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08.04.2023 | (rsn) – Sensation bei der “Königin der Klassiker“: Die Kanadierin Alison Jackson (EF Education - Tibco - SVB) hat völlig überraschend die 3. Ausgabe von Paris-Roubaix Femmes (1.WWT) gewonnen und damit den größten Erfolg ihrer Karriere gefeiert. Die 34-Jährige verwies in einem denkwürdigen Rennen nach 145,5 Kilometern von Denain nach Roubaix im berühmten Velodrome im Sprint einer sechsköpfigen Spitzengruppe die Italienerin Katia Ragusa (Liv Racing) und die Belgierin Marthe Truyen (Fenix – Deceuninck) auf die Plätze und wurde damit Nachfolgerin von Elisa Longo Borghini (Trek – Segafredo).
“Als wir hier die Strecke erkundeten, träumte ich vom Sieg. Aber meist bleibt es ja beim Traum, der im realen Leben nicht wahr wird. Mir fehlen die Worte“, sagte Jackson noch ungläubig im Ziel-Interview. Nachdem sie beim Roubaix-Debüt 2021 Rang 24 belegt hatte und im vergangenen Jahr Dreizehnte geworden war, gelang ihr im dritten Anlauf der große Coup, den sie quasi von langer Hand vorbereitete.
“Ich wollte früh vorne dabei sein und das Rennen mit gestalten. Wegen des Regens unter der Woche war was noch glitschig und so wollte ich Chaos und Pech vermeiden“, erklärte sie ihre Taktik. Der Plan ging auf und Jackson mischte in der großen Gruppe des Tages mit, die sich nach rund 25 Kilometern formierte und deren letzten Mitgliederinnen von den Favoritinnen nicht mehr gestellt werden konnten. “In der Gruppe von uns sieben wollten eigentlich nur vier wirklich fahren. Aber entweder fährst du nicht und verlierst oder du fährst hart und hast so vielleicht eine Chance. Ich habe mir selbst und meiner Leidenschaft vertraut und es hat sich mit dem Sieg ausgezahlt. Der Traum ist wahr geworden“, fügte sie an.
Auch auf den Plätzen vier bis sechs landeten mit den Französinnen Eugénie Duval (FDJ – Suez) und Marion Borras (St Michel - Mavic) sowie der Polin Marta Lach (Ceratizit WMT) Fahrerinnen aus der ursprünglich 18-köpfigen Ausreißerinnengruppe, zu der auch die Deutsche Lisa Klein (Trek – Segafredo) gehört hatte.
Top-Favoritin Lotte Kopecky (SD Worx) entschied 12 Sekunden hinter Jackson den Sprint der ersten Verfolgerinnen für sich und wurde Siebte vor der Britin Pfeiffer Georgi (DSM). Romy Kasper (AG Insurance - Soudal Quick-Step) belegte als beste deutsche Fahrerin nach einer starken Vorstellung zeitgleich Rang 17, zwei Positionen hinter der Österreichischen Meisterin Christina Schweinberger (Fenix – Deceuninck) und einen Platz hinter der Schweizerin Elise Chabbey (Canyon//SRAM).
Longo Borghini, die bei einem Sturz im Sektor 9 fast alle ihre Begleiterinnen in der Gruppe der Favoritinnen mit sich zu Boden gerissen hatte, musste sich schließlich mit Rang 20 (+0:23) begnügen.
Nach dem Start in Denain dauerte es rund 15 Kilometer, ehe bei den prognostizierten trockenen Wetterbedingungen und Temperaturen um die 10 Grad Bewegung ins Feld der 142 Fahrerinnen aus 24 Teams kam. In Folge mehrerer Attacken formierte sich nach rund 25 Kilometern schließlich eine 18-köpfige Spitzengruppe, zu der neben Jackson, Ragusa und Duval auch die ehemalige Deutsche Meisterin Lisa Klein (Trek – Segafredo) gehörte. Da auch die Teams der Favoritinnen vertreten waren, konnten sich die Ausreißerinnen schnell einen Vorsprung von rund sechs Minuten erarbeiten, ehe nach 63 Kilometern in Hornaing à Wandignies der erste der 17 Sektoren erreicht war.
Nach rund 45 Kilometern zerteilte ein Sturz kurzzeitig das von Trek – Segafredo angeführte Feld. Als Folge musste mit Linda Riedmann, deren Team Jumbo – Visma keine Fahrerin in der Spitzengruppe dabei hatte, eine der sieben deutschen Starterinnen das Rennen frühzeitig aufgeben.
Aus der großen Gruppe an der Spitze setzte sich bereits 73 Kilometer vor dem Ziel die Niederländerin Daniek Hengeveld (DSM) ab und fuhr sich einen Vorsprung von rund 30 Sekunden heraus. Kurz vor der Attacke hatte mit Marianne Vos (Jumbo – Visma) eine der Favoritinnen nach einem Reifenschaden den Anschluss an das Feld verloren und benötigte einige Kilometer, um die Lücke nach einem Radwechsel wieder zu schließen – nur um kurz darauf in Sektor 15 wieder zurückzufallen.
Nachdem das Feld zunächst den Rückstand kaum hatte reduzieren können, sorgte Elisa Balsamo (Trek – Segafredo) im Sektor 14 mit einer massiven Tempoverschärfung für eine Verkleinerung des Feldes und für eine Vergrößerung des Abstands zu Vos. Im Sektor 13 (Orchies) wiederholte sich das Schauspiel, ehe kurz nach einer Attacke von Kopecky 51 Kilometer vor dem Ziel im 4-Sterne-Sektor Auchy à Bersée ein Massensturz für Chaos im Feld sorgte.
Zur Gewinnerin der Flandern-Rundfahrt gesellten sich zunächst noch Vorjahressiegerin Longo Borghini, deren niederländische Teamkollegin Lucinda Brand, Franziska Koch und Georgi (beide DSM), Chabbey sowie die Niederländerin Floortje Mackaij (Movistar), Chiara Consonni (UAE Team ADQ) sowie mit Kasper eine weitere Deutsche. Kurz darauf schlossen weitere Fahrerinnen auf, darunter auch die Österreichische Meisterin Christina Schweinberger (Fenix – Deceuninck).
43 Kilometer vor dem Ziel war die 20-jährige Hengeveld vom Rest der ehemaligen Spitzengruppe wieder eingefangen, der Rückstand der Verfolgerinnen um Kopecky betrug aber weniger als drei Minuten, eine weitere Minute dahinter folgte eine Gruppe um Vos. Im Sektor 9 rutschte die an der Spitze der zweiten Gruppe fahrende Longo Borghini auf einer glitschigen Passage weg und riss bis auf Kasper alle ihre weiteren Begleiterinnen mit sich zu Boden.
Die Vorjahressiegerin konnte wie fast alle anderen zu Fall gekommenen Fahrerinnen aber schnell das Rennen fortsetzen, wogegen Kopecky in Folge des Sturzes in die Gruppe Vos zurückfiel. Auf den folgenden Kilometern wuchs die Gruppe, die Kasper knapp 30 Kilometer vor dem Ziel einfing, wieder auf 13 Fahrerinnen an, darunter Brand, Georgi, Marta Bastianelli (UAD Team ADQ), Chabbey und Schweinberger. Kopecky jedoch schien der Sturz nur angestachelt zu haben, denn die 27-Jährige sorgte fast im Alleingang dafür, dass ihre Gruppe schließlich wieder den Anschluss an Longo Borghini & Co. schaffte.
21 Kilometer vor dem Ziel sprengte Jackson mit einem entschlossenen Antritt die Spitzengruppe, ehe im Sektor 4 (Carrefour de l’Arbre) ihre Begleiterin Lach in die Offensive ging und in dem 5-Sterne Sektor des Tages die Spitze auf nur noch sieben Fahrerinnen weiter reduzierte. Doch auch die Verfolgerinnen hatten ihren Rückstand auf weniger als 30 Sekunden reduziert.
Auf den letzten 12 Kilometern attackierte Lach ein weiteres Mal, doch vor allem dank der Tempoarbeit von Georgi reduzierten die Favoritinnen den Rückstand auf die letzten sieben Ausreißerinnen weiter. Allerdings gab vor allem Jackson alles, um ihre Gruppe vorn zu halten, immer wieder versuchte sie ihre Begleiterinnen mit Handbewegungen zu motivieren, sich an der Tempoarbeit zu beteiligen. Tatsächlich stabilisierte sich der Abstand bei rund 15 Sekunden.
Erst als Longo Borghini auf den letzten fünf Kilometern entschlossen antrat, kam wieder Zug in die Gruppe der Favoritinnen, doch die Lücke von nur noch zehn Sekunden konnten sie nicht mehr schließen. Im Velodrome von Roubaix stürzte dann Kopeckys Teamkollegin Femke Markus und büßte so auf den letzten Metern alle Chancen auf den Sieg ein. Den holte sich Jackson, die nochmals alle Kräfte mobilisierte und in einem langen Sprint ihre Konkurrentinnen auf Distanz hielt.
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