RSNplusParis-Nizza-Dämpfer für Tour-Herausforderer

Weder Roglic noch Evenepoel hatten den richtigen Riecher

Von Tom Mustroph aus La Colle-sur-Loup

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Remco Evenepoel (Soudal - Quick-Step, li.) und Primoz Roglic (Bora - hansgrohe) auf der 6. Etappe von Paris-Nizza | Foto: Cor Vos

08.03.2024  |  (rsn) - Während Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) und Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) bei ihren ersten Saisonrennen die Konkurrenz fast nach Belieben beherrschen, tanzen bei Paris – Nizza Fahrer der zweiten Reihe den großen Favoriten Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) und Primoz Roglic (Bora – hansgrohe) auf der Nase herum.

Die Frankreich-Premieren liefen bisher nicht ganz wie erwünscht. Weder konnte sich Evenepoel bei seinem ersten wichtigen Rennen auf französischem Boden wie erhofft in Szene setzen. Noch fährt Primoz Roglic bei seinem Saisondebüt für den neuen Arbeitgeber Bora - hansgrohe der Konkurrenz davon.

___STEADY_PAYWALL___ Der Slowene animierte zwar die 6. Etappe. An der immerhin bis 19 Prozent steilen “Wand von La Colle-sur-Loup“ löste er sich mit einem furiosen Antritt aus der Gruppe der Favoriten. Vier grüne Bora-Trikots waren dabei an der Spitze der Gruppe zu sehen, ehe Roglic loszog. “Wir hatten uns ein paar Schlüsselstellen ausgesucht, wo wir uns etwas vorgenommen hatten. Der Start der Etappe war schon brutal kompliziert, 65 Kilometer flach, wo 180 Mann im Feld in der Lage sind, zu attackieren. Dass da nichts passiert ist, dass wir da immer präsent sind, das haben die Fahrer super gemacht. Und auch dass Marco Haller in der langen Abfahrt vorne war, war wirklich gut“, lobte Rolf Aldag, Sportdirektor bei Bora hansgrohe, seine Männer.

Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) verpasste auf der 5. Etappe die vorentscheidende Etappe und musste sich schließlich mit Rang vier begnügen. | Foto: Cor Vos

“Und dann haben wir die absolute Schlüsselstelle bei der ersten Zieldurchfahrt, da galt es: Mit Vollgas links rein und probieren“, bezog sich Aldag auf den Moment, als sein Kapitän antrat, aber nicht richtig weg kam. Wer sich an ihn hängte, war dann aber auch nicht wie erwartet Evenepoel. Der Belgier musste ein paar Meter Abstand lassen. An Roglic kämpfte sich vielmehr der US-Amerikaner Brandon McNulty (UAE Team Emirates) heran.

Und Evenepoel, statt zumindest beim Hinterherjagen für einen Unterschied zu sorgen, führte wie ein braver Edelhelfer ein knappes Dutzend Fahrer wieder heran. Und als dann die vorentscheidende Attacke von Matteo Jorgensen (Visma – Lease a Bike) kam, hatten weder Evenepoel noch Roglic den richtigen Riecher.

Wieder war es McNulty, der mit nach vorn fuhr und nach knapp 200 Kilometern von Sisteron nach La-Colle-sur-Loup das Gelbe Trikot übernahm. Und auch der spätere Etappensieger Matthias Skjelmose (Lidl – Trek) setzte aufs richtige Pferd. Der Dänische Meister wunderte sich dann auch ein wenig, dass die ganz Großen, eben Evenepoel und Roglic, nicht mit dabei waren.

Evenepoel ärgert sich über seinen “taktischen Fehler“

Zumindest der Belgier ärgerte sich richtig. “Bei einem Finish wie diesem werden immer ein paar Mann allein vorn ankommen. Und ja, ich hätte es bevorzugt, selbst in der ersten Gruppe zu sein“, sagte er. Seine Beine seien immerhin gut gewesen, fügte er an. “Es war mehr ein taktischer Fehler in dem Moment, als Roglic zunächst attackierte und dann Tempo rausnahm. Als Jorgensen dann attackierte, zweifelte ich etwas an mir selbst“, gab er zu. “Aber nach dem Rennen ist man immer schlauer“, schloss Evenepoel gegenüber einer kleinen Gruppe von Reportern, darunter radsport-news.com, seine Analyse ab.

Damit wiederholte sich das Szenario der 4. Etappe. Auch da hatte Evenepoel fehlende Kooperation bemängelt, was Luke Plapp (Jayco – AlUla) – bis Freitag Gesamtführender – und Santiago Buitrago (Bahrain Victorious) ausgenutzt hatten.

Auch Primoz Roglic (Bora – hansgrohe) zeigte sich im Finale nicht auf der Höhe, nahm die Niederlage danach aber mit einem Lächeln. | Foto: Cor Vos

Auch bei Bora - hansgrohe herrschte in den Bergen rings um Nizza, der finalen Etappenstadt auch der diesjährigen Tour de France, nicht gerade Jubelstimmung. “Wir wollten das Rennen schwer machen und uns auch in der Position verbessern. Wir waren ja nicht in den Top Ten. Aber jetzt sind wir immer noch nicht in den Top Ten“, bilanzierte Teamchef Ralph Denk gegenüber radsport-news.com. Sein Kapitän Roglic machte zwar vier Positionen gut, hat als Gesamtelfter aber bereits 1:44 Minuten Rückstand auf den neuen Spitzenreiter McNulty.

Er machte vor allem mangelnde Zusammenarbeit in der Verfolgergruppe verantwortlich dafür, dass das Trio Skjelmose, Jorgensen und McNulty fast eine Minute herausfahren konnte. “Speziell die französischen Teams hatten keinen Bock auf viel Arbeit. Und dann kam raus, was eben rauskommt“, meinte Denk. Auch Evenepoel kritisierte vor allem Decathlon AG2R La Mondiale, die mit Felix Gall und Aurelien Paret-Peintre noch zwei Mann dabei hatten. Allerdings war der entscheidende taktische Fehler schon vorher passiert.

Aldag: “Wir haben als Team funktioniert“

Evenepoel machte seinen Frieden damit. Auch bei Bora - hansgrohe lenkte man den Blick auf die kleineren, die sekundären Faktoren. Als “erfolgreiche Übung“ in Sachen mannschaftlicher Geschlossenheit bewertete Aldag den Tag. “Wir wollten als Team funktionieren. Und da sind wir uns alle einig, das war vermutlich auch im Fernsehen ersichtlich, das hat dann auch geklappt“, meinte er zu radsport-news.com.

Schlussfolgerungen für die am 29. Juni in Florenz beginnende Tour de France mochte noch niemand ableiten. “Wir dürfen nicht vergessen: Primoz ist direkt aus dem Höhentraining gekommen. Es ist das erste Rennen für ihn in dieser Saison und das erste Rennen mit einem neuen Team. Dementsprechend muss man ein bisschen vorsichtig sein mit der Einschätzung“, mahnte Aldag.

Die beiden Top-Favoriten Evenepoel und Roglic fuhren hinterher, als sich die entscheidende Gruppe um den späteren Etappensieger Mattias Skjelmose (Lidl – Trek, Mi.) formierte | Foto: Cor Vos

“Das Etappenniveau ist jetzt sicher auch nicht hochgebirgsmäßig, da unterscheiden sich Paris – Nizza und die Tour de France schon. Und deswegen ist Primoz vielleicht auch noch nicht da klassiert, wo er selbst gerne hin will“, ergänzte Denk. Und auch Evenepoel, dem anderen großen Verlierer des Tages, war nicht danach, seinen Formaufbau komplett anzuzweifeln.

Ein Signal senden die Etappen von Paris – Nizza aber doch: Während die anderen beiden großen Tour-Favoriten förmlich mit der Konkurrenz spielen – Pogacar zuletzt mit seinem Soloritt bei Strade Bianche, Vingegaard ebenfalls als Solist auf der 5. Etappe von Tirreno-Adriatico – können Evenepoel und Roglic nicht einmal die anderen Konkurrenten sicher in Schach halten.

Im indirekten Vergleich liegen die Tour-Sieger der letzten vier Jahre recht deutlich vor ihren beiden wichtigsten Herausforderern. Aber das Rennen zur Sonne, das zuletzt eher eine Rutschpartie durch den Regen war, dauert ja noch zwei Tage an. Zeit genug für den Slowenen wie den Belgier, die Dinge wieder gerade zu rücken.

Der 34-jährige Roglic jedenfalls nahm die Niederlage mit einem Lächeln. “Es ist, wie es ist, Ich hätte auch lieber 1:30 Minuten Vorsprung“, sagte er im Ziel den Reportern.

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