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22.08.2024 | (rsn) – Die 79. Vuelta a Espana war für Ben O’Connor (Decathlon - AG2R - La Mondiale) denkbar schlecht gestartet: Auf der Bergankunft der 4. Etappe am Pico Villuercas kam der Australier früh in Schwierigkeiten und büßte über eine Minute ein. Zwei Tage später meldete sich O’Connor nun eindrucksvoll zurück: Der 28-Jährige sicherte sich nach 27 Kilometer langer Soloflucht aus einer Ausreißergruppe den Tagessieg der 6. Etappe in Yunquera und übernahm zusätzlich die Gesamtführung der Rundfahrt.
Rang zwei nach 185,5 Kilometern und Start in Jerez de la Frontera ging mit 4:33 Minuten Rückstand an Marco Frigo (Israel – Premier Tech), Platz drei aus der Fluchtgruppe belegte nach 5:12 Minuten im Vierersprint Florian Lipowitz (Red Bull – Bora – hansgrohe). Das Hauptfeld erreichte 6:31 Minuten hinter O’Connor das Ziel.
Der neue Mann im Roten Trikot hatte sich zunächst 62 Kilometer vor dem Ziel zusammen mit Gijs Leemreize (dsm-firmenich PostNL) aus der Fluchtgruppe abgesetzt, fuhr im Anschluss fast alles von vorne und legte die letzten 27 Kilometer schließlich als Solist zurück. O’Connor komplementierte nach Etappenerfolgen beim Giro d’Italia und Tour de France damit sein Grand-Tour-Tagessieg-Triple.
Für die Klassementfahrer war das Finale indes nicht selektiv genug. Entsprechend war das Teilstück von Beginn an prädestiniert für eine Fluchtgruppe – und ebenso erwartet chaotisch und umkämpft verlief die Anfangsphase mit zahlreichen Angriffen und Fluchtgruppen. Die letzte Prüfung des Tages war der Schlussanstieg Puerto de Las Abejas, der jedoch nur als Berg der 3. Kategorie eingestuft war und mit einer Durchschnittssteigung von 3,9 Prozent moderat daherkam.
“Ich war heute wirklich in meiner eigenen Welt unterwegs. Als die erste 30-köpfige Gruppe ging, war ich etwas enttäuscht, denn ich hielt das für eine gute Gelegenheit. Als sich dann eine neue Chance bot, hatte ich es einfach probiert. Heute war der Tag, an dem ich meine Chance ergreifen musste. Ich habe alles gegeben und schon am Start gespürt, dass ich diese Etappe gewinnen kann. Es ist etwas ganz Besonderes, alles so kaputt fahren zu können. Ich habe jeden Moment davon genossen“, sagte O’Connor im Ziel.
Für ihn ist es zudem das erste Führungstrikot bei einer Grand Tour. Ob er es lange halten kann? "Vielleicht. Vielleicht nicht. Es hängt davon ab, wie ich auf den nächsten Bergetappen drauf bin. Es ist jedenfalls eine großartige Gelegenheit und ich werde es so gut wie möglich genießen.“
In der Gesamtwertung hat sich O’Connor mit seinem Solosieg ein beachtliches Polster herausgefahren. Der Gesamtvierte der diesjährigen Italien-Rundfahrt führt mit 4:51 Minuten Vorsprung auf Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe). Es folgt Joao Almeida (UAE Team Emirates, +4:59). Lipowitz hat sich durch seine Fluchtbeteiligung auf Rang vier nach vorne geschoben und das Trikot des besten Nachwuchsfahrers übernommen. Er liegt 5:18 Minuten hinter O’Connor.
"Eigentlich war der Plan, dass keiner aus unserem Team in die Ausreißergruppe geht. Wir wollten, dass ein Ausreißer durchkommt. Es gab dann aber sehr viele Attacken im Anstieg und ich bin da einfach mitgegangen", sagte Lipowitz am Eurosport-Mikrofon. "Am Ende haben wir es in der Gruppe etwas vermasselt, weil keiner arbeiten wollte. So folgten weitere Attacken und ich war da nicht mehr am Zug. Ich hatte aber richtig gute Beine heute, bin zufrieden, wie meine Form aktuell ist, es wäre heute aber mehr drin gewesen“, fügte er an.
In der Bergwertung führt weiterhin Sylvain Moniquet (Lotto - Dstny). Das Grüne Trikot des Führenden der Punktewertung behält Wout van Aert (Visma – Lease a Bike).
? An EXHIBITION of strength that will be remembered! Relive the LAST KM where ???????? @ben_oconnor95 was able to celebrate his victory and race lead.
— La Vuelta (@lavuelta) August 22, 2024
???? ¡Una EXHIBICIÓN que será recordada! Revive el ÚLTIMO KM gracias a @carrefourES.
#LaVuelta24 pic.twitter.com/iP7beNy4p2
Mit Start der Etappe gingen die Attacken um die Ausreißergruppe des Tages los. Und es dauerte etliche Kilometer, ehe eine Fluchtgruppe sich entscheidend absetzen konnte – bis dahin sorgten zahlreiche Angriffe für eine temporeiche Anfangsphase. Zwischenzeitlich initiierte auch Felix Engelhardt (Jayco – AlUla) eine Gruppe, die wenige Kilometer später aber wieder gestellt war.
Nach 40 Kilometern formte sich dann eine 33-köpfige Spitzengruppe, zu der unter anderem Chris Harper (Jayco – AlUla), Rainer Kepplinger (Bahrain Victorious), Andreas Kron und Victor Campenaerts (Lotto – Dstny), Kim Heiduk und Joshu Tarling (Ineos Grenadiers), Marc Soler (UAE Team Emirates), Pelayo Sánchez (Movistar) und Jesús Herrada (Cofidis) zählten. Schnell fuhr die Gruppe einen Vorsprung von rund eineinhalb Minuten heraus, doch im Feld kehrte keine Ruhe ein – immer wieder gab es Konterattacken.
Das Streckenprofil der 6. Etappe der Vuelta a Espana | Foto: Veranstalter
So bildete sich eine Verfolgergruppe um Lipowitz, O’Connor und Jay Vine (UAE Team Emirates). Und auch die Fluchtgruppe zerfiel am ersten Anstieg des Tages, dem Puerto del Boyar (1. Kat.), wieder, sodass sich letztendlich eine 13-köpfige Spitzengruppe herausbildete. Aus dieser sicherte sich schließlich Sánchez die zehn Bergpunkte am Gipfel.
Ebenfalls zur endgültigen Spitzengruppe gehörten nun Lipowitz, O’Connor und dessen Teamkollege Clément Berthet, Vine, Harper, Leemreize, Mauri Vansevenant (Soudal - Quick-Step), Luca Vergallito (Alpecin – Deceuninck), Frigo, Cristian Rodriguez (Arkéa - B&B Hotels), Urko Berrade und Pablo Castrillo (beide Kern Pharma). Der Vorsprung der Gruppe wuchs nach dem Puerto del Boyar schnell an und lag 70 Kilometer vor dem Ziel bei fast fünf Minuten.
Bestplatzierter dieser Fahrer war Lipowitz, der sich damit virtuell vorübergehend an der Spitze der Gesamtwertung befand. Doch O’Connor lag im Klassement nur sechs Sekunden hinter den Deutschen, gewann den Zwischensprint mit Zeitbonifikation in Ronda und nahm die Chance auf das Führungstrikot dann aktiv in die Hand: 62 Kilometer vor dem Ziel setzte sich der Australier mit Leemreize aus der Gruppe ab und fuhr zügig 50 Sekunden an Vorsprung heraus.
Mit dem Niederländer am Hinterrad gewann O’Connor auch die nächste Bergwertung am Puerto del Viento (3. Kat.), während unter den restlichen Ausreißern zunächst keine Einigkeit zur Verfolgung aufkam. Die Gruppe zerfiel zudem, da sich Frigo, Berrade und Sanchez als Trio absetzen, aber nur bis 30 Sekunden an die beiden Führenden herankamen.
35 Kilometer vor dem Ziel lagen O’Connor und Leemreize rund zwei Minuten vor der Gruppe um Lipowitz. Fast zeitgleich stieg UAE Team Emirates im Feld kurzzeitig in die Nachführarbeit ein, die bis dato größtenteils Red Bull – Bora – hansgrohe verantwortet hatte. Offenbar sorgte die Attacke von O’Connor doch etwas für Unruhe unter den Spitzenteams. Der Rückstand betrug zu diesem Zeitpunkt 5:30 Minuten – und wuchs in der Folge weiter an, da sich UAE schnell wieder zurückzog. 27 Kilometer vor dem Ziel schüttelte O’Connor am Puerto MartÃnez (3. Kat.) dann seinen Begleiter Leemreize ab und zog als Solist weiter. Die Bergwertung gewann er ebenfalls.
Die letzte Prüfung des Tages war der neun Kilometer lange Schlussanstieg zum Puerto de Las Abejas (3. Kat.). O’Connor lag zu Beginn allerdings bereits 1:40 Minuten vor seinem ehemaligen Begleiter Leemreize und fuhr souverän Tagessieg und Führungstrikot entgegen – insbesondere, da er seinen Vorsprung auf Verfolger und Feld auch im Anstieg noch weiter ausbaute.
Im Peloton taten sich die Klassementfahrer nicht weh. Sie fuhren gemeinsam dem Ziel entgegen, das sie 6:31 Minuten nach dem Sieger erreichten.
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