Mayers Kolumbien-Tagebuch / 7. Etappe

Aus dem lockeren Tag wurde doch noch ein harter

Von Yannick Mayer

Foto zu dem Text "Aus dem lockeren Tag wurde doch noch ein harter"
Yannick Mayer (Bike Aid) | Foto: Bike Aid

14.08.2014  |  (rsn) - Vor der heutigen 7. Etappe der Kolumbien-Rundfahrt durften wir einen Ruhetag genießen. Dieser ist übrigens Pflicht bei Rennen von mehr als zehn Tagen. Wir blieben also einen weiteren Tag in Pereira im schönen, jedoch leider sehr warmen Gran Hotel. Die Gestaltung des Ruhetages sah bei jedem etwas anders aus.

Während Daniel, Richard und Mekseb das Rad einen Tag stehen ließen, ging ich mit Meron, unseren Betreuern und der italienischen Area Zero-Mannschaft sowie dem Colombia-Team ein wenig trainieren. Nach knapp 20 Kilometer wurde gewendet, woraufhin unser Betreuerstab beschloss, noch ein Stück weiterzufahren.

Bei der Wende war zufällig ein Verkaufsstand mit frischen Ananas aufgebaut und so war es wenig verwunderlich, dass dort insgesamt sechs Mannschaften Station machten. Für die Verkäuferin war es sicher ein einträgliches Geschäft, zugleich aber auch ein seltsamer Anblick, ihren Stand von 40 Rennfahrern belagert zu bekommen.

Die Stimmung unter den Rennfahrern ist ausgesprochen freundschaftlich und das, obwohl sie sich täglich gegenseitig solche Schmerzen zufügen. Im Gegensatz zu Deutschland stellt sich auch keiner als besonders gut dar oder macht sich über andere lustig. Das hat man hier scheinbar nicht nötig und ich begrüße das sehr!

Den Rest des Tages verbrachte ich unter anderem beim Friseur, in der Waschküche des Hotels zur Radpflege und mit einem kleinen Stadtbummel, sowie der obligatorischen Massage.

Die 7. Etappe fand wieder um Pereira herum statt, was die Sache sehr erleichterte. Der Veranstalter hat sich eine 196 Kilometer lange Runde mit einem gemäßigten Höhenprofil ausgesucht. Über den Berg der 3. Kategorie zu Beginn hätten wir es auch beinahe mit dem Hauptfeld geschafft. Durch die Autos wieder ranfahren war auch kein Problem.

Es sah also ganz nach einem goldenen Tag in Kolumbien aus. Auch der unfassbar schnelle Schnitt von 50 km/h in den ersten beiden Rennstunden war machbar, da es leicht bergab ging. Nur die Konzentration wurde bei diesem hohen Tempo über Gebühr beansprucht. Auf dem Rückweg ging es logischerweise die ganze Zeit leicht bergauf, aber dafür mit Rückenwind. Insofern ein echt lockerer Ritt, der einfachste bisher.

Vermutlich deshalb gab es bei verschiedenen Teams Wassereis als Verpflegung. Leider blieb das nicht bis zum Ziel so. Die letzte Bergwertung wurde wieder so hastig erklommen, dass es das Feld in mehrere Gruppen zerlegte. Ich musste also wieder leiden und aus dem lockeren Tag wurde doch noch ein harter. Dabei gibt es im Spanischen ganze 17 Begriffe für „locker“. Dank an Daniel für seine hervorragende Recherche für diesen Beitrag zur Serie „Unnützes Wissen im Radsport“. Die Kolumbianer kennen scheinbar keines dieser 17 Wörter - zumindest nicht im Zusammenhang mit Radsport.

Meron hatte heute leider Bodenkontakt und hat sich ein Stück von einem Zahn abgetrennt und die Brille hat auf der Nase ihre Spuren hinterlassen. Ansonsten hat er aber keine weiteren Schäden zu beklagen. Richard war in denselben Sturz verwickelt und schaffte es dann erst spät, wieder zu meiner Gruppe vorzufahren. Zu allem Überfluss gewinnt schlussendlich auch noch genau jener Italiener, der Richard aus dem „Ausländertrikot“ gefahren hat.

Eines hätte ich fast noch vergessen zu erwähnen. Im Rennen kam ein etwas betagterer Rennfahrer zu mir und wollte meine Laufräder abkaufen. Er stellte sich als gewisser Felix Cardenas vor, der die Rundfahrt 2011 und 2012 gewonnen hatte. Ihm gefielen die Räder und er würde später im Hotel vorbeikommen, bezahlen und die Ware mitnehmen: Hand drauf und der Deal war besiegelt. Mein Gepäck nach Hause wird also etwas leichter.

Morgen wartet dann Teilstück Nummer acht auf uns, reichlich Höhenmeter inklusive.

Bis morgen,

Euer Yannick

Mehr Informationen zu diesem Thema

18.08.2014Wir kommen wieder - aber nicht als Radfahrer

(rsn) - Letzter Tag und nur 100 Kilometer auf einem schönen Rundkurs in der Stadt, was will man mehr? Gut, vielleicht einen fast sicheren Gesamtsieger, dessen Mannschaft das Geschehen unter Kontrolle

17.08.2014Bergzeitfahren bei Nacht - ein surreales Erlebnis

(rsn) - Als vorletzte Etappe der Kolumbien-Rundfahrt hatte sich der Veranstalter ein besonderes Schmankerl ausgedacht: ein Bergzeitfahren über 17 Kilometer bei Nacht. Es ging von Medellin zum Alto de

16.08.2014Vanilleduft oder Sinnestäuschung?

(rsn) - Heute darf ich leider nur noch von vier aktiven Bike Aid Fahrern berichten. Wie es sich bereits gestern Abend angedeutet hat, konnte Richard nicht mehr zur 9. Etappe antreten. Nach einer schla

15.08.2014So langsam geht es an die Substanz

(rsn)  So langsam sehne ich mir das Ende der Rundfahrt herbei und auch mein Körper schreit regelrecht danach. Ich bin heute Morgen im selben Zustand aufgewacht, in dem ich gestern Abend ins Bett geg

12.08.2014Mit fürchterlichem Ohrwurm den Scharfrichter hochgefahren

(rsn) - Die Anspannung vor der heutigen Etappe war bei uns im Team förmlich greifbar. Beim Frühstück wurde wenig gesprochen und jeder achtete nochmals besonders darauf, hochwertige Nahrungsmittel z

11.08.2014„I really, really don’t like this race“

(rsn) - Das heutige Resümee fällt etwas knapper aus als das doch sehr emotionale von gestern. Viel gibt es auch nicht zu berichten, obwohl auch diese Etappe wieder anders verlief als erwartet. Der S

10.08.2014Im Ziel brachen bei mir alle Dämme

(rsn) - Vor der heutigen Etappe war bei mir die Angst riesengroß, am Abend nicht mehr im Rennen zu sein. Eine deutlich längere Etappe mit sehr geringer Karenzzeit war nicht gerade das, wonach mir de

09.08.2014Man fühlt sich wie im Circus Maximus

Den Tagesverlauf der dritten Etappe muss ich zumindest teilweise chronologisch schildern, um ein authentisches Gefühl dafür vermitteln zu können, wie es uns momentan geht. Der Sinn für die Schö

08.08.2014Doch nicht Letzter!

(rsn) - Es gibt Rundfahrten, die super organisiert sind und uns Fahrern große Freude bereiten, sofern man von den vier Stunden Radrennen jeden Tag absieht. Die Vuelta a Colombia gehört zu dieser Kat

07.08.2014Die beste Regelung seit Erfindung des Zeitfahrens spielte uns in die Karten

(rsn) - Vor der Ankunft am Startort stand für unsere Truppe noch ein kleiner Inlandsflug von Bogota nach Bucaramanga auf dem Programm. Wollte man eine Rangliste der spektakulärsten Landebahnen diese

Weitere Radsportnachrichten

26.07.2025Groves gewinnt vorletzte Tour-Etappe als Solist

(rsn) - Mit einem 17 Kilometer langen Solo hat Kaden Groves (Alpecin - Deceuninck) die 20. Etappe der Tour de France gewonnen. Über 182 Kilometer zwischen Nantua und Portalier, die weitestgehend im R

26.07.2025Zwei Millionen Euro Ablöse für Evenepoel? Nächstes Kapitel im Wechselpoker

(rsn) – Ob Remco Evenepoel diesen Winter von Soudal – Quick-Step zu Red Bull - Bora – hansgrohe wechseln wird, beschäftigt seit Wochen die Gemüter. Verschiedene Journalisten melden verschieden

26.07.2025Niewiadoma, Vollering & Co. über ihre Chancen bei der Tour de France Femmes

(rsn) – Die 4. Tour de France Femmes steht in den Startlöchern. Sobald die Männer ihre 20. Etappe hinter sich gebracht haben, machen sich die Frauen auf den Weg zu ihrer ersten Etappe. Der Ausgang

26.07.2025Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 20. Etappe

(rsn) - 184 Profis aus 23 Teams sind am 5. Juli im nordfranzzösischen Lille zur 112. Tour de France (2.UWT) angetreten, darunter zehn Deutsche, drei Österreicher und fünf Schweizer. Hier listen

26.07.2025Onley nahm den Kampf ums Podium auf und verlor - vorerst

(rsn) - Oscar Onley (Picnic – PostNL) hatte vor dem Start der 19. Etappe der Tour de France hinauf in die Skistation La Plagne einen großen Kampf angekündigt, um Florian Lipowitz (Red Bull – Bor

26.07.2025Acht Monate auf Bewährung für den Flitzer von Valence

(rsn) – Für seinen kurzen Moment der in der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, den die französische Polizei im Ziel der 17. Etappe der Tour de France mit einem gut getimten Bodycheck schnell wied

26.07.2025Warum griff Roglic nach La Plagne an, statt Lipowitz zu helfen?

(rsn) - Als Primoz Roglic zu Beginn der 19. Etappe der Tour de France plötzlich attackierte, sah es nach einer guten Taktik aus, um Florian Lipowitz im Kampf um das Podium und dem Weißen Trikot zu u

26.07.2025Genau das Richtige für Puncheure und Klassikerjäger

(rsn) - Die 20. Etappe der Tour de France bietet eine letzte Chance für Ausreißer und Angreifer, bevor es nach Paris geht. Auf den 184 Kilometern von Nantua nach Pontarlier müssen immerhin 2.850 HÃ

26.07.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die wic

25.07.2025Ausreißer Arensman foppt Pogacar zum zweiten Mal

(rsn) - Es war leider nicht herauszufinden, ob das Nordlicht aus der Provinz Gelderland mit dem größten Coup der Fangemeinde des FC St. Pauli aus Hamburg vertraut ist. Als der Bundesligaklub aus dem

25.07.2025Erst kurz hinter der Ziellinie geriet das Gelbe Trikot in Gefahr

(rsn) – Im Ziel der 19. Etappe der Tour de France wurde es für das Gelbe Trikot doch nochmal brenzlig. Ein übereifriger Ordner stürmte auf Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) zu und rannte d

25.07.2025Gall jagte mit nur einem Gedanken hinauf nach La Plagne

(rsn) – Dass Felix Gall (Decathlon – AG2R La Mondiale) einmal diese Worte sagen würde, hätte er sich wahrscheinlich auch nicht vorstellen können. “Vor dem Schlussanstieg haben meine Teamkolle

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de France (2.UWT, FRA)
  • Radrennen Männer

  • Dookola Mazowsza (2.2, POL)
  • Ethias-Tour de Wallonie (2.Pro, BEL)
  • Radrennen Frauen

  • Kriterium Offenbach (BLF, GER)