RSNplus“Nur Etappensieg“ gewollt, Gesamtrang 2 gefestigt

Tour-Debütant Evenepoel macht Regenbogentrikot alle Ehre

Von Felix Mattis

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Remco Evenepoel (Soudal - Quick-Step) feiert seinen Zeitfahrsieg auf dem Podium nach der 7. Etappe. | Foto: Cor Vos

05.07.2024  |  (rsn) – Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) ist seiner Favoritenrolle im 25,3 Kilometer langen, ersten Einzelzeitfahren der 111. Tour de France gerecht geworden – und nicht nur das: Der 24-Jährige zementierte auch seinen zweiten Platz in der Gesamtwertung für die nächsten Tage erstmal ein. Bei seinem Tour-Debüt scheint das Podium, so der Eindruck nach sieben Renntagen, absolut realistisch zu sein. Und, wer weiß, vielleicht sogar noch mehr.

"Tadej ist wohl ziemlich unerreichbar", meinte Evenepoel zwar mit dem Eindruck der bisherigen Auftritt des Slowenen Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) an den Anstiegen im Hinterkopf. "Aber es ist Radsport und man weiß nie, was passiert. Je weiter das Rennen voranschreitet, desto besser werde ich mich fühlen. Trotzdem: Wir konzentrieren uns wohl eher aufs Podium. Dafür habe ich die Beine."

Pogacars Super-Form hin oder her, auf dem Zeitfahrrad war Evenepoel stärker als der bislang so unantastbare Slowene. "13 Sekunden (de facto waren es am Ende 12, Anm. d. Red.) Vorsprung sind fantastisch", bilanzierte Evenepoel im Sieger-Interview. "Wie ich gestern schon sagte: Tadej ist einer der besten Zeitfahrer in Etappenrennen und schwer zu schlagen. Es war knapp, aber ich wollte heute vor allem gewinnen – und das habe ich geschafft. Ich bin sehr stolz!" ___STEADY_PAYWALL___

"Ich wollte einfach nur die Etappe gewinnen"

Das durfte man bei allem Hype der letzten sechs Jahre seit seinem Doppel-WM-Titel bei der Junioren-WM in Innsbruck nicht vergessen: Evenepoel ist Tour-Debütant und auch wenn er die Vuelta a Espana schon gewonnen und beim Giro d'Italia das Rosa Trikot getragen hat, feierte am Freitag seinen allerersten Tour-Etappensieg. Das war die erste Box, die er auf seiner To-Do-Liste für die Frankreich-Rundfahrt abhaken wollte. Bei der Team-Präsentation vor einer Woche in Florenz hatte er einen Tageserfolg als sein großes Ziel für die Tour bezeichnet – auch wenn die ganze Welt seit einem halben Jahr davon sprach, er sei einer von den 'Big 4' und kämpfe mit um den Tour-Sieg.

Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) rauscht durch die Weinreben des Burgund dem Sieg entgegen. | Foto: Cor Vos

Dieser Erwartungshaltung, die natürlich vor allem in seiner belgischen Heimat geschürt wird, schien Evenepoel bislang ganz bewusst entgegenarbeiten zu wollen. "Ich wollte heute einfach nur gewinnen und wir haben uns nicht so sehr auf die Abstände konzentriert", betonte er auch in Gevrey-Chambertin nach dem Zeitfahren noch einmal. Allerdings nahm Evenepoel natürlich auch den Zeitgewinn gerne mit.

"Wenn man siegt, weiß man ja, dass das zumindest ein bisschen Zeitgewinn mitbringt. Je mehr, desto besser natürlich. Aber wir sind happy mit dem Ergebnis heute und können darauf aufbauen", meinte er – und da war dann doch ein Fingerzeig in Richtung Gesamtwertung. Denn jetzt wo der Tagessieg geschafft ist, richtet sich der Fokus natürlich auch auf den Kampf ums Podium oder sogar das Gelbe Trikot.

Abfahrten bleiben Evenepoels Achillesferse

Wie diesbezüglich die Kräfteverhältnisse für die richtig schweren Tage ab der 14. Etappe durch die Pyrenäen und bis zum Finale in Nizza einzuschätzen sind, lässt sich auch nach dem Zeitfahren im Burgund kaum konkreter sagen, als bislang. Die Momentaufnahme – vor allem geprägt durch den Col du Galibier – ist: Pogacar ist der Stärkste, dahinter folgen Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike), dann Evenepoel und schließlich Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe). Und konkret im Bezug auf Evenepoel war bislang festzustellen: Bergauf war er solide, im Flachen der Stärkste der Top 4 – und Abfahrten sind einfach nicht seine Freunde.

In der ansteigenden ersten Rennhälfte war Evenepoel der klar Schnellste im Zeitfahren. | Foto: Cor Vos

Schon auf der 2. Etappe in Bologna schloss er mit Richard Carapaz (EF Education – EasyPost) am Hinterrad auf den letzten flachen Kilometern nach der Abfahrt von San Luca ganz allein die Lücke zu den ausgerissenen Pogacar und Vingegaard. Am Galibier war er bergauf der Drittstärkste hinter Pogacar und Vingegaard, wurde dann in der technischen ersten Hälfte der Abfahrt aber nach hinten durchgereicht und holte dafür im unteren, flacheren Teil der Abfahrt, wo Drückerqualitäten und Aerodynamik gefragt waren wieder auf alle auf.

Das Zeitfahren bestätigte diese Eindrücke nun: Die Rouleur-Passagen meisterte er mit Bravour, in der technischen Abfahrt aber war er nur der Zehntschnellste. Sechs Sekunden verlor er dort auf Roglic, vier auf Pogacar.

"Ich dachte: Das war's!"

"Der Anstieg war doch ziemlich schwer. Ich wollte natürlich schnell angehen, aber ich musste auch etwas für den Anstieg aufsparen. Das war nicht einfach. Die Abfahrt war technisch und schnell – und ich war ziemlich am Limit. Aber ich habe jeden Meter dieses Zeitfahrens genossen und zu gewinnen ist einfach fantastisch", fasste Evenepoel zusammen und erzählte dann auch nochmal von dem Moment, als er kurzzeitig glaubte, der Sieg würde ihm zwischen den Fingern zerrinnen.

Die zwei bisher Besten der Tour: Remco Evenepoel im Weißen und Tadej Pogacar im Gelben Trikot. | Foto: Cor Vos

Rund drei Kilometer vor Schluss nämlich hörte Evenepoel plötzlich auf zu treten, schaute nach unten und signalisierte mit einem Handzeichen: Ich habe Defekt! "Ehrlich gesagt habe ich wirklich geglaubt, dass ich jetzt das Zeitfahren verliere. Das Geräusch klang genau wie wenn der Reifen explodiert. Ich dachte: Das war's", erzählte Evenepoel auf der Pressekonferenz nach dem Rennen. "Aber 200 Meter später war ich noch immer nicht auf der Felge. Also habe ich gemerkt, dass das Geräusch vielleicht vom Straßenrand kam. Es war also nur ein Moment der Ablenkung, was mir normalerweise nicht passiert. Ich war schockiert und es hat mich etwas aus dem Rhythmus gebracht. Vielleicht hat es drei, vier Sekunden gekostet, aber wohl nicht mehr."

Ohne den kurzen Schock hätte Evenepoel also noch etwas deutlicher gewonnen. So oder so aber machte der Weltmeister dem Regenbogentrikot alle Ehre – auch wenn er es am Freitag gar nicht tragen durfte, sondern im weißen Einteiler des besten Nachwuchsfahrers unterwegs war. Momentan sieht es aus, als würde er den auch in 16 Tagen zwischen Monaco und Nizza im zweiten Einzelzeitfahren tragen – oder vielleicht sogar den gelben?

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