Tirreno: Nach zweitem Etappensieg “völlig leer“

Van der Poel wehrt mit letzter Kraft Pogacar ab

Von Curdt Blumenthal

Foto zu dem Text "Van der Poel wehrt mit letzter Kraft Pogacar ab"
Mathieu van der Poel (Alpecin - Fenix) hat nach der Zielüberfahrt kein Auge für die Fotografen | Foto: Cor Vos

14.03.2021  |  (rsn) - Er hatte nicht einmal die Kraft zum Jubeln, als er über die Ziellinie rollte: Mathieu van der Poel (Alpecin - Fenix) hat sich mit den allerletzten Körnern seinen zweiten Sieg bei der Fernfahrt Tirreno-Adriatico gesichert. Der Niederländische Meister gewann die 205 Kilometer lange Etappe von Castelraimondo nach Castelfidardo bei Klassikerbedingungen mit Regen und Wind mit zehn Sekunden Vorsprung auf Tadej Pogacar (UAE-Emirates), dessen beeindruckende Aufholjagd um ein Haar von Erfolg gekrönt gewesen wäre.

Wout Van Aert (Jumbo-Visma) wurde mit 49 Sekunden Rückstand Dritter und büßte im Gesamtklassement wertvolle Zeit auf Pogacar ein, dem der Gesamtsieg kaum noch zu nehmen sein dürfte.

Das sieht man selten: Kurz nach der Zieldurchfahrt sackte van der Poel völlig entkräftet zusammen und ließ sich von seinen Betreuern auf dem Asphalt sitzend versorgen. "Ich war die letzten paar Kilometer komplett leer. Mir wurde gesagt, dass Pogacar nah herankommt, aber ich war noch nicht einmal in der Lage zuzuhören. Ich wollte nur noch so schnell es geht, das Ziel erreichen“, so van der Poel nach seinem denkwürdigen Solo-Ritt.

Pogacar selbst dachte bei seinem Angriff knapp 17 Kilometer vor Schluss nicht daran, noch einmal an den deutlich enteilten van der Poel heranzukommen: "Als ich Wout van Aert leiden sah, startete ich meinen Versuch, um mehr Zeit in der Gesamtwertung herauszuholen. Ich hätte niemals gedacht, dass ich irgendwie noch einmal nah an Van der Poel herankäme. Ich bin sehr glücklich mit dem Vorsprung, den ich nun vor dem Zeitfahren auf Van Aert habe“, resümierte Pogacar, der rund drei Minuten gegenüber dem auf den letzten fünf Kilometer komplett einbrechenden van der Poel gut machte.

Van Aert gibt sich geschlagen

Van Aert gab sich nach dem Rennen geschlagen und schien mit seinem zweiten Gesamtrang zufrieden zu sein: "Pogacar war heute extrem stark und Mathieu hat ein historisches Rennen geliefert. Ich konnte nicht folgen, die Kraft reichte nicht. Aber ich habe meinen zweiten Platz gefestigt, und ich werde sehen, ob noch ein Tagessieg möglich ist", schaute der Belgier auf die letzten beiden Etappen voraus.

Vor dem abschließenden Zeitfahren steht am Montag noch die wellige 6. Etappe auf dem Plan. Die nimmt Pogacar mit einem Vorsprung von 1:15 Minuten auf Van Aert in Angriff. Mikel Landa (Bahrain Victorious) hat auf dem dritten Platz sogar schon drei Minuten Rückstand.

Die Punktewertung führt Van Aert nur noch mit vier Punkten Vorsprung auf van der Poel an. Pogacar steht ebenfalls an der Spitze von Nachwuchs- und Bergwertung - ein deutliches Zeichen seiner Überlegenheit bei Tirreno-Adriatico.

So lief das Rennen:

Auf den ersten 100 Kilometern schlug das Feld auf flachem Terrain ein hohes Tempo ein: Dennoch konnten sich mit Robert Stannard (BikeExchange), Jonas Rickaert (Alpecin - Fenix), Pello Bilbao (Bahrain Victorious), Davide Ballerini (Deceuninck - Quick-Step) und Filippo Ganna (Ineos Grenadiers) fünf Fahrer bei einem Schnitt von bis zu 57 km/h absetzen.

Als es dann aber auf den 23 Kilometer langen und hügeligen Rundkurs bei Castelfidardo ging, fand die Flucht ein jähes Ende. Bereits in der ersten von insgesamt vier Runden begannen die Favoriten um Pogacar, Van Aert und Julian Alaphilippe (Deceunick - Quick-Step) zu attackieren. Wenig später etablierte sich auf van der Poels Initiative eine rund 20-köpfige Gruppe als neue Spitze.

52,3 Kilometer vor dem Ziel kam es dann zur vorentscheidenden Szene: Nachdem erste Angriffsbekundungen erfolglos blieben, nahm van der Poel all seinen Mut zusammen und griff an einer der steilen Rampen an. Noch mit dem Energiegel im Mund brachte  der Niederländer innerhalb von wenigen Sekunden einige Meter zwischen sich und seine Verfolger.

Auf den verregneten Straßen hatten in dieser Rennphase einige Fahrer mit technischen Problemen zu kämpfen. Während Pogacar schnell wieder den Sprung zu den anderen Kontrahenten schaffte, kostete ein Defekt Alaphilippe die Chance auf den Etappensieg. Später ereilte Nairo Quintana (Arkea-Samsic) das gleiche Schicksal.

Auf den Angriff van der Poels wussten die Verfolger zunächst nicht zu antworten. Schnell wuchs der Vorsprung des viermaligen Cross-Weltmeisters auf über zwei Minuten an. Kurz darauf später machten sich Fabio Felline (Astana - Premier Tech), Alessando de Marchi (Israel Start-Up Nation) und Marc Soler (Movistar) auf die Verfolgung.

17 Kilometer vor dem Ziel wollte es dann auch Pogacar wissen. Van Aert konnte den Angriff des Slowenen nicht mitgehen. Schnell war Pogacar am Hinterrad von Felline und Soler, wogegen De Marchi zu Van Aert zurückfiel.

Auf den letzten Kilometern mündete der Kampf in der Gesamtwertung in ein kleines vorgezogenes Einzelzeitfahren. Sowohl Pogacar, als auch Van Aert entledigten sich ihrer Kontrahenten. Der Tour-de-France-Gewinner schien nun über sich hinaus zu wachsen, und machte bei der Jagd auf van der Poel mächtig Boden gut.

Es folgte ein dramatisches Finale, in dem der Spitzenreiter einbrach und Pogacar pro Kilometer 20 Sekunden aufholte. Doch van der Poel rettete sich mit seinen allerletzten Reserven ins Ziel: keine Siegerfaust, kein Jubel. Direkt hinter den Fotografen sackte van der Poel bei seinen Betreuern zusammen.

 

Mehr Informationen zu diesem Thema

20.03.2021Die Renneinsätze der Fahrer aus deutschsprachigen Ländern

(rsn) - Die Radsportsaison 2021 nimmt trotz der Corona-Pandemie an Fahrt auf, auch die deutschsprachigen Fahrer sind bereits wieder im Einsatz. Wir liefern Ihnen einen wöchentlichen Überblick über

17.03.2021Fabbro gab alles und behauptete seinen Platz in den Top 5

(rsn) - Ein Vergleich der Ergebnislisten von Tirreno-Adriatico 2020 mit denen der am Dienstag zu Ende gegangenen 56. Auflage der Fernfahrt verdeutlicht den Entwicklungssprung von Matteo Fabbro innerha

17.03.2021Küng: Enttäuschung nach 90 Minuten auf dem heißen Stuhl

(rsn) - Die Enttäuschung war riesengroß! Fast eineinhalb Stunden saß Stefan Küng (Groupama – FDJ) im abschließenden Zeitfahren der Fernfahrt Tirreno-Adriatico auf dem heißen Stuhl. Er durfte s

17.03.2021Ganna: “Ich habe gezeigt, dass ich ein Mensch bin, kein Roboter“

(rsn) - Mit der Referenz von acht Zeitfahrsiegen in Folge war Filippo Ganna (Ineos Grenadiers) in den abschließenden Kampf gegen die Uhr der Fernfahrt Tirreno-Adriatico gestartet. Doch Wout Van Aert

16.03.2021Die “Fantastischen Vier“ dominieren den Radsport noch lange

(rsn) - Klammert man Primoz Roglic (Jumbo - Visma) aus, der bis zum Schlusstag Paris-Nizza dominierte, so waren in dieser Woche die aktuell wohl besten Radprofis der Welt beim 56. Tirreno-Adriatico i

16.03.2021Pogacar: Mit weißer Weste bis zur Tour de France?

(rsn) - Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) hat auch am flachen Schlusstag entlang der Strandpromenade von San Benedetto del Tronto nichts mehr anbrennen lassen. Der Tour de France-Sieger verlor im 10,1

16.03.2021Van Aert fängt Küng nach Traum-Zeitfahren am Ende noch ab

(rsn) – Wout Van Aert (Jumbo – Visma) hat mit einer Gala-Vorstellung von einem Zeitfahren die Schlussetappe des 56. Tirreno-Adriatico gewonnen und damit auch die Sieges-Serie von Zeitfahr-Weltmeis

16.03.2021Pogacar souveräner Gesamtsieger, Van Aert gewinnt Zeitfahren

(rsn) - Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) hat sich seinen zweiten Rundfahrtsieg der Saison nicht mehr nehmen lassen. Der Slowene, der zuletzt schon die UAE Tour gewonnen hatte, verteidigte im 11,1 Kil

16.03.2021Die Startzeiten aller Fahrer im Zeitfahren von Tirreno-Adriatico

(rsn) - 164 Fahrer starten am Dienstag ins Abschlusszeitfahren von Tirreno-Adriatico über etwas mehr als zehn Kilometer im Küstenordt San Benedetto del Tronto an der Adria. Die Entscheidung über d

16.03.2021Vorschau auf die Rennen des Tages / 16. März

(rsn) - Welche Rennen stehen heute auf dem Programm, wie sieht die Streckenführung aus und wer sind die Favoriten? radsport-news.com gibt Ihnen kurz und kompakt eine tägliche Vorschau auf die wichti

15.03.2021Highlight-Video der 6. Etappe von Tirreno-Adriatico

(rsn) - Mads Würtz Schmidt (Israel Start-Up Nation) hat am vorletzten Tag von Tirreno-Adriatico seinen ersten Sieg in einem WorldTour-Rennen gefeiert. Der 26-jährige Däne setzte sich auf der 6. Eta

15.03.2021Würtz Schmidt und seine Begleiter brechen die Moral des Feldes

(rsn) - Viel fehlte nicht und Mads Würtz Schmidt (Israel Start-Up Nation) hätte schon auf der Königsetappe von Tirreno-Adriatico einen großen Coup gelandet. Bei der Bergankunft in Prato di Tivo wu

Weitere Radsportnachrichten

17.09.2025Lippert an der Zitadelle von Namur knapp am Podium vorbei

(rsn) – Liane Lippert (Movistar) hat beim 4. Ausgabe des Grand Prix de Wallonie Dames (1.1) knapp das Podium verpasst. Die Friedrichshafenerin musste sich nach einer starken Vorstellung über 128,8

17.09.2025Evenepoel vs Pogacar: In Kigali Giganten-Duell um Gold

(rsn) – Zum Auftakt der Straßen-WM wird am Sonntag wird in Kigali im Zeitfahren der Männer der Nachfolger von Remco Evenepoel ermittelt. Der Belgier will in Ruanda auf 1550 Metern Höhe seinen dri

17.09.2025Visma verpflichtet Piganzoli und gibt Gloag an Q36.5 ab

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

17.09.2025Vuelta-Zweiter Almeida zieht die EM der WM vor

(rsn) – Mit dem Vuelta-Zweiten Joao Almeida (UAE – Emirates – XRG) wird ein weiterer hochklassiger Name bei der Straßen-WM in Ruanda fehlen. Der Portugiese wird sich stattdessen auf die Straße

17.09.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die wic

16.09.2025Alle Altersklassen besetzt: Schweiz mit 23-köpfigem WM-Aufgebot

(rsn) – Mit nicht weniger als 23 Sportlern und Sportlerinnen reist Swiss Cycling zu den Straßen-Weltmeisterschaften 2025 nach Ruanda 821. - 28. September). Vor allem in der Elite Frauen und Männer

16.09.2025Zeitplan der UCI-Straßenweltmeisterschaft von Kigali

(rsn) - Am Sonntag beginnt die UCI-Straßenweltmeisterschaft von Kigali/Ruanda, wo vom 21. bis 28. September erstmals Welttitelkämpfe auf dem afrikanischen Kontinent ausgetragen werden. Den Anfang ma

16.09.2025Vermeersch soll Red Bull bei Klassikern mehr Schwung verleihen

(rsn) – Nach neun Jahren in Diensten von Alpecin – Deceuninck schlägt Gianni Vermeersch in der Spätphase seiner Karriere ein neues Kapitel auf. Der Belgier, der am 19. November seinen 33.Geburts

16.09.2025Alle Augen auf Wellens: UAE jagt den Rekord

(rsn) – Am Mittwoch steht die 65. Ausgabe des Grand Prix de Wallonie (1.Pro) auf dem Programm. Das belgische Eintagesrennen wartet wie gewohnt mit einer außergewöhnlichen Herausforderung auf. Im K

16.09.2025WM-Zeitfahren und Straßenrennen der Elite ohne Österreicher

(rsn) – Bei den Straßen-Weltmeisterschaften in Ruanda werden sowohl im Zeitfahren als auch im Straßenrennen der Männer keine österreichischen Teilnehmer dabei sein. "Wir wollen nicht nur mitfahr

16.09.2025Luxemburg besetzt bei WM nur die U23-Rennen der Frauen

(rsn) – Ein Mini-Aufgebot mit lediglich zwei U23-Fahrerinnen, aber keinem einzigen Mann und auch keiner Starterin bei den Elite-Frauen schickt der Luxemburgische Radsportverband FSCL zu den Straßen

16.09.2025Große Namen, knackige Etappen: Heißer Kampf in Luxemburg

(rsn) – Am Mittwoch fällt der Startschuss für die 85. Ausgabe der Tour de Luxembourg (2.Pro). Neben den früheren Triumphatoren Marc Hirschi (Tudor Pro Cycling Team) und Mattias Skjelmose (Lidl -

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Slovaquie (2.1, SVK)
  • Grand Prix de Wallonie (1.Pro, BEL)
  • Skoda Tour de Luxembourg (2.Pro, LUX)