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15.05.2023 | (rsn) - Remco Evenepoel ist auf dem Heimweg. Nachdem der Mann im Rosa Trikot am Sonntagabend einen positiven Corona-Test abgelegt und anschließend als gesundheitliche Vorsichtsmaßnahme den 106. Giro d'Italia aufgegeben hatte, trat er am Montagmorgen mit dem Auto die lange Heimreise nach Belgien an. Bei seinem Abschied trug der 23-Jährige natürlich eine Maske, seine Enttäuschung war ihm aber auch so natürlich anzumerken.
"Wir haben diese Entscheidung für den Fahrer, das Team und das Rennen getroffen. Wir wollten eine weitere Verbreitung des Virus im Team oder dem Giro sofort unterbinden", erklärte Teampressesprecher Phil Lowe am Mannschaftshotel des Soudal-Quick-Step-Rennstalls, der nun ohne Leader da steht und wohl Etappensiege mit den verbleibenden Fahrern jagen wird.
Unterdessen reagierte Teamchef Patrick Lefevere via Twitter auf leise Kritik am Rückzug des Rosa Trikots. "Du weißt nie, was unter der Haut los ist. Das hier ist kein 9-17-Uhr-Job. Keine Risiken", schrieb der Belgier ans Antwort auf einen Tweet des niederländischen Radsport-Journalisten Raymond Kerckhoffs. Der nämlich hatte die Frage aufgeworfen, ob Radsportler ein Rennen aufgeben müssen, wenn sie keine Symptome hätten. "Es scheint, als existiere Covid nur noch im Radsport", so Kerckhoffs.
Leicht gefallen dürfte Soudal - Quick-Step und Kapitän Evenepoel die Entscheidung zur Aufgabe und gegen den Kampf ums Maglia Rosa nicht gefallen sein. Verantwortungsbewusst, wie Pressesprecher Lowe eben erklärte, war es aber wohl schon - auch wenn das Regelwerk den Ausstieg nicht mehr vorschreibt.
Die Frage scheint nun, und Vorsicht, ab jetzt wird wild spekuliert: Wie geht es weiter für den Weltmeister? Der erste Reflex vieler Beobachter ist der Gedanke, das Tour-de-France-Debüt von Evenepoel schon in diesem statt erst im nächsten Jahr zu erleben. Es scheint der logische Schritt zu sein: Durch den Corona-Test wird Evenepoel sicher nur einige Tage pausieren, und dann wäre genug Zeit für einen neuen Formaufbau bis Anfang Juli - basierend auf den für den Giro aufwändig gelegten Grundlagen.
Verzichtet Evenepoel auf die Planänderung, würde er nun einen großen Teil der Saison ohne ausgesprochenen Höhepunkt verstreichen lassen, obwohl er sich für den Giro so gut vorbereitet hatte - mit zahlreichen Trainingslagern und extrem viel Zeit in der Einsamkeit am Teide auf Teneriffa. Die geleistete Arbeit der letzten Monate wäre zwar nicht umsonst, aber würde trotzdem ungenutzt bleiben.
Das Zünglein an der Waage hinsichtlich eines möglichen Tour-Starts dürfte aber wohl die in diesem Jahr früher stattfindende WM im August in Glasgow sein. Dort will Evenepoel seinen Titel verteidigen und in den Augen vieler wäre der Versuch, bei der Frankreich-Rundfahrt auf Klassement zu fahren, nicht hilfreich dafür, wenn es darum geht, 13 Tage nach Tour-Ende in Schottland nach dem Regenbogentrikot greifen zu können.
Für den Angriff auf die Grand-Tour-Gesamtwertung scheint ein Vuelta-Start und die dortige Titelverteidigung in Kombination mit den Weltmeisterschaften daher passender. Nur: Würde ein Tour-Start von Evenepoel auch gleich bedeuten, dass er auf Gesamtwertung fährt und drei Wochen jeden Tag ans Limit geht?
Viel wahrscheinlicher wäre, dass Soudal - Quick-Step ihn zum Grand Depart nach Bilbao schickt, um die Tour kennenzulernen und vereinzelt auf Etappenjagd zu gehen - so wie es das Team von Lefevere in Frankreich ohnehin immer tut. Denn die Mannschaft für einen Klassement-Angriff umzustellen, das klappt angesichts der Tatsache, dass die dafür in Frage kommenden Fahrer beim Giro ja noch weiter dabei sind, wohl ohnehin nicht - und es würde Sprint-Ass Fabio Jakobsen vor den Kopf stoßen, der bei der Tour dann Abstriche in Sachen Leadout-Zug machen müsste.
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