RSNplusBei 35 muss noch nicht Schluss sein

Cavendish im 7. Himmel

Von Tom Mustroph aus Saint Vulbas

Foto zu dem Text "Cavendish im 7. Himmel"
Mark Cavendish (Astana Qazaqstan) im Kreis seiner Familie - und der Journalisten. | Foto: Cor Vos

03.07.2024  |  (rsn) - In Saint-Vulbas krönte Mark Cavendish (Astana Qazaqstan) sich zum Rekordmann einer ganz besonderen Bestenliste. Er überflügelte den großen Eddy Merckx in der Anzahl der Tour de France-Etappensiege. Ein ganz besonderer Moment für ihn - und auch ein tolles Kapitel Radsportgeschichte.

Der Held war den Tränen nah. Endlich hatte er das Ziel erreicht, auf das er so viele Jahre hingearbeitet hatte: 35 Etappensiege bei der Tour. Fünfzehn Anläufe brauchte er dafür. "Merckx schaffte seine 34 Siege mit viel weniger Tour-de-France-Teilnahmen. Das ist einfach nicht vergleichbar“, murrte zwar Bernard Thevenet gegenüber RSN. Der jetzige Angestellte vom Tourausrichter ASO ist selbst zweimaliger Toursieger und war in der Spätphase von Merckx‘ Karriere aktiv. Rein in Zahlen gesehen hat der Murrer natürlich recht. Nur sieben Tourstarts brauchte Merckx für seine 34 Siege, Cavendish für seine 35 mehr als das Doppelte der Rundfahrten. ___STEADY_PAYWALL___

Die aktuelle Radsportgeneration juckte das aber wenig. Sie feierten Cavendish. Der im Sprint unterlegene Jasper Philipsen (Alpecin - Deceuninck) war der Erste, der ihn beglückwünschte. Auch dessen Teamkollege und Weltmeister Mathieu van der Poel kam angestürmt und herzte den Briten. Dann war Simon Geschke (Cofidis) an der Reihe, später Geraint Thomas (Ineos Grenadiers). Die Veteranen mochten am besten einschätzen, was Cavendish gelungen war. Aber auch die Jüngeren freuten sich mit ihm.

Familie Cavendish auf dem Podium in Saint Vulbas. | Foto: Cor Vos

"Ich habe ihn früher im Fernsehen gesehen und bewundert. Später sind wir, das kann ich schon so sagen, gute Freunde geworden. Ich freue mich, dass er so zurückgekommen ist. Und Mark, du hast etwas Historisches vollbracht“, meinte Tadej Pogacar (UAE Team Emirates), der Gesamtführende der Tour, der sich mit historischen Leistungen selbst bestens auskennt.

Der so Gelobte war wiederum gerührt von den ganzen Sympathiebekundungen. "Ich habe einfach viel Glück, noch einmal zu diesem Peloton zu gehören. Ich hatte ja schon mit dem Radsport aufgehört und ihn nur noch vom Fernsehen aus verfolgt. Jetzt wieder dazuzugehören, ist großartig. Und ich finde, es ist eine ganz tolle Gruppe von Fahrern und Fahrerinnen jetzt“, bezog er sich auf das Männer- und das Frauenpeloton.

Pfeiffersches Drüsenfieber peinigte Cavendish

Der 35. Sieg war Frucht eines langen Leidenswegs. Erst musste er lernen, das Pfeiffersche Drüsenfieber in Schach zu halten, das ihn einige Jahre peinigte. "Ich war damals schon völlig fertig vom Treppensteigen, geschweige dass ich an Training denken konnte. Und wenn ich dann in Phasen, in denen es besser ging, trainierte, kam die Krankheit umso heftiger zurück“, erinnerte er sich später. Er besiegte die Krankheit, holte neue Siege, musste dann aber die Erfahrung machen, dass selbst alte Wegbegleiter ihm nicht mehr die Rückkehr auf altes Niveau zutrauten.

Für die Mannschaft von Patrick Lefevere gewann Cavendish 2021 das Grüne Trikot. | Foto: Cor Vos

Patrick Lefevere, Boss von Soudal - Quick-Step, mit dem er einige sehr erfolgreiche Jahre hatte, wollte ihn nicht mehr in seinem Kader haben. Rod Ellingworth, Förderer erst bei British Cycling und dann bei Team Sky, erteilte ihm eine Absage, als Cavendish auf der Suche nach einer Mannschaft war, das mit ihm gemeinsam den Traum vom Merckx-Rekord realisieren möge.

Neue sportliche Heimat: Kasachstan

Einzig und allein Alexandre Vinokourov streckte die Hand aus. Er holte den Briten nicht nur zu Astana. Er erfüllte ihm sogar einige Transferwünsche. Der einstige Lieblingsanfahrer Mark Renshaw – auch er übrigens ein früherer Drüsenfieberpatient – heuerte als sportlicher Leiter an. Michael Morkov, in den späten Quick-Step-Tagen Leadout-Mann für Cavendish, kam als Pilot für die Finals. Und stets vermittelte der Kasache Vertrauen in den Briten.

Das tat Cavendish gut, wie er zugab. "Es ist enorm, was wir in den letzten zwei Jahren aufbauten. Wir werden niemals die Teamrangliste anführen, so viel Siege holen wir nicht. Aber wir arbeiteten daran, um das hier zu erreichen“, sagte er.

Und draußen, um den Teambus herum, schlug die Freude Riesenwellen. Der Busfahrer betätigte die Hupe so lang und so laut, dass selbst Eddy Merckx im fernen Belgien sie vernommen haben müsste. Merckx hatte schon vorher gesagt, dass Cavendish den alleinigen Rekord gönne. "Er ist einfach ein sympathischer Typ. Und ich habe keine Probleme damit, wenn er den Rekord bricht.“

Alexandre Vinokourov gab Cavendish 2023 noch eine Chance. | Foto: Cor Vos

Genau das ist jetzt passiert. Für Cavendish ist das aber noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. "Ich liebe die Tour de France, ich liebe dieses Rennen, egal, ob ich es fahre oder vom Fernseher aus zuschaue. Jetzt will ich es weiter genießen. Ich will aber auch weiter erfolgreich sein und bei weiteren Sprints mitmischen. Und ich will auch bei den Etappen mit anderen Charakteristika meinen Teamkollegen zu einem Etappensieg verhelfen.“

Gut möglich also, dass Cavendish den Rückenwind, den er gerade verspürt, auch auf der 6. Etappe in einen weiteren Sieg im Massensprint ummünzt. Ob dann die Kollegen aus den anderen Teams ihn weiter so herzen oder eher sagen: 'Mein Guter, jetzt reicht es aber‘, steht auf einem anderen Blatt. Der 3. Juli 2024 gehört aber ganz allein Mark Cavendish.

Mehr Informationen zu diesem Thema

10.11.2024Cavendish gewinnt in Singapur den letzten Sprint seiner Karriere

(rsn) – Mark Cavendish (Astana Qazaqstan) hat das letzte Rennen seiner Karriere standesgemäß beendet. Der 39-jährige Brite ließ in Singapur beim von der ASO organisierten Prudential Critérium i

24.07.2024Geschke würde “gerne nochmal zur WM fahren“

(rsn) – Simon Geschke hat seine letzte Tour de France beendet. Bei zwölf Teilnahmen gelang ihm 2015 in Pra-Loup einer seiner drei Profisiege der Karriere, die zum im Oktober ihr Ende finden wird. V

24.07.2024Wirbelfraktur bei Roglic

(rsn) – Die 12. Etappe der Tour de France 2024 wird Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe) noch länger in Erinnerung bleiben. Nicht nur, dass sein Sturz weniger Kilometer vor dem Ziel in V

23.07.2024Nach Tour-Aus noch Fragezeichen hinter Roglics Vuelta-Start

(rsn) – Nachdem er die Tour de France in Folge von zwei Stürzen binnen 24 Stunden vorzeitig verlassen musste, befindet sich Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe) noch in der Erholungsphas

23.07.2024Tour-Dritter Evenepoel: “Noch etwas größer als der Vuelta-Sieg“

(rsn) – Nach seinem erfolgreichen Tour-de-France-Debüt blickt Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) zuversichtlich nach vorn. “Ich denke, dieser Podestplatz bedeutet für meine Zukunftspläne,

22.07.2024Titelverteidiger bezwungen, zwei Topteams gehen leer aus

(rsn) – In Nizza endete am Sonntag die 111. Austragung der Tour de France. Das Rennen rund um Frankreich, welches heuer erstmals in Italien begann, sorgte für viel Action, Dramatik, Freude und Trä

22.07.2024Pogacar: “Superdumm, etwas zu nehmen, was Dich gefährdet“

(rsn) – Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) hat nicht nur den Giro d’Italia, sondern auch die Tour de France fast nach Belieben dominiert. Der Slowene gewann beide Rundfahrten dank jeweils sechs Et

22.07.2024Pogacar und UAE auch im Preisgeld-Ranking der Tour Nummer 1

(rsn) – UAE Team Emirates hat bei der 111. Tour de France dank Tadej Pogacar auch beim Preisgeld groß abgesahnt. Dagegen ist das deutsche Team Red Bull – Bora – hansgrohe das Schlusslicht des

22.07.2024Pogacar kehrt auf den Thron zurück, Girmay Afrikas Radsportheld

(rsn) – Drei Wochen Tour de France sind am Sonntagabend in Nizza zu Ende gegangen. Erstmals fand das Finale des größten Radrennens der Welt nicht in der französischen Hauptstadt Paris statt, son

21.07.2024Auch ohne Etappensieg eine Tour-Bilanz mit Erfolgen

(rsn) – Acht deutsche Fahrer starteten vor drei Wochen in Florenz in die 111. Tour de France und sieben davon erreichten das Ziel in Nizza. Zwar müssen die deutschen Fans weiter auf den ersten Eta

21.07.2024Tadej, der Gnadenlose: Pogacar unterwirft sich die Tour

(rsn) - Die Geschichte kennt Iwan, den Schrecklichen, Vlad, den Pfähler und Eddy, den Kannibalen. Mit ersterem ist nicht der frühere Giro-Sieger Ivan Basso gemeint, sondern der grausame Zar, der sei

21.07.2024Vingegaard: “Unter normalen Umständen wäre ich enttäuscht“

(rsn) - Mit seinem sechsten Etappensieg vollendete Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) nicht nur das Double aus Giro d´Italia und der Tour de France, sondern stellte auch seine Anzahl an Tageserfolgen

Weitere Radsportnachrichten

12.03.2025Walscheid arbeitet für Durbridge mit und führt Jayco zu Platz 2

(rsn) – Auch wenn Visma – Lease a Bike im Mannschaftszeitfahren beim 83. Paris-Nizza (2.UWT) am Dienstag überlegen zum Sieg fuhr, durfte man die Leistung der nachfolgenden Teams zwischen der ehem

12.03.2025Tirreno-Adriatico für Gaudu, Valgren und Azparren beendet

(rsn) – Ohne den Italienischen Meister Alberto Bettiol ist in Follonica die 3. Etappe von Tirreno-Adriatico gestartet worden. Wie sein Team XDS – Astana auf X mitteilte, sei der Italienische Meist

12.03.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum RSN-Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über d

11.03.2025Nimmt sich Milan für Mailand-Sanremo Ganna als Maßstab?

(rsn) – Bei der UAE Tour gelangen Jonathan Milan (Lidl – Trek) genau wie Tim Merlier (Soudal – Quick-Step) gleich zwei Etappensiege. Nun legte der Belgier bei Paris-Nizza zwei weitere nach, ehe

11.03.2025Machen Jorgenson und Vingegaard den Sieg unter sich aus?

(rsn) – Einen starken Eindruck hinterließen Jonas Vingegaard und Matteo Jorgenson (beide Visma – Lease a Bike) im Teamzeitfahren des 83. Paris-Nizza. Mit einem Vorsprung von 14 Sekunden auf das a

11.03.2025Die Strecke der Vuelta Femenina 2025

(rsn) – Die 11. Vuelta Femenina, die Spanien-Rundfahrt der Frauen, wird vom 4. bis 10. Mai 2025 von Barcelona quer durch den Norden Spaniens nach Asturien führen und dort mit einer schweren Bergank

11.03.2025Highlight-Video der 2. Etappe von Tirreno-Adriatico

(rsn) – Jonathan Milan (Lidl – Trek) hat die 2. Etappe des 60. Tirreno-Adriatico gewonnen. Der 24-jährige Italiener setzte sich nach perfekter Vorbereitung seines Teams über 192 Kilometer von Ca

11.03.2025Visma setzt den Zeitfahrplan perfekt um, Red Bull Dritter

(rsn) – Deutlicher Favoritensieg im Mannschaftszeitfahren von Paris-Nizza: Visma – Lease a Bike hat die 3. Etappe der Fernfahrt über 28,4 Kilometer für sich entschieden. Für Matteo Jorgenson un

11.03.2025Aus dem Vorjahr gelernt: Milan holt sich in Follonica den Sieg

(rsn) – Am zweiten Tag von Tirreno-Adriatico waren die Sprinter am Zug. Auf den 192 Kilometern zwischen Camaiore nach Follonica gab es lediglich eine Bergwertung, so kam es zum Kräftemessen der sc

11.03.2025Vingegaard wehrt sich: “Wir sind keine Maschinen“

(rsn) – Mit einem weiteren denkwürdigen Auftritt bei der Strade Bianche hat Tadej Pogacar (UAE Team Emirates – XRG) eindrucksvoll unterstrichen, nicht nur der beste, sondern auf der spektakulärs

11.03.2025Fünf Wochen nach Sturz: Kudus aus dem Krankenhaus entlassen

(rsn) – Rund fünf Wochen nach seinem schweren Sturz in der Anfangsphase des Grand Prix de La Marseillaise (1.1) hat Merhawi Kudus (Burgos - Burpellet - BH) das Krankenhaus in Burgos verlassen könn

11.03.2025Trofeo Alfredo Binda im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) - Das erstmals 1974 ausgetragene italienische Eintagesrennen Trofeo Alfredo Binda - Comune di Cittiglio (1.WWT) zählt zu den prestigeträchtigsten Rennen im Rennkalender der Frauen. Das hügel

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Paris-Nice (2.UWT, FRA)
  • Tirreno-Adriatico (2.UWT, ITA)