Chaos verhindert, aber nur 15 Fahrer im Ziel

Deutsche Meisterschaften nach dem Motto 190 emsige Fahrerlein

Von Joachim Logisch vom Sachsenring

Foto zu dem Text "Deutsche Meisterschaften nach dem Motto 190 emsige Fahrerlein"
Das Feld auf dem Sachsenring | Foto: Cor Vos

30.06.2019  |  (rsn) - Mit viel Improvisationsgeschick, fleißigen Helfern, großem Entgegenkommen der Behörden und einer Portion Glück wurden die Deutschen Meisterschaften auf dem Sachsenring zu einem guten Ende gebracht. Auch, weil der Bund Deutscher Radfahrer BDR auf die Warnungen hörte und eine gute Lösung fand, damit sich mögliche Fahrerfelder nicht auf einer Straße begegnen. Herausgekommen ist dabei eine ganz andere Art von Radrennen, nach dem Motto: 190 emsige Fahrerlein.

Nach jeder der 13 großen, 12,9 Kilometer langen Runde fehlten mal mehr, mal weniger Teilnehmer, weil die Kommissäre rigoros alle aus dem Rennen nahmen, die mehr als zwei bis drei Minuten Rückstand auf die Spitzengruppe hatten. Das war die Zeit, die gebraucht wurde, um nach der Abfahrt vom Badberg eine Schleife durch ein Industriegebiet zu befahren, bevor es wieder dieselbe Straße hinauf zum Badberg ging.

So wurde ohne gefährliche Hütchen auf der Straßenmitte verhindert, dass sich Gruppen in der Auf- und Abfahrt begegnen. Der Besenwagen fuhr zwei Minuten hinter dem Feld her und sortierte alle Fahrer raus, die er überholte. Auf den letzten drei großen Runden wurde der Abstand wohl etwas großzügiger bemessen. Durch diese Regelung hatte das Feld hin- und zurück jeweils die komplette Straße allein. "Es war richtig, dass man am Schluss die 15 verbliebenen Teilnehmer zu Ende fahren ließ“, war auch der zweitplatzierte Marcus Burghardt (Bora - hansgrohe) mit der gefundenen Lösung zufrieden.

Sehr problematisch waren die Ausfahrt und die Einfahrt auf den Sachsenring. Bei der Ausfahrt ging es schräg durch ein nur 2,5 Meter breites Tor. Die Rückkehr auf erfolgte über eine 30 Meter lange und nur knapp drei Meter breite Straße, die am Ende rechts abknickte. Dort kamen keine zwei Fahrer nebeneinander durch. "Wir sind dort mit 80 km/h reingefahren. Da durfte nichts passieren“, beschrieb der drittplatzierte Andreas Schillinger (Bora – hansgrohe) die Engstelle. "Diese beiden Passagen waren das Gefährlichste des Rennens. Wenn Gefahrstellen aber bekannt sind, sind sie auch meist entschärft“, freute sich der Sieger Maximilian Schachmann (Bora – hansgrohe), dass dort nichts passierte.

Diese Deutsche Meisterschaften hätten aber nie stattgefunden, wenn das Land Sachsen und der ADAC den Sachsenring nicht großzügig zur Verfügung gestellt hätten. Auch die Bundestraße 180, die als Umleitung der Autobahn dient, durfte für das Rennen ausnahmsweise auf 200 Metern halbseitig gesperrt werden.

Der BDR kam nur knapp um eine Blamage herum

Zudem halfen ehrenamtliche Helfer dem BDR aus dem Dilemma, sechs Wochen vor den Titelkämpfen noch keine Strecke und keinen Ausrichter zu haben. Am 13. Mai sagte Dietmar Lohr für den Sachsenring zu und am 22. Mai sprang der 85-jährige Eberhard Pöschke in Cottbus in die Bresche und organisierte das Zeitfahren. "Es war sehr wichtig, dass wir überhaupt einen Ausrichter für die Meisterschaften gefunden haben. Das war ja lange Zeit offen. Es wäre wahnsinnig schlimm für den deutschen Radsport gewesen, wenn wir das nicht geschafft hätten“, freute sich der Sachse Burghardt, dass er in seiner alten Heimat um den Titel fahren konnte.

Es ist nicht so, dass der BDR zum ersten Mal so in der Patsche saß. Im letzten Jahr rettete der unermüdliche Oleg Oleknavicius in Einhausen den Bund Deutscher Radfahrer vor der Blamage, keinen Ort für die Titelkämpfe zu haben.

Bei so viel Improvisation gehörte aber auch Glück dazu, dass nichts passierte. Weil wegen der Kürze der Organisationszeit Ordner fehlten, konnten die Zuschauer auf dem Sachsenring ungehindert die Strecke passieren. Weil es wohl auch schwierig war, alle Straßen perfekt zu sichern, galt die STVO.

Tatsächlich kam im Frauenrennen ein PKW den Fahrerinnen entgegen, wie Siegerin Lisa Brennauer (WNT – Rotor) in der Pressekonferenz berichtete. Bei allem Entgegenkommen war aber nicht zu tolerieren, dass im Frauenrennen ein Sanitäter im Zielbereich fehlte. So musste Katharina Hechler (Edelweiß Oberhausen) nach einem Sturz mit großen Hautabschürfungen warten, bis sich ein Helfer einfand .

Alles zusammengenommen war es eine spannende Meisterschaft, aber kein Ruhmesblatt für den BDR. Immerhin: Es ist alles gut gegangen!

Mehr Informationen zu diesem Thema

01.07.2019Bora - hansgrohe sprengte mit perfektem Plan das ganze Feld

(rsn) - Bei den Deutschen Meisterschaften am Sachsenring lieferte Bora - hansgrohe am Sonntag eine perfekte Vorstellung ab. Der mit sieben Fahrern angetretene Rennstall aus Raubling spielte seine per

30.06.2019Zimmermann fährt beim “Anti-Krimi“ auf Rang fünf

(rsn) – Nachdem er vor zehn Tagen nach verheißungsvollem Start beim sogenannten Baby Giro erkrankte und seine Ziele nicht erreichen konnte, hat sich Georg Zimmermann (Tirol KTM) bei den Deutschen

30.06.2019Schachmann nach Bora-Gala im Meistertrikot zur Tour

(rsn) - Auf dem berühmten Sachsenring bot sich den Zuschauern bei glühender Hitze ein denkwürdiges Bild - und es war keine Fata Morgana. Statt um den Sieg im Straßenrennen der Deutschen Straßenme

30.06.2019Bora-Coup: Schachmann siegt vor Burghardt und Schillinger

(rsn) - Bei den Deutschen Meisterschaften in Oberlungwitz hat das Team Bora - hansgrohe im großen Stil abgeräumt. Nach 180,6 Kilometern des Straßenrennens siegte in glühender Hitze von rund 40 Gra

30.06.2019Kämna: “Den Sachsenring find´ ich geil“

(rsn) - Seit 11.30 Uhr sind heute 190 Fahrer mit mehr oder weniger guten Gefühlen ins 180,6 Kilometer lange Rennen um die Deutsche Meisterschaft der Männer gegangen. Zwei Fahrer waren darunter, die

30.06.2019Brennauer sprintet am Sachsenring ins Meistertrikot

(rsn) - Im Zeitfahren der Deutschen Meisterschaften hatte sich Lisa Brennauer (WNT - Rotor) noch mit dem dritten Platz begnügen müssen. Dafür hielt sich die Allgäuerin am Sonntag im Straßenrennen

30.06.2019Heidemann fuhr erst fünf Fahrer auf und dann ins Meistertrikot

(rsn) – Was ihm da am frühen Freitagabend gelungen war, erschloss sich Miguel Heidemann (Herrmann Radteam) beim Blick auf sein Handy, wo nach seinem Sieg bei den U23-Zeitfahrmeisterschaften zahlrei

30.06.2019Sachsenring: Ist das Chaos vorprogrammiert?

(rsn) – Zumindest hat der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) eine Lösung für das monatelange Dilemma in der Suche nach einem Veranstalter für die Straßenmeisterschaften 2019 gefunden. Schon nach de

29.06.2019Bei der DM droht allen mit zwei Minuten Rückstand der Rauswurf

(rsn) - Die Deutschen Meisterschaften im Radsport finden statt. Das ist die gute Nachricht. Die Umstände, wie diese Titelkämpfe ausgetragen werden, können zu kuriosen Zuständen führen. So wurde S

29.06.2019Klein mit Vogels Unterstützung zum ersten Zeitfahrtitel

(rsn) - Bei ihrer Fahrt zum ersten Zeitfahrgold bei Deutschen Meisterschaften erhielt Lisa Klein (Canyon - SRAM) prominente Unterstützung. Hinter ihr im Begleitwagen saß nicht nur Teamchef Ronny Lau

29.06.2019Walscheid: “Nie gedacht, dass ich so nah ans Podium komme“

(rsn) - Im Normalfall ärgern sich die Athleten über die Holzmedaille. Doch Maximilian Walscheid freute sich nach den Deutschen Meisterschaften im Einzelzeitfahren in Spremberg über Platz vier. "Ich

29.06.2019Sütterlin: “Ich kam hierher, um zu gewinnen“

(rsn) - Das war ein gebrauchter Tag für Jasha Sütterlin (Movistar). Der Freiburger war mit großen Ambitionen zu den Deutschen Meisterschaften im Zeitfahren nach Spremberg gereist. Am Ende wurde er

Weitere Radsportnachrichten

26.07.2025UCI bestraft eigenen Fahrzeugführer mit Gelber Karte

(rsn) – Was an Spannung um den Tour-Sieg in den vergangenen Wochen etwas fehlte, ersetzten die Organisatoren der Tour de France (2.UWT) mehr oder weniger unfreiwillig. Jedem Zuschauer dürfte noch

26.07.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die wic

26.07.2025Müssen Pogacar, Lipowitz und Co. den Montmartre fürchten?

(rsn) - Die Anfahrt auf die Schlussrunden über den Champs Elysees waren bei der Tour de France der versöhnliche Abschluss eines über drei Wochen bitterhart ausgefochten Kampfes um das Gelbe Trikot!

26.07.2025Reusser raus, Lippert gestürzt: Tour für Movistar fast schon gelaufen

(rsn) - Viel schlechter hätte die 1. Etappe der Tour de France Femmes für das Team Movistar kaum laufen können. Zuerst wird schon vor dem Start bekannt, dass die Kapitänin Marlen Reusser sich ein

26.07.2025Montmartre statt Sprintboulevard

(rsn) – Nach 20 harten Tagen bricht die Tour de France auf ihrer letzten Etappe mit einer langen Tradition. Zum 50-jährigen Jubiläum der Zieleinfahrt auf der Champs-Élysées führt die 132 Kilome

26.07.2025Jegat nutzt vorletzte Chance für den Sprung in die Top 10 der Tour

Was vorgestern noch mit Ben O’Connors (Jayco - AlUla) großem Triumph am Col de la Loze nach einer sehr versöhnlichen Tour de France aussah, bekam auf der 20. Etappe einen bitteren Beigeschmack. De

26.07.2025Vos gewinnt Auftakt der Tour de France Femmes im Bergaufsprint

(rsn) – Marianne Vos (Visma – Lease a Bike) hat den Auftakt der 4. Tour de France Femmes (2.WWT) in einem Zweiersprint für sich entschieden. Im Stile einer wahren Finisseurin ließ sie dabei auf

26.07.2025Strong sprintet in Wallonien am Hügel allen davon

(rsn) – Corbin Strong (Israel – Premier Tech) hat den Auftakt zur 46. Tour de Wallonie gewonnen (2.Pro). Der Neuseeländer war nach 182 Kilometern rund um Nassogne im Hügelsprint der mit Abstand

26.07.2025Kaden Groves: Regenkönig und Montmartre-Vorbeuger

(rsn) - Wer braucht einen Wetterfrosch, wenn er Kaden Groves kennt? Gewinnt der Australier, muss es geregnet haben. So war es auf der 6. Etappe des Giro d’Italia in diesem Jahr, als Groves im extre

26.07.2025Van den Broek: “‘Glückwunsch, hier verschenkst du die Etappe‘“

(rsn) – Kaden Groves (Alpecin – Deceuninck) hat die 20. Etappe der Tour de France 2025 gewonnen und damit sein Grand-Tour-Triple komplettiert. Er löste sich aus der Spitzengruppe, die mit noch 16

26.07.2025Sprinter Groves feiert Solo-Sieg in Pontarlier

(rsn) – Der Sprinter Kaden Groves (Alpecin – Deceuninck) hat seinen Mitstreitern in der Ausreißergruppe ein Schnippchen geschlagen und die 20. Etappe der Tour de France von Nantua nach Pontarlie

26.07.2025Zwei Millionen Euro Ablöse für Evenepoel? Nächstes Kapitel im Wechselpoker

(rsn) – Ob Remco Evenepoel diesen Winter von Soudal – Quick-Step zu Red Bull - Bora – hansgrohe wechseln wird, beschäftigt seit Wochen die Gemüter. Verschiedene Journalisten melden verschieden

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de France (2.UWT, FRA)
  • Radrennen Männer

  • Puchar MON (1.2, POL)
  • Grand Prix de Pérenchies (1.2, FRA)
  • Vuelta a Castilla y Leon (1.1, ESP)
  • Ethias-Tour de Wallonie (2.Pro, BEL)
  • Radrennen Frauen

  • Kriterium Gießen (BLF, GER)