon teilt.

"Ich liebe das Rennen und ich habe immer massiven Druck auf mich ausgeübt, um eine gute Fahrt zu haben", erzählte Hayman weiter, der ursprünglich den Giro fahren wollte, nachdem seine Klassikersaison ausgefallen war. Doch im dortigen Aufgebot seiner Mannschaft fand er keinen Platz und somit schwang er sich auf den Heimtrainer. "Ich kenne als ehemaliger Bahnfahrer die Vorteile der harten Arbeit in einer kontrollierten Umgebung, aber nur auf die Wand zu starren und Musik zu hören, hätte es nicht für mich getan", so der Australier.

Nach über einer Woche Pause begann er mit dem Indoor-Training und entdeckte dabei die Trainingsplattform Zwift: "Ich konnte dort eineinhalb bis zwei Stunden ohne geistige Ermüdung absolvieren. So konnte ich mich auf das Training konzentrieren, anstatt mich darauf zu fokussieren, mit dem Rad zu fahren." Gemeinsam mit seinem Trainer Kevin Poulton arbeitete der Australier täglich in Doppelsitzungen, teilweise spulte er drei bis vier virtuelle Ausfahrten am Tag ab. "Ich konnte genauso trainieren, wie ich es wollte. Wenn man alle Pflasterrennen im Vorfeld fährt, dann kann man gar nicht so trainieren. Ich bekam durch das Onlinetraining sogar mehr Form. Aber nur gut vorbereitet zu sein, ist nur die halbe Miete für Roubaix", erklärte Hayman.

So startete er 2016 in Compiegne ohne Druck und hatte das gesamte Rennen über das Glück des Tüchtigen, immer zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein. Nach einem Sturz im Feld schlossen viele der Favoriten zur Ausreißergruppe rund um den Australier auf. Als einziger hielt er sich vorne an der Spitze und wehrte erfolgreich die Angriffe von Boonen, Ian Stannard oder Sep Vanmarcke ab. Im Radstadion von Roubaix behielt er im Schlusssprint der Vierergruppe die Oberhand und sicherte sich in der 114. Austragung des Klassikers seinen größten Karriereerfolg: "Die einzige Emotion, die ich fühlte, war Unglaube. Paris-Roubaix zu gewinnen ist ziemlich surreal. Manchmal muss man es versuchen und manchmal passieren gute Dinge."

Die Siegfahrt von Mathew Haymann im Video:

Mehr Informationen zu diesem Thema

11.10.2020Ein Pflasterstein gegen das Virus

(rsn) - Die wegen den zunehmenden Corona-Zahlen in Frankreich erfolgte Absage von Paris-Roubaix hat unter Sportlern und Zuschauern für große Enttäuschung gesorgt. Ausgesprochen kreativ reagierte Ch

09.10.2020118. Paris-Roubaix abgesagt

(rsn) - Wegen der sich verschärfenden Corona-Lage in Frankreich hat die ASO die für den 25. Oktober geplante 118. Auflage von Paris-Roubaix abgesagt. Davon betroffen ist auch das Frauenrennen, das e

09.10.2020Paris-Roubaix ohne Zuschauer an den Pavé-Sektoren?

(rsn) - Am 25. Oktober soll zwischen Compiègne und Roubaix die 118. Ausgabe der “Königin der Klassiker“ stattfinden. Normalerweise steht auf den Kopfsteinpflasterteilstücken das Publikum Spalie

02.10.2020Paris-Roubaix wackelt wegen Corona, Tourmalet schneebedeckt

(rsn) - Der 25. Oktober soll zum "Super Sunday" des Radsports werden: Die Schlussetappe des Giro d´Italia, eine Bergankunft bei der Vuelta a Espana am Col du Tourmalet und der Klassiker Paris-Roubaix

25.09.2020Roubaix-Premiere: Auf die Frauen warten 17 Kopfsteinpflaster-Sektoren

(rsn) - Die ASO hat die Strecke für die Premiere des Frauenrennens von Paris-Roubaix bekanntgegeben. Das für den 25. Oktober geplante Rennen, das sofort in die Women´s WorldTour aufgestiegen ist, w

07.08.2020Lampaert muss auf Tour verzichten, zielt aber weiter auf die Klassiker

(rsn) - Yves Lampaert (Deceuninck - Quick-Step) wird in diesem Jahr wegen des am Mittwoch bei Mailand-Turin erlittenen Schlüsselbeinbruchs nicht wie geplant an der Tour de France teilnehmen können.

30.06.2020Van der Poel & Co. erkunden Kopfsteinpflaster-Klassiker

(rsn) - Auch Mathieu van der Poel und seine Teamkollegen von Alpecin - Fenix bereiten sich auf den Neustart der Saison vor. Am Montag erkundeten die Klassikerspezialisten des belgischen ZweitdivisionÃ

15.06.2020Ganna träumt vom Paris-Roubaix-Triumph

(rsn) - Das britische Ineos-Team verfügt über die stärkste Rundfahrerriege im Peloton. Deutlich weniger dominant tritt der Rennstall von Manager Dave Brailsford dagegen in den fünf Monumente des R

07.06.2020Van Dijk und Brand besichtigen Pavé-Sektoren von Paris-Roubaix

(rsn) - Denn sie wissen noch nicht, was sie tun: So ähnlich könnte man wohl die Erstauflage von Paris-Roubaix für Frauen im Vorfeld beschreiben. Für das Rennen, das am 25. Oktober stattfinden soll

15.05.2020Nibali träumt vom Paris-Roubaix-Debüt

(rsn) - In seiner langen und erfolgreichen Karriere hat Vincenzo Nibali noch nie Paris-Roubaix bestritten. Auch wenn er im November 36 Jahre alt wird, so hofft der Italiener, dass er noch sein Debüt

08.05.2020Bardet plant Debüts in Flandern und bei Paris-Roubaix

(rsn) - Durch die Verlegung der Frühjahrsklassiker in den Herbst bietet sich Romain Bardet (AG2R) erstmals in seiner Karriere die Möglichkeit, an den Monumenten Flandern-Rundfahrt (18. Oktober) und

12.04.2020De Vlaeminck: van der Poel kann alle Monumente gewinnen

(rsn) - Roger De Vlaeminck war in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts gemeinsam mit Eddy Merckx der erfolgreichste Klassikerjäger des Pelotons. Der Belgier gewann in der Phase von 1970

Weitere Radsportnachrichten

25.10.2025Vuelta a Espana 2026 beginnt mit Einzelzeitfahren in Monaco

(rsn) – Während seit dem vergangenen Donnerstag bereits die gesamte Strecke der 113. Tour de France bekannt ist, haben die Organisatoren der Spanien-Rundfahrt nun zumindest den Auftakt der 81. Ausg

25.10.2025Kluge mit starker zweiter Hälfte im WM-Punkterennen

(rsn) – Drei Mal wurde Roger Kluge schon Weltmeister auf der Bahn und jedes Mal klappte es mit dem Regenbogentrikot im Madison, dem Zweier-Mannschaftsfahren. In den Einzelbewerben gab es zweimal Si

25.10.2025In der Form seines Lebens: Für Hackmann geht es steil nach oben

(rsn) – Bei den Bahn-Weltmeisterschaften in Santiago de Chile gingen die deutschen Sprinterinnen und Sprinter im Kampf um die Medaillen leer aus. Im Zeitfahren über 1.000 Meter kam am Freitagabend

25.10.2025Van de Wouw sorgt in Chile für neuen Bahn-Weltrekord

(rsn) - In der Qualifikation für die 1.000 Meter bei den Bahn-Weltmeisterschaften in Santiago de Chile sorgte Sprintweltmeisterin Hetty van de Wouw für einen neuen Weltrekord. In 1:03.652 unterbot s

25.10.2025Nieuwenhuis schüttelt Ronhaar ab und feiert ersten Saisonsieg

(rsn) - Joris Nieuwenhuis (Ridley) hat beim Exact Cross in Heerde seinen ersten Saisonsieg verbuchen können. Der Niederländer schüttelte zu Beginn der Schlussrunde Pim Ronhaar (Baloise - Glowy Lion

25.10.2025Van Empel stürmt in Heerde zu ihrem 50. Cross-Sieg

(rsn) – Cross-Weltmeisterin Fem van Empel (Visma – Lease a Bike) hat mit einer ebenso cleveren wie souveränen Vorstellung in Heerde den 50. Sieg ihrer Karriere eingefahren. Die 23-jährige Nieder

25.10.2025UAE verpflichtet Cosnefroy, verlängert mit Trio um Wellens

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

25.10.2025Trotz wirtschaftlicher Krise: Toursieg bleibt das große Ziel für FDJ - Suez

(rsn) – Nachdem Pauline Ferrand-Prévot (Visma – Lease a Bike) in diesem Jahr bei der Tour de France Top-Favoritin Demi Vollering (FDJ – Suez) das Gelbe Trikot wegschnappte, soll der Gesamtsieg

25.10.2025Hackmann und Kluge schrammen knapp an Edelmetall vorbei

(rsn) – Nach Gold und Silber am Donnerstag brachte Tag drei der 122. Bahn-Weltmeisterschaften in Santiago de Chile keine weiteren Medaillen für das deutsche Team. Im Velodromo Penalolen zeigten sic

25.10.2025Das Programm der UCI-Bahn-WM von Santiago de Chile

(rsn) – Bei den UCI-Bahn-Weltmeisterschaften in Santiago de Chile (21. – 26. Oktober) werden Medaillen in insgesamt 22 Disziplinen vergeben - jeweils elf bei Männern und Frauen. Den Anfang mache

24.10.2025Peter träumt vorerst nur vom Tourdebüt

(rsn) – Als bekannt wurde, dass Rose Bikes als zweiter Namenssponsor bei Unibet – Tietema Rockets einsteigen wird, fragte RSN bei Teamchef Bas Tietema an, ob die Verpflichtung deutscher Fahrer gep

24.10.2025Niermann: “Viele Berge, das ist gut für Jonas“

(rsn) – Von den Protagonisten der vergangenen Tour de France liegen noch keine offizielle Kommentare zur Strecke der am 5. Juli 2026 im spanischen Barcelona beginnenden 113. Tour de France vor. Doch

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine