Karriereende auf den Champs Élysées

Voeckler verabschiedet sich ohne Show von "seiner" Tour

Von Lorenz Rombach

Foto zu dem Text "Voeckler verabschiedet sich ohne Show von
Thomas Voeckler (Direct Energie) hat nach der Tour de France seine Karriere beendet. | Foto: Cor Vos

25.07.2017  |  (rsn) - Ohne Etappensieg und auch ohne eine letzte Attacke auf den Champs-Élysées hat sich Thomas Voeckler (Direct Energie) in Paris nach seiner 15. und letzten Tour de France von seinen Fans verabschiedet. Trotzdem wurde der 38-jährige Elsässer auf dem Podium geehrt – was viel aussagt über das Ansehen, das sich der angriffslustige Voeckler in 18 Profijahren erarbeitet hat. Ein Rückblick.

"Die ganze Tour hinweg war das Publikum auf meiner Seite. So wie es die in den letzten 15 Jahren auch war“, sagte der bei den Fans so beliebte Voeckler am Sonntag nach dem Zieleinlauf auf der wohl berühmtesten Einkaufsstraße der Welt und fügte an: "Ich sage es immer, aber es ist wahr, also wiederhole ich es: Es war mir eine Ehre.“ Wer die Karriere des kleinen Franzosen verfolgt hat, wird diesen Worten sofort Glauben schenken.

Im Jahre 2000 wurde der damals 20 Jahre alte Voeckler Profi bei Bonjour, doch es sollte weitere vier Jahre dauern, bis er ins Rampenlicht fuhr. Auf der damaligen 5. Etappe der Tour de France eroberte er aus einer fünfköpfigen Ausreißergruppe heraus das Gelbe Trikot. Entgegen allen Erwartungen verteidigte Voeckler es bis zur 15. Etappe, beendete die Rundfahrt auf einem achtbaren 19. Rang und, viel wichtiger: fuhr sich mit seinem Kampfgeist in die Herzen der Radsportfans.

Auch in den folgenden Jahren, egal ob bei der Tour, bei kleineren Rundfahrten oder großen Klassikern, sah man den abseits der Strecke eher ruhigen Voeckler oft an der Spitze des Rennens. Nie war er sich zu schade für auch aussichtslos erscheinende Angriffe, selten ließ er die Chance verstreichen, eine letzte, verzweifelte Attacken zu reiten. Über die Jahre hat er so viele Siege eingefahren und – für ihn wichtiger – viele Herzen erobert: "Wenn die Leute mich als jemanden in Erinnerung behalten haben, der immer sein Bestes gegeben hat, der niemals aufgegeben hat, damit wäre ich glücklich“, sagte der zweifache französische Meister.

Seine Bilanz kann sich sehen lassen. Insgesamt 20 Tage trug er das Gelbe Trikot und bei der Tour 2011 hielt er dabei in den Berge lange mit Andy Schleck und Alberto Contador mit und wurde in Paris Vierter. Zudem holte er insgesamt vier Tour-Etappensiege – selbstverständlich allesamt aus Fluchtgruppen – und 2012 das Bergtrikot. Was oft vergessen wird: Voeckler gewann natürlich nicht nur bei der Tour; insgesamt 39. Siege holte er während seiner Karriere, darunter mehr als ein Dutzend Gesamtsiege bei kleineren Rundfahrten und Eintagesrennen wie den Pfeil von Brabant (2011), den GP de Québec (2010) und den GP Plouay (2007).

Auch während seiner letzten Tour de France war Voeckler des Öfteren in Ausreißergruppen zu sehen, auch wenn ihm der märchenhafte Abschied verwehrt blieb – keiner seiner Fluchtversuche war von Erfolg gekrönt. Doch er hat sich würdevoll verabschiedet und der Ort seines letzten Einsatzes war kein Zufall: "Jeder geht in seinem eigenen Stil. Mir hat gefallen, was Tom Boonen getan hat, am Abend von Paris-Roubaix, seinem Lieblingsrennen, seine Karriere zu beenden. Für mich war es naheliegend, dass ich meine Karriere auf den Champs-Élysées beenden werde."

Wie es weitergeht, hat Voeckler bisher noch nicht verraten. Sein Teamchef Jean-Rene Bernadeau würde ihn wohl zu gerne in seine Direct-Energie-Mannschaft mit einbeziehen. Vor 17 Jahren begann Voeckler seine Karriere in Bernadeaus erstem Rennstall und hielt seinem Landsmann immer die Treue. Dabei lehnte Voeckler besser dotierte Verträge ab und half seinem sportlichen Ziehvater am Ende der Saison 2010 höchstselbst, in gefährlicher Situation einen Sponsor zu finden. Eines ist sicher: Die Grimassen, Gesichtsverrenkungen und verwegenen Attacken des Thomas Voeckler werden die Fans und auch seine Kollegen vermissen.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

20.07.2020Video-Rückblick: Matthews erobert das Grüne Trikot der Tour 2017

(rsn) - Als Michael Matthews (Sunweb) 2017 erstmals in seiner Karriere das Grüne Trikot der Tour de France eroberte, beendete er eine glanzvolle Frankreich-Rundfahrt, in deren Verlauf er auch zwei Et

01.07.2020Video-Rückblick: Valverdes Tour-Sturz von Düsseldorf

(rsn) - Vor genau drei Jahren stürzte Alejandro Valverde (Movistar) beim Auftakt der Tour de France in Düsseldorf im Zeitfahren auf regennasser Straße so schwer, dass dem Spanier sogar das Karriere

30.10.2019Düsseldorf muss Tour de France-Vertrag offenlegen

(rsn) - Die Stadt Düsseldorf muss den Vertrag, der zwischen der Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens und der französischen Amaury Sport Organisation im Zuge es Tour de France-Starts 2017 geschloss

06.12.2017Fall Sagan: Dimension Data kritisiert Vorgehensweise der UCI

(rsn) - Mark Cavendishs Dimension Data-Team fühlt sich bei der Entscheidungsfindung im Fall Sagan übergangen. Wie Manager Douglas Ryder in einer Pressemitteilung erklärte, sei man davon ausgegangen

05.12.2017Sagans Tour-Ausschluss beruhte auf einem Fehlurteil

(rsn) - Peter Sagans Disqualifikation nach der 4. Etappe der Tour de France war nicht Folge eines Fehlverhaltens des Weltmeisters, der in einem hart umkämpften Sprint in Vittel den Sturz seines Konku

13.11.2017Sagans Tour-Disqualifikation wird vor dem CAS verhandelt

(rsn) - Peter Sagans umstrittene Disqualifikation nach der 4. Etappe der Tour de France wird am 5. Dezember vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS verhandelt. Das geht aus CAS-Terminkalender her

06.09.2017Düsseldorf macht mit Grand Depart 7,8 Millionen Euro Verlust

Düsseldorf (dpa) - Die Stadt Düsseldorf hat mit dem Start der Tour de France 2017 einen Verlust von 7,8 Millionen Euro gemacht. Diese Zahl nannte Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) bei de

28.07.2017Denk: "Das Material gibt es ja, man muss es nur verwenden"

(rsn) - Ralph Denk hat mit Verwunderung auf die Forderung von Philippe Mariën, Chef der Jury der Tour de France, reagiert, künftig bei Radrennen auf den Video-Beweis zu setzen. Hintergrund ist der A

28.07.2017Barguil fährt lieber ohne Powermeter

(rsn) – Auch in diesem Jahr brodelt nach der Tour de France in Sachen Teamwechsel die Gerüchteküche, vor allem bei denjenigen Fahrern, deren Verträge auslaufen. Letzeres gilt zwar nicht für Warr

28.07.2017Martens: "Roglic und Groenewegen können Weltstars werden"

(rsn) - Paul Martens (LottoNL-Jumbo) hatte bei seiner dritten Tour de France allen Grund zum Jubeln. Sein Team kehrte mit zwei Etappensiegen durch Primoz Roglic und Dylan Groenewegen aus Frankreich zu

28.07.2017Jury-Chef der Tour fordert Video-Beweis für Sprints

(rsn) - Philippe Mariën, Chef der Jury der Tour de France, die Peter Sagan nach der 4. Etappe in einer heftig kritisierten Entscheidung wegen dessen vermeintlichem Ellbogencheck gegen Mark Cavendish

28.07.2017Dan Martin fuhr die Tour mit zwei gebrochenen Wirbeln zu Ende

(rsn) - Daniel Martin (Quick-Step Floors) hat sich bei seinem Sturz auf der 9. Etappe der Tour de France zwei Wirbel gebrochen. Die Verletzung allerdings wurde erst in dieser Woche bei einer Computert

Weitere Radsportnachrichten

14.11.2024Bardet: “Sinnlos, an ethischen Radsport zu glauben“

(rsn) - Es war ein durchaus ungewöhnlicher Zeitpunkt, als Romain Bardet im Sommer, kurz vor der Tour de France, sein Karriereende ankündigte. Mindestens genauso ungewöhnlich ist das Rennen, das sei

14.11.2024Quintana beendet Spekulationen, Bonnamour gibt Kampf gegen Dopingsperre auf

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

14.11.2024Rhodos-Prolog-Experte mit Sturzpech im stärksten Rennen

(rsn) – Seine elfte Saison auf KT-Niveau ragt zwar nicht als seine beste heraus, dennoch zeigte Lukas Meiler (Team Vorarlberg) auch 2024, was er drauf hat. Seine beste Platzierung gelang ihm dabei

14.11.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

14.11.2024Schädlich übernimmt die deutschen Ausdauer-Spezialisten

(rsn) – Der Bund Deutscher Radfahrer hat einen neuen Nationaltrainer auf der Bahn für den Bereich Ausdauer. Lucas Schädlich, der seit 2019 die deutschen Juniorinnen unter seinen Fittichen hatte, Ã

14.11.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

14.11.2024Schär wird Schweizer Nationaltrainer

(rsn) – Marc Hirschi, Stefan Küng und Co. haben einen neuen Nationaltrainer. Michael Schär wird mit Jahresbeginn 2025 die Verantwortung für die Schweizer Männer in den Bereichen Elite und U23 ü

14.11.2024Lotto Kern - Haus wird Development-Team von Ineos Grenadiers

(rsn) – In den vergangenen beiden Jahren war das deutsche Kontinental-Team Lotto Kern - Haus PSD Bank sogenannter Development-Partner von Red Bull – Bora – hansgrohe. Ab der kommenden Saison wi

14.11.2024Meisen kündigt baldiges Karriereende an

(rsn) – “Spätestens im Januar ist Schluss“, kündigte Marcel Meisen (Stevens) gegenüber RSN an. Der 35-Jährige ist in seine letzte Cross-Saison gestartet und will diese nicht mehr ganz zu End

14.11.2024Traumszenario mit kurzem Anfangsschock

(rsn) – Unverhofft kommt oft – dieser Spruch traf in dieser Saison auch auf Meo Amann zu. Mit dem Elite-Team Embrace The World in die Saison gestartet, bewarb er sich im Sommer auf einen Platz bei

13.11.2024Auch ein kurioser erster UCI-Sieg reichte nicht zum Profivertrag

(rsn) – Auch wenn er in dieser Saison seinen ersten UCI-Sieg einfahren konnte, so gelang Roman Duckert (Storck – Metropol) am Ende seiner U23-Zeit nicht der Sprung in ein Profiteam. Deshalb wird e

13.11.2024Ein Jahr geprägt von Stürzen und viel Unglück

(rsn) – Eigentlich wollte Mikà Heming (Tudor Pro Cycling) 2024 so richtig durchstarten. Die Klassikerkampagne in Belgien hatte er sich als erstes Saisonhighlight gesetzt, doch diese endete für den

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine