RSNplusUnterschiedliche Rollen auf 5. Tour-Etappe

Nicht alle Deutschen haben auf dem Pavé freie Fahrt

Von Joachim Logisch aus Calais

Foto zu dem Text "Nicht alle Deutschen haben auf dem Pavé freie Fahrt "
John Degenkolb (DSM) | Foto: Cor Vos

06.07.2022  |  (rsn) - Es sind nur 19,4 Kilometer, aufgeteilt in elf Sektoren! Werden die Pflasterstraßen, einige davon bekannt auch vom Klassiker Paris-Roubaix, die erste große Prüfung dieser 109. Tour de France? Zumal Wout Van Aert (Jumbo – Visma) nach der gestrigen Glanztat seines Teams einen neuen Angriff ankündigt!

"Der Sieg gibt uns Selbstvertrauen, auch morgen etwas im Hinblick auf die Gesamtwertung zu probieren. Die Hälfte des Teams kennt die Klassiker. Alle sind bereit dafür. Wir freuen uns auf die Etappe. Alles andere müssen wir abwarten, wie es sich morgen ergibt“, sagte der Mann in Gelb während seiner Siegerkonferenz. Es hörte sich wie eine Drohung an die Konkurrenten an.

___STEADY_PAYWALL___ Die nehmen die Herausforderung an. Besonders einige deutsche Profis könnte die nur 153,7 Kilometer lange 5. Etappe von Lille nach Arenberg – Porte du Hainaut liegen sollten. "Ich bin sehr motiviert. Ich habe auch die Unterstützung des Teams“, kündigte John Degenkolb (DSM) gegenüber radsport-news.com an.

Max Walscheid (Cofidis) erhält auf dem Kopfsteinpflaster freie Fahrt und hofft auf eine Spitzenplatzierung in Arenberg. | Foto: Cor Vos

Der Oberurseler weiß nicht nur nach seinen beiden Siegen auf den Pavés, was ihn erwartet. 2015 gewann er Paris-Roubaix und 2018 die 9. Etappe der Tour de France, die ebenfalls über einige Pavé-Passagen des Frühjahrsklassikers führte. "Ich habe mir im Frühjahr die Pflasterpassagen angeschaut. Natürlich ist es ein Vorteil, dass man hier schon zweimal gewonnen hat", so der mittlerweile 33-Jährige.

Degenkolb rechnet besonders am Anfang der Sektoren mit Durcheinander

Doch nicht nur der Untergrund wird heute Probleme bereiten, sondern auch diejenigen Fahrer, die nicht zu den Spezialisten gehören, wie Degenkolb meinte: "Die Klassementfahrer wollen alle vorn fahren, um nicht durch Stürze aufgehalten zu werden. Das macht es vor den Pflasterabschnitten natürlich extrem hektisch und eng. Dazu kommen die, die sich nicht auskennen, das könnte besonders am Anfang der Pavés für Durcheinander sorgen.“

Zu den "Laien“ gehört Jonas Rutsch sicher nicht. Der EF-Education-Profi bewies das im letzten Jahr, als er bei Paris- Roubaix als Elfter ins Ziel kam. Die Platzierung bildete allerdings keineswegs seine starke Leistung an diesem Tag ab. Denn der Wiesbadener attackierte und fuhr kilometerlang zwischen Spitzengruppe und den Verfolgern, ohne jedoch aufschließen zu können.

Rutsch hat den Sturz während der 2. Tour-Etappe, als sein Kettenblatt ihm eine Schnittwunde an der Wade zufügte, überwunden. "Mir geht es gut, alles ist ausgestanden. Für diesen Tag habe ich mir ein Kreuz gesetzt und werde das Rennen offensiv angehen können“, sagte der 24-Jährige im Gespräch mit radsport-news.com.

Jonas Rutsch (EF Education – EasyPost) war im vergangenen Jahr auf Rang elf bester deutscher Profi bei Paris-Roubaix. | Foto: Cor Vos

"Wir haben noch nicht teamintern gesprochen, generell ist aber der Plan, dass ich offensiv reingehe“, so Rutsch, der einen harten Schlagabtausch erwartet: "Es wird ein großes Durchmischen der Gesamtwertung geben. Alles wird durcheinandergewürfelt, da viele Leute dabei sind, die das Pflaster nicht gewohnt sind. Sie werden dort ihre Grenzen aufgezeigt bekommen.“

Rutsch und Walscheid haben freie Fahrt

Auch Rutsch sah es als Vorteil an, dass er Paris-Roubaix schon gefahren ist. "Es wird wichtig sein, dass man in einer vernünftigen Position ist, um sich aus dem Chaos hinten rauszuhalten“, meinte er. Erschwert werde die 5. Etappe auch dadurch, "dass sie relativ kurz ist“, so Rutsch, "das Rennen wird also von Beginn an voll gefahren werden.“

Auch Max Walscheid (Cofidis) darf sich gute Chancen auf einen Spitzenplatz ausrechnen, nachdem er im vergangenen Herbst trotz mehrerer Stürze in der Ausreißergruppe noch Zwölfter in Roubaix geworden war. Walscheid: "Die Etappe liegt mir und ich würde da gerne vorne landen. Aber es wird sehr schwer werden, zwischen dem ersten und dem zweiten Sektor ist ein wenig Luft, dann wird sicher das Feld zerlegt werden. Ich habe Freie Fahrt, wir sind ja keine Klassikertruppe, aber ein bisschen Unterstützung werde ich haben.“ Mit einer Einschränkung: "Unseren GC-Fahrer Guillaume (Martin) müssen wir an diesem Tag beschützen. Aber ich denke, dass sich beides vereinbaren lässt.“

Wie alle anderen Teilnehmer auch wird er sein Rad den speziellen Bedingungen anpassen. "Ich lasse 27 Millimeter Reifen aufziehen in einer pannensicheren Ausführung. Außerdem fahre ich mit niedrigerem Luftdruck", kündigte der Zwei-Meter-Mann an.

Politt darf fahren - aber nicht auf eigene Rechnung

Unter normalen Umständen würde auch Nils Politt (Bora – hansgrohe) zu den Anwärtern auf einen Spitzenplatz zählen. Allerdings hat sein Team mit Aleksandr Vlasov einen Podiumskandidaten dabei, den es zu beschützen gilt. "Politt darf fahren, aber nicht, um die Etappen zu gewinnen“, beantwortete Boras Sportlicher Leiter Rolf Aldag lachend die Frage von radsport-news.com nach der Rolle des Paris-Roubaix-Zweiten von 2019. "Natürlich gibt es ein Szenario: Wenn alles zusammen und alles sicher ist und wir noch mit allen acht Mann beisammen sind und es gibt nur noch ein Pflasterstück, dann kann Nils losfahren", nannte Aldag die Bedingungen, unter denen der Deutsche Meister freie Fahrt erhalten würde.

Der Deutsche Meister Nils Politt, 2019 Zweiter bei Paris-Roubaix, wird bei Bora – hansgrohe wohl für Aleksandr Vlasov arbeiten müssn. | Foto: Cor Vos

Viel Hoffnung machte er dem 28-Jährigen allerdings nicht: "Aber die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering. Nils, Marco Haller und Danny van Poppel sind alle erfahren auf diesem Terrain und prädestiniert für Kopfsteinpflaster. Sie müssen es morgen für uns rausreißen.“

Wie Vlasov, der aktuell auf Rang 15 (+0:56) des Gesamtklassements belegt, geschützt werden soll, erklärte Aldag so: "Am besten fährt Aleks hinter den dreien her. Zwei oder drei müssen ihn nach hinten absichern. Er muss ankommen und darf nicht hinfallen.“

Sein Pflaster-Debüt gibt Georg Zimmermann (Intermarché – Wanty – Gobert Matériaux). Deshalb geht der Augsburger das Pavé-Abenteuer mit Vorsicht an: "Ich kenne die Strecke nur aus dem Roadbook“, erklärte er gegenüber radsport-news.com. "Viel vornehmen kann ich mir deshalb nicht. Ich will erst mal heil durchkommen und mir alles anschauen.“

Der Augsburger Georg Zimmermann (Intermarché – Wanty – Gobert) wird sein Debüt auf dem Pavé geben und zeigte sich deshalb zurückhaltend zu seinen Aussichten | Foto: Cor Vos

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