Bora-Profi gewinnt 12. Giro-Etappe

Atemlos am Berg, der Beste im Sprint: Denz jubelt in Rivoli

Von Kevin Kempf

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Nico Denz (Bora – hansgrohe) hat die 12. Giro-Etappe gewonnen. | Foto: Cor Vos

18.05.2023  |  (rsn) – Nach Luft schnappend, mit dem Kopf knapp über dem Lenker, die Schultern hin und her wiegend – Nico Denz (Bora – hansgrohe) sah am letzten Anstieg der 12. Giro-Etappe wohl alle Farben des Regenbogens und holte dennoch seinen ersten Tagessieg bei einer Grand Tour. Nach 185 Kilometern zwischen Bra und Rivoli war der Albbrucker im Sprint deutlich schneller als seine beiden Begleiter Toms Skujins (Trek – Segafredo) und Sebastian Berwick (Israel – Premier Tech) und feierte den größten Triumph seiner Karriere.

Alessandro Tonelli (Green Project – Bardiani CSF – Faizanè), der im Gegensatz zu Denz am letzten Berg reißen lassen musste, kam als Vierter ins Ziel. Aus der hinter dem Italiener folgenden Gruppe heraus sicherte sich Michel Heßmann (Jumbo – Visma) als Neunter seine erste internationale Top-Ten-Platzierung als Profi.

Für Bora-Neuzugang Denz war es erst der vierte Profisieg in seiner insgesamt zehnten Saison als Berufsradfahrer. Und der war am Donnerstag alles andere als eingeplant, denn wie der 29-Jährige gestand, sollte er gar nicht in die Gruppe gehen. Gemeinsam mit Patrick Konrad, der ebenfalls vorn war, sollte Bob Jungels angreifen. "Bob hat sich aber nicht so gut gefühlt und wollte noch ein paar Körner für morgen sparen, wo er Lenny hilft“, erklärte Denz die Planänderung, die zum Erfolg führte. Mit insgesamt 29 Begleitern fuhr er dann aber dem Feld davon. “Um mich waren nur Monster, tolle Fahrer. Ich habe Konni gefragt, was wir tun können“, blickte er auf den Mittelteil des Rennens zurück.

Denz am letzten Berg des Tages am Limit, im Sprint der Stärkste

Das Resultat war überraschend, denn als niemand damit rechnete – rund 50 Kilometer vor dem entscheidenden Anstieg – setzte sich Denz mit vier weiteren Fahrern ab. “Dann hatten wir eine Lücke und voll gepusht“, so der Sieger, der mit seinen Begleitern schnell zwei Minuten bekam, weil sich ihre Verfolger nicht einig wurden. In den letzten Anstieg des Tages stiegen die vier Spitzenreiter mit 2:30 Minuten Vorsprung ein. Dann begann ein 10,7 Kilometer langer Leidensweg. “Da war ich am Limit, bin gerade so drübergekommen“, so Denz, der aber beherzt und erfolgreich um jeden Meter kämpfte.

Schließlich kam es zum Sprint des Trios. Und hatte Denz am Berg noch die schlechtesten Papiere, so wendete sich das Blatt im flachen Finale. “Am Ende hatte ich die besten Beine und die Etappe gewonnen", beschrieb er den deutlichen Ausgang trocken.

Nachdem er 2020 schon Zweiter einer Tour-Etappe geworden war, schrammte Skujins auch in Rivoli knapp an seinem ersten Tagessieg bei einer Grad Tour vorbei. Der Lette hatte gesehen, wie dem Deutschen am Berg die Beine schmerzten. “Wir versuchten Nico abzuschütteln, aber er blieb dran“, resümierte er. “Und dann hat er den Sprint gewonnen“, fügte Skujins lakonisch an. Vorwürfe machen konnte er sich aber nicht. “Ich hätte Nico lediglich sagen können er solle nicht sprinten“, scherzte er, um dann abschließend anerkennend festzustellen: “Nico hatte bessere Beine."

Denz‘ Teamkollege Konrad war der im Klassement aussichtsreichste der Klassementfahrer. “Als ich es in die Gruppe geschafft hatte, hatte ich natürlich auch mit dem Gedanken an das Rosa Trikot gespielt, aber der Etappensieg war unser oberstes Ziel heute“, so der Niederösterreicher, der die Etappe als 21. beendete und in der Gesamtwertung von Platz 16 auf 13 kletterte. Neben Denz und Heßmann befand sich mit Jasha Sütterlin (Bahrain Victorious) ein dritter Deutscher unter den Ausreißern. Er kämpfte am letzten Berg lange um eine Top-Ten-Platzierung, musste seine Gegner dann aber doch fahren lassen und erreichte das Ziel auf Rang 17.

Die Favoriten auf das Rosa Trikot ließen es am Colle Braida (2.Kat), dessen Kuppe 28 Kilometer vor dem Ziel erreicht war, ruhig angehen. So verteidigte Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) die Gesamtführung vor Primoz Roglic (Jumbo – Visma), der mit zwei Sekunden Rückstand Zweiter bleibt. Lennard Kämna (Bora – hansgrohe / +1:52) behauptete seinen sechsten Platz.

In der Bergwertung bleibt Davide Bais (Eolo - Kometa) vorn. Joao Almeida (UAE Team Emirates) trägt auch am Freitag das Trikot des besten Nachwuchsfahrers. Jonathan Milan (Bahrain Victorious) büßte ein paar Zähler auf seine bei den Ausreißern fahrenden Konkurrenten Mads Pedersen (Trek – Segafredo) und Michael Matthews (Jayco – AlUla) ein, verteidigt aber den ersten Platz in der Punktewertung.

So lief die 12. Etappe des Giro d’Italia:

Nach einigen vergeblichen Versuchen kam nach 15 Kilometern Bewegung ins Rennen. In mehreren Stufen lösten sich insgesamt 26 Fahrer, mit dabei waren Sütterlin, Heßmann sowie das Bora-Duo Denz und Konrad. Der Österreicher war mit 8:43 Minuten Rückstand die größte Gefahr für das Rosa Trikot, mit Sepp Kuss (Jumbo – Visma), Ilan Van Wilder (Soudal – Quick-Step), Davide Formolo (UAE Team Emirates) und Einer Rubio (Movistar) waren weitere andere starke Kletterer vorn dabei.

In Pedaggera (3.Kat.) holte sich Denz die neun Bergpunkte, bevor vier weitere Fahrer den Anschluss an die Spitzenreiter schafften. Stefano Oldani (Alpecin – Deceuninck) und Lorenzo Fortunato (Eolo – Kometa) reihten sich in die Siegaspiranten ein, deren Hoffnungen allerdings einen Dämpfer erhielten, weil das Feld sie zunächst auf nicht mehr als 3:30 Minuten wegließ. Letztlich jedoch wurden die Ausreißer nicht mehr eingefangen

Beim Zwischensprint 105 Kilometer vor dem Ziel konnte Sütterlin als Dritter nicht verhindern, dass Pedersen und Matthews 8 Punkte auf seinen Sprintkapitän Milan gutmachten. Rund zehn Kilometer später setzten sich Denz, Skujins, Berwick, Tonelli und Samuele Battistella (Astana Qazaqstan) aus der großen Gruppe ab. Bis zum Fuß der entscheidenden Bergwertung waren aber noch 50 Kilometer zu fahren, deshalb wohl ließ sich der Astana-Fahrer zurückfallen.

Die Verfolger wehrten sich einige Kilometer, nahmen dann aber die Beine hoch, wodurch ihr Rückstand schließlich auf drei Minuten anwuchs. Beim Einstieg in den Colle Braida 37 Kilometer vor dem Ziel lag das Quartett 2:30 Minuten vor Alberto Bettiol (EF Education – EasyPost), Alex Baudin (AG2R – Citroën) und Christian Scaroni (Astana Qazaqstan), die sich vom Rest abgesetzt hatten. Ihre ehemaligen Begleiter hatten sich in mehrere Gruppen aufgeteilt und jagten der Spitze hinterher.

Das Profil der 3. Etappe des Giro d’Italia. | Foto: RCS Sport

Zunächst kletterten die Verfolger schneller, dann aber wendete sich das Blatt nach einem Angriff Skujins‘, den Tonelli nicht mitgehen konnte. Denz schien im Anstieg mehrere Male den Anschluss zu verlieren, konnte die kleinen Lücken mit großem Kampfgeist aber jedesmal wieder schließen. Er kam als Dritter am Pass an und ging mit Skujins - der den Wertungsstrich als Erster überquerte - und Berwick in die Abfahrt.

Mit einer Überraschungsattacke elf Kilometer vor dem Ziel hängte er dann sogar seine Widersacher ab. Skujins kam schnell wieder zurück, als die beiden Führenden sich uneinig wurden, schaffte auch Berwick wieder den Anschluss. Der 23-Jährige wehrte sich danach beharrlich, in den Wind zu gehen. Bis zum letzten Kilometer änderte sich an der Konstellation nichts mehr.

Denz nahm an erster Position das Finale in Angriff, ehe Berwick 300 Meter vor dem Ziel aus dritter Position antrat. Doch der Bora-Profi setzte sofort den Konter und zog unwiderstehlich durch. Skujins trat ebenfalls an, kam aber nicht mehr am starken Deutschen vorbei.

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