Müllers Tour de Singkarak-Tagebuch

Meine Position auf dem Rad fühlte sich irgendwie falsch an

Von Robert Müller

Foto zu dem Text "Meine Position auf dem Rad fühlte sich irgendwie falsch an"
Robert Müller bei der Tour de Singkarak | Foto: Robert Müller

05.11.2019  |  (rsn) - Hallo aus Batusangkar Sumatra, Indonesien! Um 5 Uhr klingelte heute der Wecker und als ich aufstand, fühlte ich mich ziemlich steif, besonders an meiner lädierten Schulter und im Nacken. Beim kurzen Frühstück machte mich Stephan, der Betreiber von procyclingstats.com, darauf aufmerksam, dass ich letztes Jahr auf dieser Etappe Zweiter geworden war. Allerdings ging es damals in umgekehrter Richtung über dieselbe Strecke, was mir eindeutig besser lag. Bereits um 5:30 Uhr war dann Abfahrt mit den Bussen. Der Transfer dauerte "nur“ 2:45 Stunden und wir waren bereits 1:45 Stunde vor dem Start vor Ort und gammelten dort sinnlos herum.

Nach der Neutralisation ging es sofort ordentlich zur Sache, denn das halbe Feld wollte trotz der 205 Kilometer langen Etappe in die Ausreißergruppe. Wir waren bei fast allen Attacken und kurzzeitigen Gruppen dabei, doch Sapura hatte die Lage jederzeit unter Kontrolle und holte bis Kilometer 35 alle Gruppen zurück. Dann ließen sie endlich vier Fahrer, die sich gut kontrollieren ließen, gewähren und vereitelten gekonnt alle Versuche, im letzten Moment noch auf den gerade abfahrenden Zug aufzuspringen. Nun kehrte zunächst Ruhe ein und ich hielt mit Peter am Ende des Feldes ein Schwätzchen.

Leider dauerte diese Phase nicht allzu lange. Das Tempo wurde wieder angezogen und wir fuhren in Einerreihe, mit Sapura und den Philippinos vom Team “Go for Gold“ an der Spitze bei der Tempoarbeit. Es ging die ganze Zeit auf ziemlich schlechten Straßen hoch und runter und wir fuhren etwas zu weit hinten im Feld. Dort wurde nämlich kein konstantes Tempo gefahren, sondern es gab einen sehr unangenehmen Ziehharmonika-Effekt mit ständigen, relativ harten Tempoverschärfungen. Loic fand, das war besser, als sich bei konstantem Tempo einlullen zu lassen und müde zu werden.

Mir ging es nicht besonders gut, meine Position auf dem Rad fühlte sich irgendwie falsch an und ich musste oft aufstehen, um mich zu dehnen, sicher noch Folgen des gestrigen Sturzes. An den unzähligen Wellen und kurzen Anstiegen schmerzten außerdem meine Beine mal mehr, mal weniger stark. Die Spitzengruppe hatte maximal fünf Minuten Vorsprung und hielt sich trotz des ganz und gar nicht langsamen Tempos im Feld wirklich gut. Am Straßenrand standen wieder sehr viele Zuschauer und Schulklassen, die laute Musik machten und für gute Stimmung sorgten, wie es in Indonesien eben üblich ist.

Als es endlich ins Finale ging, war abzusehen, dass die Gruppe wieder eingeholt werden würde und eigentlich wäre das nun eine gute Situation für mich gewesen. Doch leider hatten die Streckenplaner kurz vor dem Ziel noch einen drei Kilometer langen Anstieg eingebaut, gefolgt von einer nur zweieinhalb Kilometer langen Abfahrt ins Ziel. Wir fuhren Loic vorne in den Anstieg hinein, ich konnte dem Tempo an der Spitze nicht mehr folgen und wurde noch vor der Kuppe von einigen Begleitfahrzeugen überholt.

Diese blockierten dann die sehr kurvige und enge Abfahrt und bremsten mich in den gefährlichen Kurven aus. Ich frage mich wirklich, was sich die Autofahrer dabei denken. Heil im Ziel angekommen war dann nichts von unseren Betreuern zu sehen und auch unser Teamzelt im Zielbereich war leer, dabei brauchte ich schleunigst etwas zu trinken. Als ich den Weg zum Bus gefunden hatte, bekam ich mit, dass Loic Dritter geworden war, obwohl er in der vorletzten Kurve sogar stürzte. Ich habe keine Ahnung, wie er es dann noch mit nur sieben Sekunden Rückstand aufs Podium hinter Raileanu und Ewart, die wieder einen Sapura Doppelsieg feierten, geschafft hatte. Peter wurde starker Siebter, beim ihm läuft es wirklich gut.

Morgen geht es nicht ganz so früh los wie heute, Abfahrt ist erst um 7 Uhr. Die Etappe führt über 206 Kilometer und endet mit der berühmt berüchtigten Bergankunft "Kelok 44“. Dabei geht es von einem sehr schönen Vulkankratersee 9 Kilometer mit 44 durchnummerierten Kehren hinauf. Für mich gibt es dort nichts zu holen, also heißt es, Loic vorher bestmöglich zu unterstützen.

Radfahrzeit: 5:36 h

Transferzeit: 4:00 h

Souvenir des Tages: T-Shirt der Rundfahrt

Morgen gleiche Stelle, gleiche Welle. Gez. Sportfreund Radbert

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