Aerts rettet Superprestige-Gesamtwertung

Sweeck siegt unter Tränen und gegen den Willen seines Teams

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Laurens Sweeck (Pauwels Sauzen - Bingoal) hat wie vor einem Jahr in Middelkerke den Nordzeecross gewonnen. | Foto: Cor Vos

06.02.2021  |  (rsn) - Laurens Sweeck (Pauwels Sauzen - Bingoal) hat wie vor einem Jahr den Nordzeecross gewonnen. Er tat dies allerdings gegen den Willen seiner Equipe, die seinem Teamkollegen Eli Iserbyt zum Sieg verhelfen wollte, um dem Europameister so noch den Superprestige-Gesamterfolg zu sichern. Das Klassement entschied eine Woche nach der WM von Oostende letztendlich allerdings der damalige Bronzemedaillengewinner Toon Aerts (Baloise Trek Lions) nach einer langen Aufholjagd für sich.

In Middelkerke bot sich den Beobachtern ein aus dem vergangenen Herbst vertrautes Bild. Bevor Mathieu van der Poel (Alpecin – Fenix) und Wout Van Aert (Jumbo – Visma) Ende November ins Renngeschehen einstiegen, dominierte Pauwels Sauzen – Bingoal mit Laurens Sweeck, Michael Vanthourenhout und Eli Iserbyt die Szenerie. Schon im ersten Rennen ohne die beiden Topstars demonstrierte das Pauwels Sauzen-Trio erneut die Vormachtstellung der “Roten Brigade“.

Daraus resultierte allerdings bald ein regelrechter Streit. Denn Sweeck weigerte sich, für Iserbyt zurückzustecken. “Ich musste mich eigentlich kaum mühen. Wir konnten das Klassement sowieso nicht mehr gewinnen“, erklärte der Belgier, dessen Schwiegervater diese Woche im Alter von 59 Jahren überraschend verstorben war. “Das ist mein emotionalster Sieg jemals. Ich habe dafür keine Worte. Das war ein Sieg für meinen Schwiegervater“, brach der Flame das Interview bereits nach wenigen Sekunden weinend ab.

Sweecks Teamkollegen hielten sich im Ziel relativ bedeckt. Michael Vanthourenhout, der Zweiter wurde, zeigte sich im Rennen noch wütend, äußerte sich danach aber diplomatisch. “Toon war Sechster oder Siebter. Da ging es noch. Aber als er weiter nach vorn kam, konnten wir probieren, das Rennen unter uns auszumachen“, erklärte der Belgier, der sich bis zur letzten Runde immer wieder verzweifelt nach seinem Kapitän Iserbyt umgeblickt hatte.

Iserbyt angefressen, van der Haar freut sich für Aerts

Der wurde letztlich Dritter und hatte größere Mühe, seinen Ärger am Mikrofon zu verbergen. “Das muss jeder für sich interpretieren“, antwortete Iserbyt auf die Frage, wie man die vielfältige Einmischung der Teamleitung vom Streckenrand deuten müsse. Auf die Frage, ob Sweeck hätte warten müssen, wiederholte er seinen Versuch einer diplomatischen Antwort: “Ich sage nicht, dass er hätte warten sollen. Das muss jeder für sich interpretieren“, so der sichtlich angefressene Europameister.

Besser klappte die Teamorder bei der direkten Konkurrenz, wo Lars van der Haar (Baloise Trek Lions) auf Kommando des Teamchefs Sven Nys zwischen den Balken stehen blieb, um auf seinen Kapitän Aerts zu warten. “Ich habe mit aller Liebe gewartet. Er wollte hier das Klassement gewinnen. Ich konnte nichts mehr erreichen. Ich wurde gebeten zu warten, dann warte ich natürlich, wenn ich so der Mannschaft helfen kann“, erzählte der Niederländer, der zum Schluss trotzdem vor Aerts auf Platz fünf landete. “Letztendlich haben sie von draußen gerufen, dass es gut sei. Da konnte ich dann doch weiterfahren“, so van der Haar, der nur deshalb stoppen musste, weil Aerts eine ganz schwache erste Rennhälfte hatte.

“Ich hatte eine schwere Woche, fühlte mich nicht gut. Ich hatte die WM noch in den Knochen und ich hatte auch viel Stress wegen der Gesamtwertung“, erläuterte der 27-Jährige, der in der zweiten Runde eine Minute und fünf Positionen verlor, um in der letzten halben Stunde den Gesamtsieg nach einer langen Aufholjagd doch noch sicherstellen zu können. “Die Superprestige war auf meiner Bucket-List. Das ist mein zweiter Sieg in einer Gesamtwertung“, freute sich der Europameister von Jahr 2016.

In Middelkerke ging eine abwechslungsreiche Superprestige-Saison zu Ende. Mit Aerts (Gieten), Iserbyt (Ruddervoorde, Boom), Sweeck (Niel, Middelkerke), Vanthourenhout (Merksplas), Thomas Pidcock (Gavere) und van der Poel (Heusden-Zolder) konnten sich sechs verschiedene Fahrer in die Siegerliste eintragen. Die Gesamtwertung entschied nach acht Rennen Aerts mit zwei Zählern Vorsprung auf Iserbyt. Auch der Rückstand von Vanthourenhout (5 Punkte), Sweeck (6 Punkte) und van der Haar (10 Punkte) auf den Gesamtsieger war gering.

So lief das Rennen:

Vom Start weg setzte sich das Pauwels Sauzen-Trio Iserbyt, Sweeck und Vanthourenhout vom Rest des Feldes ab. Bei der ersten Zielpassage hatte Superprestige-Spitzenreiter als erster Verfolger acht Sekunden Rückstand, womit der angestrebte Gesamtsieg früh in Gefahr geriet .

Der lange Belgier schien zunächst mentale Probleme zu haben. Er leistete sich mehrere Fehler und wurde von der vierköpfigen Verfolgergruppe, deren Rückstand bei eingangs der dritten Runde 44 Sekunden betrug, gestellt. Auch dem Tempo dieser Gruppe konnte Aerts wenig später nicht mehr folgen.

In der vierten von sieben Runden holte der WM-Dritte zwar den Schweizer Kevin Kuhn (Tormans) ein, gleichzeitig wurde aber von Ryan Kamp (Pauwels Sauzen – Bingoal) überholt. In der Spitzengruppe wurde dagegen deutlich, dass Iserbyt der Schwächste des Trios war. Da Aerts nun immer besser in Schwung kam und sich auf Rang sechs vorarbeitete, wendete sich das Blatt im Kampf um den Gesamtsieg zur Rennhälfte wieder.

Nach 40 Minuten konnte Iserbyt seinen Landsleuten nicht mehr folgen. Vanthourenhout schien dabei auf Iserbyt warten zu wollen, während Sweeck stoisch weiterfuhr. Als Vanthourenhout im sechsten Umlauf stürzte, fluchte er in Richtung Sweecks, der von diesem Moment an solo weiterfuhr.

Bei den Baloise Trek Lions dagegen herrschte mehr Einigkeit. Teamchef Sven Nys rief Lars van der Haar vom Streckenrand zu, dass er auf seinen Kapitän warten solle. Das tat der Niederländer auch, als er zwischen den Balken demonstrativ stehenblieb und sich nach Aerts suchend umdrehte. Pauwels-Sauzen-Teamchef Gianni Meersman führte derweil in der letzten Runde eine kurze Diskussion mit Sweeck, für die dieser auch kurz fast anhielt.

Das alles änderte aber nichts mehr am Endergebnis. Sweeck genoss die letzten Meter unter Tränen seinen Sieg und gewann knapp vor Vanthourenhout, der seinem Mannschaftskollegen noch einige böse Blicke zuwarf. Aerts Gesamtsieg war nicht mehr in Gefahr, er wurde hinter Corné van Kessel (Tormans) und van der Haar Tagessechster.

Die Tageswertung:
1. Laurens Sweeck (Pauwels Sauzen - Bingoal) 59:49
2. Michael Vanthourenhout (Pauwels Sauzen - Bingoal) +0:01
3. Eli Iserbyt (Pauwels Sauzen - Bingoal) +0:52
4. Corné van Kessel (Tormans) +1:23
5. Lars van der Haar (Baloise Trek Lions) +1:51
6. Toon Aerts (Baloise Trek Lions) +2:07
7. Felipe Orts (Teika – BH) +2:20
8. Quinten Hermans (Tormans) +2:37
9. Niels Vandeputte (Alpecin – Fenix) +2:43
10. Ryan Kamp (Pauwels Sauzen - Bingoal) s.t.

Endstand nach acht Läufen:
1. Toon Aerts (Baloise Trek Lions) 99 Punkte
2. Eli Iserbyt (Pauwels Sauzen - Bingoal) 97 Punkte
3. Michael Vanthourenhout (Pauwels Sauzen - Bingoal) 94
4. Laurens Sweeck (Pauwels Sauzen - Bingoal) 93
5. Lars van der Haar (Baloise Trek Lions) 89
6. Corné van Kessel (Tormans) 83
7. Daan Soete (Hens-Maes) 48
8. Quinten Hermans (Tormans) 44
9. Ryan Kamp (Pauwels Sauzen - Bingoal) 39
10. Felipe Orts (Teika – BH) 35

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