Tränen nach Tour-Etappensieg und Gelbem Trikot

Van der Poel triumphiert nach doppelter Mur-Attacke

Von Kevin Kempf

Foto zu dem Text "Van der Poel triumphiert nach doppelter Mur-Attacke"
Mathieu van der Poel (Alpecin - Fenix) im Gelben Trikot der Tour de France | Foto: Cor Vos

27.06.2021  |  (rsn) – Tränen beim Überqueren der Ziellinie, im Interview und auch danach im Zielbereich. Nach seinem ersten Tour-de-France-Etappensieg war Mathieu van der Poel (Alpecin – Fenix) sichtlich gerührt. 700 Meter vor dem Ziel setzte sich der Niederländer auf dem zweiten Teilstück von Perros-Guirec zur Mûr de Bretagne von den Favoriten ab und triumphierte als Solist mit je sechs Sekunden Vorsprung auf die beiden Slowenen Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) und Primoz Roglic (Jumbo – Visma) sowie seinen Landsmann Wilco Kelderman (Bora - hansgrohe). Und um van der Poels Glück vollkommen zu machen, holte er sich das Gelbe Trikot und nebenbei auch die Führung in der Bergwertung.

Vor seinem Grand-Tour-Debüt hatte er angekündigt, auch bei der Frankreich-Rundfahrt schon weit vor dem Ziel angreifen zu wollen. Bei der ersten Passage der zwei Kilometer langen und 6,6 Prozent steilen Mûr de Bretagne waren es zwar “nur“ noch 15 Kilometer bis zum Ziel, trotzdem sah seine Attacke wie sportliches Harakiri aus. “Ich habe schon bei der ersten Überquerung alles rausgehauen, da ich die Bonussekunden brauchte, wenn ich eine Chance auf Gelb haben wollte“, erklärte der 26-Jährige seine die Aktion im Ziel.

Van der Poel sicherte sich die acht Sekunden und bestritt dann gemeinsam mit dem Feld das Finale, ehe es den selben Anstieg nochmals hinauf ging. Nachdem er erst zahlreiche Attacken anderer Fahrer vereitelt hatte, zog er 700 Meter vor dem Ziel selbst allen unwiderstehlich davon. “Als ich über die Ziellinie fuhr, dachte ich natürlich an meinen Großvater“, beschrieb er weinend seine Gedanken im Moment des großen Sieges. Sein Großvater Raymond Poulidor verstarb im November 2019, noch am Samstag trug die Alpecin-Mannschaft als Hommage an den Franzosen ein Retro-Trikot.

Dagegen hatte Julian Alaphilippe (Deceuninck – Quick-Step) nicht die Beine des Vortages. Bereits bei der ersten Passage der Mur konnte der Franzose van der Poel, Pogacar und Roglic nicht Paroli bieten. Im Schlussanstieg war es nicht anders, so dass Alaphilippe acht Sekunden hinter van der Poel nur Fünfter wurde und sein Maillot Jaune los war. “Wir treffen das ganze Jahr aufeinander, aber wir mögen uns. Wir haben denselben Stil zu fahren. Mathieu schreibt nun seine eigene Geschichte nach seinem Großvater. Es ist großartig für ihn, bei seiner ersten Tour das Gelbe Trikot zu tragen“, schien sich der Weltmeister mehr für seinen Widersacher zu freuen als über seine Niederlage zu ärgern.

Alaphilippe ist nach einem Tag Gelb wieder los

Der 28-jährige Alaphilippe ist nun mit acht Sekunden Rückstand Zweiter der Gesamtwertung. Pogacar und Roglic wurden bei beiden Passagen an der Mur jeweils Zweiter und Dritter und liegen in der Gesamtwertung nun auf dem dritten (Pogacar / +0:13) und vierten Platz (Roglic / +0:14. Ihnen folgt Wilco Kelderman (Bora – hansgrohe / +0:24), der als Vierter der Etappe erneut ein sehr gutes Rennen fuhr. “Ab 400 Meter vor dem Ziel bin ich nur noch Vollgas gefahren, am Ende konnten nur Pogacar und Roglic noch vorbeiziehen“, sagte der Niederländer, hinter dem die weiteren Favoriten weitere zwei Sekunden einbüßten.

In dieser Gruppe mit acht Sekunden Rückstand auf den Sieger erreichte auch Keldermans Teamkollege Emanuel Buchmann als 22. das Ziel. “Mit meinen Beinen kann ich zufrieden sein, da diese kurzen Anstiege normal nicht so meine Stärke sind. Aber von den anderen Fahrern waren nicht viele schneller als ich“, urteilte der Deutsche.

Während mit van der Poel ein neuer Träger des Gelben- und des Bergtrikots gekürt wurde, konnte Pogacar das Weiße Trikot verteidigen. Alaphilippe wird sich mit dem Grünen Trikot über den Verlust der Gesamtführung hinwegtrösten müssen.

So lief das Rennen:

Die Gruppe des Tages schien nach wenigen Kilometern aus Edward Theuns (Trek – Segafredo), Anthony Perez (Cofidis), Simon Clarke (Qhubeka – NextHash) und Jonas Koch (Intermarché – Wanty – Gobert) zu bestehen, da Ide Schelling (Bora – hansgrohe) den Anschluss an dieses Quartett zunächst nicht geschafft hatte. Der Träger des Bergtrikots wurde vom Feld gestellt, probierte es aber wenig später erneut, dieses Mal mit Unterstützung von Jérémy Cabot (TotalEnergies). Mit vereinten Kräften schaffte das Duo nach 17 Kilometern doch noch den Anschluss.

Auch am zweiten Tag durch die Bretagne hatte das Feld alles im Griff und gestattete den Ausreißern nicht mehr als vier Minuten Vorsprung. Den einzigen Punkt an der Côte de Sainte-Barbe sicherte sich nach 73 Kilometern mit einem mächtigen Antritt aus erster Position heraus der sprintstarke Perez, der damit in der Bergwertung mit Schelling gleichzog. 13 Kilometer später gewann Theuns den Zwischensprint in Plouha vor Koch. Im Feld war Caleb Ewan (Lotto Soudal) erneut der Schnellste und sicherte sich Rang sieben und weitere Punkte.

Die zweite Bergwertung zur Côte de Pordic nach 103 Kilometern gewann Schelling etwas überraschend in einem packenden Sprintduell mit Perez. Die Kampfhähne waren sich danach nicht einig und so attackierte Theuns kurz vor der Côte de Saint-Brieuc. Der Belgier holte sich nach 115 Kilometern den Bergpunkt, Perez und Schelling dagegen ließen sich ins Feld zurückfallen. Clarke stürzte in einer kurzen Abfahrt und wurde ebenfalls von den Jägern gestellt. Cabot fand noch Anschluss zum Spitzenreiter, Koch hing einige Zeit zwischen den Gruppen und wurde letztendlich 60 Kilometer vor dem Ziel eingeholt.

Van der Poel holt sich 18 Bonussekunden an der Mur

Für die folgenden gut 40 Kilometern änderte sich an der Konstellation nichts. Erst an der Côte du Village de Mûr-de-Bretagne attackierte Theuns seinen Begleiter und sicherte sich 18 Kilometer vor dem Ziel einen weiteren Bergpunkt, um kurz darauf vom Feld eingeholt zu werden. Zwei Kilometer später attackierte van der Poel ein erstes Mal an der Mûr de Bretagne, die zweimal im Tagesprogramm stand. Er wurde zwar direkt hinter der Bergwertung vom Feld eingeholt, holte sich als Erster an der Bergwertung jedoch neben den zwei Bergpunkten noch acht Bonussekunden. Zweiter wurde Pogacar (5 Sekunden) vor Roglic (2 Sekunden).

In der folgenden Abfahrt blieb das Feld zusammen. Auf den zwei ansteigenden Schlusskilometern gab es mehrere Attacken, die van der Poel alle neutralisierte. 700 Meter vor dem Ziel konterte er einen Angriff von Sonny Colbrelli (Bahrain Victorious) und zog voll durch. Dem explosiven Antritt vermochte niemand zu folgen und so fuhr van der Poel mit sechs Sekunden Vorsprung vor den zeitgleichen Pogacar, Roglic und Kelderman über den Zielstrich.


Mehr Informationen zu diesem Thema

09.12.2021Frau mit “Allez Opi – Omi“-Schild zu einer Geldstrafe verurteilt

(rsn) - Zu einer Geldstrafe von 1200 Euro wurde die Zuschauerin verurteilt, die mit dem Schild "Allez Opi – Omi" bei der vergangenen Tour de France einen Massensturz verursacht hatte. Ein Gericht in

13.10.2021Verursacherin des Tour-Massensturzes vor Gericht

(rsn) – Während am Donnerstag in Paris die Strecke der Tour de France 2022 vorgestellt wird, beginnt in Brest der Strafprozess gegen die junge Frau, die auf der 1. Etappe der diesjährigen Frankrei

23.07.2021Zimmermann kämpfte sich mit Kahnbeinfraktur durch die Tour

(rsn) - Georg Zimmermann (Intermarché - Wanty - Gobert) ist seine erste Tour de France mit einem Kahnbeinbruch zu Ende gefahren, den er sich bereits bei einem Sturz auf der 1. Etappe zugezogen hatte.

21.07.2021Verstärkt Soler ab 2022 die Helferriege von Tour-Sieger Pogacar?

(rsn) - Nach seinem Sturz zum Auftakt der Tour de France, bei dem er sich Frakturen in beiden Ellbogen zuzog, erholt sich Marc Soler nur langsam von den Folgen. “Ich trainiere schon seiteiniger Zeit

21.07.2021Highlight-Video der 108. Tour de France

(rsn) - Vom Grand Départ am 26. Juni in Brest bis zum großen Finale am 18. Juli auf den Champs Élysées: Das Highlight-Video zur 108. Tour de France liefert einen Rückblick auf die 21 Etappen des

20.07.2021Pogacar und UAE Team Emirates auch in Geldranglisten vorn

(rsn) - Tadej Pogacar und sein UAE Team Emirates sind die Großverdiener der 108. Tour de France. Nach seinen Galavorstellungen vor allem in der letzten der drei Wochen kommt der Titelverteidiger auf

19.07.2021Martinez mit Corona infiziert: Olympiastart abgesagt

(rsn) – Wie das kolumbianische Portal Mundo Ciclístico berichtet, hat sich Daniel Martinez mit dem Coronavirus infiziert und wird deshalb nicht wie vorgesehen am Olympischen Straßenrennen am 24.

19.07.2021Krebs, Herzprobleme: Brailsford denkt an Rücktritt

(rsn) – Dave Brailsford, Gründer und Team-Manager von Ineos Grenadiers, hat in einem Interview mit der Tageszeitung The Guardian erklärt, dass ihn massive gesundheitliche Probleme zum Rücktritt

19.07.2021Konrad: “Wir haben zwei von drei Zielen erreicht“

(rsn) – Zum dritten Mal stand Patrick Konrad (Bora – hansgrohe) am Start der Tour de France. Mit seinem grandios herausgefahrenen Sieg auf der 16. Etappe von El Pas de la Casa nach Saint-Gaudens s

19.07.2021Cavendish verpasst alleinigen Rekord und ist dennoch glücklich

(rsn) - Obwohl sein Team Deceuninck - Quick-Step nochmals alles gab, konnte Mark Cavendish eine bis dahin für ihn perfekt verlaufene Tour de France nicht mit dem fünften Etappensieg krönen. Nachdem

19.07.2021Politt jubelte, Rutsch überraschte, Buchmann half

(rsn) - Nach der 108. Tour de France ziehen wir Bilanz von den Vorstellungen der insgesamt zwölf deutschen Starter, von denen nach drei schweren Wochen acht in Paris das Ziel auf den Champs Élysée

19.07.2021Auf den Champs Élysées pokerte Greipel etwas zu lange

(rsn) - In den Jahren 2015 und 2016 holte sich André Greipel zum Abschluss der Tour de France auf den Champs Élysées den jeweils letzten Etappensieg, 2017 musste er sich nur Dylan Groenewegen gesch

Weitere Radsportnachrichten

09.03.2025Merlier holt sich Paris-Nizza-Auftakt

(rsn) – Alles beim Alten, oder zumindest wie vor zwei Jahren. Damals gewann Tim Merlier (Soudal – Quick-Step) den Auftakt von Paris-Nizza in La Verrière. Dieses Mal gelang es dem Europameister au

09.03.2025Auch Mitfavoriten Vacek und Scaroni gaben bei Strade Bianche auf

(rsn) – Sieger Tadej Pogacar war bei der 19. Strade Bianche (1.UWT) nicht der einzige Fahrer, der Bodenkontakt aufgenommen hatte. Wie so oft bei Rennen über unbefestigte Straßen kam es auch in der

09.03.2025Ohne “Big Four“ ein offenes Rennen zwischen den Meeren

(rsn) – Beim 60. Tirreno-Adriatico (2. UWT) wird der Nachfolger von Jonas Vingegaard gesucht (Visma – Lease a Bike). Der Däne gewann im vergangenen Jahr nach O Gran Camino auch die seine zweite R

09.03.2025Kitzkis und Le Roux´ Nachfolger gefunden

(rsn) – In vier Folgen wurde in diesem Winter die zehnte Zwift-Academy ausgetragen. Neben dem Titel des Siegers stand erneut ein Vertrag bei einem der großen Development Teams auf dem Spiel. Vier M

09.03.2025Großschartner: “Geschenkt wird uns nichts“

(rsn) – Als 2016 Fabian Cancellara zum dritten Mal in seiner Karriere Strade Bianche gewann, war Felix Großschartner (UAE - Emirates – XRG) schon mit dabei. Seitdem ist der Österreicher das Renn

09.03.2025De la Parte beendet seine Karriere

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

09.03.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum RSN-Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über d

08.03.2025Niewiadoma gibt Entwarnung: “Mir geht es gut“

(rsn) – Für das deutsche Team Canyon – SRAM – zondacrypto ist der toskanische Schotterklassiker Strade Bianche (1.WWT) am Samstag zur großen Enttäuschung geworden. Anstatt mit Tour-de-France-

08.03.2025“Lichter aus“, aber Adria rettet in der Toskana die Red-Bull-Bilanz

(rsn) – Der Vorjahresdritte Maxim van Gils war bei Red Bull – Bora – hansgrohe  als Kapitän für die 19. Strade Bianche vorgesehen. Doch der Belgier musste wegen Krankheit passen. Für ihn in

08.03.2025Pidcock mit gemischten Gefühlen in Siena: “Bittersüß“

(rsn) – Als Tadej Pogacar 18,5 Kilometer vor dem Ziel der Strade Bianche im vorletzten Gravelsektor Colle Pinzuto den Turbo zündete, gab Tom Pidcock noch einmal alles. Der neue Star des Schweizer Q

08.03.2025Bilbao: “Es ist ein Überlebenskampf“

(rsn) - Die 19. Strade Bianche wurde zu einem Duell zwischen Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) und Tom Pidcock (Q36.5), das der Weltmeister, obwohl er zuvor schwer gestürzt war, zu seinen Guns

08.03.2025Pogacars schwerer Sturz bei Strade Bianche im Video

(rsn) – Mit Beulen und Rissen im Regenbogentrikot sowie großen Wunden ist Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) bei der Strade Bianche zu seinem dritten Sieg gefahren. Grund dafür war ein schwe

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Paris-Nice (2.UWT, FRA)
  • Radrennen Männer

  • Grote Prijs Jean-Pierre (1.1, BEL)
  • Dorpenomloop Rucphen (1.2, NED)
  • GP de la Ville de Lillers (1.2, FRA)
  • Porec Classic (1.2, CRO)