Interview mit dem Stölting-Teamchef

Hahn: „Unsere Erfolge sind kaum zu toppen"

Foto zu dem Text "Hahn: „Unsere Erfolge sind kaum zu toppen
Stölting-Teamchef Jochen Hahn im Trainingslager auf Mallorca | Foto: Bölb

25.02.2015  |  (rsn) - Jochen Hahn leitet seit 2012 sehr erfolgreich das deutsche Continental-Team Stölting. Im Trainingslager auf Mallorca sprach der 53 Jahre alte Berliner, der über einen Diplomabschluss in Physik verfügt, unter anderem über die Ziele für die Saison 2015, erklärt, warum es derzeit in Deutschland nur wenige hoffnungsvolle Bergfahrer gibt, und erläutert, warum er bei seiner Mannschaft keine Notwendigkeit für sogenannte Teambuildingaktionen sieht.

Herr Hahn, was hat Sie am Projekt Stölting gereizt?
Jochen Hahn: Es von Anfang an aufzubauen. Wir hatten schon die Perspektive, die Pro-Continental-Lizenz zu bekommen. Das reizt mich nach wie vor. Das ganze Projekt hat einen vertrauenswürdigen Eindruck gemacht und ich habe es bisher nicht bereut.

Gibt es einen sportlichen Wunsch, den Sie für das Team Stölting haben?
Hahn: Für ein Continental-Team sind unsere Erfolge kaum zu toppen. Viel mehr können wir nicht erwarten. Wir haben im letzten Jahr die Bronzemedaille bei der deutschen Profi-Meisterschaft geholt (durch Phil Bauhaus, d. Red.). Da können wir kaum eine Verbesserung verlangen. Wenn wir das 2015 bestätigen können, sind wir glücklich. Wir haben bei den Rundfahrten in der 2. Kategorie einiges gewonnen. Klar würden wir auch gerne mal im „Einser-Bereich“ etwas gewinnen, aber das ist sehr schwer.

Wie sieht ein typischer Tag für einen Teamchef im Trainingslager aus?
Hahn: Frühstück, individuelle Stabilisationsübungen, bei denen ich ab und an auch assistiere. Da wir keinen Mechaniker haben, kümmere ich mich vor der Abfahrt auch noch um die Räder. Wenn eine flache Ausfahrt ansteht, dann fahre ich selber mit. Das ist oftmals sinnvoller, weil ich da die Sachen besser sehe und sie ansprechen kann. Wenn es in die Berge geht, dann begleite ich die Jungs mit dem Auto und schaue mir das Training an. Anschließend werden die SRM-Daten ausgewertet und das Training für den nächsten Tag geplant, bevor das Abendessen auf dem Programm steht. So ein Tag geht sehr schnell rum.

Stichwort Teambuilding: Bjarne Riis hat mit seinem Tinkoff-Saxo-Team den Kilimandscharo erklommen. Gibt es bei Stölting ähnliche Vorhaben?
Hahn: Das Team harmoniert momentan super. Etwas Spezielles habe ich nicht geplant. Da gibt es momentan keinen Bedarf. Teambuildings sind oftmals als Marketingmaßnahmen zu sehen, die sicher auch ihre Berechtigung haben, aber man muss es nicht unbedingt machen.

Was war bislang für sie als Teamchef bei Stölting der schönste Moment?
Hahn: Da würde ich keinen speziellen Moment rauspicken. Es gab sehr viele tolle Erlebnisse. Da möchte ich jetzt nicht ein einziges herausheben.

Der deutsche Radsport ist aktuell vor allem für seine Sprinter und Zeitfahrer bekannt. Warum gibt es kaum exzellente Rund- oder Bergfahrer?
Hahn: In Deutschland gibt es nicht viele Berge. Deshalb gibt es auch kaum Bergrennen. Gute Bergfahrer können sich hierzulande kaum durchsetzen. In der Bundesliga bekommen gute Kletterer kaum eine Chance, sie müssen stattdessen für ihren Sprinter die Löcher zufahren.

Warum bringen dann aber unsere Nachbarn aus den Niederlanden immer wieder gute Kletterer hervor wie zum Beispiel Robert Gesink, Bauke Mollema oder Laurens ten Dam hervor?
Hahn: In den Niederlanden ist das Potenzial einfach viel größer. Dort gibt es mehr Nachwuchsfahrer und auch mehr Rennen. Bei unseren Nachbarn hat der Radsport eine viel größere Tradition. Insofern holen wir in Deutschland fast schon das Maximum raus. Wir haben für unsere Verhältnisse erstaunlich viele gute Fahrer. Die guten Bergfahrer entwickeln sich oft erst sehr spät. Ein Mollema oder ein ten Dam haben auch sehr viel Anlaufzeit gebraucht, um sich zu etablieren. Das lässt sich nicht generalisieren. Wir hatten in Deutschland auch schon gute Bergfahrer, die den Durchbruch nicht geschafft haben. Da ist auch oft viel Glück dabei.

Wird es in Deutschland nochmal einen solchen Radsportboom wie Ende der Neunziger geben?
Hahn: Schön wäre es. Das ist aber rein spekulativ. Ein Selbstläufer ist das mit Sicherheit nicht. Selbst wenn wir wieder einen Fahrer hätten, der um den Sieg bei einer Grand Tour kämpfen sollte, wird das Misstrauen immer mitfahren. Die kritischen Fragen werden kommen. Große Teile der Medien und auch der Bevölkerung glauben nicht an einen sauberen Toursieger, was ich persönlich für Unsinn halte. Es ist schwer, das aus den Köpfen der Menschen herauszubekommen. Die Begeisterung wird wohl nie mehr so blauäugig und ungetrübt wie vor 15 Jahren sein. Aber das ist ja auch vielleicht ganz gut so. Insofern sollten wir diesen Zeiten auch nicht hinterherweinen.


Mit Jochen Hahn sprach Thomas Goldmann.

Weitere Radsportnachrichten

27.10.2025Matxin verrät Pogacar-Pläne nach UAE-Rekordjahr

(rsn) – UAE – Emirates – XRG-Manager Matxin Fernandez hat bekanntgegeben, dass bei Tadej Pogacar zwei Fixpunkte im Kalender für die Saison 2026 stehen. Gegenüber der spanischen Zeitung Marca

27.10.2025Bulgarien, Blockhaus, Dolomiten: Gerüchte um Giro-Strecke 2026

(rsn) – Nachdem die kündigte nach der Streckenpräsentation der Tour an, dass man das Programm der Topfahrer des Teams erst nach Bekanntgabe der Routen der anderen Grand Tours festlegen wolle. An

27.10.2025Vivianis letzter Tanz brachte das Regenbogentrikot

(rsn) – Es war wohl der emotionale Höhepunkt der 122. Bahn-Weltmeisterschaften in Santiago de Chile, als Elia Viviani bei seinem letzten großen internationalen Rennauftritt noch einmal um den Wel

27.10.2025Lidl erwirbt Mehrheitsbeteiligung an Lidl - Trek

(rsn) – Das deutsche Unternehmen Lidl hat die Mehrheitsbeteiligung am US-Team Lidl – Trek erworben. Das gab der Discounter in einer Pressemitteilung bekannt. Das Vorgehen folgt einer Ankündigung

27.10.2025Bericht: Colbrelli raus bei Bahrain - Gasparotto als Nachfolger

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

26.10.2025Augenstein und Kluge können sich nur kurz über WM-Bronze freuen

(rsn) – Roger Kluge und Moritz Augenstein hatten sich am Schlusstag der Bahn-Weltmeisterschaften in Santiago de Chile schon für die Siegerehrung vorbereitet. Das deutsche Madison-Duo hatte auch al

26.10.2025Vuelta a Espana 2026 beginnt mit Einzelzeitfahren in Monaco

(rsn) – Während seit dem vergangenen Donnerstag bereits die gesamte Strecke der 113. Tour de France bekannt ist, haben die Organisatoren der Spanien-Rundfahrt nun zumindest den Auftakt der 81. Ausg

26.10.2025Kopfsache: Schweizerinnen kämpften erfolgreich um Rang acht

(rsn) – Viele Stürze, keine Bonusrunden und ein enges Rennen bis zum letzten Sprint bot das Madison der Frauen am Samstagabend bei den Bahn-Weltmeisterschaften in Santiago de Chile. Im Velodromo Pe

26.10.2025Vanthourenhout wählt in Overijse den richtigen Moment

(rsn) – Michael Vanthourenhout (Pauwels Sauzen – Altez) hat nach dem Auftakt in Ruddervoorde auch den zweiten Lauf der Superprestige-Serie in Overijse gewonnen. Der Belgier entledigte sich in der

26.10.2025Nach Brands Sturz war in Overijse für Casasola der Weg frei

(rsn) – Ein Sturz von Lucinda Brand (Baloise – Glowy Lions) hat den zweiten Lauf der Superprestige in Overijse entschieden. Die Niederländerin war der Konkurrenz gemeinsam mit Sara Casasola (Crel

26.10.2025Del Toro geht als Mexikanischer Doppelmeister in die Winterpause

(rsn) – Isaac Del Toro hat seine herausragende Saison standesgemäß beendet. Der 21-jährige Mexikaner entschied in seiner Heimatstadt Ensenada auch das Straßenrennen der Nationalen Meisterschafte

26.10.2025Letzter Punktesprint kostet Augenstein weitere WM-Medaille

(rsn) – Mit mehreren guten Resultaten endete für das deutsche Team der vierte Tag der 122. Bahn-Weltmeisterschaften in Santiago de Chile, eine weitere Medaille sprang aber nicht dabei heraus. Sc

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine