Historischer Tour-Erfolg in Mende

Bilderbuch-Sieg für Cummings und Afrika am Mandela Day

Von Felix Mattis aus Mende

Foto zu dem Text "Bilderbuch-Sieg für Cummings und Afrika am Mandela Day"
Steven Cummings (MTN-Qhubeka) hat am Mandela Day die 14. Tour-Etappe gewonnen. | Foto: Cor Vos

18.07.2015  |  (rsn) - Schöner hätte es der beste Bilderbuchautor nicht malen können: Ausgerechnet am "Nelson Mandela Day", dem 97. Geburtstag des Ende 2013 verstorbenen südafrikanischen Friedensnobelpreisträgers und Volkshelden, hat das südafrikanische Team MTN-Qhubeka seiner ohnehin bereits tollen Tour-de-France-Premiere die Krone aufgesetzt. Stephen Cummings gewann auf dem Flugplatz von Mende die 14. Etappe als Solist und zauberte seinem gesamten Team ein breites Grinsen ins Gesicht.

"Es ist Mandelas Geburtstag. Heute wird es sicher auch etwas Champagner geben", sagte Daniel Teklehaimanot, der als erster MTN-Profi am Mannschaftsbus ankam. Der Eritreer hatte in der ersten Tour-Woche bereits für Furore gesorgt, als er das Bergtrikot trug. "Wir hatten uns für die Tour zwei sportliche Ziele gesetzt - ein Wertungstrikot zu tragen, egal welches, und eine Etappe zu gewinnen. Beide Träume sind wahr geworden", freute sich Sportdirektor Jens Zemke.

Der Hesse verriet auch, dass man sich speziell diesen Tag herausgesucht hatte. "Wir haben gesagt: Falls unser Tag kommt, muss es der Mandela Day sein. Und wir hatten mit Stephen einen klaren Plan." Der Brite führte ihn mit Hilfe seiner Teamkollegen glänzend aus. "Die Motivation war groß, aber ich glaube nicht, dass wir wirklich gedacht haben, wir würden gewinnen", sagte Cummings, der genau wie seine Teamkollegen speziell heute mit einem orangefarbenen Helm gefahren war.

"Edvald (Boasson Hagen, d. Red.) hat ihn in die Spitzengruppe geführt und Stephen ist ruhig geblieben", erklärte Zemke, wie es zum erfolgreichen Fluchtversuch von Cummings gekommen war, der bis zum drei Kilometer langen und im Schnitt 10,1 Prozent steilen Anstieg von Mende in einer 20-köpfigen Spitzengruppe gefahren war. "Wir hatten im Auto schon Angst, weil er weit hinten saß. Aber es war mal wieder gutes Timing von ihm. Er hat einen Killerinstinkt."

Der vom Bahn-Radsport kommende Cummings ließ sich an der steilen Rampe nicht durch die Attacken der Franzosen Romain Bardet (Ag2r) und Thibaut Pinot (FDJ) beeindrucken, sondern fuhr sein eigenes Tempo, um erst nach der Kuppe in der kurzen Abfahrt in Richtung Flugplatz an die Spitze zu kommen. "Ich kannte den Anstieg von Paris-Nizza 2010 und wusste, dass er sehr hart ist. Ich war nicht der beste Kletterer der Gruppe und habe versucht, mich nicht zu sehr durch die Fans anstacheln zu lassen und nach der Hälfte zu platzen, sondern lieber im Zeitfahrmodus hochzufahren", so Cummings.

Kurz vor der Kuppe gab der 34-Jährige dann alles, und spielte bergab seinen Vorteil aus: "Ich bin schwerer und vielleicht auch aerodynamischer", sagte er grinsend. Allerdings profitierte Cummings auch davon, dass sich Bardet und Pinot gegenseitig nicht unterstützen wollten und nach dem Berg kurzzeitig nur noch rollten. "Als ich dran war, bin ich sofort nach vorne. Pinot war dann an meinem Rad und ich wusste, dass er in den Kurven vorsichtig sein würde. Also bin ich so schnell ich konnte durch die Kurven." Mit einem Vorsprung von etwa 20 Metern kam Cummings auf die Zielgerade und zog dann unwiderstehlich durch. "Ich dachte mir: Für die Kletterer wird es schwer, ans Hinterrad eines Bahnfahrers zu kommen." Da hatte er Recht.

"Sowas ist immer ein Traum, aber erst seit meinem Etappensieg bei der Vuelta wusste ich, dass ich es auch schaffen kann", erklärte Cummings, der 2012 die 13. Etappe der Spanien-Rundfahrt noch in Diensten des Teams BMC gewonnen hatte. "Aber so einfach ist das nicht, denn man braucht auch das Team, das einem die Möglichkeit gibt." Bei BMC und auch zuvor bei Sky stand er stets im Schatten der Rundfahrt-Kapitäne. Deshalb entschied er sich im vergangenen September für den Wechsel vom WorldTour-Rennstall BMC zum Zweitdivisionär MTN-Qhubeka.

"Das war kein Schritt zurück", betonte er nun. "Ich habe mich sehr darauf gefreut. Mir gefiel die Teamstrategie, auf Etappen zu setzen. Wir haben nicht immer alle freie Fahrt, denn manchmal arbeiten wir für Edvald Boasson Hagen oder Louis Meintjes. Aber ich wusste, dass ich hier einige Chancen bekommen würde." Und auch der starke afrikanische Einschlag gefiel Cummings auf Anhieb.

"Ich war sehr von Qhubeka angetan. Das ist eine sehr gute Sache und ziemlich einmalig im Radsport", erklärte er mit Bezug auf die Organisation, die Gelder sammelt, um Kinder in Südafrika auf Fahrräder zu setzen und ihnen so den Weg in die Schule zu ermöglichen. Mit seinem Sieg in Mende hat Cummings dazu beigetragen, indem er Qhubeka noch ein Stück bekannter machte. "In Südafrika sagt man: Jeder sollte 67 Minuten am Tag soziale Arbeit leisten", sagte Zemke. "Wir haben da heute ein paar mehr Minuten draus gemacht." Schöner hätte es auch ein Poet nicht ausdrücken können.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

05.11.2015Prudhomme: "Forderung absurd hoch und unbegründet"

(rsn) –Tour-Direktor Christian Prudhomme bestreitet die Rechtmäßigkeit der Forderung des Niederländischen Radsportverbands (KNWU), der von der ASO 140.000 Euro für den Grand Départ der Frankrei

03.11.2015Niederländischer Verband wartet auf Geld von der ASO

(rsn) - Der Niederländische Radsportverband KNWU hat sich an die UCI gewendet, weil er seit vier Monaten auf eine Zahlung der ASO in Höhe von 140.000 Euro wartet. Das berichtet das niederländische

16.08.2015Dopingproben der Tour sollen erneut getestet werden

(rsn) - Keiner soll sich sicher fühlen! Auch nicht, wenn die Rennen rum sind. Deshalb sollen die Dopingproben der gerade beendeten Tour de France nachträglich auf das neue Epo-Stimulanzmittel 

30.07.2015Bahamontes traut Valverde den Tour-Sieg zu

(rsn) – Federico Bahamontes traut Alejandro Valverde (Movistar) den Tour-Sieg zu und hat seinen Landsmann aufgefordert, im kommenden Jahr das Gelbe Trikot ins Visier zu nehmen. „Wenn er Dritter ge

28.07.2015Voß war zu früh in Topform

(rsn) – Auf die Frage, wie die am Sonntag zu Ende gegangene Tour de France für ihn verlaufen sei, fand Paul Voß gegenüber radsport-news.com nur zwei Worte: „Nicht zufriedenstellend.“ Nach seh

27.07.2015Wie kommt der „Engel" ins Tour-Finale?

(rsn) - Wir trauten unseren Augen nicht, als wir das von Philousport bei Twitter eingestellte Video (siehe die beiden Links unten) betrachteten. Es sah aus, als stünde ein „Engel" mit flatternden F

27.07.2015Jugendlicher Schwarzfahrer soll Absperrung durchbrochen haben

Paris (dpa) - Ein Jugendlicher ohne Führerschein ist wohl für den Zwischenfall vor dem Finale der Tour de France am Sonntag verantwortlich, bei dem die Pariser Polizei Schusswaffen einsetzte.

27.07.2015Denk: „Das Glück war nicht auf unserer Seite"

(rsn) - Ein Etappenpodium, zwei weitere Platzierungen in den Top Ten, der 25. Platz in der Gesamtwertung sowie zwei Auszeichnungen als aktivster Fahrer sind die Bilanz des deutschen Bora-Argon 18-Team

27.07.2015Nun will Greipel auch in Hamburg seinen ersten Sieg

Paris (dpa/rsn)- Am Sonntag gewann André Greipel (Lotto Soudal) erstmals in seiner Karriere die letzte Tour-Etappe auf den Champs Élysées. Im Ziel wartete sein Jugendtrainer Peter Sager um mit dem

27.07.2015Brailsford: „Die Kritiker haben uns geholfen, die Tour zu gewinnen“

Paris (dpa/rsn) - Erst gab es Dosenbier, dann Champagner - und aus den Boxen dröhnte der bei solchen Gelegenheiten unvermeidliche Queen-Hit „We are the Champions“. Bevor Christopher Froome

27.07.2015Movistar die beste Mannschaft, aber Sky stellt den Sieger

(rsn) - Drei harte Wochen Tour de France liegen hinter den 21 Mannschaften. Zeit für radsport-news.com, eine Bilanz der 102. Tour de France zu ziehen. Welche Teams haben überzeugt, welche sind hinte

27.07.2015Lotto Soudal dominiert die Sprints, IAM erreicht sein Ziel

(rsn) - Drei harte Wochen Tour de France liegen hinter den 21 Mannschaften. Zeit für radsport-news.com, eine Bilanz der 102. Tour de France zu ziehen. Welche Teams haben überzeugt, welche sind hinte

Weitere Radsportnachrichten

23.05.2024Arensman opfert für Thomas´ Podestplatz seinen Kampf um Weiß

(rsn) – Das Team Ineos Grenadiers hat beim Giro d'Italia am zweiten Tag in Folge sowohl Positives erreicht, als auch einen Zeitverlust einstecken müssen. Auf der 17. Etappe vom Val Gardena zum Pass

22.05.2024Vom Sohn und Neffen zum Sieger einer Giro-Etappe

(rsn) – Nach zwei Jahren in der U23 wechselte Georg Steinhauser am 1. Januar 2022 vom österreichischen Kontinental Team Tirol KTM in die WorldTour zu EF Education – EasyPost. Bekannt war er vor a

22.05.2024Pogacar: “Steinhauser war richtig stark“

(rsn) – Mit einem gut 35 Kilometer langen Solo holt sich der Allgäuer Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) den Sieg auf der 17. Etappe des 107. Giro d´Italia. Der 22-Jährige sichert sich

22.05.2024Steinhauser holt sich beim Giro Tagessieg am Passo Brocon

(rsn) – Es waren noch etwa 400 Meter bis ins Ziel der 17. Etappe des Giro d’Italia, da huschte Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) zum ersten Mal ein Lachen übers Gesicht. Vorher war es

22.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 17. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

22.05.202418-jähriger Brite Brennan steigt 2025 bei Visma auf

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

22.05.2024Sellajoch neue Cima Coppi beim Giro d´Italia

(rsn) – Eigentlich hätte am Stilfserjoch die Cima Coppi der diesjährigen Austragung des Giro d´Italia vergeben werden sollen, jene Auszeichnung für den höchsten überquerten Punkt der Rundfahrt

22.05.2024Walscheid: “Wünsche mir, dass Fahrer nicht nur Gehaltsposten sind“

(rsn) – Die Diskussionen um die Verkürzung der 16. Giro-Etappe am Dienstag und den Weg dorthin in den Stunden vor der späten Entscheidung durch Rennveranstalter RCS beschäftigen das Peloton auch

22.05.2024Pogacar hat keine Gnade, aber verteilt ´Trostpflaster´ an Pellizzari

(rsn) – Ende der 1990er und Anfang der 2000er war der Giro d´Italia noch fest in Hand der einheimischen Fahrer, die von 1997 bis 2007 keinen ausländischen Sieg zuließen. Es folgten noch die Erfo

22.05.2024Arensman im Kampf um Weiß von Defekt und Thomas gebremst

(rsn) – Er schaute sich um. Er schaute sich nochmal um. Und nochmal. Aber sein Kapitän kam einfach nicht. Thymen Arensman (Ineos Grenadiers) fuhr also mit gebremstem Schaum auf den letzten Kilomete

22.05.2024Power to the Peloton: Mit Einigkeit bekommen Fahrer ihren Willen

(rsn) – Der Radsport hat sich am Dienstag auf der 16. Etappe des Giro d´Italia einmal mehr nicht mit Ruhm bekleckert. Und das lag nicht am nächsten überlegenen Sieg von Tadej Pogacar (UAE Team Em

21.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)