Pogacar bekommt zum 50. Mal Gelb

Milan entgeht Sturz und sprintet im Regen von Valence zum Sieg

Von Sebastian Lindner

Foto zu dem Text "Milan entgeht Sturz und sprintet im Regen von Valence zum Sieg"
Jonathan Milan (Lidl - Trek, li.) hat die 17. Tour-Etappe gewonnen. | Foto: Cor Vos

23.07.2025  |  (rsn) – Die vermeintlich letzte Chance für die Sprinter bei der diesjährigen Tour de France endete nicht so, wie es sich die meisten vorgestellt hatten. Nach 160 Kilometern von Bollène nach Valence konnte sich nur einer wirklich freuen, und das war Jonathan Milan (Lidl – Trek).

Der Italiener feierte auf der 17. Etappe seinen zweiten Tagessieg und machte einen Riesenschritt im Kampf um das Grüne Trikot. Weniger als 15 Fahrer konnten in den Kampf um Tagessieg eingreifen, nachdem ein Sturz an der Kilometermarke den Großteil des Feldes, unter anderem auch Tim Merlier (Soudal – Quick-Step), aufgehalten hatte. Profiteure davon waren Jordi Meeus (Red Bull – Bora – hansgrohe) und Tobias Lund Andresen (Picnic – PostNL), die Zweiter und Dritter wurden.

Ausgebremst wurde auch Phil Bauhaus, der den durch Pavel Bittner (Picnic – PostNL) ausgelösten Sturz zwar noch umschiffte, aber dennoch nicht mehr ins Finale reinhalten konnte. Er wurde Zwölfter. Pascal Ackermann (Israel – PremierTech) hingegen war direkt in den Unfall verwickelt.

“Ich bin wirklich glücklich und eigentlich sprachlos. Ich habe die Berge nicht allein überlebt, ich habe sie nur mit Hilfe meiner Teamkollegen überleben können.“ Das sagte Sieger Milan im Flash-Interview und gab die Blumen für seinen Erfolg sprichwörtlich weiter. Tatsächlich hatte seine Mannschaft den Löwenanteil an Führungsarbeit auf der Etappe übernommen, nachdem sich früh eine Gruppe abgesetzt hatte. Ein bisschen Glück gehörte dennoch dazu. Denn einerseits wurde Milan wie auch weitere Sprinter an der ersten Bergwertung etwas überraschend abgehängt. Anderseits war er im Finale zunächst noch relativ weit hinten und entkam dem späten Sturz so nur knapp.

Merlier bedauert verpasste letzte Chance

Anders als sein großer Kontrahent Merlier. “Ich habe im Finale einen Fehler gemacht und einen Kreisverkehr auf der falschen Seite genommen. Da habe ich viele Positionen verloren. Ich wollte wieder vorfahren, aber dann passierte der Sturz. Dann konnte ich nur noch meine Fähigkeiten vom Cyclocross ausnutzen, um auf dem Rad zu bleiben. Zum Glück konnte ich mich retten“, sagte der Belgier gegenüber Eurosport.

Die Enttäuschung darüber saß durchaus tief. “Ich fühlte mich gut, aber bei der Tour konnte ich insgesamt nur zweimal sprinten. Das ist schade. Ich wollte mehr, aber es gab für mich nicht viele Möglichkeiten. Und dreimal habe ich meine Chance verpasst. Die zweimal, die ich mitspurten konnte, habe ich gewonnen. Ich bin heute dennoch enttäuscht, denn es war meine letzte Chance“, so der Europameister.

Milan hingegen will vom Chaos nichts mitbekommen haben. “Ich wusste nicht, dass es einen Sturz gab. Ich hoffe, dass niemand schwer verletzt ist.“ Am schlimmsten schien es Biniam Girmay (Intermarché – Wanty) erwischt zu haben, der mit angewinkeltem Arm Minuten nach dem Sieger über den Zielstrich rollte – Schlüsselbeinbruch nicht ausgeschlossen. Milan hingegen “wurde in perfekter Position abgesetzt“ und vollendete dann.

Milan baut Polster auf Pogacar aus

50 Punkte waren das für sein Konto im Kampf um das Grüne Trikot. Elf hatte er zuvor schon am Zwischensprint eingesammelt. Das macht in Summe nun 72 Zähler Vorsprung auf Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG), für den es damit nun schwieriger werden dürfte, neben der Gesamt- auch die Punktewertung zu gewinnen. “Heute haben wir etwas mehr Vorsprung herausgearbeitet und ich bin dadurch etwas relaxter“, sagte Milan, der aber auch bereits ankündigte: “Wir werden jeden Tag an jedem Zwischensprint kämpfen. Am letzten Tag gucken wir, wie es mit dem Tagessieg aussieht.“

Pogacar dagegen wird den Fokus voll auf die morgige Königsetappe von Vif zum Col de Loze legen. Das Gelbe Trikot, das er einen weiteren Tag souverän verteidigt hat, wird er dann zum 50. Mal tragen. Lediglich Eddy Merckx (111), Bernard Hinault (79), Miguel Indurain (60), Christopher Froome (59) und Jacques Anquetil (52) waren häufiger in seinem Besitz.

Für Florian Lipowitz (Red Bull – Bora – hansgrohe) wird es der vierte Tag in Weiß sein. Auch der Deutsche umschiffte alle Schwierigkeiten und konnte Kräfte sparen vor dem härtesten Tag der Rundfahrt. Das tat auch Lenny Martinez (Bahrain Victorious) als Pogacars punktgleicher Stellvertreter im Bergtrikot, für den das kommende Teilstück ebenfalls das entscheidende im Kampf um die Sonderwertung werden dürfte.

So lief die 17. Etappe der Tour de France:

Schon auf den ersten Kilometern setzten sich Jonas Abrahamsen (Uno-X Mobility), Quentin Pacher (Groupama - FDJ), Mathieu Burgaudeau (TotalEnergies) und Vincenzo Albanese (EF Education – EasyPost) erfolgreich ab. Einige Zeit lang versuchte Axel Laurance (Ineos Grenadiers) noch, nach vorn zu kommen, doch dann gab der Franzose sein Unterfangen auf, weil er nicht näher an das Quartett heran kam.

Die Teams Lidl – Trek und Soudal - Quick-Step übernahmen die Kontrolle im Feld und ließen den Abstand zu dem Spitzenquartett nie über drei Minuten anwachsen. Den Zwischensprint gewann Abrahamsen vor Burgaudeau, Albanese und Pacher. Aus dem Feld heraus sicherte sich Milan elf Punkte vor Girmay, der noch zehn abbekam.

Am ersten Anstieg der 4. Kategorie erhöhte Ineos Grenadiers 94 Kilometer vor dem Ziel das Tempo schlagartig, wodurch es zu einem Riss im Feld kam. Milan befand sich wie Merlier in der hinteren Gruppe. Das Loch zwischen den beiden Hauptfeldern ging schnell auf eine Minute auf. Gleichzeitig schrumpfte der Vorsprung der Ausreißer auf 30 Sekunden.

Van Aert attackiert erfolglos

75 Kilometer vor dem Ziel hatten zurückberufene Lidl-Helfer die Lücke wieder geschlossen. In der Folge wuchs auch der Vorsprung des Ausreißer-Quartetts wieder auf mehr als eine Minute. Bis zur zweiten Bergwertung (4. Kat.) 45 Kilometer vor dem Ziel blieb es dann ruhig. Dort aber attackierte Wout van Aert (Visma – Lease a Bike). Er schaffte den Sprung nach vorne allerdings nicht und ließ sich ins Feld zurückfallen.

Derweil begann es gut 30 Kilometer vor dem Ziel zu regnen. Bis ins Finale hinein blieb es allerdings ruhig. Kurz nachdem die 5-Kilometer-Sprintzone erreicht war, wurde mit Abrahamsen der letzte Ausreißer gestellt. Danach übernahmen die Sprintteams, allen voran Bahrain Victorious, Lotto und Israel – PremierTech die Kontrolle. Milan und Merlier dagegen waren noch 2000 Meter vor der Ziellinie relativ weit hinten.

Das Streckenprofil der 17. Etappe der Tour de France | Foto: Veranstalter

Dem Europameister sollte das zum Verhängnis werden, denn unter dem Teufelslappen kollidierten Pavel Bittner (Picnic – PostNL) und Cyril Barthe (Groupama – FDJ). Beide stürzten und blockierten die Straße für alle dahinterfahrenden – darunter auch Merlier. Bauhaus kam zwar noch durch, hatte aber an Geschwindigkeit verloren. Ackermann ging ebenfalls zu Boden. Etwas schwerer erwischt hatte es offenbar Biniam Girmay (Intermarché – Wanty), der umgeben von einigen Teamkollegen dann doch noch das Ziel errichte.

Weniger als 15 Fahrer waren bei dem Sturz im vorderen Teil des Feldes ungeschoren durchgekommen. Unter denen war in einem fairen Sprint Milan der Beste, auch wenn Meeus mit der höchsten Endgeschwindigkeit nochmal Boden gutmachte, dennoch aber eine gute halbe Radlänge Rückstand auf das Grüne Trikot hatte.

Results powered by FirstCycling.com

Mehr Informationen zu diesem Thema

11.08.2025Gianetti: “Pogacar zu sein ist schön, aber nicht einfach“

(rsn) – Mauro Gianetti, der Teamchef von UAE – Emirates – XRG hat sich zum kommenden Rennkalender und zum Vuelta-Verzicht von Tadej Pogacar geäußert. Am Ende der Tour de Pologne sagte er gege

03.08.2025Liste der ausgeschiedenen Fahrerinnen / 9. Etappe

(rsn) - 154 Profis aus 22 Teams sind am 26. Juli im westfranzzösischen Vannes zur 4. Tour de Frances Femmes (2.WWT) angetreten, darunter sieben Deutsche, sechs Schweizerinnen und drei Österreicheri

31.07.2025Pogacar “langweilte“ sich in der zweiten Hälfte der Tour

(rsn) – Neben dem Gelben und dem Gepunkteten Trikot sicherte sich Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) bei der Tour de France 2025 vier Etappensiege. Den letzten davon feierte der Slowene ab

30.07.2025Häuslicher Unfall: Vauquelin bricht sich den Knöchel

(rsn) – Spätestens mit seinem siebten Platz bei der 112. Tour de France hat Kevin Vauquelin (Arkéa – B&B Hotels) auch international seinen Bekanntheitsgrad deutlich erhöht. Die Freude über das

29.07.2025Zwei Tage nach der Tour: Aldag verlässt Red Bull - Bora - hansgrohe

(rsn) – Rolf Aldag und Red Bull – Bora – hansgrohe gehen ab sofort getrennte Wege. Das kündigte der deutsche WorldTour-Rennstall überraschend zwei Tage nach Ende der Tour de France an, bei der

28.07.2025Lipowitz: “Manchmal ist der Sportchef nicht glücklich mit mir“

(rsn) - Nur Florian Lipowitz (Red Bull – Bora – hansgrohe) konnte in den Bergen der Tour de France ansatzweise mit Tour-de-France-Sieger Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) und dem Zweitplat

28.07.2025Im Überblick: Alle Gelbe Karten bei der 112. Tour de France

(rsn) – Drei Tage hat es gedauert, bis die UCI-Jury bei der Tour de France 2025 zum ersten Mal hart durchgegriffen und Gelbe Karten verteilt hat: Im Sturzchaos von Dünkirchen bestraften die Kommiss

28.07.2025Angst, natürlicher Schwund und finanzielle Ungleichheit

(rsn) – Die Tinte in den Radsport-Geschichtsbüchern ist gerade erst getrocknet: Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) hat bei der Tour de France 2025 im direkten Duell mit seinem großen Widersa

28.07.2025Vingegaards “merkwürdige Tour“ endet auf Platz zwei

(rsn) – Das große Ziel hat Visma – Lease a Bike bei dieser Tour de France verfehlt. Jonas Vingegaard musste in Paris mit der zweiten Stufe auf dem Podium vorliebnehmen, der ewige Rivale Tadej Po

28.07.2025Montmartre wirklich einmalig? Prudhomme zieht Tourmalet-Vergleiche

(rsn) – Es sollte etwas Besonderes werden. Immerhin gab es ja auch einen runden Geburtstag zu feiern. Vor 50 Jahren endete die Tour de France erstmals in Paris auf den Champs-Élysées, Ex-Telekom-T

28.07.2025Bericht: Pogacar verzichtet auf die Vuelta

(rsn) – Nach der Tour de France wird es wohl nicht zum nächsten Duell der beiden Topfahrer Tadej Pogacar (UAE - Emirates - XRG) und Jonas Vingegaard (Visma - Lease a Bike) bei der Vuelta a España

28.07.2025Ineos: Von “Null Toleranz“ zu “Null Transparenz“

(rsn) - Es hat etwas gedauert, bis die ARD-Reportage “Geheimsache Doping: Im Windschatten“ auch bei der Tour de France ankam. Aber auf der Pressekonferenz der 20. und vorletzten Etappe sah sich sc

Weitere Radsportnachrichten

27.08.2025Die Startzeiten aller Teams für das Vuelta-Mannschaftszeitfahren

(rsn) – Bei der 80. Vuelta a Espana (2.UWT) steht am Mittwochnachmittag nach einem langen Transfer aus Voiron in der Nähe von Lyon in Frankreich nach Figueres im Nordosten Spaniens ein 24,1 Kilomet

27.08.2025Ferrand-Prévot will nun doch zur WM nach Ruanda reisen

(rsn) – Pauline Ferrand-Prévot (Visma – Lease a Bike) wird entgegen ihres bisherigen Plans nun doch an den Straßen-Weltmeisterschaften in Ruandas Hauptstadt Kigali an den Start gehen. Das teilte

27.08.2025Ceratizit Pro Cycling wird zum Jahresende aufgelöst

(rsn) – Bittere Neuigkeiten für den deutschen Frauen-Radsport: Das Women´s WorldTeam Ceratizit Pro Cycling wird im Jahr 2026 nicht mehr zum Profi-Peloton gehören. Wie der deutsche Rennstall am Di

26.08.2025Ein Kampf gegen die Zeit in der Stadt der schmelzenden Uhren

(rsn) - Nach zwei Jahren ohne Mannschaftszeitfahren in einer Grand Tour, gehen die Mannschaften auf der 5. Etappe der Vuelta a’Espana wieder als Team in den Kampf gegen die Uhr.. Auf der ersten Etap

26.08.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die wic

26.08.2025Philipsen: “Ich habe deshalb an Geschwindigkeit verloren“

(rsn) - Ben Turner (Ineos Grenadiers) gewann in einem packenden Sprint die 4. Etappe der Vuelta a Espana 2025 und holte damit seinen zweiten Sieg auf WorldTour-Ebene, nachdem er vor 20 Tagen bereits i

26.08.2025Nur Gery kommt vor Riedmann ins Ziel

(rsn) – Auf dem Papier war die 3. Etappe der Tour de l’Avenir Femmes (2.2U) flach, doch spätestens als die Siegerin des Vortages, die Niederländerin Scarlett Souren, knapp 7 Kilometer vor dem Zi

26.08.2025Bevort schlägt dem Avenir-Feld ein Schnippchen

(rsn) – Carl-Frederik Bevort hat die 3. Etappe der Tour de l’Avenir gewonnen. Der dánische Neoprofi, der im alltäglichen Rennfahrerleben das Trikot von Uno-X Mobility trägt, setzte sich als Sol

26.08.2025Alpecin baut Philipsen ein – Ersatzmann Turner profitiert

(rsn) – Ben Turner (Ineos Grenadiers) die 4. Etappe der Vuelta a Espana 2025 gewonnen. Im Massensprint im französischen Voiron war er schneller als Jasper Philipsen (Alpecin – Deceuninck) und des

26.08.2025Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 4. Etappe

(rsn) - 184 Profis aus 23 Teams sind am 23. August in Turin in Norditalien zur 80. Vuelta a España (2.UWT) angetreten. 3151 Kilometer ist die Spanien-Rundfahrt in diesem Jahr lang, nicht weniger als

26.08.2025Transfer-Großkampftag mit Bauernfeind, Küng und Visma

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

26.08.2025Vom Triathleten an die Seite eines zweifachen Toursieger

(rsn) – Anders als viele hoffnungsvolle deutsche Talente, die es in die WorldTour geschafft haben, hat Anton Schiffer (Bike Aid) den Radsport nicht von der Pike auf gelernt. In einer Dekade, in der

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • La Vuelta Ciclista a Espana (2.UWT, ESP)
  • Radrennen Männer

  • Tour Poitou - Charentes (2.1, FRA)
  • Muur Classic Geraadsbergen (1.1, BEL)
  • Tour of Routhe Salvation (2.2, TUR)