RSNplusTop-Talent imponiert bei der Vuelta

Brenners Grand-Tour-Lernkurve zeigt steil nach oben

Von Tom Mustroph

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Marco Brenner (DSM) | Foto: Cor Vos

08.09.2022  |  (rsn) - Marco Brenner (DSM) fühlt sich bei seiner ersten Grand Tour richtig wohl. Drei Mal kam er in eine Fluchtgruppe, holte einmal sogar Etappenplatz fünf heraus. In Sprintfinals lotst er seinen Lehrmeister John Degenkolb durch das Gewühl und lernt vor allem Kraft sparendes Verhalten. Und auch erste Rückschläge in Form einer Erkältung in der ersten Woche hat er schon überwunden. Für die dritte Woche nimmt der Augsburger sich noch weitere Ausreißversuche vor.

___STEADY_PAYWALL___ “Vor allem meine zweite Woche war richtig gut. Da war der Höhepunkt der fünfte Platz in der Ausreißergruppe. Das hat mir Selbstvertrauen gegeben auch für die dritte Woche. Wenn ich die so fahre wie die zweite, bin ich wirklich zufrieden“, sagte Brenner am Rande der 17. Etappe zu radsport-news.com.

  Road Captain John Degenkolb (re.) ist für den Grand-Tour-Debütanten eine Art Lehrmeister bei dieser Vuelta. | Foto: Cor Vos

In Fluchtgruppen zu kommen ist allerdings eine große Herausforderung, wie er feststellen musste. “Das ist brutal hart, das habe ich so noch nie erlebt. Das erste Mal, in der ersten Woche, war es ok. Viele Teams haben nicht geglaubt, dass die Gruppe ins Ziel kommt, weil das Klassement noch sehr durchmischt war. Beim zweiten Mal war es aber ein Riesenfight. Ich war auch fast immer dabei, als versucht wurde, die Gruppe zu bilden. Am Ende ist eine große Gruppe gegangen. Aber es hat ewig gebraucht und man musste Vollgas Rennen fahren“, erzählte Brenner. Und trotz aller Anstrengung, die das erforderte, erzählte er mit einer Begeisterung davon, die für sein leidenschaftliches Rennfahrerherz spricht.

Gehobene Ansprüche in Ausreißergruppen

Brenners dritter Ausreißversuch hat sich hingegen regelrecht schmerzhaft in den Körper eingeprägt. “Da gab es die totale Eskalation. Nach 90 Kilometern erst stand die Gruppe. Rückblickend muss ich sagen, dass ich an dem Tag die Gruppe vielleicht zu sehr wollte. Im Endeffekt hat es nichts gebracht, drin zu sein, weil ich so kaputt war von der Anstrengung, überhaupt reinzukommen. Und da hätten wir wahrscheinlich auch früher die Entscheidung treffen sollen, dass ich an dem Tag nicht rein gehe. Denn man soll ja nur in eine Gruppe reingehen, wenn man auch die Biene dafür hat, am Ende vorne reinzufahren“, bilanzierte er.

Das allerdings, und auch das gehört zu den Lerneffekten, bemerke man meist erst hinterher. “Ich glaube aber auch, dass es für mich gut, solche Belastungen zu haben und daraus zu lernen“, gewann er dem Kampf dann noch eine positive Seite ab. Bemerkenswert ist, dass der 20-Jährige bei den Ausreißern nicht nur mitfahren will. “Bei uns im Team ist es so, dass wir nur dann in Fluchtgruppen gehen, wenn es um den Sieg geht“, sagt er. Das sind gehobene Ansprüche.

Lektionen vom Road Captain Degenkolb

Im Feld sieht man Brenner oft neben Routinier John Degenkolb fahren. Beide teilen auch das Zimmer. Und Brenner scheint aufzusaugen, was der immer noch recht endschnelle Road Captain ihm zu sagen hat. “Es macht auf alle Fälle viel Spaß mit John. Ich lerne ganz viel, wie man am klügsten fährt, ohne viel Energie zu verschwenden. Ich habe mich während der Rundfahrt darin auch schon verbessert“, konstatierte er.

Und auch der 33-jährige Degenkolb findet, dass sein junger Teamkollege sich bereits recht clever im Feld bewegt. Deshalb ist Brenner auch in der Sprintvorbereitung mit dabei. “Bis etwa 4, 5 Kilometer vor dem Ziel bin ich mit vorn, damit John ein Hinterrad hat, an dem er fahren kann. Ich versuche dann auch nicht unbedingt vorne im Wind, sondern schön klug, an zweiter oder dritter Stelle mit ihm am Hinterrad zu fahren.“ .

Auf der 12. Etappe imponierte Brenner als Ausreißer und wurde an der Bergankunft Penas Blancas beeindruckender Fünfter. | Foto: Cor Vos

An den großen Klassementfahrern im Feld wie etwa dem mittlerweile ausgeschiedenen Primoz Roglic oder auch dem Gesamtführenden Remco Evenepoel orientiert er sich weniger. “Da achte ich nicht so drauf“, gestand er. Mehr im Auge hat er dagegen seinen Teamkollegen Thymen Arensman, der wie Evenepoel auch erst 22 Jahre alt ist. “Mit ihm verfolgen wir ja auch Ziele im Klassement. Und Thymen ist noch recht jung, drei Jahre älter zwar als ich, aber immer noch jung. Für ihn ist es jetzt das erste Mal, dass er eine Grand Tour als Leader fäht. Und das bedeutet eben auch, dass er noch Fehler macht. Wenn wir dann im Meeting darüber sprechen und das auswerten, kann ich davon lernen“, erzählte Brenner.

Im Herbst auch noch das Monument-Debüt?

Ein Mini-Detail, das ausgewertet wurde, war unter anderem, dass man eben nicht kurz vor der Verpflegung eine Pinkelpause einlegt, sondern die Ruhephase nach der Essensaufnahme dafür nutzt. “John hat dann zu mir gemeint: ‘Das machst du jetzt besser nicht. Es passt, dass Thymen jetzt den Fehler macht, da lernst du von.‘ Das ist auch lustig“, meinte Brenner munter.

In seiner Ausbildung ist der Youngster bereits weiter, als es der ursprüngliche Plan vorsah. Eigentlich sollte Brenner erst im dritten Profijahr seine erste Spanien-Rundfahrt absolvieren. Jetzt feiert er bereits eine Saison früher sein Grand Tour-Debüt. Und auch das erste Monument könnte es 2022 noch geben. “Meine Rennen nach der Vuelta stehen noch nicht fest. Wir wollen erst einmal sehen, wie ich aus der Vuelta komme“, sagt er. Aber ein italienischer Herbst mit Tre Valli Varesini und der Lombardei-Rundfahrt deutet sich zumindest an.

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