Schweizer vom Ende der Welt in die Glückseligkeit

Cancellara mit WhatsApp-Motivationshilfe ins Gelbe Trikot

Von Felix Mattis aus Zeeland

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Fabian Cancellara (Trek) hat auf der 2. Tour-Etappe das Gelbe Trikot erobert. | Foto: Cor Vos

05.07.2015  |  (rsn) - Gegensätzlicher hätte Fabian Cancellara (Trek) innerhalb von 24 Stunden kaum wirken können. Nach dem dritten Platz im Auftaktzeitfahren der Tour de France in Utrecht war der ehrgeizige Schweizer in sich gekehrt und kämpfte mit der großen Enttäuschung, nicht gewonnen zu haben. Einen Tag später nun ließ ihn dasselbe Tagesresultat strahlen und freudig plaudern: Platz drei auf Neeltje Jans reichte dank der Zeitbonifikationen, um zum 29. Mal in seiner Karriere das Gelbe Trikot zu übernehmen.

„Ich war überrascht, als mir unsere Pfleger gesagt haben, dass ich Gelb habe. Ich wollte es erst noch auf dem Bildschirm sehen. Aber dann war ich wirklich, wirklich glücklich", berichtete der 34-Jährige von den ersten Momenten nach der Zieldurchfahrt. „Das bedeutet mir sehr viel - auf der einen Seite wegen der größer werdenden Zahl, aber auch, weil es speziell ist, elf Jahre nach dem ersten Mal. Ich kam damals als kleiner Junge nach Lüttich und konnte gewinnen. Jetzt bin ich fast schon ein Veteran."

Cancellara, der auf der Pressekonferenz des Gesamtführenden mit zwei mehr als vierminütigen Antworten begeisterte, gesteht sich offen ein, dass ihn die Youngster in seinen Spezialdisziplinen langsam beerben. „Schon bei den Klassikern hat man gesehen, dass eine neue Generation kommt - und dasselbe war gestern der Fall", sagte er. Doch das bedeutet nicht, dass der Berner sich versteckt oder seine Ziele niedriger ansetzt. Deshalb war Cancellara auch über den dritten Rang in Utrecht - geschlagen vom dreimaligen Weltmeister Tony Martin (Etixx-Quick-Step) und Ex-Stundenweltrekordler Rohan Dennis (BMC) - so enttäuscht.

„Ich fahre seit 2006 auf höchstem Niveau", erklärte Cancellara. „In dieser langen Zeit vergisst man die kleinen Dinge zu schätzen, gerade mit all meinen Erfolgen bei der Tour." In Utrecht sei für ihn durch die Niederlage „die Welt untergegangen". Doch am Abend regte ihn eine WhatsApp-Nachricht von Team-Trainer Josu Larrazabal zum Nachdenken an.

„Normalerweise schaue ich mir in so einer Situation die Nachrichten nicht an", sagte er. „Aber als seine kam, lag ich auf dem Massagetisch, wo man Zeit zum Nachdenken hat. Ich habe sie zehn Mal gelesen und ihm dann sehr gedankt. Das war vielleicht die beste Nachricht, die ich seit Monaten bekommen habe."

Was hatte Larrazabal geschrieben? „Dass ich es einfach genießen soll, auf dem Rad zu sitzen und dass ich nichts mehr beweisen muss. Das hat mir einen Motivationsschub gegeben. Vielleicht war das der Schlüssel, den man im Leben manchmal braucht, damit die Tür aufgeht. Heute hat sie sich geöffnet, und ich bin wieder in Gelb!"

Einfach war der Weg dahin für den Schweizer nicht. „Ich musste auf den letzten 25 Kilometern aus jedem Kreisverkehr heraus arg drücken", erklärte er. „Aber die Jungs haben mir über Funk gesagt: Heute kannst Du Dir holen, was Du gestern wolltest. Sie haben mich sehr motiviert. Also habe ich mir gesagt, dass ich einfach am Hinterrad von einem der drei Sprinter bleibe und habe Peters (Sagan, d. Red.) genommen, weil er der Hinterste war."

Klingt einfach, doch was Cancellara dann gelang, war wirklich stark. Er sprintete mit derselben Geschwindigkeit wie Sagan und schob sich auf den letzten Metern an dem zu früh gestarteten Mark Cavendish (Etixx-Quick-Step) vorbei auf Rang drei. Das brachte die nötigen vier Bonussekunden, um nun drei Sekunden vor Martin und sechs Sekunden vor Tom Dumoulin (Giant-Alpecin) in Gelb zu sein.

Am Montag will Cancellara das Trikot nun an der Mur de Huy verteidigen - bei seinem allerersten Besuch dort im Renntempo. „Das Schlechte ist, dass ich da noch nie hochgefahren bin. Aber ich weiß, was ich tun muss: Vorne fahren, um aus dem Chaos raus zu sein."

Doch selbst wenn er das Trikot am Montag wieder abgeben sollte, wäre ein 30. Tag im Gelben Trikot durchaus noch möglich: „Es geht darum, morgen nicht zu viel zu verlieren - und vielleicht dann auf dem Kopfsteinpflaster am Dienstag etwas zurückzuholen."

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