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09.09.2024 | (rsn) – Vier Tage weniger als zwei Monate nach dem schmerzhaften Aus von Kapitän Primoz Roglic ist die verkorkste Tour de France für das Team Red Bull – Bora – hansgrohe endlich überpinselt. Jubelfotos in strahlendem Rot vom Plaza de Cibeles konnten am Sonntagabend im Jahreskalender von Team-Manager Ralph Denk sinnbildlich drüber geklebt werden über den dunklen Fleck aus dem Juli. Der große Transfer des vergangenen Winters, die Verpflichtung von Roglic, hat nun doch noch zum großen Erfolg geführt.
Man muss ehrlich sein: Das Gelbe Trikot bei der Tour de France zu gewinnen, wäre gegen den Tadej Pogacar des Juli 2024 wohl ohnehin ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Mit dem vierten Vuelta-Gesamtsieg in der Karriere von Roglic hat das deutsche WorldTeam zum Abschluss der Grand-Tour-Saison – die mit Rang zwei von Dani Martinez beim Giro hinter Pogacar schließlich bereits sehr stark begonnen hatte - also vielleicht sogar das Maximum herausgeholt aus diesem Jahr.
Gerade bei der Vuelta beeindruckten die Mannen von Teamchef Ralph Denk auch als Mannschaft. Als einziger Rennstall brachte man mit Roglic und dem Gesamtsiebten Florian Lipowitz zwei Fahrer in die Top Ten. Und an den beiden im Nachhinein entscheidenden Bergankünften am Puerto de Ancares (13. Etappe) und am Alto de Moncalvillo (19. Etappe) demontierte man die Gesamtklassement-Konkurrenz im Kollektiv, bevor Roglic jeweils allen davonfuhr. ___STEADY_PAYWALL___
Das Podium der Vuelta 2024: Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe, Mitte) gewinnt vor Ben O'Connor (Decathlon – AG2R, links) und Enric Mas (Movistar, rechts). | Foto: Cor Vos
Letztendlich schienen Roglic und sein Team die Vuelta über drei Wochen im Griff zu haben. Einzig der große Zeitgewinn von Ben O'Connor (Decathlon – AG2R) auf der 6. Etappe wurde zunehmend zur Gefahr, als sich der Australier immer länger im Roten Trikot behauptete. Doch auch wenn Roglic ihm das erst auf der 19. Etappe abnahm, so schien ab dem Puerto de Ancares auf Etappe 13 klar, dass es dazu irgendwann kommen würde.
"Wie es sich anfühlt? Nice", sagte Roglic im ersten Sieger-Interview nach dem Abschluss-Zeitfahren in Madrid glücklich und zufrieden. Den Etappensieg im Einzelzeitfahren über 25 Kilometer hatte er zwar um 31 Sekunden verpasst, doch das spielte kaum mehr eine Rolle. Wichtig nur: Die Mission Gesamtsieg war erfüllt, nachdem sie durch eine Krankheitswelle, die schließlich auch ihn selbst betraf, am Sonntagmorgen nochmal in Gefahr geraten war.
"Ich habe versucht, den Etappensieg anzupeilen, um mich zu motivieren. Sonst wird es noch schwieriger, so ein Zeitfahren zu überstehen. Aber es war schwer. Stefan hat einen guten Job gemacht und war heute der Stärkste – mein Glückwunsch! Aber ich freue mich sehr über den Gesamtsieg", so der Slowene, der mit nun vier Vuelta-Siegen den Rekord von Roberto Heras eingestellt hat.
Im Zeitfahren von Madrid bringt Roglic das Rote Trikot nach Hause. | Foto: Cor Vos
Der Spanier Heras hatte die Vuelta 2000, 2003, 2004 und 2005 gewonnen. Sein letzter Sieg war ihm zwar wegen eines positiven EPO-Tests wenige Monate später aberkannt worden, doch sechs Jahre später entschied ein spanisches Gericht, dass er den Sieg zurückbekommen sollte. Die Blutprobe sei nicht ordnungsgemäß verwahrt worden, hieß es damals.
Offiziell ist Roglic daher nicht alleiniger Rekordhalter. Doch das könnte er ja 2025 noch werden. "Ob ich jetzt den fünften Sieg anpeile? Es ist nie genug", lachte er im Sieger-Interview. "Aber es ist schon verrückt jetzt vier zu haben Das will ich erstmal genießen."
Ob Roglic 2025 wieder das Rote Trikot anpeilt, dürfte sich nicht vor dem Juli des kommenden Jahres endgültig entscheiden. Denn die Nominierungen für die Spanien-Rundfahrt werden schließlich meist erst nach der Tour de France wirklich festgezurrt. Das hängt sowohl vom eigenen Saisonverlauf bei Roglic ab, als auch von dem seiner Teamkollegen. Schließlich halten sich Gerüchte bei meist gut informierten internationalen Radsport-Journalisten hartnäckig, dass Red Bull – Bora – hansgrohe im Winter Remco Evenepoel an Bord holen soll – auch wenn sowohl der Belgier als auch Teamchef Ralph Denk das nach wie vor dementieren.
Florian Lipowitz (hier hinter Roglic) fuhr eine beeindruckende Vuelta als Edelhelfer des Gesamtsiegers. | Foto: Cor Vos
Sollte Evenepoel wirklich kommen, so dürfte er wohl Kapitän für die Tour werden und Roglic eher der Mann für den Giro oder die Vuelta-Gesamtwertung. Und dann gibt es ja auch noch Fahrer wie Daniel Felipe Martinez, Jai Hindley, Aleksandr Vlasov und vielleicht sogar Florian Lipowitz, der bei dieser Vuelta die Rolle des Edelhelfers glänzend erfüllte und damit quasi eine Bewerbungsschreiben abgab, künftig selbst zum Grand-Tour-Kapitän werden zu können.
Zunächst aber ist das alles noch extrem leise, aus großer Ferne erklingende Zukunftsmusik. In Madrid am Sonntag galt es für den einzigen deutschen WorldTour-Rennstall der Männer erst einmal zu feiern: den zweiten Grand-Tour-Sieg der Teamgeschichte, auf Rosa 2022 mit Hindley folgt Rot 2024 mit Roglic – ein großartiger Team-Triumph und die Belohnung für den Transfer-Coup des vergangenen Winters. Und das sollte man sich trotz aller Salmonellen in den Gerüchteküchen dieser Welt nicht vermiesen lassen.
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