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09.03.2024 | (rsn) - Zwei Jugendfreunde bestimmen das 82. Paris–Nizza. Brandon McNulty (UAE Team Emirates) fährt nun schon den dritten Tag im Gelben Trikot des Gesamtführenden. Matteo Jorgenson (Visma – Lease a Bike) ist ihm mit nur vier Sekunden Rückstand auf den Fersen. Sein amerikanischer Landsmann ist nicht nur der schärfste Rivale, Jorgenson scheint auch der momentan stärkste Kletterer im Feld zu sein. Seine Attacke am Freitag lieferte McNulty die Vorlage, um wieder an die Spitze des Klassements zu stürmen. Und am Samstag rollte Jorgenson mit den Favoriten über den Zielstrich, während hinter ihm McNulty schon Gelb entschwinden sah.
“Es war ein sehr harter Tag, nur eine kurze Etappe, aber die ganze Zeit Vollgas. Ich habe einen schwachen Moment gehabt. Mir war kalt und die Beine wollten nicht mehr richtig. Ich habe so hart gekämpft, wie ich nur konnte. Und glücklicherweise reichte es, um das Trikot einen weiteren Tag zu tragen“, kommentierte McNulty seinen siebten Platz an der Bergankunft La Madone d'Utelle.
___STEADY_PAYWALL___Glücklicher sah Jorgenson aus. Der 24-Jährige hat nun sogar Gelb in Reichweite. “Es war schön, dass ich etwas Zeit auf Brandon gewinnen konnte. Ich gehe selbstbewusst in den letzten Tag morgen und weiß, dass alles möglich ist“, sagte er. Das Duell mit McNulty ruft bei ihm ohnehin schöne Erinnerungen wach. “Es war ein wenig wie in unseren Jugendtagen, wie wir da auch zusammen gefahren sind“, bezog er sich auf die gemeinsame Fluchterfahrung auf der 6. Etappe.
Matteo Jorgenson (Visma – Lease a Bike) verkürzte auf der 7. Etappe von Paris-Nizza seinen Rückstand gegenüber seinem Landsmann Brandon McNulty (UAE Team Emirates) auf nur noch vier Sekunden. | Foto: Cor Vos
Die beiden kennen sich mittlerweile schon ein Jahrzehnt. “Wir waren Zimmerkollegen, als ich mit 14 Jahren nach Belgien zog. Wir hatten den gleichen Trainer, machten ganz viele Dinge zusammen. Und ich kann sagen, dass ich meine ersten europäischen Erfahrungen mit ihm machte“, sagte Jorgenson.
Prägend für ihn war in jener Zeit auch, dass sowohl er als auch McNulty merkten, dass es etwas werden kann mit der Profikarriere: “Wir haben gespürt, die WorldTour ist drin für uns.“ Leistungsmäßig schaute Jorgenson da noch zu dem ein Jahr älteren McNulty auf. “Damals war er um Welten besser, er war auf einem ganz anderen Niveau als ich. Er hatte einfach keine Schwächen. Aber über die Jahre habe ich aufgeholt“, erzählte er.
Aktuell scheint Jorgenson sogar etwas stärker als McNulty zu sein. Auf der 6. Etappe war es schließlich seine Attacke, die die großen Favoriten Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) und Primoz Roglic (Visma – Lease a Bike) auf dem falschen Fuß erwischte. Nur zwei andere Youngster, eben McNulty sowie Matthias Skjelmose (Lidl – Trek), setzten hinterher.
Brandon McNulty (UAE Team Emirates) verteidigte auf der 7. Etappe von Paris-Nizza mit Müh und Not sein Gelbes Trikot und nimmt mit einem kleinen Vorsprung den letzten Tag in Angriff . | Foto: Cor Vos
Der Dänische Meister holte schließlich die Etappe, McNulty das Gelbe Trikot. Jorgenson, dem Initiator, blieb nur der schwache Trost, mal wieder gemeinsam mit dem alten Kumpel unterwegs gewesen zu sein. Immerhin konnte er sich über dessen Zuspruch freuen. “Ich wusste, der beste Mann, den ich in einer Fluchtgruppe haben kann, ist, natürlich neben meinen Teamkollegen, Matteo“, sagte McNulty.
Schon vor zwei Jahren hatten die beiden bei Paris – Nizza auf sich aufmerksam gemacht. 174 Kilometer waren sie auf der damaligen 5. Etappe in einer Fluchtgruppe unterwegs. “Es war ein richtig großer Tag. Ich wusste, Brandon wollte unbedingt in der Gruppe sein. Wir hatten uns darüber zuvor unterhalten. Und als er ging, bin ich einfach mitgegangen“, fasste Jorgenson die damaligen Ereignisse zusammen. Er sparte damals auch nicht mit ‘trash talk‘: “Ich sagte ihm, dass er richtig fett aussieht und es gar nicht gut bei ihm läuft.“ Die erhoffte Wirkung zeitigte dies nicht. McNulty löste sich von den Begleitern und holte den Etappensieg, Jorgenson wurde Dritter.
Ob sie in diesem Jahr auch Luft für freundschaftliche Neckereien hatten, wollten sie nicht verraten. McNulty musste auf der 7. Etappe ohnehin die allerletzten Energiereserven aufbieten, um Gelb zu verteidigen. Im finalen Anstieg nach Madone d’Utelle verlor er 19 Sekunden auf Jorgenson & Co. Vier Sekunden liegt er jetzt nur noch vor seinem einstigen Zimmergenossen.
Top-Favorit Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) machte zwar auf der 7. Etappe Zeit auf die beiden US-Amerikaner gut. Aber reicht es, um am letzten Tag noch das Ruder herumreißen zu können? | Foto: Cor Vos
Mit dem steht ihm am Sonntag ein packendes Finale bevor. Denn Jorgenson ist längst der Rolle des aufschauenden Trainingsgefährten entwachsen. Bei Visma - Lease A Bike wächst er in die Juniorrolle vom Toursieger Jonas Vingegaard hinein. “Ich will bei Paris – Nizza meinen nächsten Schritt als GC-Fahrer machen“, sagte er selbstbewusst. Im Team hält man große Stücke auf den Neuzugang. “Er ist ein ruhiger Typ und passt perfekt in unsere Teamkultur. Er ist ehrgeizig, sehr fokussiert und weiß ganz genau, wie er das beste aus sich herausholen kann“, lobte ihn der Sportliche Leiter Marc Reef.
Und Jorgenson, der vier eher wechselhafte Lehrjahre bei Movistar hinter sich hat, fühlt sich in der neuen Umgebung offenbar auch sehr wohl. “Das ist genau das, was ich immer gesucht habe, eine Umgebung, wo ich mein höchstes Niveau erreichen kann und auch noch Freude dabei habe“, sagte er. Sein Niveau reicht schon mal aus, um McNulty ins Schwitzen zu bringen und gestandenere Profis wie Roglic und Evenepoel vor schwere Aufgaben zu stellen. Auch dafür hat er schon die passenden Sprüche parat. “Remco war stark am Samstag, aber er hat, um es mal so zu sagen, nichts Verrücktes angestellt. Ich konnte seine Attacken parieren“, meinte Jorgenson. Das spricht für gesundes Selbstbewusstsein.
Und für die Kronprinzenrolle im neuen Rennstall wäre es natürlich perfekt, wenn Jorgenson am Sonntag dem kaum noch anzuzweifelnden Sieg von Vingegaard in Italien den in Frankreich hinzufügt. Dazu muss er allerdings McNulty ein paar Sekunden abnehmen und auch noch so stark sein, um Evenepoel keine “Verrücktheiten“ zu gestatten.
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