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22.07.2017 | (rsn) - Als Tony Martin (Katusha-Alpecin) im Orange Velodrome in Marseille die Ziellinie des 22,5 Kilometer langen Einzelzeitfahrens am vorletzten Tag der 104. Tour de France überquerte, konnte er sich nicht freuen. 14 Sekunden Rückstand auf Maciej Bodnar (Bora-hansgrohe) hatte der Weltmeister mitgebracht und viele Top-Zeitfahrer sollten noch kommen. Man musste befürchten, dass dem 32-Jährigen nicht nur der erhoffte Sieg verwehrt bleiben würde, sondern auch eine Top-Platzierung.
"Ich bin enttäuscht - nicht über die Leistung, sondern das Ergebnis", sagte Martin dort in einer ersten Reaktion. "Ich hatte ein gutes Gefühl, schnell meinen Rhythmus gefunden. Bodnar ist jetzt auch nicht gerade der Kletterspezialist, das wundert mich ein bisschen." Der 1,2 Kilometer lange und 9,5 Prozent steile Anstieg zur Notre-Dame de la Garde brach Martins Rhythmus. Dort büßte er jene 14 Sekunden auf den Polen ein, die am Ende zum Sieg fehlten.
Doch gut zwei Stunden später dürfte sich der 32-Jährige auch mit dem Resultat etwas versöhnt haben. Denn Bodnars Leistung war wie die seines zweitplatzierten Landsmannes Michal Kwiatkowski (Sky / + 1,15 Sekunden) an diesem Tag in Marseille einfach außergewöhnlich gut. Und sonst fuhr nur der der nun viermalige Tour-Sieger Chris Froome (Sky / + 6,78 Sekunden) acht Sekunden schneller als Martin, der wie im Auftaktzeitfahren in Düsseldorf erneut Vierter wurde.
Trotzdem sorgte auch Marseille nicht dafür, dass Martin mit einem positiven Fazit von der Frankreich-Rundfahrt heimreisen wird. Sein Tour-Fazit: "Enttäuschend. Wenn ich zur Tour reise, dann will ich neben meinen Helferleistungen auch einen Etappensieg", sagte er. "Die Form war nicht schlecht, aber ich muss akzeptieren, dass Andere wieder einmal schneller waren."
Zwar verpasste Martin den Sieg in Marseille, doch aus deutscher Sicht war der Kampf gegen die Uhr am Mittelmeer trotzdem ein erfolgreicher Wettkampf. Denn neben dem Weltmeister landeten mit Nikias Arndt (Sunweb / + 28,03 Sekunden), Jasha Sütterlin (Movistar / 42,22 Sekunden) und Nils Politt (Katusha-Alpecin / + 43,09 Sekunden) noch drei weitere Deutsche weit vorne - und zwar auf den Plätzen sieben, zwölf und 13.
Besonders beeindruckend dabei der siebte Platz des Kölners Arndt, der erst am Vortag in der Ausreißerguppe des Tages hart arbeitete und am Ende Zweiter geworden war. "Ich habe probiert, die Beine drehen zu lassen, weil ich wusste, dass die Muskeln von gestern müde waren", erklärte er nach dem Rennen. "Deshalb war es für mich wichtig, den Fokus auf die Frequenz zu richten. Das hat gut geklappt. Ich bin sehr zufrieden und habe mich gut gefühlt." Im Flachen trat Arndt nach eigenen Angaben eine Frequenz von 105 bis 110 Pedalumdrehungen pro Minute, an der steilen Rampe zur Notre-Dame de la Garde ging sie aber auf 55 hinunter. "Die Wand hat mich gekillt. Wäre der Berg etwas flacher gewesen, wäre noch etwas mehr drin gewesen", vermutete er. "Unten rein ging es noch gut, hinten raus wurde es aber extrem schwer. Es hat richtig weh getan."
Arndt wie Martin: Beiden zog die nicht enden wollende Rampe hinauf zur Wallfahrtskirche den Zahn, und beide fuhren in Marseille trotzdem starke Resultate ein. Gemeinsam mit Sütterlin und Politt bewiesen die Beiden einmal mehr, dass Deutschland eine Zeitfahrer-Nation ist. Hinzu kommt der bei der Tour fehlende Maximilian Schachmann (Quick-Step Floors). Es wird für Bundestrainer Jan Schaffrath im September schwer werden, da die richtigen drei Namen für die WM in Bergen auszuwählen.
Übrigens: Auch dort wartet eine 9 Prozent steile Rampe. Die ist dann aber nicht nur 1,2 sondern 3,4 Kilometer lang und führt hinauf zum Ziel des 31 Kilometer langen Rennens.
Die Zeiten der deutschen Top-Zeitfahrer in Marseille (im Vergleich zu Sieger Bodnar):
1. Zwischenzeit, 10,2 km:
4. Tony Martin (Katusha-Alpecin) + 1,66 Sekunden
9. Nikias Arndt (Sunweb) + 10,36
11. Jasha Sütterlin (Movistar) + 14,76
16. Nils Politt (Katusha-Alpecin) + 21,42
2. Zwischenzeit, 15,6 km (Notre-Dame de la Garde):
6. Tony Martin (Katusha-Alpecin) + 13,94 Sekunden
7. Nikias Arndt (Sunweb) + 20,63
10. Jasha Sütterlin (Movistar) + 28,58
16. Nils Politt (Katusha-Alpecin) + 39,30
Ziel, 22,5 km:
4. Tony Martin (Katusha-Alpecin) + 14,83 Sekunden
7. Nikias Arndt (Sunweb) + 28,03
12. Jasha Sütterlin (Movistar) + 42,22
13. Nils Politt (Katusha-Alpecin) + 43,09
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