Tirreno: Däne landet einen Ausreißercoup

Würtz Schmidt und seine Begleiter brechen die Moral des Feldes

Foto zu dem Text "Würtz Schmidt und seine Begleiter brechen die Moral des Feldes"
Mads Würtz Schmidt (Israel Start-Up Nation) bejubelt seinen Sieg auf der 6. Etappe von Tirreno-Adriatico. | Foto: Cor Vos

15.03.2021  |  (rsn) - Viel fehlte nicht und Mads Würtz Schmidt (Israel Start-Up Nation) hätte schon auf der Königsetappe von Tirreno-Adriatico einen großen Coup gelandet. Bei der Bergankunft in Prato di Tivo wurde der Däne allerdings rund vier Kilometer vor dem Ziel wieder gestellt. Doch davon ließ sich Würtz Schmidt nicht entmutigen, sondern warf auf der vorletzten Etappe nochmals alles in die Waagschale und wurde dafür mit dem größten Erfolg seiner Karriere belohnt.

Der 26-Jährige Däne ließ über 169 flache Kilometer von Castelraimondo nach Lido di Fermo aus einer sechsköpfigen Ausreißergruppe heraus in einem engen Sprint knapp den Belgier Brent Van Moer (Lotto Soudal) und den Italiener Simone Velasco (Gazprom - RusVelo) hinter sich und sorgte zudem für den ersten Sieg seines Teams in einem WorldTour-Rennen dieser Saison. Auf den weiteren Plätzen folgten der Belgier Jan Bakelants (Intermarché - Wanty-Gobert) und der Portugiese Nelson Oliveira (Movistar). Mit 25 Sekunden Rückstand wurde der auf den letzten Kilometern abgehängte Lette Emils Liepins (Trek - Segafredo) Sechster.

"Dieser Sieg bedeutet mit alles. Seit ich Profi geworden bin, habe ich noch kein Rennen gewonnen“, sagte Würtz Schmidt, der in den Jahren 2015 und 2016 zwar jeweils das Zeitfahren der Dänemark-Rundfahrt gewinnen konnte. Damals allerdings stand er noch beim Drittdivisionär Virtu unter Vertrag, ehe er 2017 zu Katusha - Alpecin in die World Tour wechselte, wo er aber die Erwartungen nicht erfüllen konnte. “Es ist eine große Erleichterung, dafür habe ich in den letzten fünf Jahren gekämpft", fügte er an.

Wie entschlossen er auf der vorletzten Etappe agierte, zeigte die Tatsache, dass er sich auch von einem ersten vergeblichen Ausreißversuch gleich nach dem Start nicht entmutigen ließ. "Zuerst habe ich es mit zwei anderen Jungs versucht, aber wir sind nicht davongekommen. Beim zweiten Mal hat es mit dieser Gruppe geklappt und wir haben wirklich gut zusammengearbeitet. Uns war klar, dass wir alles geben mussten, um die Moral im Hauptfeld zu brechen, und das ist uns gelungen. Es war eine super harte Etappe, aber ich habe mich gut gefühlt, als wir ins Finale kamen", sagte Würtz Schmidt.

Den Sprintern bleiben nur die Brosamen

Nachdem es lange Zeit so ausgesehen hatte, als ob die Sprinter ihre letzte Chance bei der 56. Auflage von Tirreno-Adriatico würden nützen können, gab das Feld bereits rund 20 Kilometer vor dem Ziel die Verfolgung der Ausreißer auf und erreichte schließlich 1:09 Minuten hinter dem Etappengewinner das Ziel. Der Belgier Tim Merlier (Alpecin - Fenix) entschied schließlich den Sprint der Verfolger für sich und belegte so Platz sieben. Bester deutscher Profi war Max Kanter (DSM) auf Rang zehn.

Nach dem anstrengenden Wochenende mit zwei schweren Etappen hielten die Klassementfahrer diesmal die Beine still. Dennoch war das Tempo hoch, wie die Durchschnittsgeschwindigkeit von mehr als 45 km/h bewies. Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) behauptete sein Blaues Trikot und geht mit 1:15 Minuten Vorsprung auf Wout Van Aert (Jumbo - Visma) in das abschließende Zeitfahren von San Benedetto del Tronto. Dritter bleibt mit bereits drei Minuten Rückstand der Spanier Mikel Landa (Bahrain Victorious). Als bester Profi des deutschen Teams Bora - hansgrohe folgt der Italiener Matteo Fabbro (+3:54) auf Rang fünf.

Keine Änderungen gab es auch an der Spitze der Sonderwertungen: Van Aert behauptete sein Grünes Trikot des punktbesten Fahrers, Spitzenreiter Pogacar ist zudem bester Bergfahrer und Jungprofi, Astana - Premier Tech wird als das stärkste Team gelistet.

So lief das Rennen:

Nach den gestrigen widrigen Bedingungen waren die noch 166 Fahrer - Iván García Cortina (Movistar) und Michael Gogl (Qhubeka Assos) traten zur vorletzten Etappe nicht mehr an - bei wesentlich besserem Wetter unterwegs. Am Start in Castelraimondo schien sogar die Sonne, woran sich im Rennverlauf nicht viel änderte.

Nach einigen vergeblichen Attacken konnten sich bei hohem Tempo auf zunächst abfallender Strecke nach rund 25 Kilometern Bakelants, Velasco, Würtz Schmidt, Van Moer, Oliveira und Liepins aus dem Feld lösen. Im darauf folgenden, nicht kategorisierten Anstieg nach Macerata baute das Sextett seinen Vorsprung schnell auf rund fünf Minuten aus.

Pogacars UAE-Team ließ in der Folge die Zügel locker, so dass der Abstand zwischen Spitze und Feld in der Anfahrt zur einzigen Bergwertung des Tages, dem Monte San Giusto, auf mehr als sechs Minuten anwuchs. Würtz Schmidt holte sich nach 63 Kilometern den Bergpreis, wodurch er auf Rang zwei der Bergwertung vorrückte. Auf der Fahrt nach Osten in Richtung Meer klinkte sich auch van der Poels Mannschaft schließlich in die Verfolgung ein, wodurch sich der Maximalvorsprung von 6:20 Minuten erstmals verringerte.

Die erste, 30 Kilometer lange Schleife um Lido di Fermo herum nahmen die Ausreißer mit noch rund 5:30 Minuten Vorsprung in Angriff. Bei der ersten Zieldurchfahrt spannte sich erstmals auch Deceuninck - Quick-Step vor das Feld, das sich immer näher an die Fluchtgruppe herankämpfte. Knapp 60 Kilometer vor dem Ziel knallte Simon Carr (Education First - EF) gegen einen Straßenteiler und überschlug sich spektakulär. Zunächst blieb der Brite regungslos liegen, konnte nach wenigen Minuten aber das Rennen fortsetzen.

Das Pendel neigte sich zu Gunsten der Ausreißer

Gegen eine Fünfer-Koalition aus UAE, Deceuninck, Direct Energie, Alpecin und Eolo - Kometa sanken die Chancen der Ausreißer auf dem viermal zu befahrenden kleineren, elf Kilometer langen Rundkurs weiter. Doch dann war unter den Verfolgern die Einigkeit dahin und 20 Kilometer vor dem Ziel neigte sich das Pendel bei einem Abstand von rund 2:30 Minuten zugunsten der Spitzengruppe. Nur Stefan Küng (Groupama - FDJ) wollte sich damit nicht abfinden und machte sich solo auf die Verfolgung.

Doch der Schweizer Meister kam nicht weg und verschwand eingangs der Schlussrunde wieder im Feld, das auf den letzten elf Kilometern doch noch zur Jagd zu blasen schien. Nun waren es DSM, Cofidis und Astana - Premier Tech, die sich an der Spitze versammelten und den Rückstand bei der vorletzten Zielüberquerung auf rund zwei Minuten verkürzten.

Acht Kilometer vor dem Ziel fiel Liepiens an einer letzten Welle aus der Spitzengruppe zurück. An gleicher Stelle attackierte der Luxemburgische Meister Kevin Geniets (Groupama -FDJ) aus dem Peloton heraus. Doch auch wenn es plötzlich mit der Einigkeit in der Spitzengruppe vorbei war, so erwies sich der Vorsprung der noch fünf Ausreißer als groß genug.

Oliveira führte die Gruppe auf die lange Zielgeraden in Lido di Fermo, doch es war Würtz Schmidt, der auf den letzten 300 Metern den Sprint eröffnete und in einem engen Duell mit dem noch stark aufkommenden Van Moer diesen knapp auf Distanz hielt, um ausgelassen den bisher bedeutendsten Erfolg seiner Karriere zu feiern.

Mehr Informationen zu diesem Thema

20.03.2021Die Renneinsätze der Fahrer aus deutschsprachigen Ländern

(rsn) - Die Radsportsaison 2021 nimmt trotz der Corona-Pandemie an Fahrt auf, auch die deutschsprachigen Fahrer sind bereits wieder im Einsatz. Wir liefern Ihnen einen wöchentlichen Überblick über

17.03.2021Fabbro gab alles und behauptete seinen Platz in den Top 5

(rsn) - Ein Vergleich der Ergebnislisten von Tirreno-Adriatico 2020 mit denen der am Dienstag zu Ende gegangenen 56. Auflage der Fernfahrt verdeutlicht den Entwicklungssprung von Matteo Fabbro innerha

17.03.2021Küng: Enttäuschung nach 90 Minuten auf dem heißen Stuhl

(rsn) - Die Enttäuschung war riesengroß! Fast eineinhalb Stunden saß Stefan Küng (Groupama – FDJ) im abschließenden Zeitfahren der Fernfahrt Tirreno-Adriatico auf dem heißen Stuhl. Er durfte s

17.03.2021Ganna: “Ich habe gezeigt, dass ich ein Mensch bin, kein Roboter“

(rsn) - Mit der Referenz von acht Zeitfahrsiegen in Folge war Filippo Ganna (Ineos Grenadiers) in den abschließenden Kampf gegen die Uhr der Fernfahrt Tirreno-Adriatico gestartet. Doch Wout Van Aert

16.03.2021Die “Fantastischen Vier“ dominieren den Radsport noch lange

(rsn) - Klammert man Primoz Roglic (Jumbo - Visma) aus, der bis zum Schlusstag Paris-Nizza dominierte, so waren in dieser Woche die aktuell wohl besten Radprofis der Welt beim 56. Tirreno-Adriatico i

16.03.2021Pogacar: Mit weißer Weste bis zur Tour de France?

(rsn) - Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) hat auch am flachen Schlusstag entlang der Strandpromenade von San Benedetto del Tronto nichts mehr anbrennen lassen. Der Tour de France-Sieger verlor im 10,1

16.03.2021Van Aert fängt Küng nach Traum-Zeitfahren am Ende noch ab

(rsn) – Wout Van Aert (Jumbo – Visma) hat mit einer Gala-Vorstellung von einem Zeitfahren die Schlussetappe des 56. Tirreno-Adriatico gewonnen und damit auch die Sieges-Serie von Zeitfahr-Weltmeis

16.03.2021Pogacar souveräner Gesamtsieger, Van Aert gewinnt Zeitfahren

(rsn) - Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) hat sich seinen zweiten Rundfahrtsieg der Saison nicht mehr nehmen lassen. Der Slowene, der zuletzt schon die UAE Tour gewonnen hatte, verteidigte im 11,1 Kil

16.03.2021Die Startzeiten aller Fahrer im Zeitfahren von Tirreno-Adriatico

(rsn) - 164 Fahrer starten am Dienstag ins Abschlusszeitfahren von Tirreno-Adriatico über etwas mehr als zehn Kilometer im Küstenordt San Benedetto del Tronto an der Adria. Die Entscheidung über d

16.03.2021Vorschau auf die Rennen des Tages / 16. März

(rsn) - Welche Rennen stehen heute auf dem Programm, wie sieht die Streckenführung aus und wer sind die Favoriten? radsport-news.com gibt Ihnen kurz und kompakt eine tägliche Vorschau auf die wichti

15.03.2021Highlight-Video der 6. Etappe von Tirreno-Adriatico

(rsn) - Mads Würtz Schmidt (Israel Start-Up Nation) hat am vorletzten Tag von Tirreno-Adriatico seinen ersten Sieg in einem WorldTour-Rennen gefeiert. Der 26-jährige Däne setzte sich auf der 6. Eta

15.03.2021Würtz Schmidt feiert Ausreißersieg, Pogacar ungefährdet

(rsn) - Mads Würtz Schmidt (Israel Start-Up Nation) hat am vorletzten Tag von Tirreno-Adriatico seinen ersten Sieg in einem WorldTour-Rennen gefeiert. Der 26-jährige Däne setzte sich auf der 6. Eta

Weitere Radsportnachrichten

02.07.2025Keine Bonussprints bei der Tour de France 2025

(rsn) – Bei den letzten Ausgaben der Tour de France konnten die Fahrer nicht nur im Ziel, sondern auch unterwegs an einigen ausgewählten Stellen Bonussekunden sammeln. Zur diesjährigen 112. Ausgab

02.07.2025Die fünf schweizerischen Starter bei der 112. Tour de France

(rsn) – Mehr als fünf Schweizer bei einer Tour de France gab es zuletzt 2021. Damals waren sechs Eidgenossen am Start des größten Radrennens der Welt. Das ist immer noch weit weg vom Rekordjahr 1

02.07.2025Die drei österreichischen Starter bei der 112. Tour de France

(rsn) – Vom kleinen Zwischenhoch, das 2022 und 2023 gleich sechs österreichische Tour-Starter lieferte – und damit fast so viele wie aus Deutschland – haben sich die Fahrer aus der Alpenrepubli

02.07.2025Das Reglement der Tour de France auf einen Blick

(rsn) – Jeder Radsportfan kennt die Wertungstrikots und weiß meist auch, was sie symbolisieren. Das Gelbe Trikot geht an den Zeitschnellsten, das Grüne an den Punktbesten, das Gepunktete an den F

02.07.2025Das Preisgeld: Wie viel gibt´s wofür bei der Tour de France 2025?

(rsn) - Von Lille nach Paris - über 21 Renntage, zwei Ruhetage und 3338 Kilometer - das ist die Tour de France 2025. Mehr als 80 Stunden Rennzeit werden die Fahrer auf ihrem Weg durch Frankreich im

02.07.2025Die Aufgebote für den 36. Giro d´Italia Women

(rsn) – Mit dem Giro d’Italia Women (6. – 13. Juli / 2.WWT) steht einen Tag nach dem Start der Tour de France der Männer die zweite Grand Tour der Frauen an. Die 36. Ausgabe der Italien-Rundfa

01.07.2025Red Bull - Bora - hansgrohe im Sondertrikot zur Tour de France

(rsn) - Das Team Red Bull - Bora - hansgrohe wird in einem Sondertrikot zur 112. Tour de France antreten. Zu Ehren der ´Grande Nation´ tauscht der deutsche WorldTour-Rennstall sein normales Trikot f

01.07.2025Die zehn deutschen Starter bei der 112. Tour de France

(rsn) – Zehn deutsche Radprofis und damit so viele wie zuletzt 2021, als noch Tony Martin oder André Greipel am Start waren, werden am 5. Juli in Lille die Tour de France 2025 in Angriff nehmen. Im

01.07.2025Alpecin zum fünften Mal in Folge mit Doppelspitze Philipsen-van der Poel

(rsn) – Wie schon in den vergangenen vier Jahren, so vertraut Alpecin – Deceuninck bei der Tour de France auch diesmal auf die bewährte Doppelspitze Mathieu van der Poel und Jasper Philippsen. De

01.07.2025Jorgenson bis Ende 2029 bei Visma – Lease a Bike

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

01.07.2025Tour de France im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) - Die Tour de France ist die wichtigste Rundfahrt im internationalen Radsportkalender. Vor der am 5. Juli im nordfranzösischen Lille beginnenden 112. Ausgabe liefern wir einen Überblick über

01.07.2025Soudal setzt auf Olympiasieger Evenepoel und Sprinter Merlier

(rsn) – Nach zweijähriger Abwesenheit kehrt Maximilian Schachmann zur Tour de France zurück. Der frisch gebackene Deutsche Zeitfahrmeister wurde von seinem Team Soudal – Quick-Step wie erwartet

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Course de Solidarnosc (2.2, POL)