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08.11.2019 | (rsn) - Hallo aus Sungai Penuh, Sumatra, Indonesien! Nach einer schlechten Nacht wachte ich wie gerädert auf und fühlte mich wie dreimal vom Bus überfahren. Es gab immer noch kein Wasser im „Hotel“ und mein Frühstück bestand aus ungetoastetem Toastbrot mit Nutella. Ich rührte nichts von dem spärlichen und unhygienisch aussehenden Fraß an, der angeboten wurde, denn das letzte was ich jetzt noch gebrauchen kann, ist ein Magen-Darm-Problem. Damit hat es hier wie jedes Jahr schon einige Fahrer erwischt und sie mussten aussteigen, genauso wie gestern aufgrund von Stürzen.
Unser Teamchef hat versucht, ein neues Hotel zu finden, es war jedoch alles ausgebucht. Außerdem hat er meine Einschätzung bestätigt, dass es mit den Rennen in Südostasien in den letzten Jahren bergab geht. Das einstmals organisatorisch sehr hohe Gesamtniveau der Rundfahrten leidet immer mehr unter Budgetkürzungen und darunter, dass Geld irgendwo versickert. Unser „Hotel“ hier, in dem nur drei Teams untergebracht sind, ist jedenfalls der Tiefpunkt in der elfjährigen Geschichte der Tour de Singkarak. Gestern hat mich das alles noch richtig genervt, aber heute habe ich es geschafft, in den ist-mir-egal-Modus umzuschalten.
Keine Dusche, mageres Frühstück, lange Transfers, überall Leute, die an einem herum zerren, Schmerzen am ganzen Körper - ist mir egal. Trotzdem hoffte ich, die 7. Etappe über nur 83 Kilometer irgendwie innerhalb des Zeitlimits von nur 12 Prozent zu überleben. Hauptprobleme dieses Unterfangens waren mein miserabler körperlicher Zustand und eine Bergwertung der hors categorie nach nur 13 Kilometern. Diese war allerdings nicht so hart, wie es sich anhört, da wir schon auf 1400 m Höhe starteten und die Kategorisierung der Bergwertungen hier nur nach absoluter Höhe erfolgt, was natürlich sinnfrei ist.
Zum ersten Mal fuhr ich nach dem Start keine Attacken mit, daran war nämlich gar nicht zu denken. Stattdessen hing ich als es berghoch ging sofort in den Seilen und hatte am Ende des Feldes Probleme, das, wie ich fand, sehr hohe Tempo zu halten. Dafür sorgte ausgerechnet mein Zimmerkollege Loic, der an der Spitze immer wieder harte Attacken fuhr. Dafür hätte ich ihn fast verfluchen können, aber er ist nun mal verdammt stark und ein sehr netter und bescheidener Kerl noch dazu.
Kurz vor der Bergwertung wurde ich als einer der ersten abgehängt und in den Wellen danach brachte ich mit dem rechten Bein wegen meiner Knieschmerzen keinen Druck mehr aufs Pedal. Bis endlich die Abfahrt begann war ich auch aus der Kolonne heraus gefallen und alleine unterwegs. Die Abfahrt war wegen der erneut sehr schlechten und verschmutzten Straße mit engen, unvorhersehbaren Kurven sehr gefährlich und ich ließ äußerste Vorsicht walten. Als mir fast ein Hund ins Rad lief, warf ich dann endgültig den Anker.
Ich komme also aktuell die Berge weder hinauf, noch hinunter und das ist leider die Sache, um die es hier hauptsächlich geht. Nach der Abfahrt fuhr ich alleine bei Gegenwind auf den langen Geraden nicht mal 40 km/h und kam auch nicht an zwei Fahrer vor mir heran. Bei jedem der unzähligen Schlaglöcher durchfuhr mich ein stechender Schmerz und manchmal schrie ich dabei. Wie aus dem Nichts kam plötzlich ein kambodschanischer Fahrer an mir vorbei gefahren, der letzten Dezember mein Teamkollege bei der Tour of Indochina gewesen war.
Er hatte erstaunlichen Zug drauf und motivierte mich, bei ihm mitzufahren, ein Geschenk des Himmels! Schnell hatten wir die beiden Fahrer vor uns eingeholt und waren jetzt immerhin eine Vierer-Gruppe, in der jeder seine Führungen fuhr. Ich kalkulierte die Karenzzeit hoch und runter und kam jedes Mal zu dem selben Ergebnis, dass wir es eigentlich nicht schaffen konnten. Trotzdem zogen wir soweit es uns eben möglich war durch, auch wenn wir teilweise durch Verkehr auf der Strecke behindert wurden, da wir kein Motorrad vor uns hatten. Dadurch überquerten auch immer wieder Zuschauer direkt vor uns die Straße.
Im Ziel angekommen erkundigte ich mich nach der Siegerzeit und war mir sicher, aus dem Zeitlimit geflogen zu sein. Darüber war ich jedoch nicht traurig, sondern erleichtert, dass die Qualen damit ein Ende haben. Morgen steht nämlich eine weitere lange Etappe über 213 Kilometer an und es gibt, wie sollte es auch anders sein, zu Beginn wieder eine Bergwertung der hors categorie. Die würde ich sowieso nicht überleben, also ist es besser so wie es ist. Dieses Jahr sind die meisten Etappen hier einfach übertrieben lang und hart und auf Kletterer zugeschnitten.
Als das Ergebnis vorlag informierten mich meine Teamkollegen darüber, dass ich doch noch im Rennen war, verdammt. Um läppische neun Sekunden war meine Gruppe noch innerhalb des Zeitlimits geblieben, wahrlich eine Punktlandung. Loic kam in der Spitzengruppe auf Platz sechs ins Ziel und holte sich dadurch in der Gesamtwertung seinen vierten Platz zurück. Wenn kein Wunder geschieht, werde ich euch morgen an dieser Stelle berichten, wie sehr ich gelitten habe bis ich endlich in den Besenwagen gestiegen bin.
Radfahrzeit: 2:32 h
Transferzeit: 2:45 h
Souvenir des Tages: keine Ahnung
Morgen gleiche Stelle, gleiche Welle.
Gez. Sportfreund Radbert
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